Historisch interessante Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Mo 10.01.05 22:29

Vor nicht allzulanger Zeit habe ich einen Reprint der Hartmann Schedel Weltchronik von 1493 gekauft und versuche mich seither durch das Deutsch des 15. Jahrhunderts durchzukämpfen. Als ich die obigen Beitäge von chinamul und Peter43 las, kam mir in den Sinn, dass ich gerade kürzlich die Schedel'sche Beschreibung der Pharisäer gelesen hatte. Ich stelle den Text mal ein, vielleicht interessiert es den Einen oder Andern, trotz keiner direkten numismatischen Bezüge:

"In dem iudischen land warn dreyerlay sect oder beyglawben der iuden vo gemaynem leben und wone der andern abgesundert. Eine was der Phariseier, die zu de zeiten Ptolomei philadelphi entstund und zu disen zeiten von scheins unnd erzaigung wegen der heiligkeit zu Jherusalem in grosser achtung (als wir auss 8 histori des ewangeliums abnemen mögen) bey den iuden gehalten wardt. die hiessen darumb pharisei (,) das ist die abgesunderten (,) dan sie warn von andern menschen mit klaidung und wandel abgetailt. wan sie geprauchten sich gestrenger geistlicher ubung unnd gar massiger speysung und trugen pirgamenine zettelein an der stirn und an der lingke hand die zehen gepot beschriben zu gedechtnus des gesetzs. sie trugen auch weyte prem gepunde mit dornen mit den sie gestachelt warden dabey der goetlichen gepot gedechtig zesein. sie rechenten got und der fuerordnung goetlicher fuersichtigkeit alle ding zu (.) iren obern un eltern antwurteten sie nymmer widerwertigs. und sprachen dz dz (?) gericht gottes kuenftig wer. so wer alle sele unzerstoerlich und hofften und verkuendeten die ufstaend der todten. Die phariseier warn userm herrn Cristo fast widerwertig und seins todts mitwissende un mitschuldig."

Ich hoffe, mir unterliefen beim Übertragen keine zu grossen Fehler.
Viele Grüsse
Pscipio
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 11.01.05 01:15

Herrlich!
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secundus
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Beitrag von secundus » Di 11.01.05 15:55

Die Geschichte vom Zinsgroschen ist doch viel zu schön, als dass sie von profaner Quellenkritik nachhaltig beschädigt werden könnte.

Dank Hartmann Schedels Weltchronik ist es nun amtlich „Die phariseier warn userm herrn Cristo fast widerwertig und seind todts mitwissende un mitschuldig."

Die Welt will betrogen sein, also werde sie betrogen.
In diesem Sinn noch einen Nachlag, frei nach Dio Cassius (röm. Geschichte LVIII):
Als ein hoch angesehener Konsul das unglaubliche Verbrechen wagte, mit einer Münze die das Bildnis des Tiberius trug eine Latrine aufzusuchen, wurde er von Tiberius zu Tode bestraft und fast noch schlimmer, mit den Worten gedemütigt: „ Mit meiner Münze (siehe Abb.) in Deiner Bluse hast Du Dich zu einem stinkenden, lauten Ort begeben, um Dein Gedärm zu entleeren“

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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Di 11.01.05 16:50

Nachdem secundus in seinem geposteten Beitrag eine kritische Anekdote von Cassius Dio (um 155-um 235 n. Chr.) zitiert hat, hier einige Ausschnitte aus einer Bewertung des Tiberius durch den Senator und Historiker Velleius Paterculus (um 20 v. Chr.-nach 30 n. Chr.), einem Günstling des Kaisers, in seiner "Historia Romana":

129 (3) "Wie oft ehrte er (Tiberius) das Volk durch Spenden, und wie bereitwillig vervollständigte er das Vermögen von Senatoren, wenn er dies auf Antrag des Senats tun konnte - und er tat es so, dass er weder der Verschwendung Tür und Tor öffnete, noch zuliess, dass jemand aus unverschuldeter Armut seinen Rang einbüsste. ..."
130 (1) "Welche grossartigen Bauwerke hat er im eigenen Namen und in dem seiner Familie errichten lassen! Mit welcher Grosszügigkeit - es übersteigt menschliches Fassungsvermögen - erbaute er in seiner frommen Sohnesliebe den Tempel für seinen Vater! ..."

