Historische Fehler bei Münzbeschreibungen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Lemur
Beiträge: 472
Registriert: Mi 11.05.05 22:26
Hat sich bedankt: 4 Mal
Danksagung erhalten: 4 Mal

Beitrag von Lemur » Di 17.05.05 21:19

Zunächst einmal Grüße an alle Freunde römischer Münzen hier im Forum! Bezugnehmend auf die "Speer"diskussion beim Reitersturzmotiv möchte ich die Frage aufwerfen ob wirklichkeitsgetreue Abbildungen symbolträchtiger Gegenstände generell anzunehmen ist. In diesem Fall (Skistock) handelt es sich bestenfalls um die Vorstellung des Stempelschneiders von einer Stangenwaffe in welcher die Schleuderschlaufe der Lancea wohl dem "Faustriemen"des "Skistockes"zugrunde liegt .Die Kürze der Waffe sowie der "Stopper" mögen ihre Wurzeln in einer Plumbata haben. Mars hingegen (RVdes Marc Aurel Denars)hat den Propagandatrick der "Waffenverdopplung"nicht nötig,denn die Werkzeuge seiner Söhne waren stets mit einem Speerschuh versehen welcher bei Schaftbruch als zweite Spitze einzusetzen war.(Hier sicher stark überzeichnet) Deutliche Unterschiede in der Gestaltung der Stangenwaffe weisen auch bei den AE3 Bronzen des Flavius Claudius Iulianus darauf hin daß es nicht in der Absicht des Künstlers lag reale militärische Ausrüstung darzustellen.Einige dieser Abbildungen scheinen sich zwar dem Gaestum anzunähern,andere den
Lorbeerblattspitzen von Hasta oder Lancea ,meist jedoch sind stark stilisierte Formen oder eben Phantasiespitzen die Wahl der Stempelschneider gewesen. m.f.G.Lemur
...das ganze Mee`volle`´öme`.

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Di 17.05.05 21:56

Hallo Lemur!

Herzlich willkommen im Forum! Vielen Dank für Deinen Beitrag! Dein erster und dann schon so schwere Kost! Das was Du hier ansprichst und bezweifelst, nämlich die Realitätsnähe der Abbildungen, ist bekanntlich ein wichtiges Problem.
Aber ist es nicht so, daß wir auch viele Dinge nur durch Abbildungen auf Münzen kennen, weil sie uns sonst nicht erhalten sind? Ich nenne mal nur die Trabea, weil ich mich darüber gerade belesen habe. Wenn man alles nur symbolisch auffassen würde, dann würden wir uns einer wichtigen Erkenntnismöglichkeit berauben.
Ich will das hier jetzt nicht gleichsetzen, aber in der Tendenz ist es ähnlich: Man hat früher die Hieroglyphen als Symbole betrachtet (Athanasius Kirchner), dann hat es sich herausgestellt, daß es eine Buchstaben/Silbenschrift ist. Die Ilias galt auch nur als Märchen, bis Schliemann sie wörtlich nahm. Also keine Gleichsetzung, allein wegen der unterschiedlichen Bedeutung, aber ich finde, man sollte erst dann von Symbolcharakter und mangelnder Realität sprechen, wenn man wirklich keine reale Grundlage für eine Abbildung gefunden hat. Ist das eine mögliche Vorgehensweise?

Übrigens noch einige Fragen:
Was ist eine 'Plumbata'? Was ist ein 'Gaestum'?
Als Söhne des Mars kenne ich Phobos und Deimos, aber ich kenne keine Bilder von ihnen mit Speeren, die einen Speerschuh haben!

Mit freundlichen Grüßen
Omnes vulnerant, ultima necat.

Benutzeravatar
Zwerg
Beiträge: 6390
Registriert: Fr 28.11.03 23:49
Wohnort: Wuppertal
Hat sich bedankt: 300 Mal
Danksagung erhalten: 1320 Mal

Beitrag von Zwerg » Di 17.05.05 22:42

Hallo Peter43
Du hast recht - und auch nicht.

