gefährliche Fälschungen von der Münzenmesse Stuttgart

Griechische Münzen des Altertums

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Chandragupta
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gefährliche Fälschungen von der Münzenmesse Stuttgart

Beitrag von Chandragupta » Mo 07.04.08 11:53

Liebe Zielgruppe,

im Römerforum habe ich's schon kurz geschrieben, daß ich in Stuttgart bei so einem windigen Händler aus Bulgarien als Belegstücke für meine Fälschungssammlung zwei m.E. ganz raffiniert gemachte Griechenfälschungen für je 20,- € gekauft habe, nämlich die beiden folgenden Stücke.

Daß es keine Originale sind, sieht man vor allem am Gewicht: Der Lysimachos wiegt nur 10,54 g; der Alexander III lediglich 12,19 g.

Der Lysimachos fällt auch rein stilistisch etwas aus dem Rahmen (man beachte z.B. das zurückgesetzte Bein der Athena, das so wirkt, als hätte der Stempelschneider nach einem Foto gearbeitet, die hintere Wade fehlt im Gegensatz zu Originalen).

Aber Laien fallen auf sowas auf jeden Fall rein. :evil:

Frage in die Runde: Welche Herstellungstechnik? Für mich sind die Dinger geprägt und KEINE Transfer Dies.

Jeder Hinweis ist willkommen. :)
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BulgFakes_Rv.jpg
BulgFakes_Av.jpg
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Pscipio » Mo 07.04.08 12:34

Ich halte die Stempel auch eher für modern und nicht von antiken Stücken abgenommen, aber wenn, dann ist das wirklich beänstigend gute Arbeit.

Die Technik möchte ich nur anhand der Fotos lieber nicht beurteilen. Die Stücke sehen allerdings schon geprägt aus, oder (weniger wahrscheinlich) gepresst.

Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Mo 07.04.08 12:53

Ich hatte die Dinger ja auch in der Hand und ich denke auch, dass die geprägt wurden.

Ich habe einige Händler an diesem Stand vorbei gehen sehen und die Stücke mit großen Augen begutachten gesehen. Es ist dringend notwendig, dass die Stücke in den einschlägigen Fälschungsdatenbanken auftauchen.

Beängstigend finde ich auch, dass nicht nur perfekte Stücke gefälscht wurden, sondern beispielsweise auch gezielt ordentlich dezentrierte Cistophoren. Daneben übrigens die Tetradrachmen auch mit den unterschiedlichsten Beiziechen.
Viele Grüße
helcaraxe
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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Mo 07.04.08 14:01

Pscipio hat geschrieben:Ich halte die Stempel auch eher für modern und nicht von antiken Stücken abgenommen, aber wenn, dann ist das wirklich beänstigend gute Arbeit.

Die Technik möchte ich nur anhand der Fotos lieber nicht beurteilen. Die Stücke sehen allerdings schon geprägt aus, oder (weniger wahrscheinlich) gepresst.

Pscipio
Den Lysimachos halte ich ebenfalls in JEDEM Fall für eine moderne Arbeit (und da stimmt auch der Avers-Stil m.E. nicht 100%ig, insbesondere zu flaches Relief - ich bin aber kein Spezialist für sowas; zum Rv habe ich ja schon was gesagt).

Aber von diesem "Patzer" mal abgesehen: Diese Stempel auf antikes Münzmetall im korrekten Gewicht geprägt (es gibt ja genug "Schrotties", die man umschmelzen oder ggf. sogar "einfach nur" damit überprägen kann), und fertig ist die fast perfekte Fälschung! :(

Ehrlich gesagt: Ich bekam es mit der Angst zu tun und habe mir gleich mal ein paar meiner Parther/Baktrien Erwerbungen ab Ende der 90er Jahre angeguckt ... und langsam werde ich paranoid! Sind die Massen(!) an Eukratides/Azes/Azilises/Vonones/...-Tetras, die derzeit auf dem Markt sind, wirklich alle "koscher"?

