Archiv für Brakteatenkunde

Alles was von Europäern so geprägt wurde
dodo9999
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Archiv für Brakteatenkunde

Beitrag von dodo9999 » So 09.02.03 00:08

Hallo,

Kennt jemand die digitalisierte form des Archivs für Brakteatenkunde?
Ist dies eine gute anschaffung wen man nach kleinen Prägestetten sucht?

Gruss

heripo
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Beitrag von heripo » So 09.02.03 13:46

Grüß Dich dodo ... muß leider verneinen - könnt' mich aber auch interessieren! Gruß heripo

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leodux
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Beitrag von leodux » So 09.02.03 21:56

Hallo dodo und heripo!
Ich kann die CD mit dem digitalisierten "Archiv für Brakteatenkunde" nur empfehlen. :!: Da man das Original vom Ende des 19. Jahrhunderts nicht bezahlen kann (wenn es denn überhaupt mal angeboten wird), ist die CD eine gute Alternative. Alle vier Bände und die Tafeln liegen im PDF-Format (für Acrobat Reader) vor. Wenn man nicht am Bildschirm lesen will, kann man sich auch Seiten ausdrucken. Es gibt auch eine Suchfunktion, die allerdings nicht immer hundertprozentig funktioniert.
Die CD kostet ca. 30 Euro und ich finde, das Geld ist für Brakteatenfreunde sicher gut angelegt.
Informationen gibt es direkt beim Verleger der CD unter folgender Adresse: http://www.bogon.de/cdabk.html
Es gibt dort auch noch zwei andere interessante CDs, eine über Münzen aus Goslar und den "Dannenberg".
Infos hierzu unter: http://www.bogon.de/cdintro.html

Bevor es einer vermuten könnte: Nein, ich bin nicht am Umsatz beim Verkauf der CDs beteiligt. ;-) Ich finde es nur Klasse, daß man sich auf diese Art erschwingliche Standardliteratur kaufen kann. Ich hoffe, es gibt demnächst noch mehr solcher Digitaler Reprints.

Die CD wird auch manchmal bei eBay angeboten.

Grüße

Peter

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leodux
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Beitrag von leodux » So 09.02.03 22:05

@dodo: Du schreibst "Ist dies eine gute anschaffung wen man nach kleinen Prägestetten sucht?".
Falls Dir das "Archiv" nicht bekannt ist, es handelt sich bei dem Original nicht um einen Katalog, sondern um eine Art Zeitschrift (etwas vereinfacht gesagt), die vor etwas mehr als 100 Jahren erschienen ist und die sich ausschließlich mit Brakteaten beschäftigt. Dort werden z.B. ausführlich Brakteatenfunde besprochen und es gibt alle Möglichen Artikel zum Thema Brakteaten. Da die Autoren damals alle anerkannt fähige Numismatiker waren, sind die meisten der Artikel auch heute noch nicht überholt und werden oft zitiert. Besonders interessant sind die ausführlichen Fundberichte (z.B. der erste Fund von Mödesse, usw.).
Wenn Du einen Katalog suchst, in dem Brakteaten nach Prägestätten aufgelistet sind, dann würde ich den Berger (Die Mittelalterlichen Brakteaten im Kestner Museum Hannover, Band 1) empfehlen oder die Auktionskataloge der Firma Peus (entweder die Sammlung Bonhoff oder die Sammlung A.) empfehlen.
Zuletzt geändert von leodux am So 09.02.03 22:23, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag von leodux » So 09.02.03 22:08

Ich habe gerade mal bei eBay nachgesehen, aber dort wird das "Archiv für Bracteatenkunde" (Falls jemand danach suchen will, es wird mit c geschrieben und nicht mit k) zur Zeit nicht angeboten.
Man kann es aber auf der o.g. Seite oder bei jedem Buchhändler bestellen. Die ISBN ist 3-936059-04-7.

dodo9999
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Beitrag von dodo9999 » Mo 10.02.03 18:54

danke!!

ich suche haupsächlich eine nachschlagewerk um herauszufinden was in meiner näheren umgebung so geprägt wurde. so sind zb. in remda bracteaten geprägt wurden, ich kann aber nicht`s genau sagen das selbe gilt für tannroda, hier wurden wohl pfennige in einen kleine burgbezirk geprägt. um diese fragen genauer beantworten zu könne such ich gutes nachschlagewerk egal ob auktionskataloge oder anderes.
einen bracteaten von remda konnte ich ich durch mumde´s hilfe zum glück nach fünfjähriger suche ergattern - danke mumde.

gruss dodo

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Beitrag von mumde » Mo 10.02.03 21:13

Hallo dodo, das Standardwerk für die kleineren Münzstätten auf sächsischem Gebiet ist Carl Friedrich von Posern-Klett, Sachsens Münzen im Mittelalter, Münzstätten und Münzen der Städte und geistlichen Stifter Sachsens im Mittelalter, Leipzig 1846, Nachdruck Leipzig 1970. Posern-Klett führt sechs Brakteaten auf, die im Bild ganz wie Erfurter Brakteaten aussehen, aber die Umschriften TANRODUS bzw. TANRODE haben und aus der Zeit um 1300 stammen. Im Archiv für Bracteatenkunde gibt es einen Aufsatz von Nagel, Ein Bracteat der Herren von Tannrode, in dem Nagel einen Brakteaten aufgrund eines Beizeichens Hundekopf nach Tannrode legen will.
P. S. Es freut mich sehr, daß Du das Stück tatsächlich bekommen hast!
Zuletzt geändert von mumde am Mo 10.02.03 21:41, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß mumde

