1819, geteilter Schild (Judenpfennig)

Deutschland vor 1871
Dietemann
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1819, geteilter Schild (Judenpfennig)

Beitrag von Dietemann » Sa 15.09.07 23:08

Die beiliegende Münze macht mir etwas Schwierigkeiten. Sie wiegt 1,07 g und ist ca 18 mm groß und aus Kupfer.

Lesen kann man:
Rückseite: Die Jahreszahl 1819, davor und dahinter ein Punkt, darunter zwei ungleich lange Striche, darüber die Wertzahl 1, keine Wertbezeichnung, links und rechts der Wertzahl ein Symbol (erkennbar nur noch als schräg gestellte Viereck). Außen Lorbeerkranz unten mit Schleife. Der Rand ist geriffelt oder gepunktet und oben verdickt.

Vorderseite: Ein senkrecht zweigeteilter Schild, rechts eine Metallfarbe (silber?), wenn links mal Zeichen waren, dann kann man höchstens noch einen schräg gestellten Zepter erkennen. Außen Lorbeerkranz, über dem Schild ein Symbol.

Der zweigeteilte Schild taucht am ehesten bei den schweizer Kantonen auf, sehr schön im Tessin, aber von dort gibt es keine Münzen aus der fraglichen Zeit und die Rückseiten sehen anders aus. Bei Niederlande und Italien war auch nichts Passendes zu finden. Deutschland habe ich ebenfalls durchgeschaut. Hat jemand eine Idee?
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1-1819.jpg
Zuletzt geändert von Dietemann am Do 11.10.07 00:38, insgesamt 2-mal geändert.

Chippi
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Beitrag von Chippi » So 16.09.07 16:47

Ja, ich besitze das selbe Stück und meins wurde bei Farnkfurt a.M. eingereiht, private Ausgabe von jüdischen Familien (Finanzwesen) mit Fantasiewappen um dem Kleingeldmangel der Zeit entgegen zu wirken. Ist 1 Heller.

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

Dietemann
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Beitrag von Dietemann » So 16.09.07 21:53

Danke Chippi, da wäre ich im Leben nicht drauf gekommen.

Zitat aus einem anderen Thema: "Das ist ein sogenannter Judenpfennig der Stadt Frankfurt. Im KM steht der mit 3 $ in ss, 6 $ in vz."

Wo im KM finde ich den? Oder waren die 1990 noch nicht katalogisiert?

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KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » So 16.09.07 22:07

Ich glaub schon. Unter Frankfurt, ganz am Ende. Übrigens haben mich diese Stücke vor zig Jahren genauso zum Rätseln gebracht. Grüße, KarlAntonMartini
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christof
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Beitrag von christof » Mo 17.09.07 12:00

Noch ein paar Anmerkungen zu den Frankfurter Judenpfennigen:

- Im Craig (gibt's den noch oder ist der zu sehr veraltet?) sind die Stücke unter Frankfurt aufgelistet.

- Ich erinnere mich, irgendwo gelesen zu haben, dass die Herkunft nicht gesichert ist; das Bezug zu Juden kam ggf. nur durch die Beziehung / Vorurteil Juden = Finanzwesen (Quelle kann ich leider nicht mehr nennen).

- Die Stücke tragen keine Wertbezeichnung, Heller, Pfennig oder Fantasienamen; wurden aber als Pfennig eingestuft. (In Hessen wurden im 19. Jh. Heller gleich Pfennig gesetzt.)
Viele Grüße aus Nordhessen

Christof

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Beitrag von klaupo » Mo 17.09.07 12:06

Es gab auch hier im Forum schon mal eine recht ausführliche Diskussion über diese Münzen:

http://www.numismatikforum.de/ftopic6948.html

Gruß klaupo

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Beitrag von Dietemann » Mo 17.09.07 21:35

christof hat geschrieben: Im Craig (gibt's den noch oder ist der zu sehr veraltet?) sind die Stücke unter Frankfurt aufgelistet.
Stimmt im Craig habe ich sie gefunden T4.

In meinem KM (1990) sind sie definitiv nicht, vielleicht ist der zu alt dafür.

Die Literatur zu den Notmünzen scheint relativ dürftig zu sein.

Liefen die eigentlich auch in Hessen um, oder war das Hauptverbreitungsgebiet Frankfurt?

Von Marburg weiß ich, dass zu dieser Zeit französische Kupfermünzen als Ersatz umliefen, war das in anderen Landesteilen ähnlich?

Spannende Sache, ich habe Token oder kupferne Notmünzen bisher immer nur nach England gelegt.