Die Angelegenheit ist äußerst komplex, Ich lese in solchen Fällen gerne in meinem Andreas Alföldi, Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreich. Er zitiert ab S. 143 (II. Kapitel: Das Triumphalkostüm als kaiserliches Ornat) den guten alten Mommsen (Staatsrecht)
Zwar dem Diktator Caesar wurde kurz vor seinem Tode gestattet, darin zu jeder Zeit und an jedem Ort zu erscheinen; aber Augustus und die späteren Kaiser sind hierauf nicht zurückgekommen. Vielmehr ist nur die Auszeichnung, das Triumphalgewand bei Festen und Schauspielen wieder anzulegen, auf Augustus und auf die folgenden Kaiser angewandt worden. Bei den Spielen erscheint der Kaiser nie anders als entweder im Triumphalgewand oder mit dem militärischen Paludamentum
Zur mappa auch ein Zitat von Alföldi
Erst die Aufnahme der mappa zwischen die offiziellen Abzeichen des Staatsoberhauptes erhebt die Sportorganisationen zu politischen Gebilden und macht aus dem Triumphalgewand - ein Theaterkostüm
Alföldi illustriert seine Ausführungen (von 1934 und 1935!) primär mit Münzdarstellungen, er war zu dieser Zeit ein Pionier auf diesem Gebiet.

Das Problem mit Forumsbeiträgen ist immer, daß man weder Pro- noch Hauptseminarbeiten schreiben kann - und antike Numismatik leider sehr komplex ist.

Grüße
Zwerg

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Mi 18.05.05 00:29

@Zwerg:

Vielen Dank für einen Beitrag! Ich bin weder Historiker noch Numismatiker, nur ein interessierter Laie, also ein Dilettant im ursprünglichen Sinn des Wortes. Deshalb versuche ich, nur Beiträge einzustellen, von denen ich glaube, daß sie allgemeiner Konsens sind. Das führt natürlich leider dazu, daß es in der Regel immer auf das kleinste gemeinsame Vielfache hinausläuft. Sollte ich einmal dagegen verstoßen, hoffe ich auf korrigierende Hilfe, für die ich dankbar bin.

Handelt es sich um ungewöhnliche Meinungen, wie z.B. die Sterne über den Hörnern von Julians Bullen oder die Visionen des Constantin, dann sollten diese als solche gekennzeichnet sein. Oder man stellt sie gleich zur Diskussion.

Ich glaube, wenn man diese Regeln einhält, kann man keine großen Fehler machen, auch wenn es sich nicht um Seminararbeiten handelt. So habe ich jedenfalls Deinen letzten Satz verstanden.

Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.

Benutzeravatar
Zwerg
Beiträge: 6390
Registriert: Fr 28.11.03 23:49
Wohnort: Wuppertal
Hat sich bedankt: 300 Mal
Danksagung erhalten: 1320 Mal

Beitrag von Zwerg » Mi 18.05.05 08:48

Hallo peter43
Das mit den Seminararbeiten war so gemeint, daß es wie in jedem Forum manchmal sehr schwierig ist, komplexe Sachverhalte in 10-20 Zeilen darzustellen.

Im Übrigen liebe ich Beitrtäge, die nicht allgemeiner Konsens sind - wie könnte man ansonsten über Neuerungen nachdenken.

Grüße
Zwerg

Benutzeravatar
richard55-47
Beiträge: 5086
Registriert: Mo 12.01.04 18:25
Wohnort: Düren
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 406 Mal

Beitrag von richard55-47 » Mi 18.05.05 13:35

@Peter43
Wenn ich in irgendeiner fernen Zeit über soviel "Dilettantismus" wie du bereits jetzt beherrschst verfüge, kann ich mich glücklich schätzen und werde viel zu berichten wissen.
do ut des.

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Mi 18.05.05 13:55

@richard:

Danke für soviel unverdientes Lob! Aber ich glaube, es liegt auch immer an der Literatur, die man zur Hand hat. Man darf über dem Sammeln von Münzen nicht vergessen, sich parallel dazu eine kleine Bibliothek zuzulegen. Wenn ich es einmal überschlage, habe ich zwischen 5 und 10% des Geldes für Fachbücher ausgegeben. Das sind nicht nur RIC und BMCRE, sondern auch Bücher über Einzelthemen. Natürlich gehören auch Geschichtsbücher dazu, wie der Mommsen oder der Klassiker Gibbon und Monographien über einzelne Kaiser, die mich besonders interessieren, z.B. Augustus, Tiberius oder Caligula. Und nicht zu vergessen 'Den kleinen Pauly', gibt es fast alles als Taschenbuch oder broschiert!

Deshalb mein Tip an alle: Nicht nur an Münzen denken, sondern auch an die Backgroundliteratur!