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Beitrag von arturo » Mo 10.02.03 21:36

Hallo!
Ich lese hier im Threat interessiert mit! Kann mir einer von Euch auf die Sprünge helfen und mal genau erläutern was Bracteaten sind? Ich bin bestimmt nicht der Einzige hier, der damit nichts anfangen kann und gern dazu lernen möchte!!
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***** 2. BUNDESLIGA TIPPKÖNIG SAISON 2005/2006 *****
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Beitrag von leodux » Mo 10.02.03 23:02

Ich habe wegen der Brakteaten mal im Bonhoff und im Archiv für Brakteatenkunde nachgesehen.
Im Bonhoff sind drei fast identische Reiterbrakteaten von Heinrich XV (1280-1331) aus Remda abgebildet.
Im Archiv ist nur ein späterer Hohlpfennig von Remda abgebildet. Ansonsten wird Remda und Tannroda nur kurz im Zusammenhang mit Funden erwähnt.

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corrado26
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Beitrag von corrado26 » Di 11.02.03 11:04

Brakteat (von bractea= lat. dünnes Blech), Ende des 17. Jhdts aufgekommene Bezeichnung für Hohlprägungen aus dünnem Blech. Man unterscheidet folgende historische Unterscheidungsformen:
- dünne Golblechabdrücke von Münzen aus der Zeit der griechischen
Antike
- nordische und germanische Schmuckbraktetaten des 5-6. Jhdts
- Brakteaten des deutschen Mittelalters, die zu ihrer Zeit "denarius" oder
"Hohlpfennig" genannt wurden

Beim ganzen Thread ging es also bisher um Brakteaten der dritten Art.
Gruß
corrado26
Scio me nescire sed tamen censeo cogitare necesse esse

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Beitrag von dodo9999 » Di 11.02.03 13:15

@corrado26 was sind:- nordische und germanische Schmuckbraktetaten des 5-6. Jhdts ?

ich sehe schon mit einem werk kommt man da nicht aus und noch schlimmer ist das ich noch ewig suchen werde um mehrere stüche zusammenzutragen. wo bekommt man was über die sammlung Bonhoff?

gruss dodo

heripo
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Beitrag von heripo » Di 11.02.03 13:36

hallo dodo........
in der Tat - die Brakteaten sind was "Besonderes" und auch was "Geheimnisvolles" ... hab aber auch schon Sammler fragen hören "...was, das soll 'ne Münze sein???" .... Nun es ist halt eine "Spezialität" aus der Stauferzeit - und hatte nicht eben nur den Zweck mal eben einen "Brakteaten" zu prägen ... es steckt schon "Sinn" dahinter !
a)... Es mußte eben zu der Zeit Silber sein !!! Kupfergeld war ( seit der Römerzeit ) so gut wie abgeschafft ... und es mußte eigentlich "hochwertiges" Silber sein ( aus echtem Schrot und Korn ) ... und die Basis war immer noch das "Mark-Silbergwicht" seit der karolingischen Münzreform und der "denar" die kleinste Münzeinheit !
Die Kunst der Stempelschneiderei (vgl. z.B. die Porträts selbst der "billigsten" Römerlein ) war vorbei - verlorengegangen - viel zu teuer! ( schau Dir die oftmals recht primitiven sonstigen Pfennig-Prägungen an ) ! Und "reden" sollten die Münzen trotzdem können - also auch, wenn man kaum "Schrift" schneiden konnte, sollte dann wenigstens das Bild "reden" ! - So kam es also dazu, daß man einen möglichst großen Schrötling brauchte - der zwangsweise um beim denar-Gewicht zu bleiben - extrem dünn wurde. so daß (bis auf Ausnahmen) ein zweiseitige Prägung gar nicht erst in Betracht kam ! Schau Dir z.B. die "Meissner"-Brakteaten von z.B. Heinrich d. Erlauchten oder Dietrich d.Bedrängten an - fast 40 mm Durchmesser ... aber das brauchte halt der Stempelschneider um einen einigermaßen erkennbaren Fürsten darauf abbilden zu können! ...
Anderes Beispiel: ... weil durch Geldentwertung die Münzen immer "dünner" wurden, wandelten sich ja die ehem "Dickpfennige" und wurden zu "Dünnpfennigen" wo dann auch oft die Rs.-Prägung bis zur Av-durchschlug und man dann die Rs nur noch so schwach schlug, daß wir uns beute bei der "Bestimmung" plagen müssen .... oft prägte man daher dann auch den denar nur noch einseitig!