Und er schliesst sein Werk mit den folgenden Worten:
131 (1) "Mit einem Gebet will ich mein Werk beschliessen. Du, Iupiter Capitolinus, und du, Mars Gradivus, Gründer und Erhalter Roms, du, Vesta, Hüterin des ewigen Feuers, und all ihr Gottheiten, die ihr dieses gewaltige römische Reich zur höchsten Macht auf Erden erhoben habt - euch rufe ich an, euch bitte ich im Namen aller: Beschützt, bewahrt und behütet diese Staatsordnung, diesen Frieden und diesen Princeps, (2) und nachdem er möglichst lange seine irdische Stellung gehalten hat, schenkt ihm möglichst spät Nachfolger, aber solche, deren Schultern ebenso stark sind, die Last eines Weltreiches zu tragen, wie wir es bei ihm erlebt haben. Und seid allen Bürgern hilfreich bei ihren guten Absichten und vereitelt ihre bösen."

Cassius Dio und Velleius Paterculus, zwei antike Autoren, deren Anekdoten und Bewertungen des Tiberius unterschiedlicher nicht sein könnten. Ach, Quellenvergleiche können so interessant und amüsant sein! :onfire: :-D

Gruss, Pscipio
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Beitrag von secundus » Di 11.01.05 19:40

Schon ganz ungeduldig mit seiner Wortmeldung zum Amüsement beizutragen ist auch der Biograph Suetonis (ca. 70-150 n.Chr.).

Die Anekdote zur Münze liest sich bei ihm so:
[58]:„...allmählich ging diese Art der böswilligen Anklägerei so weit, dass es ein todeswürdiges Verbrechen wurde, wenn jemand in der Nähe eines Bildnisses des Augustus seinen Sklaven gepeitscht oder seine Kleider gewechselt, wenn jemand ein Geldstück oder Ring mit dem Bild des Augustus auf den Abtritt oder in ein Bordell mitgenommen...“.
Wahrscheinlich hat sie Cassius Dio von dort übernommen und noch etwas ausgeschmückt.

Dem von „Pscipio“ zitierten Velleius Paterculus muss natürlich auf das heftigste widersprochen werden::D

[48.] „Nur zweimal überhaupt übte er einen Akt öffentlicher Freigiebigkeit aus, das eine Mal, als er hundert Millionen Seterzien als Anleihen ohne Zinsen auf drei Jahre vorstreckte, und ein andermal, als er den Besitzern gewisser, Insulae genannten Mietswohnungen, die auf dem Caeliushügel abgebrannt waren, den Wert der Häuser ersetzte.“

[47.] „Während seiner ganzen Regierung hat er weder irgendwelche Prachtbauten ausgeführt – denn die einzigen, welche er unternommen hat, den Tempel des Augustus und die Wiederherstellung des Pompeiustheaters, hinterließ er nach vielen Jahren unvollendet.“

Und er berichtet über das Ableben des Tiberius in den folgenden Worten:
[75] „ Sein Tod versetzte das Volk in einen solchen Freudentaumel, dass auf die erste Nachricht alles durch die Straßen lief, bald mit dem Ruf: „ in den Tiber mit dem Tiberius!“, bald unter Anrufung der Mutter Erde und der Todesgötter, dass sie dem Toten keine Stätte, als nur unter den Verdammten, verleihen möchten, währen wieder andere den Leichnam mit Haken und Gemonien bedrohten...“

[26] „In der Tat aber benahm er sich...in den Anfängen seines Regiments überaus zivil...“ weshalb die Ode des Vellius Patercuklus, der die letzten Jahre des Tiberius ja nicht mehr erlebte, sogar aufrichtig gemeint sein könnte.

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Beitrag von Pscipio » Di 11.01.05 22:11

:-D Die Lobeshymne des Paterculus erklärt sich zu einem grossen Teil aus seinem Werdegang. Als Provinzial-Römer, der im Militär und in der Politik Karriere machte, war er dem Princeps natürlich dankbar und trauerte, ganz anders als Tacitus und die von ihm beeinflussten Sueton und Cassius Dio, nicht der Republik nach, wo ihm als Provinzialer von vorne rein keine Aufstiegschancen eingeräumt worden wären, da er nicht zum alteingessesen städtischen Patriziertum gehörte. Paterculus beendete seine "Historia Romana" 30 n. Chr., über sein Todesdatum gibt es keine Nachrichten, weshalb man es einfach auf "nach 30 n. Chr." ansetzt.