Mit freundlichem Gruß
Omnes vulnerant, ultima necat.

octavian
Beiträge: 186
Registriert: So 16.01.05 11:38
Wohnort: Franken
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 2 Mal

Beitrag von octavian » Mo 23.05.05 19:26

Hallo Peter43, hallo Leute,
Ich habe eure Konversation interessiert verfolgt. Kannst du mir evtl. Bücher oder andere Quellen nennen, in denen ich mehr zu den historischen Hintergründen der Münzen finde? Eben zur Bedeutung einer Abbildung, Münzemission ect. Vielen Dank!

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Mo 23.05.05 20:17

Hallo Octavian!

Ich habe hier mal eine Liste von Büchern, in die ich öfter reinschaue, wenn ich irgendwelche Hintergrundinformationen zu einer Münze suche:

1. Der kleine Pauly, Lexikon der Antike (5 Bände, broschürt)
Ein Standardwerk! Kurzausgabe der Realenzyklopädie

2. RIC Band I-X: Bringt vor jedem Kapitel Informationen über die
Münzeditionen. Allerdings insbesondere Band IV und V veraltet

3. BMCRE Band 1-VI: Bringt vor jedem Kapitel Informationen über die
Münzeditionen; besser als RIC, hat Bilder von allen Münztypen!
Allerdings nur bis Pupienus

4. John Melville Jones: A Dictionary of Ancient Roman Coins, Seaby 1990
Sehr empfehlenswert! Beantwortet alle Fragen zu historischen
Hintergründen, Bedeutung der Abblildungen usw.usw.
Bringt allerdings nichts über spezielle Münzemissionen; das wäre dann
eher RIC und BMCRE
Gibt es übrigens im Forum Ancient Coins!

5. Chris Scarre, Die römischen Kaiser, Econ 1996
Ein Standardwerk, übersichtlich, fundiert und gut zu lesen, bzw.
nachzuschlagen

6. Ingemar König, Kleine römische Geschichte, Reclam
Hatte jemand aus dem Forum empfohlen, bin ihm noch heute dankbar
dafür!

Internet:
1. Cohen ist online unter www.i-numis.com/rome/books/cohen
Dies ist ein Standardwerk, das auch als Grundlage für RIC gedient hat.

2. Die Website von Doug Smith http://dougsmith.ancients.info
Diese Website kann ich garnicht genug empfehlen! Sie bietet
Informationen zu fast allen Themen, die man als Sammler von antiken
Münzen hat. Hier eine Auswahl:
- Vocabulary of Ancient Coins
- Abbreviations on Roman Imperial Coins
- Gods and Goddesses
- Personifications
- Officinae
- XXI and other letters
- Style
- Fakes
Die Anzahl der Themen ist riesig. Eine phantastische Seite!

Foren:
1. Dieses Forum
Hier wird Dir geholfen!

2. Forum Ancient Coins http://ancient-coin-forum.com
Entspricht unserem Forum, beschäftigt sich allerdings nur mit antiken
Münzen und hat eine riesige Mitgliederzahl
Empfehlenswert:
- die Galerie für gefälschte Münzen
- die Liste von empfehlenswerten Websites über die Antike

Ich glaube, da hast Du erst einmal etwas zum Testen!

Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Mi 08.06.05 00:47, insgesamt 2-mal geändert.
Omnes vulnerant, ultima necat.

octavian
Beiträge: 186
Registriert: So 16.01.05 11:38
Wohnort: Franken
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 2 Mal

Beitrag von octavian » Mo 23.05.05 20:37

Hallo Peter43!
Vielen herzlichen Dank für die ausführlichen Infos!!! Seitdem ich nun seit ungefähr einem 3/4 Jahr schon sammle, wird es natürlich höchste Zeit, sich mal der näheren Bedeutung zu widmen, denn das macht die Münze ja erst interessant!! Ich verfolge die Beiträge hier im Forum schon seit langem mit sehr großem Interesse.
Viele Grüße

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Mo 20.06.05 23:30

VABALATHUS 271-272

Hier habe ich meinen neuen Antoninian von Aurelian/Vabalathus, RIC V/1, 381; C.1. Wir haben diese Münze in diesem Forum schon mehrfach besprochen. Aber hier geht es um Falschdarstellungen insbesondere im RIC!

Wer die Münze hat prägen lassen, ist nicht geklärt. Einiges spricht dafür, daß es nicht Aurelian war, sondern Zenobia, um damit die Anerkennung ihres Sohnes als Herrscher durch Aurelian zu erreichen.