Freilich - für den "Geldbeutel" war dieses dünne Brakteaten-Geld nun auch nicht gedacht ... es wäre geradezu zerbröselt ... aber immerhin - es liess sich auch noch in Teile zerschneiden, so daß man auch noch "Kleingeld" draus machen konnte ! ( Drum werden auch halbierte oder geviertelte Teilbrakteaten angeboten ... war duraus üblich ! )

Da der Brakteat aber - artbedingt - schlecht zu handhaben war, hätte er
keine lange Lebenszeit gehabt .... sollte er aber auch nicht - denn: er wurde sowiso regelmässig "verrufen" - d.h. für ungültig erklärt ! Meist war der letzte Herbsmarkt (Lichtmeß) das Ultimo ! ( es gab zwar auch noch andere "gesetzliche Regeln" ... so z.B. beim "Regierungswechsel" ... nur, als man merkte, was für ein Geschäft die "Verrufung" war, hielt sich bald keiner mehr an "das Gesetz" und "verrief" je nach Geldbedarf ! ) ... Der Brakteat wurde eingezogen ... und in ein Neuen umgetauscht - wobei eine "Wertschöpfung" stattfand - denn der Umrechnungskurs betrug meist 12 zu 9 - d.h. der "Neue" war 25 % weniger Wert ! Dies erreicht man z.T. auch dadurch, daß man die Brakteaten "beschnitt" ... daher fehlt manchen der Rand !
Wenn man so will könnte man auch sagen "... aha, unbürokratischer Weg die erste Umsatzsteuer" eintreien ...! Und in der Tat: noch ein positiver Aspekt für den Handel: ... Bei dieser "Bedrohung" des Tauschverlusts dacht ja kein vernünftiger Mensch ans Sparen ... das Geld mußte unter die Leute, bevor es an Wert verlor ... dies hatte die Warenwirtschaft enorm angetrieben ! .... andere Folge - für uns Sammler - so arg viele blieben daher auch der Nachwelt nicht erhalten ! Nur die Kaufleute - vor allem die
aus den Nachbarländern (das waren damals freilich auch innerdeutsche Grafschaften - Herzogs- oder Bistümer ) - fanden dieses "verrufbare" Geld ihrerseits auch nicht so toll ... hätten sie ja bald den "scharzen Peter" gehabt, wenn letztlich alles Geld bei ihnen bliebe und sie die Folgen der "Verrufung" allein zu tragen hätten ! ... Drum wurde auch bald der Ruf laut nach dauerhaft gültigem Geld ... und so folgten auch bald die "ewigen Pfennige". Nimm z.B. den denar aus Schwäbisch-Hall, den sog. "Händlein-Heller" ohne den die Haller wahrscheinlich auf ihrem Salz sitzengeblieben wären. - Und so gab es sie dann nebeneinander her - die ewigen Pfennig und die Brakteten ......
Allerdings - mit Beginn des Ewigen Pfennigs gab's promt wieder eine Stagnation beim Handel - denn - die Leute konnten wieder Sparen !

So ... das war jetzt ein kleinwenig "Brakteatenkunde"...aber wirklich - nur ein kleinwenig ! Wenn Du ein paar schöne Stücke sehen willst - dann geh mal auf "locnar.de" - und schau Dir z.B. bei Mittelalter "Lindau" - "Augsburg" - "Donauwörth" ... gerne natürlich auch unter sonstigen Prägestätten ....
viel Spaß dabei und Gruß, heripo ..... make PEACE no WAR.... !!!!

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corrado26
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Beitrag von corrado26 » Di 11.02.03 14:19

Für den Fall, daß der eine oder andere die folgende Abhandlung nicht kennt, sie ist lesenswert:
Ein Kapitel aus:
Karl Walker: Das Geld in der Geschichte
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 1959

--------------------------------------------------------------------------------

DIE BRAKTEATEN
Wenn eine Linie der Entwicklung des Münz-
wesens vornehmlich in dem durch Donau und
Rhein begrenzten südwestlichen Raum Europas
durch Nachbildung römischer Münzen und all-
mähliche Verselbständigung in der Kunst des
Stempelschneidens und Prägens erblickt werden
kann, haben wir es im nordostgermanischen
Raum noch mit einer zweiten Entwicklungslinie,
einer anderen Technik der Nachbildung und Neu-
prägung von Münzen zu tun. Auch diese nahm
ihren Ausgang von der Goldschmiedekunst her
und hatte ihre Wiege in der Schmuckgestaltung.
Es handelte sich hierbei um die Technik, orna-
mentale Linienmuster, Runenzeichen und der-
gleichen auf der Vorderseite erhaben und auf
der Rückseite vertieft in Gold-, Silber- oder Kup-
ferblech zu treiben. Derartige Arbeiten wurden
erst als Gewandspangen, als Schmuck und An-
hänger getragen; es gibt Funde davon, die aus
einer Zeit von 400 bis 1000 Jahren vor der christ-
lichen Zeitrechnung stammen.