Mag Tiberius zu Ende seiner Herrschaft für die Nobilität Roms ein Tyrann gewesen sein und von Capri aus eine Schreckensherrschaft ausgeübt haben, die einfache Bevölkerung und sicher auch die provinziale Beamtenschaft wird davon kaum betroffen gewesen sein. Es geht nicht darum, die Taten des Tiberius zu verharmlosen, doch darf man ihn nicht an seinem glänzenden Vorgänger messen. Tiberius war schon ein verbitterter, gedemütigter und kranker Mann, als er zum Nachfolger des Augustus ernannt wurde. Nie für die Nachfolge vorgesehen, was man ihm immer wieder klarmachte, zur Trennung von seiner geliebten Frau gezwungen, in die halbswegs freiwillige Verbannung getrieben... so wird man keine Frohnatur. Mit diesem Hintergrund muss man die allgemeine Regierungstätigkeit des Tiberius in einem positiveren Licht sehen, als dies oft dargestellt wird. Er bemühte sich redlich, während ihn der Senat mal für mal enttäuschte, weil er (der Senat) zu einer Regierungsmitarbeit nicht in der Lage war. Wie gesagt: die von Tiberius befohlenen oder begangenen Grausamkeiten zu Ende seiner Herrschaft stehen auf einem anderen Blatt, doch richteten sich diese fast nur gegen die Nobilität, nicht gegen den "Ritter-" und "Beamtenstand" und die einfache Bevölkerung.

Soweit mein Votum zu Berichtigung einer vor allem durch Tacitus stark negativ geprägten Geschichtsschreibung über den verbitterten alten Kaiser :-D

Ich hoffe, diese Diskussion, die keine direkten numismatischen Bezüge hat, wirkt in diesem Thread nicht allzu störend...

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Peter43 » Fr 21.01.05 18:42

Ich glaube, es wird mal wieder Zeit für eine historisch interessante Münze. Ich hatte bei der großen Auktion TRITON VIII bei CNG in New York mitgeboten, bin aber überboten worden. Als Trost dient mir jetzt dieser Solidus von Honorius 393-423 v.Chr.:

AV - Solidus, 4.37g, 21mm
Ravenna, nach dem Tod des Arcadius 408-423 n.Chr.
Av.: DN HONORI - VS PF AVG
behelmte Büste n.r., drapiert und geharnischt, diademiert, mit Bart
Rv.: VICTORI - A AVGGG
Kaiser steht frontal, hält langes Tau-Rho und hat li. Hand auf dem
Knauf seines Schwerts; er wird gekrönt von der Hand Gottes und hat
seinen re. Fuß auf dem Rücken eines vor ihm liegenden Löwen mit
einer Schlange als Schwanz.
im Feld: R-V
im Abschnitt: COB
RIC X, 1310; C.43
Selten; fast VZ

Die Rückseite mit dem Löwen hatte mich angezogen. Nun bin ich der Frage nachgegangen, welche Symbolik hinter der Ikonographie auf der Rückseite stecken könnte. Ob diese Schlüsse numismatisch richtig sind, kann ich nicht beweisen. Vielleicht korrigiert mich ja jemand.