@Helcaraxe: Die Cistophoren waren auch sowas von gefährlich, mannomann! Bei denen stimmte, so wie ich's "in der Hand" (also ganz ohne Waage) feststellen konnte, ja auch noch das Gewicht... und an sich waren das nur die ganz banalen Massenware-Typen, bei denen keiner allzu genau hinguckt.

BTW: Die waren auch die ersten, die die Jungs fast ausverkauft hatten, schon am Sa. Nachmittag. Und nun ratet mal, wo wir die wiedersehen?! Ich gebe mal einen ersten Tip ab: Auf einer "bekannten und beliebten" Internet-Auktionsplattform vielleicht?
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von payler » Mo 07.04.08 18:08

Diese und ähnliche Teile werden immer wieder bei der EURO-Antik in Innsbruck angeboten.
Der Verkäufer - ich schätzte Osteuropa - wurde auf meine Anfrage ob "ECHT" sehr ausfällig.
:roll:

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Beitrag von Homer J. Simpson » Mo 07.04.08 20:19

Na, halleluja... :?

Könnte es sein, daß die Münzen doch gegossen sind? Schaut Euch mal die Vorderseite des Lysimachos an, die Punkte der Randeinfassung haben großenteils kleine Füllungsdefekte, als wäre da das Metall nicht richtig hingekommen.

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Beitrag von Zwerg » Mo 07.04.08 20:47

Könnte es sein, daß die Münzen doch gegossen sind? Schaut Euch mal die Vorderseite des Lysimachos an, die Punkte der Randeinfassung haben großenteils kleine Füllungsdefekte, als wäre da das Metall nicht richtig hingekommen.
Auch meine Meinung. Aber ich würde gerne einmal die Originalfälschung sehen. Als Einzelmünze sollte es für einen in der Materie geübten Sammler kein Problem sein. Ebay ist eben anders - und Händler kaufen auch häufig Lots und werden sich die einzelnen Münzen genauer ansehen müssen.

Liebe Grüße
Zwerg
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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Di 08.04.08 08:50

Auffällig ist auch die "Struktur" an der Nase des Alexander und der Unterlippe des Lysimachos.

Nur wirken die Münzen "in der Hand" auf den ersten Blick absolut geprägt; aber stimmt: "richtige" Verdrängungslinien sind da keine. Also, wenn die inzwischen SOLCHE Gußqualitäten hinbekommen... :evil:

Da ich mich mit Fälschungstechniken nicht so im Detail auskenne, fragte ich ja hier dazu nach. Das war keine rhetorische Frage von mir!

Vermutung/Diskussionsansatz: Kombination aus Prägung/Pressung und Guß? Also der Stempel per Guß abgenommen und etwas "nachbearbeitet", und dann die Münze damit geprägt/gepreßt?

Was meint Ihr?
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von pingu » Di 08.04.08 10:57

Hallo,

auch wenns absolut nicht mein Gebiet ist....
Warum sollten in Osteuropa oder auch Asien keine Stempelschneider zu finden sein die Stempel für solche Münzen hinbekommen? Für die Euros reicht das Fachwissen ja auch! Zusammen mit einem Fachmann auf dem Gebiet der griechischen/römischen Münzen sollte es problemlos möglich sein so etwas nach zu prägen. Wenn dann noch gediegen Silber aus einem Silberbergwerk verwendet wird... - Gute Nacht - ...
Die Sammlergemeinschaft wird mit wachsender Nachfrage leider immer mehr mit Fälschungen zu tun haben - momentan besonders bei höherwertigen Stücken, in der Zukunft leider auch bei minderwertiger Massenware.
Als bestes Beispiel sind dafür die chinesischen Cash-Münzen welche selbst bei Werten um 1 Euro schon fälschungswürdig sind und massenweise gefälscht werden.