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Beitrag von KarlAntonMartini » Mo 17.09.07 22:41

Nach den napoleonischen Kriegen scheint das ganze europäische Geldwesen sich erst nach und nach wieder stabilisiert zu haben. Der Forschungstand zu den "JudenPfennigen" ist meiner Kenntnis nach dürftig. Früher war es für Numismatiker unter ihrer Würde, sich mit so schäbigen Kupfermünzen zu befassen. Der erste, der hier eine Bresche schlug, war Neumann mit seinem großen Katalog. Wo diese Pfennige geprägt wurden scheint bis heute unklar zu sein. (Ich persönlich habe Birmingham im Verdacht). Viele scheinen bis 1873, als die Reichswährung eingeführt wurde, umgelaufen zu sein, meist sind sie ja von deutlich umgelaufener Erhaltung. Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von wpmergel » Di 18.09.07 08:50

KarlAntonMartini hat geschrieben:... Der erste, der hier eine Bresche schlug, war Neumann mit seinem großen Katalog ...
Warum wird der übrigens so selten zitiert? Mir ist in den Jahren nur ein einziges Mal eine "Neumann-Zitierung" begegnet - das war eine Liste aus dem Münzkabinett Gotha.
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 18.09.07 10:10

Weil er keine Bilder hat und man sich erst ein wenig in sein System finden muß. Dann ist allerdings faszinierend, wie knapp und präzise er die Münzen beschreibt, da kann man etwas lernen. Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von Dietemann » Di 18.09.07 17:52

KarlAntonMartini hat geschrieben:Der erste, der hier eine Bresche schlug, war Neumann mit seinem großen Katalog.
Gibt es dazu einen Titel? Neumann Erich oder Hartmut? Bei booklooker gibt es unter dem Stichwort Neumann zuviele Treffer.
KarlAntonMartini hat geschrieben:Wo diese Pfennige geprägt wurden scheint bis heute unklar zu sein. (Ich persönlich habe Birmingham im Verdacht).
In meinem Lexikon der Numismatik steht, dass die hessische Regierung den ersten Auftrag für diese Token einer privaten Prägeanstalt gegeben hat, die über die notwendigen Maschinen verfügten (1822). Der Erfolg muss so groß gewesen sein, dass die Anstalt darum bat, weitere Münzen herstellen zu dürfen, so sollen diejenigen mit der Jahreszahl 1819 entstanden sein. Die übrigen sollen dann tatsächlich in Birmingham gefälscht worden sein, was mich überhaupt nicht wundern würde, denn noch 1858 spricht Hoffmeister von massenhaft gefälschten hessischen Münzen, die von dort her kommen.

Gruß, Dietemann

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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 18.09.07 18:11

Bittesehr: Neumann, Josef:
Beschreibung der bekanntesten Kupfermünzen. Bde. 1, 2, 4, 5, 6 und [der später erschienene Indexband] 7 ; die Originalauflage ist Prag 1858 ff., es gibt Reprints New York 1965 ff. und Leipzig o.J.
Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 18.09.07 18:20

Hier noch ein Zitat: "Die bisher unaufgeklärte Entstehung der bekannten Frankfurter Judenpfennige ist nun von Ohly nach Darmstädter und Koblenzer Archivalien festgestellt worden ( 314). Ihre Prägung wurde 1822 veranlaßt von dem Frankfurter Handelshause Heitefuß wegen Mangels an kleinsten Münzwerten in Westdeutschland und geschah zuerst in Darmstadt; die meisten sind dann aber in englischen Fabriken entstanden. Ihren Namen erhielten sie von den jüdischen Agenten des Hauptvertreibers Phil. Wolff in Köln." aus: http://pom.bbaw.de/exist/servlet/JDG/sc ... &year=1931 Grüße, KarlAntonMartini
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Beitrag von wpmergel » Di 18.09.07 20:55

Nach meinen Unterlagen ist der Reprint aus Leipzig 1967 und folgende Jahre erschienen. Ich bin schon lange hinter einer kompletten Ausgabe her, aber entweder hat mich der Zustand nicht überzeugt oder der Ausruf erschien mir einfach zu teuer. Antiquarisch habe ich alle sieben Bände schon für 240 € gesehen. Vielleicht schlage ich da zu.
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Beitrag von KarlAntonMartini » Di 18.09.07 21:58

wpmergel hat geschrieben:Nach meinen Unterlagen ist der Reprint aus Leipzig 1967 und folgende Jahre erschienen. Ich bin schon lange hinter einer kompletten Ausgabe her, aber entweder hat mich der Zustand nicht überzeugt oder der Ausruf erschien mir einfach zu teuer. Antiquarisch habe ich alle sieben Bände schon für 240 € gesehen. Vielleicht schlage ich da zu.
Das scheint mir kein schlechter Preis zu sein, wenn man das mit den Angeboten auf zvab.com vergleicht. Der Registerband ist ja ziemlich selten und ohne den ist das Werk schwer benutzbar. Grüße, KarlAntonMartini
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