In der nachrömischen Zeit wurde indessen
diese Technik des Einprägens eines Bildes in dün-
nes Silber- oder Goldblech auch auf die dadurch
vereinfachte Nachahmung von Münzen angewen-
det. Es gibt Stücke - allerdings auch in dieser
Form noch mit einer Anhänge-Öse versehen, le-
diglich zum Schmuck bestimmt -, welche aus zwei
Abdrücken, Vorder- und Rückseite einer Münze,
zusammengesetzt und am Rande zusammenge-
halten, bestehen. - Einen solchen Schmuck-An-
hänger, bestehend aus zwei dünnen Goldblechen,
über eine römische Münze aus der Zeit von 215
v. Chr. gehämmert, von einem goldenen Ring
zusammengehalten, die alte Münze noch als Kern
enthaltend, zeigt Schwarzkopf in seiner interes-
santen Abhandlung über "Germanische Schmuck-
brakteaten" in dem Band "Das Erbe unserer
Ahnen" S. 476. (siehe auch Abb. S.19)

Die Herstellung solcher Abdrücke stellte na-
türlich gegenüber den Schwierigkeiten des Stem-
pelschneidens ein vereinfachtes Verfahren dar.
Es war nur notwendig, die Prägung auf einer
weichen Unterlage, z. B. auf Blei, vorzunehmen.
Mit dem im allmählich zunehmenden Wirtschafts-
verkehr zutage getretenen größeren Bedarf an
Tauschmitteln kam naturgemäß auch im nordisch-
germanischen Raum die Entwicklung des Münz-
wesens in Fluß. Es erübrigte sich schließlich, die
Prägung mit einer Anhänge-Öse zu versehen, da
die Münzen dauernd von Hand zu Hand liefen
und nicht mehr als Schmuck am Halse getragen
wurden. So kamen etwa um die Mitte des zwölf-
ten Jahrhunderts in Skandinavien unter dem Dä-
nen Sven Grathe die einseitig geprägten Silber-
blech-Münzen auf, die man später als "Brak-
teaten" - bractea = dünnes Blech - bezeichnete
(s. Schwarzkopf : a. a. O. S. 469).

Im übrigen ist aber die wirkliche Entwicklung
der Brakteaten-Geldwirtschaft doch eine rein
deutsche Erscheinung; die nordischen Ansätze
dazu sind, ohne eine Bedeutung erlangt zu
haben, wieder erloschen.

In Deutschland sind die ersten derartigen Prä-
gungen in der bischöflichen Münze von Magde-
burg geschlagen worden. Nach neueren Forschun-
gen von Prof. Dr. Arthur Suhle hat Erzbischof
Hartwig von Magdeburg, der von 1079 bis 1102
regierte, damit begonnen, die um diese Zeit zur
Aufnahme eines großen Münzbildes schon ziem-
lich breit und dünn gewordenen Silberpfennige
einseitig schlagen zu lassen. Allerdings erst
Erzbischof Wichmann von Seeburg, der anno
1152 von Barbarossa in Magdeburg eingesetzt
worden war, hat diese Münzprägung im Erzstift
zu ungeahnter Blüte entfaltet.

Als sich dieses Verfahren der Münzprägung
in Deutschland ausbreitete, waren seit der Münz-
ordnung Karls d. Gr. bereits 300 Jahre vergan-
gen. Im Verlaufe dieser Zeit waren aber durch
die Nachfolger Karls d. Gr. - angefangen von
Ludwig dem Frommen - die Reichsrechte der
Münzprägung an unzählige Könige, Fürsten, Gra-
fen, Bischöfe, Grundherren, Klöster und Städte
verliehen worden. Hieraus hat sich naturgemäß
ein sehr buntes Bild der Münzverfassung erge-
ben, zumal vom 11. Jahrhundert an Bild, Name
und Gepräge der Münze durch die Träger des
Münzrechtes verändert werden durften.

Schon während dieser Zeit, also noch vor dem
Erscheinen der Brakteaten, war die Vergebung
des Münzrechtes von fiskalischen Erwägungen
bestimmt. Die mit dem Münzregal Beliehenen
hatten dafür Abgaben zu leisten, die sie bei der
Prägung durch Erhebung eines "Schlagschatzes"
und durch "Auswechseln" hereinholten.

Mit dem Aufkommen der Brakteaten in der
Hohenstaufenzeit war nun einesteils die Tech-
nik der Münzprägung vereinfacht; man hatte
zwar vor dieser Zeit schon "Dünnpfennige" ge-
prägt, die aber beidseitig ein Bild trugen, das
freilich mitunter ziemlich unklar wurde, weil
der Stempel der Rückseite sich durchpreßte und
die Vorderseite störte, wie auch umgekehrt. Nun
kam die Gegenprägung in Wegfall.

Die Herstellung der Münzen wurde nach wie
vor von den Münzmeistern vorgenommen, die
im Umherziehen an die Höfe der Fürsten und Bi-
schöfe und der kleineren Münzherren kamen und
dort ihre Kunstfertigkeit anbrachten. Daneben
gab es indessen auch eine große Anzahl Präge-
stätten des Reiches, von denen viele gleichfalls
die Prägetechnik der Zeit pflegten. So hat z. B.
Barbarossa seine prachtvollen Brakteaten in den
kaiserlichen Münzstätten in Saalfeld, Altenburg,
Mühlhausen und Nordhausen schlagen lassen.

Die nicht-privilegierte Herstellung von Mün-
zen wurde, unbeschadet der Großzügigkeit, mit
der das Münzrecht an unzählige Beliehene ver-
geben war, nach dem Kodex der mittelalterlichen
Rechtspflege sehr streng, mit dem Abhacken der
Hand, geahndet.