Dieser Typ wurde nach dem Tod des Arcadius (Mai 408) von Honorius in Ravenna geprägt. Der Löwe bedeutet herkömmlich Stärke und Macht. Der Schlangenschwanz ist im Christentum ein Zeichen für das Böse und Falschheit. Man muß also einen Feind des Honorius suchen, der mächtig wie ein Löwe war, aber als falsch galt. Dies alles paßt gut auf den weströmischen Heermeister Stilicho! Er war der mächtigste Mann im weströmischen Reich. Nach dem Tod des Honorius in Constantinopel hatte er wohl vor - vielleicht unter seiner Oberhoheit - die Reichseinheit wieder herstellen. Dadurch brach der unterschwellige Antigermanismus offen aus, Stilicho wurde als treulos (fides Germanica!) gebrandmarkt und als Verräter bezeichnet. Nachdem Constantinopolis bereits lange die Verurteilung des Stilicho als hostis publicus verlangt hatte, ließ Honorius, dieser frömmelnde, schwache und schwankende Kaiser, seinen wichtigsten Mann im August 408 ermorden. Es kam zu einem Blutbad in Ravenna, dem die ganze Militärelite des weströmischen Reiches zum Opfer fiel. Moralisch erschwerend kam noch hinzu, daß Honorius eine Tochter des Stilicho geheiratet hatte. Diese Ereignisse wurden natürlich als großer Sieg des Honorius gefeiert. Ich glaube deshalb, daß auch dieser Münztyp zu diesem Zweck geprägt wurde. Das Bild des besiegten Löwen mit Schlangenschwanz als Symbol des Stilicho ordnet sich zwanglos in diesen Zusammenhang ein.

Tatsächlich aber war der Mord an Stilicho und seinen Führern ein weiterer, wichtiger Schritt zum Untergang des Weströmischen Reiches. Die überlebenden Germanen flohen zu Alarich, der sich jetzt als Rächer des Stilicho stilisierte und mit seinem Heer auf Rom zog, das noch vor Ende 408 kapitulierte.
-------------------------------------------------------------------------------------
Inzwischen habe ich weiter recherchiert und muß mich korrigieren. Die schöne Geschichte mit Stilicho kann nicht stimmen, weil die Münze bereits vorher geprägt wurde:

Dieser Typ wurde wahrscheinlich bald nach dem Tod des Arcadius geprägt. Das für Honorius uncharakteristische kriegerische Aussehen kann wohl als Antwort auf die Bedrohung gesehen werden, die durch die Usurpation des Constantin III. und die aufrührerische Stimmung der Armee entstanden war. Er trägt hier einen Bart, vielleicht als Zeichen der Trauer um seinen Bruder Arcadius. (RIC X)

Mit freundlichen Grüssen
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honorius_1310.jpg
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Beitrag von chinamul » Mo 24.01.05 15:56

@Peter43

Wirklich ein schöner Trost! Mal wieder die vor einigen Monaten von uns diskutierte Hand Gottes.

Prägetechnik

Der nun folgende Republikdenar ist zwar strenggenommen kein in erster Linie historisches Dokument, aber er gibt dem Römerfan einen Eindruck davon, welchen Stellenwert das Prägen von Münzen in der damaligen Zeit hatte und wie es technisch vor sich ging.
Der Münzmeister Carisius bildet auf der einen Seite seines Denars die (Juno) Moneta ab, die „Ermahnende“, in deren Tempelbezirk auf dem Palatin die römische Münzstätte lag (daher unsere „Moneten“ aber auch das Wort „Münze“). Auf der anderen Seite sehen wir die Prägewerkzeuge der damaligen Zeit: einen Amboß, einen Hammer und eine Zange.
T. Carisius
AR Denar Rom ca. 45 v. Chr.
Av. Leicht drapierte Büste der Juno Moneta rechts mit kreuzförmigem Ohrschmuck; am Hinterkopf Haarknoten; im Nacken und an der Schläfe herabfallende Locken
Links: MONETA
Rv. Werkzeuge zur Münzprägung: in der Mitte Amboß, links Zange mit Griffen nach unten, rechts Hammer mit Stiel nach oben; über dem Amboß Kappe des Vulcanus - Oben als Halbkreis: T • CARISIUS; rundum Lorbeerkranz (Syd. 982b - 3,70 g)

Gruß

chinamul
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prägewerkzeuge.jpg
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Beitrag von Peter43 » Mo 24.01.05 21:04

Interessante Münze! Hatte ich bisher nicht gesehen, allerdings sammle ich auch mehr kaiserliche Münzen.