Selbst wenn Stücke für die Fälschungsgallerie gekauft werden hat der Fälscher zumindest diese Stücke gewinnbringend an den Mann gebracht und wird weiter fälschen. Daher meine Meinung: kein Kauf von Fälschungen!

Gruß
Pingu
Wer sein Geld mit Konsum verschwendet, wird die wahren Freuden eines Numismatikers nie kennenlernen....

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Beitrag von Zwerg » Di 08.04.08 21:41

Es sind vom Original abgenommene Stempel, die im "Pressverfahren" als echte Münzen hergestellt werden - deshalb sieht man keine Verdrängungslinien.

Zur Zeit werden so in großen Mengen "Münzen" auch in durchschnittlicher Erhaltung hergestellt - Massenware wie auch leicht seltene - nach Inaugenscheinnahme - Griechen wie Römer

Augen offenhalten

Grüße
Zwerg
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Beitrag von helcaraxe » Di 08.04.08 23:05

:-(

Hoffentlich zerstört das nicht auf Dauer den Markt! Mit diesen Verfahren lassen sich ja sicher Hunderttausende Münzen in kurzer Zeit herstellen!
Viele Grüße
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Beitrag von Chandragupta » Mi 09.04.08 08:51

@Zwerg: Mit welcher Methode meinst denn Du sei der Stempel vom Original abgenommen worden?

Die ganz perfektionistische mit der Laserkopie würde die von mir oben erwähnten "Strukturen" (Blasen? - an Nase und Unterlippe) nicht zulassen; also Guß?

Der Stil des Lysimachos-Av wirkt auf mich auch nicht koscher: zu geringes Relief. Dessen Rv (mit der Einschränkung der "zum Feld hin verlaufenden" Wade der Athena - Folge einer "Nacharbeit" wegen Stempelfehlers??), sowie den ganzen Alexander halte ich natürlich für stilistisch absolut 1a. Bin allerdings kein Griechensammler.

Frage: Warum aber stimmt, trotz der sonstigen Perfektion dieser Machwerke, deren Gewicht nicht? Das ist doch nun das kleinste Problem für einen Fälscher... Deshalb halte ich die Stücke wie gesagt auch nicht für dezidierte Falsa zum Schaden der Sammler, sondern eher für so eine Art "nicht gestempelte - aber trotzdem sofort ('in der Hand und auf der Waage') als solche erkennbare - Museumskopien" bzw. "Machbarkeitsstudien".

Dennoch: Wenn das so weiter geht - dann "Gute Nacht!" :evil:
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von areich » Mi 09.04.08 15:59

Zwerg hat geschrieben:Es sind vom Original abgenommene Stempel, die im "Pressverfahren" als echte Münzen hergestellt werden - deshalb sieht man keine Verdrängungslinien.

Zur Zeit werden so in großen Mengen "Münzen" auch in durchschnittlicher Erhaltung hergestellt - Massenware wie auch leicht seltene - nach Inaugenscheinnahme - Griechen wie Römer

Augen offenhalten

Grüße
Zwerg
Zwerg, gilt das auch schon für durchschnittlich erhaltene Provinzbronzen?

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Beitrag von Chandragupta » Do 10.04.08 16:58

areich hat geschrieben:gilt das auch schon für durchschnittlich erhaltene Provinzbronzen?
http://www.lunalucifera.com/ModernFakes/index.html

http://members.aol.com/petronicoins/uncleanedfakes.html (unter diesem Link allerdings nur "Massenware" Spätrom und Byzanz - in den Fälscherländern gilt eben: "Kleinvieh macht auch Mist" bzw. "mühselig ernährt sich das Eichhörnchen...", und wer guckt bei "uncleaned" schon soooo genau hin?)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Zwerg » Do 10.04.08 21:16

Zwerg, gilt das auch schon für durchschnittlich erhaltene Provinzbronzen?
Wohl nicht, da ist die Verdienstspanne sicherlich zu niedrig.

Grüße
Zwerg
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