Andererseits war es natürlich, daß die in der
Brakteaten-Technik hergestellten dünnen Sil-
berblechmünzen im Verkehr weniger dauerhaft
sein konnten als die beidseitig geprägten stärke-
ren Geldstücke. Um die den Wertbegriffen ge-
recht werdende Silbermenge auf die Münze zu
verwenden, wurde die Einzelmünze größer ge-
macht. Es gibt Brakteaten von fast 5 cm Durch-
messer. Man konnte sie gegebenenfalls durch-
brechen oder durchschneiden und auf diese Art
teilen.

Aus diesen Umständen und der höheren Ab-
nutzung, die solches Geld im Verkehr erlitt, er-
gab sich dann wohl die Notwendigkeit einer
laufenden Nachprägung. Die Münzmeister hat-
ten ihre "Arbeitsbeschaffung", wie man heute
sagen würde. Die Nachprägung von Münzen war
aber nicht allein aus den Erträgnissen der neu
erschlossenen Silbergruben im Harz, im Elsaß,
in den Tiroler Bergen und in Böhmen zu bewäl-
tigen, sondern sie wurde nun auch als Umprä-
gung von aufgerufenen Münzen vorgenommen.

Daß bei der Ausgabe von neuen Münzen das
alte Geld außer Kurs gesetzt, um des Metall-
wertes willen aber eingezogen und mit entspre-
chendem Abschlag gewechselt wurde, ist ein sehr
alter Brauch. In seinem Wörterbuch der Münz-
kunde erwähnt Freih. Friedrich v. Schrötter, daß
derartiges schon im alten Rom gemacht wurde (s.
a. a. O. S. 440), und Prof. A. Suhle führt in sei-
ner Schrift "Die deutschen Münzen des Mittel-
alters" an, daß Karl d. Gr. im Kapitular von
Mantua anno 781 mit seiner grundlegenden
Neuordnung des Münzwesens die Annahme der
alten Pfennige verboten habe (s. a. a. O. S. 22).

Nach der mittelalterlichen Münzverfassung,
die insbesondere im "Sachsenspiegel" niederge-
legt war, - dem ältesten und bedeutendsten
deutschen Rechtsbuch, 1220 von Eike von Rep-
kow in lateinischer Sprache, später noch in nie-
dersächsischer Mundart geschrieben und großen-
teils vom "Schwabenspiegel" für Südwest-
Deutschland übernommen - war es rechtens, eine
Änderung der Münzen vorzunehmen, "wenn
neue Herren kommen". Anläßlich eines solchen
Wechsels der Herrschaft, sei es auf Grund von
Erbfolge beim Tode eines Fürsten oder Grafen,
oder auch nach dem Ausgang von Machtkämp-
fen unter den Großen, war es demgemäß nach
dem Gesetz der "Renovatio Monetarum" Rechts-
brauch, die umlaufenden Münzen aufzurufen
und unter Abzug eines Schlagschatzes gegen
neue Münzen einzuziehen.

Derartige Aufrufe und Umprägungen erwie-
sen sich nun nach Einführung der weniger dau-
erhaften Brakteaten auch ohne den Anlaß von
Regierungswechsel und damit zu häufigeren
Zeitpunkten als zweckmäßig. Kulischer berich-
tet in seiner "Allgemeinen Wirtschaftsgeschichte
des Mittelalters und der neuen Zeit", München
1928, daß man in Polen diese "revocationes",
"innovationes" oder "mutationes" viermal im
Jahre durchführte - daß es Verordnungen gab,
die zu jeder Messe neues Geld vorsahen. Bern-
hard von Anhalt, der Sohn von Albrecht dem
Bären, der durch Krieg und Erbschaft das Ha-
velland erworben hatte und sich "Markgraf von
Brandenburg" nannte, hat in 32 Regierungs-
jahren fast hundert Prägungen herausgebracht.
In Wien gab es in 150 Jahren fast ebensoviele
verschiedene Wiener Pfennige. Kaiser Friedrich
II., der Enkel Barbarossas, hatte nach dem Tode
des letzten Babenbergers das Herzogtum Öster-
reich dem staufischen Reich einverleibt und in
Wien in Fortsetzung der Babenberger Pfennig-
prägung nunmehr kaiserliche Brakteaten ge-
schlagen.

Von Erzbischof Wichmann von Magdeburg
sind mehr als 70 verschiedene Prägungen be-
kannt; Erzbischof Wichmann scheint der erste
gewesen zu sein, der die eigenen Münzen selbst
wieder aufrief, während doch nach der Rechts-
regel des Sachsenspiegels die Münzerneuerung
nur bei Herrschaftswechsel erfolgen sollte. Die
Münzverrufung wurde unter seiner Herrschaft
zweimal im Jahre vorgenommen, am 4. Fasten-
sonntag vor Ostern und an Mariä Himmelfahrt,
am 15. August; wahrscheinlich waren diese Ter-
mine auch Markttermine. Für 12 alte Pfennige
wurden jeweils 9 neue Pfennige gegeben. Von
den Erträgnissen dieser Münzerneuerung kann
man sich ungefähr ein Bild machen, wenn man
erfährt, daß Erzbischof Wichmann einige Jahre
verpflichtet war, aus der "moneta Magdebur-
gensi" jährlich 236 Mark Silber - die "Kölnische
Mark" zu 233 g oder rund 240 Denarii - an den
Domschatz abzuführen. Das waren also jeweils
mehr als 56 000 Silberpfennige! -