Zur Juno Moneta möchte ich noch etwas hinzufügen:

Liv. Andr. frg. 23, Morel. Hyg. fab. praef., Cic. nat. deor. 3, 47 nennen Mnemosyne Moneta., was zur Deutung des Namens als 'Erinnerung', nicht 'Mahnung' oder 'Mahnerin' zwingt. Einrichtung des Kults einer Personifikation der 'Erinnerung' 345 v.Chr. paßt in die Zeit der Kultstiftungen von Concordia und Pudicitia.
(Kleiner Pauly, S.1410)

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Peter43 » Di 15.02.05 23:11

Hallo!

Heute möchte ich wieder einmal eine historisch interessante Münze vorstellen. Ich freue mich sehr, daß ich sie vor kurzem meiner Sammlung hinzufügen konnte. Es ist der berühmte Denar des Münzmeisters Marcus Junius Brutus (85-42 v.Chr.), der allen als der berühmteste Cäsarmörder bekannt ist. 'Et tu, fili', tatsächlich wohl nicht in Lateinisch, sondern in Griechisch gesprochen, und oft falsch übersetzt mit 'Auch du, mein Sohn Brutus'.

AR - Denar, 3.96g, 19m
Rom 54 v.Chr.
Av. Büste der Libertas n.r., Haare als Knoten im Nacken, kreuzförmiger
Anhänger im Ohr, Perlenkette mit tropfenförmigen Anhängern
dahinter LIBERTAS
Rv. Der Consul L. Junius Brutus schreitet zwischen 2 Liktoren n.l. Vor
ihnen eilt ein Amtsbote n.l.
im Abschnitt: BRVTVS
Crawford 433/1; Sydenham 906a; Junia 31a
VZ

Das Revers soll an die Vertreibung des letzten römischen Königs Tarquinius Superbus durch L. Junius Brutus, den Vorfahren des Münzmeisters, erinnern, der 509 v.Chr. zum ersten Consul der neu gegründeten Republik gewählt wurde. 'Libertatem et consulatum L. Brutus instituit.' = 'Die Freiheit und den Consulat hat L. Brutus ein gerichtet.' (Tacitus Ann. 1, 1). Dieser Typ zeigt den streng republikanischen Standpunkt des M. Junius Brutus. Das hätte Cäsar allerdings bekannt sein müßen!
Allerdings ist die ganze Geschichte von der Vetreibung des Tarquinius rein mythologisch. Wahrscheinlich ist auch die Repubik erst nach einer längeren Übergangszeit gegründet worden (Mommsen).

Nun bin ich einmal allen möglichen Begriffen, die in dieser Münze angesprochen werden, nachgegangen, und von diesen Erkenntnissen möchte ich hier einige mitteilen.

1. Consul. Dies ist der höchste Beamte in der römischen Republik. Es bestand ein kollegialer Doppelconsulat (ja, korrekt, der Consulat, männlich!), der jährlich neu gewählt wurde. Diese beiden Consuln waren völlig gleichberechtigt, keiner der beiden konnte dem anderen befehlen. Ihre Befehlsgewalt wechselte täglich. Ihre Macht war absolut und entsprach der eines Königs (Mommsen). Nur innerhalb Roms gab es Beschränkungen. Die Zeichen ihrer Würde und Amtsgewalt waren 12 Liktoren mit fasces und Beile, die sella curulis (der Amtssessel) und die toga praetextata (die purpurgefärbte Toga). Nach den Namen der ersten Consuln eines Jahres, den consules ordinarii, wurden die Jahre benannt.
COS auf Münzen kommt von einer alten Form 'COSUL'. Wörtlich ist Consul der 'zusammen springende, zusammen tanzende' also derKollege!

2. Lictor. Ein römischer Beamter, Diener der höheren Magistrate und einiger Priester, der diesen die Fasces voran trug. Die Zahl der Liktoren richtete sich nach dem Rang des Beamten, Konsul 12, Prätor 6. Sie waren in Korporationen zusammengefaßt und trugen in Rom eine Toga. Ihre Aufgaben waren:
- Begleitung des Magistrats bei Dienstgängen, um ihm Platz zu machen.
Ein Magistrat ging nie ohne Liktoren, auch nicht ins Theater, ins Bad
oder in den Tempel. Nur bei einem höheren Magistrat durfte er keinen
L. dabeihaben.
- Im Auftrage des Magistrats Festnahmen und Verhaftungen
vorzunehmen, Bestrafungen und Geißelungen durchzuführen und sogar
Todesurteile zu vollstrecken.