Hier ist die Beschreibung von RIC und Cohen:
AE - Antoninian
Antiochia 2.Offizin
Av.: IMP C AVRELIANVS AVG
Büste drapiert und geharnischt, mit Strahlenkrone, n.r.
darunter B
Rv.: VABALATHVS VC R IM DR
Büste, drapiert, belorbeert, n.r.

Wenn man aber die Münze genau betrachtet, dann erkennt man, daß diese Beschreibung nicht richtig ist:

1. Die Büste von Aurelian ist nicht drapiert und geharnischt, sondern
nur geharnischt!
2. Die Büste von Vabalathus ist nicht drapiert, sondern drapiert und
geharnischt, gesehen von hinten
!
3. Die Büste von Vabalathus ist nicht nur belorbeert, sondern
belorbeert und einfach diademiert!
Wenn man genau hinsieht, erkennt man deutlich 3 Bänder auf dem
Kopf: die beiden oberen sind der Lorbeerkranz (erkennbar auch an
den beiden Spitzen oben am Kopf!), und darunter ein 3. einfaches
Band!
Diese Beschreibung findet sich nach Curtis Clay auch bei Estiot in ihrem Paris-Katalog, S.118.

Schlußfolgerung: Es lohnt sich, seine Münzen mit einer Lupe oder einem Binokular genauer anzusehen. Es finden sich immer wieder interessante und diskussionswürdige Einzelheiten. Oft auch erst nach dem zweiten oder dritten Blick!

Mit freundlichem Gruß
Dateianhänge
vabalathus_381.jpg
Omnes vulnerant, ultima necat.

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Fr 02.12.05 14:55

Dieser Thread hat es nicht verdient, in Vergessenheit zu geraten. Dazu gibt es zuviele Fehler oder Falschbeschreibungen im RIC. Deshalb hier ein weiteres Beispiel:

Gratian 367-383, Sohn des Valentininian I.
AE 2, Siscia 2.Offizin, 9.Aug.378-25.Aug.383
Av.: DN GRATIA - NVS PF AVG
Büste, drapiert und cürassiert, mit Perlendiadem, n.r.
Rv.: REPARATIO - REI PVB
Kaiser steht frontal, Kopf n.l., hält in der li Hand Victoria auf Globus,
hilft mit der re Hand einer Frau auf, die mit Mauerkrone li vor ihm
kniet.
im Abschnitt: Stern BSISC
RIC IX, Siscia 26(a) #6; C.30
gut SS

Die Rückseitendarstellung dieses häufigen Typs wird im RIC bezeichnet als 'Emperor raising turreted woman', d.h. der Kaiser hebt eine Frau mit Mauerkrone auf. Das hat mit der dargestellten Szene aber wenig zu tun. Da kniet zwar eine Frau vor dem Kaiser, aber die beugt sich demutsvoll oder dankbar über dessen gnädig herabhängende Hand. Er selbst blickt fast hochmütig über die Frau hinweg. Da ist nichts von irgendeiner Aktivität des Kaisers zu sehen, die ja da sein müßte, wollte er die Frau hochheben. Deshalb sollte die Beschreibung richtiger sein:

Kaiser, in Militärkleidung, steht frontal, Kopf n.r., hält in der ausgestreckten li Hand Victoria auf Kugel. Li vor ihm kniet Frau mit Mauerkrone, die sich über seine herabhängende re Hand beugt.

Es gibt daneben einen Typ 'PIETAS AVGG' des Maximinian mit einer ähnlicher Darstellung des Kaisers mit einer knienden Frau. Hier sieht die Situation aber ganz anders aus:
1. Die Frau ist nicht über die Hand gebeugt.
2. Der Kaiser blickt die Frau an.
3. Seine Hand hängt hier nicht nachlässig herab, sondern er hat die Hand der Frau tatkräftig ergriffen.
Auf diese Darstellung paßt die RIC-Beschreibung vom Kaiser, der die kniende Frau aufhebt. Umso mehr erkennt man auch, daß die Situation beim REPARATIO REI PVB Typ völlig andersliegt.

MfG
Dateianhänge
gratian_siscia26a.jpg
maximian_trier478.jpg
Omnes vulnerant, ultima necat.