Das Verfahren des Erzbischofs Wichmann
machte sehr bald Schule; schon prägten auch
die Bischöfe von Halberstadt und Hildesheim
solrhe Münzen, die Askanier und die Welfen,
die Landgrafen von Thüringen, - zu jener Zeit,
als die Wartburg erbaut wurde - und zahlreiche
Abteien und Städte. Zu den schönsten Prägun-
gen der damaligen Zeit zählen die Halberstädter
Stephans-Pfennige, die sicherlich nicht wenig
zur Finanzierung der im 12. Jahrhundert ent-
standenen berühmten Chorschranken in der Hal-
berstädter Liebfrauenkirche beigetragen haben.
Auch die Kaiserlichen Münzstätten Barbarossas
prägten solche "Brakteaten", wie man diese dün-
nen, leicht zu brechenden und zu teilenden Mün-
zen allerdings erst in der Folgezeit nannte. (*)

In den Brandenburgischen Landen war es nach
Luschin von Ebengreuth (Grundriß der Münz-
kunde, S. 62) üblich, den Abschlag auf die Lauf-
zeit der Münze zu verteilen, um ihn nicht allzu
fühlbar werden zu lassen. So wurden im ersten
Vierteljahr 12 Pfennige auf den Schilling ge-
rechnet, im zweiten Vierteljahr 13 Pfennige, im
dritten Vierteljahr 14 Pfennige, dann 15 Pfen-
nige und nach dem Ablauf des vierten Viertel-
jahres erfolgte die Verrufung des alten Pfennigs,
von dem nun 16 Stück auf den Schilling abge-
führt werden mußten. Der neue Pfennig aber
kam wieder zu 12 Stück auf den Schilling in
Umlauf, also zum alten Wert.

Über den materiellen Nutzen, den der Schlag-
schatz den Münzherren einbrachte, gehen die
Ansichten der Forscher auseinander. Er mag
eben durchaus unterschiedlich gewesen sein, da es
auch von der Geschicklichkeit der Münzer ab-
hing, aus einem gegebenen Metallbestand nach
dem Umschmelzen und unter Einhaltung be-
stimmter Mindestgewichte der Münzen möglichst
viel herauszuholen. Luschin von Ebengreuth er-
wähnt (a. a. O. S. 62) das Kloster Melk, das
nach seinen Aufzeichnungen durch die Münz-
verrufung in einem Jahr allein soviel eingebüßt
habe, daß der Verlust etwa dem zehnten Teil
des Münznutzens entsprochen habe, den der
Herzog aus dem ganzen Lande zog. Das wäre
ein hoher Verlust, beziehungsweise für den
Münzherrn ein sehr bescheidener Gewinn gewe-
sen. Erzbischof Wichmann von Magdeburg hat
in dieser Hinsicht offenbar mehr Gewinn her-
ausgeholt, obwohl auch in Magdeburg die Aus-
prägung "al marco" stattfand, d. h. ein Pfund
Pfennige (= 20 Schilling zu je 12 Pfennigen)
mußten das Gewicht einer Mark haben.

Während technisch gut ausgeführte und durch
ihre Prägungen auch kunstgeschichtlich wert-
volle Brakteaten vornehmlich aus den Münz-
stätten Magdeburg, Halle, Erfurt, Halberstadt,
Goslar wie auch aus den Münzstätten von
Friedrich Barbarossa, Heinrich dem Löwen und
dem wendischen Fürsten Jaczo von Köpenick
herrührten und bis in die Mitte des 14. Jahr-
kunderts reichten, wurden kleinere Brakteaten
mehr in Niedersachsen, dort aber bis in die
Hälfte des 16. Jahrhunderts geprägt.

Eine Besonderheit stellten die Pfennige aus
dem Nürnberger Münzgebiet dar. Sie waren
kleiner als die mitteldeutschen Brakteaten und
zeigten beidseitige Prägung, wobei die Prägung
der einen Seite allerdings in der Regel ziemlich
starke Zerstörungen aufwies. Es liegt hier auch
der Gedanke nahe, daß es sich bei diesen Mün-
zen vielleicht jeweils um Umprägungen der vor-
her gängigen Pfennige gehandelt haben könnte,
so daß die vermeintliche Rückseitenprägung
eigentlich nur die gelöschte frühere Prägung dar-
stellte. Der große Hersbrucker Brakteatenfund,
der sich im Hirtenmuseum in Hersbruck befin-
det, weist ausschließlich solche Münzen auf, ver-
mutlich aus den Prägestätten Nürnberg, Regens-
burg, Donaueschingen und Ingolstadt. Es sind
vorzüglich herausgearbeitete Münzbilder, aber
die Ränder sind offensichtlich von Hand be-
schnitten, was bei dem dickeren Material müh-
seliger war als bei den dünner ausgeprägten
mitteldeutschen Brakteaten.