3. Fasces. Von fascis = Bündel. In der Regel in der Mehrzahl, als Rutenbündel mit einem Beil in der Mitte, als Zeichen der Gewalt über Leben und Tod. Bei Trauerfällen wurde das Beil mit der Schneide nach unten getragen. Von diesen Fasces leitet sich auch das Wort 'Faschismus' ab, der ja die ruhmreichen Zeiten des alten Roms wiederholen wollte. Man sieht sie auch heute noch an vielen Gebäuden Roms.

Warum auf dieser Münze die Liktoren vor und hinter L. Brutus gehen, obwohl sie ja nur vor ihm gehen sollten, weiß ich nicht. Vielleicht hatte das künstlerische Gründe.

Die Rückseite dieser Münze war übrigens das Vorbild für die eine Seite des Kosonstaters.

Mit freundlichen Grüßen
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brutus_Cr433.JPG
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Beitrag von spider » Mi 16.02.05 10:18

Peter43 hat geschrieben: Es ist der berühmte Denar des Münzmeisters Marcus Junius Brutus (85-42 v.Chr.), der allen als der berühmteste Cäsarmörder bekannt ist.
Mir war gar nicht bekannt das er auch Münzmeister war!
8O

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Beitrag von Peter43 » Mi 16.02.05 16:57

Er war einer der jüngsten. Er wurde es mit 15 oder 16 Jahren!

Übrigens hieß Marcus Junius Brutus nach der Adoption durch seinen Onkel (Quintus Servilius Caepio) Quintus Servilius Caepio Brutus. Das gibt manchmal Anlaß zu Verwirrung bei Bestimmungen.

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Di 01.03.05 14:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von spider » Mi 16.02.05 17:36

Peter43 hat geschrieben:Er war einer der jüngsten. Er wurde es mit 15 oder 16 Jahren!

Übrigens hieß Marcus Junius Brutus nach der Adoption durch seinen Onkel (M. Porcio Cata Uticensis) Quintus Servilius Caepio Brutus. Das gibt manchmal Anlaß zu Verwirrung bei Bestimmungen.

Mit freundlichem Gruß
Und wieder was gelernt.
:D

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Beitrag von matti » Fr 18.02.05 14:23

Hallo,

Kann es sein, dass das Wort "brutal" vom Namen Brutus kommt? Sinn würde es auf jeden Fall machen :lol:

MfG,

matti

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Beitrag von chinamul » Fr 18.02.05 14:38

Restitutionsmünzen

Von besonders beliebten Augusti und Caesaren wurden von späteren Kaisern bisweilen sogenannte Restitutionsmünzen (Erinnerungsausgaben) geprägt. In vielen Fällen, wenn auch wohl nicht allen, handelte es sich dabei um eine echte Hommage an den verblichenen Vorgänger. Mitunter aber mag das Motiv auch darin bestanden haben, ein wenig vom Glanz des solcherart Geehrten auf sich selbst zu lenken, nach dem Motto: Wer das Andenken eines so beliebten Kaisers mit einer Gedenkprägung feiert, der kann doch kein schlechter Herrscher sein!
Ein solches Beispiel findet Ihr im Thread „Agrippa u. Maxentius“ (Titus bzw. Domitianus für Agrippa).
Hier nun als weiteres Beispiel ein Sesterz des Nerva für Augustus. Er ist leider nicht sehr schön erhalten, dafür aber selten. Nerva hat es sich hier offenbar nicht verkneifen können, das Porträt des Augustus sehr dezent seinem eigenen Konterfei anzunähern, zumindest was die Form der Nase betrifft.

AUGUSTUS 27 v. Chr. - 14 n. Chr.
AE Sesterz Asia Minor 98 Restitution unter Nerva
Av.: DIVVS AVGVSTVS - Belorbeerter Kopf rechts (das Porträt des Augustus ist dem Aussehen Nervas angenähert)
Rv.: IMP NERVA CAESAR AVGVSTVS REST, in der Mitte großes S C
RIC 136 (Nerva); C. 570 (28,49 g)

Gruß

chinamul
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nerva rest aug b.jpg
nerva rest aug a.jpg
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