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 12996
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 202 Mal
Danksagung erhalten: 1900 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Fr 02.12.05 21:53

Sorry, hier ist ein Beitrag von Curtis Clay (FAC, 2.2.05) zum Problem der knienden Frau mit Mauerkrone:

There is a long tradition of coin types going back to the Republic, showing a general or the emperor restoring a province or the empire, represented by a female figure kneeling before him to whom he extends his hand.
The legend "Restoration of the State" suggests that this type too has the same theme. Slight changes in how the emperor or personified State hold their heads cannot alter the basic meaning of the type.

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

Benutzeravatar
Zwerg
Beiträge: 6390
Registriert: Fr 28.11.03 23:49
Wohnort: Wuppertal
Hat sich bedankt: 300 Mal
Danksagung erhalten: 1320 Mal

Beitrag von Zwerg » Fr 02.12.05 22:48

Hallo Peter
Dein Fehler war, daß du hier "pars pro toto" angenommen hast.
Oft wird in eine Münzbeschreibung etwas "hineingeheimst", das bei der Betrachtung des Zusammenhangs nicht stimmen kann.
So gibt es bei einer Emission constantinischer Bronzemünzen in Siscia (aus dem Gedächtnis) Verzierungen auf dem Helm, die ein Christogramm anstelle des normalen Kreuzes zeigen. Das war sicherlich ein Alleingang eines Stempelschneiders, ohne daraufhin eine frühere Konvertierung Constantins zum Christentum postulieren zu können.
Bei allen Interpretationen, die über Einzelmünzen und Münzserien vorgenommen werden, frage ich mich seit langem, inwieweit die "Bevölkerung" davon wirklich Kenntnis nahm. (Die Intention des Staates oder der Stadt bleibt außen vor).
Bei den in Pompeii und Herculaneum Gestorbenen fand man als Taschengeld nur einige wenige Asse - die Münzpropaganda der Silber- und Goldprägung wird bei der normalen Bevölkerung kaum angekommen sein.
Natürlich gab es ein "Münzprogramm" des Herrschers (ich wiederhole mich - die Res Gestae des Augustus kann man mit Münzen illustrieren) - aber für wen war es bestimmt?

Grüße
Zwerg
ΒIOΣ ΑΝЄΟΡΤAΣΤΟΣ ΜΑΚΡΗ ΟΔΟΣ ΑΠΑNΔΟKEYTOΣ
Ein Leben ohne Feste ist ein langer Weg ohne Gasthäuser (Demokrit)

Benutzeravatar
QVINTVS
Beiträge: 2672
Registriert: Di 20.04.04 20:56
Wohnort: AVGVSTA = Augsburg
Hat sich bedankt: 675 Mal
Danksagung erhalten: 500 Mal

Beitrag von QVINTVS » Sa 10.12.05 17:50

@Peter43

PLUMBATA ist ein kürzerer Speer, der nach der Spitze ein Bleigewicht - ähnlich einer Spinnwirtel, nur größer und schwerer - aufwies. Sichere archäologische Belege gibt es für das 4. Jh. Früher könnte er wahrscheinlich sein ...
Da PLUMBATAE auch im zivilen Bereich gefunden werden, ist nicht auszuschließen, dass es sich hierbei um eine "allgemeine" Waffe handelt, sprich sie sowohl für die Jagd als auch im Krieg verwendet wurde.

Zu den sog. "SCHLAUFEN": Es gab in der Kaiserzeit kurze Speere mit einer wohl meist vierkantigen Spitze und einer "Wurfschlaufe". Diese Schlaufe könnte an der weiter oben abgebildeten Münze sichtbar sein. Allerdings ist sie zu weit ans Ende gerutscht. Sie befindet sich knapp hinter dem Gewichtsmittelpunkt und der Werfer gibt diesem Speer damit noch einen "Schups" und und der Speer dreht sich, da diese Schlaufe um den Schaft gewickelt wird. Diese Waffe ist leicht, im Vergleich zu einem Pilum. Das gleiche gilt auch für die Handhabung. Wer die Möglichkeit hat, sollte es einmal ausprobieren!

Das Wehrgehänge wird im allgemeinen als CINGULUM mit dem Gladius oder als BALTEUS mit einer Spatha (Langschwert ab dem Ende des 2. Jh. n. Chr.) bezeichnet.
Viele Grüße

QVINTVS

Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen,
und wer sie aufzuheben versteht,
hat ein Vermögen.

Jean Anouilh (franz. Dramatiker, 1910 - 87)

Ebay-Alternative nutzen: https://www.muenzauktion.info

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: dictator perpetuus, jschmit, Yandex [Bot] und 21 Gäste