Eine zu den Brakteaten gehörende Münze
stellen auch die "Schüssel-Pfennige" dar, die
wegen der schüsselförmigen Gestalt der Schröt-
linge so genannt wurden und die vornehmlich
im Westen, im Rheinland, Niedersachsen, Braun-
schweig und Lüneburg zu Hause waren. Das
eigentliche Verbreitungsgebiet der Brakteaten
reichte in Norddeutschland im Westen bis an die
Weser, im Norden bis an die Nord- und Ostsee;
den Kern bildete, wie gesagt, die Magdeburger
Gegend, Thüringen, der Harz, die Mark Bran-
denburg, die Mark Meißen; daran schlossen sich
die Oberlausitz, Schlesien und weiter östlich und
südöstlich noch Polen und Böhmen an.

Ein zweites Verbreitungsgebiet, das sich - wie
Prof. Suhle in seinem bereits zitierten Buch über
"Die deutschen Münzen des Mittelalters" her-
vorhebt - im Stil der Prägungen von dem erst-
genannten Bereich merklich abzeichnete, begann
südlich des Mains, umfaßte Schwaben, Würt-
temberg, die Bodenseegegend mit dem Zentrum
Konstanz und den Schweizer Städten Basel,
Bern, St. Gallen u. a. und reichte nach anderen
Quellen bis nach Österreich, wo in Wien eine
regelmäßige Münzerneuerung geübt wurde. - So
mag es wohl richtig sein, was Corragioni in sei-
ner "Münzgeschichte der Schweiz", Genf 1896,
schrieb: "Brakteaten waren die einzige Geld-
sorte, die vom 12. bis 15. Jahrhundert bei uns
Geltung hatte."

In der landläufigen Geschichtsbetrachtung
scheint es über diese Epoche des Münzwesens
eine ziemlich feststehende Ansicht zu geben: die
Mannigfaltigkeit und der ständige Wechsel der
Prägungen werden sehr abschätzig beurteilt und
gelten als Zeichen einer völligen Zerrüttung der
Geldordnung, eines "heillosen Münzenwirr-
warrs", wie beispielsweise Johannes Scherr sich
in seinem Werk "Deutsche Kultur- und Sitten-
geschichte" ausdrückt. (s. a. a. O. S. 246).

Dieser Wertung geschichtlicher Tatbestände
liegt aber offensichtlich eine im Mittelalter unbe-
kannte, erst in der neueren Zeit aufgekommene
Überbewertung der Uniformität, der Gleichheit,
Gleichmäßigkeit, Einheitlichkeit, Einigkeit und
Einheit in allen Dingen zugrunde. Auf den Sinn
der Sache bezogen stellen indessen diese Äußer-
lichkeiten keinesfalls die entscheidenden Werte
dar, und es ist ebenso oberflächlich wie töricht,
danach urteilen zu wollen. Dem Mittelalter kam
es darauf an, im übersehbaren Raum Ordnung
zu haben; und dem Fahrenden, der in die Frem-
de kam, war hinreichend damit gedient, wenn
die Ordnung draußen grundsätzlich gleichartig
war, wenn sie also von den gleichen Prinzipien
getragen wurde und danach ablief.

Im übrigen könnte man fast sagen, daß das
Mittelalter rein intuitiv volkswirtschaftlich klü-
ger gehandelt hat als unsere Geschichtsforscher
mitunter einzusehen vermögen. Es dürfte näm-
lirh durchaus sinnvoll gewesen sein, die Einwoh-
ner in den neuen Kolonisationsgebieten des
Ostens von der primitiven Schatzbildung abzu-
bringen und sie zum richtigen Gebrauch des Gel-
des als Zirkulationsmittel zu erziehen. Dazu
bedurfte es wohl nachhaltiger, ständig wieder-
kehrender Impulse, die durch die regelmäßig
erfolgende Geldverrufung auch tatsächlich wirk-
sam wurden.

In den Gebieten der entwickelteren Kultur
des Westens, wo Handel und Handwerk, Kunst
und Gelehrsamkeit schon weiter fortgeschritten
waren, genügte ganz offensichtlich die einfache
Regelung der "Renovatio monetarum", die eine
Münzerneuerung nur beim Wechsel der Herren
vorsah. Zu bemerken bleibt allerdings, daß sich
auch hier die gekrönten Häupter nicht allezeit
an diese Regel hielten. In Frankreich war es
Philipp der Schöne (1285 -1314), der sich mit
wiederholter Münzverrufung ziemlich einträg-
liche Finanzquellen erschloß.

Da es sich im Westen um ein entwickelteres
Geldwesen, um eine größere Mannigfaltigkeit
von Silber- und Goldmünzen handelte, wurde
die Willkür von Münzverrufung allgemein als
schädlich empfunden. Es war auch allzu offen-
sichtlich, daß es den Münz-Herren nur noch auf
den Gewinn aus der Verschlechterung des Me-
tallgehaltes ankam, ein Motiv, das ursprünglich
bei den Brakteaten nicht vorlag.

Im allgemeinen aber wurde die Regel der
"Renovatio monetarum" ziemlich streng einge-
halten. Nur beim Wechsel der Herren war eine
Münzerneuerung erlaubt, zwischenzeitlich war
sie allenfalls vor dem Antritt eines Kreuzzuges
statthaft.

