Briten werden ihn kennen, den Ghosting-Effekt auf ihren alten Penny-Münzen von König Edward VII. und George V. Es handelt sich dabei um die schleierhafte und spiegelverkehrte negative (vertiefte) Abbildung erhabener Bereiche der einen Münzseite auf der anderen Münzseite.
Zur Entstehung der „ghosts“ sind verschiedene Modelle geläufig:
1. Interpretation nach Lawrence Chard (Blackpool, England):
Bei den hohen Drücken und erhöhten Temperaturen während des Stempelhiebes kommt das Münzmetall zwischen den Stempeln kurzzeitig zum Schmelzen und kann in die ausgeschnittenen Bereiche der Stempel fließen. Wenn die Mengen an Metall, die in die Motive der Vorder- und Rückseite migrieren nicht annähernd gleich sind, kommt es zu einem unvollendeten Metallfluß und eine oder beide Seiten weisen dann „Prägeschwächen“ auf. Daher muß der Münzdesigner die Verteilung von erhabenen Bereichen auf Vorder- und Rückseite einer Münze abwägen und ggfs abgleichen.
Im Falle der frühen Penny-Münzen unter George V. stellt das Abbild des Königs einen großen erhabenen Bereich dar. Es wanderte mehr Metall in die Kopfseite als in die Britannia-Seite, was zu einem schemenhaften Umriß („shadow“ oder „ghost“) des Königskopfes auf der Britannia-Seite und zu einer generell schwächeren Ausprägung der Britannia-Seite führte.
Seit 1920 wurden Experimente angetsellt, um das Ghosting-Problem zu lösen. Ein erster Schritt war die Änderung der Münzlegierung. Die Reduktion des Zinn-Gehaltes in der Bronze führte letztendlich zu einem weicheren Münzmetall, welches a) während der Prägung leichter zum Fließen gebracht werden konnte, b) den Ghosting-Effekt reduzieren konnte und c) Stempelbrüchen vorbeugte. Dennoch war das Problem damit noch nicht ganz gelöst.
1925/26 modifizierte Sir Bertram Mackennal, Designer der George V-Münzen, das Abbild des Königs und reduzierte den Ghosting-Effekt nochmals. Erst 1928 konnte das Ghosting mit einem noch kleineren modifizierten Abbild des Königs völlig beseitigt werden.
Siehe auch http://www.24carat.co.uk/1926modifiedpennyframe.html
2. Es handelt sich schlicht und einfach um eine Lichtenrader Prägung („clashed dies“).
Einwand: Allerdings sind Lichtenrader Prägungen in aller Regel +/- schafe und spiegelverkehrte positive (erhabene) Abbilder markanter Bereiche im Relief der Gegenseite einer Münze. Außerdem ist die gänzlich schwache Ausprägung einer Münzseite nicht an eine etwaige Lichtenrader Prägung gekoppelt.
3. Josh Moran erkennt, dass Lichtenrader Prägung und Ghosting zwar ähnlich aussehen können, tatsächlich aber verschiedene Phänomene sind.
Ihm zufolge ist Ghosting ein Effekt des Ungleichgewichts der Verteilung von Relief und Fläche zwischen den beiden Münzseiten (siehe auch 1.). Während des Prägevorgangs wird mehr Metall in das tiefere Motiv der Vorderseite getrieben, was zu einer Depression auf der Rückseite (und damit zu einer schwachen Ausprägung) führt.
Siehe auch http://www.winsociety.org/newsletter/ne ... mar03.html
Auch bei antiken Münzen ist der Ghosting-Effekt bekannt:
http://www.lotn.org/~calkinsc/coins/aerror/aerror.html
Ich habe unten mal ein paar eigene Beispiele für Ghosting als Bilder beigefügt:
- Großbritannien, 1 Penny 1918, George V. - Kopf des Königs auf der Britannia-Seite
- Preußen, 1/24 Thaler 1783 A, Friedrich II., der Große - FR-Monogramm auf der Zahlseite
- Deutsch-Ostafrika, 1 Rupie 1914 J, Wilhelm II. - Büste Wilhelms zwischen den Palmenzweigen
- BRD 5 DM Kleist 1977 G - Heineich v. Kleist um den Bundesadler (kommt aber auf dem Scan nicht zur Geltung, daher kein Bild)
- BRD 10 € 50 ahre Deutsches Frensehen 2002 G - stilisierter Bundesadler auf der Mattscheibe (eigentlich ein schönes Stilmittel ?!

Bei allen Münzen handelt es sich also um Exemplare mit vorzugsweise viel "Fläche", auf der die Ghosts der anderen Seite am besten in Erscheinung treten können.