Daraus ist zu ersehen, daß zwischen den Ge-
bräuchen des fortgeschritteneren Westens und
dem eigentlichen Brakteaten-Geldwesen nur ge-
wisse Gradunterschiede bestanden. Tatsächlich
hat die "Renovatio monetarum" bis weit über
die Grenzen des eigentlichen Brakteatengebietes
hinaus ihre Gültigkeit und Wirkung gehabt.
So weiß z. B. auch Fritz Schwarz in seiner Schrift
"Vorwärts zur festen Kaufkraft des Geldes" zu
berichten, daß selbst in England eine derartige
Geldsteuer erhoben wurde (s. a. a. O. S. 54).

Bei Beurteilung dieser Dinge darf man sich
also nicht davon beeindrucken lassen, daß es fast
aussichtslos ist, die Fülle der Prägungen und die
innerhalb eines großen Wirtschaftsraumes wäh-
rend einer Zeit von 300 Jahren zustandegekom-
menen Unterschiedlichkeiten fein säuberlich zu
rubrizieren. Wesentlich ist allein die ungeheuer-
liche volkswirtschaftliche Auswirkung, die durch
die überall gleichartig gehandhabte "perma-
nente Geld-Erneuerung" zustandekam. Die un-
ter solchen Verhältnissen unmöglich gewordene
Hortung und Schatzbildung wurde ständig um-
gewandelt in pulsierende Nachfrage nach den
Erzeugnissen des Gewerbefleißes.

Niemand im weiten Raum der mittelalterli-
chen Welt wäre so einfältig gewesen, dieses Brak-
teaten-Geld oder auch die sonstigen, der zeit-
weiligen Erneuerung unterworfenen Handels-
münzen, die morgen oder in einigen Wochen
vom Bischof oder Landesherrn aufgerufen und
gegen Abzug eines Schlagschatzes gegen neues
Geld eingezogen werden konnten, länger als
verkehrsnotwendig zu behalten oder gar mit
Bedacht zu horten.

In diesem Umstand liegt, soweit von ökono-
mischen Zusammenhängen die Rede sein kann,
die logische Wurzel für jene gewaltige Dynamik,
aus der die gesamten Leistungen der gotischen
Epoche entstanden sind. Es liegt in dieser Ent-
wicklung eine zwingende Folgerichtigkeit. Die
schon mit der Münzordnung Karls d. Gr. be-
gonnene Auflösung der frühmittelalterlichen
Schatzbildung, die Einschmelzung der Prunk-
stücke, die Edelmetall-Zufuhr aus dem wieder-
aufgenommenen Silbererz-Bergbau haben den
Anfang eines kulturfördernden Geldverkehrs
ermöglicht; und die nun um die Mitte des 12.
Jahrhunderts um sich greifende fortlaufende
Münz-Erneuerung verhinderte jetzt auf volle
drei Jahrhunderte hinaus ein erneutes Horten,
Konzentrieren und Erstarren des Geldes! -

Alle kaufmännische Tüchtigkeit, aller Fleiß,
alle handwerkliche Kunstfertigkeit und Erfin-
dungsgabe, durch gegenseitige Befruchtung ge-
fördert, konnte nur in den Erzeugnissen und re-
alen Gestaltungen des Gewerbefleißes selbst
Wohlhabenheit und Reichtum schaffen. So ist es
für diese Zeit richtig, daß die Kapitalbildung,
insofern das Kapital aus Münzgeld bestand, da-
durch unmöglich wurde, daß das Geld einzig
als Tauschmittel und nicht gleichzeitig als Schatz-
mittel verwendbar war (s. L. v. Ebengreuth;
"Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des
Mittelalters" 1926). Demgegenüber hat sich aber
die Kapitalbildung in anderer Form um so groß-
artiger entwickelt. -

Da indessen ein jedes Ding zwei Seiten hat -
weil nun einmal dem "einen sin Uhl" dem "an-
dern sin Nachtigall" ist -, gibt es begreiflicher-
weise auch Klagen über diese periodisch wieder-
kehrende Münzverrufung. So findet der böhmi-
sche Chronist Cosmas die Wirkung dieser Ein-
richtung "ärger denn Pest, verheerender als
Feindeseinfall, Hungersnot und andere Land-
plagen", denn in seiner Vorstellung war die mo-
netäre Schatzbildung wichtiger als die wertschaf-
fende Zirkulation. -
Scio me nescire sed tamen censeo cogitare necesse esse

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Beitrag von dodo9999 » Di 11.02.03 20:10

danke für die hilfe, nun werd ich mir doch erst ein paar bücher und kataloge besorgen müssen....
ist aber schon interessant das es einige liebhaber zu diesen thema gibt.
wenn einer mal eine brakteaten aus den mitteldeutschen raum hat und nichts damit anfangen kann ... ich find bestimmt was zum tauschen.

gruss torsten

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Beitrag von dodo9999 » Di 11.02.03 20:17

ps. war gerade in locnar.de -
mir ist gleich das grinsen aus dem gesicht gefallen, ich denke ich werd mein sammelgebiet um 100km im radius vergrößern.

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