Lateinische Münzunion - Griechenland

Europa (ohne Euros) und Afrika - ab etwa 1500.
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ChKy
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Lateinische Münzunion - Griechenland

Beitrag von ChKy » Mi 03.02.16 11:56

http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 8&start=15

Dieser Faden hat mich daran erinnert, auch mal eine öffentliche Anfrage zu starten. In der aktuellen Ausgabe der Money Trend (02/2016) ist ein Bericht über die LMU erschienen. Aufhänger ist ein mutmaßlicher griechischer Betrug und die Suspendierung im Jahre 1908. Auch in den übrigen sogenannten Qualitätsmedien wird dies in Zusammenhang mit den heutigen Problemen der Euro-Währungsgemeinschaft gebracht. Meines Erachtens wird in dem neuen Money Trend Artikel zu viel in die aktuellen Ereignisse hinein interpretiert. Mein erster Artikel in der MünzenRevue war auch über die LMU (https://www.xing.com/profile/Christoph_ ... /portfolio - link erreichbar mit Xing-Konto). In der MünzenRevue 10/2015 gibt es auch eine Besprechung in Form von Leserbriefen. Daher interessiert mich diese Thematik sehr.

Es geistern Äußerungen durch die Medienwelt wie,

1) daß Griechenland die Goldmünzen gefälscht hätte (mE Unfug, denn Münzen wurden in Frankreich geprägt).
2) daß Griechenland wie Italien zuviel Papiergeld ausgegeben hat (nicht Bestandteil der Vereinbarung) und deswegen Griechenland aus der LMU geworfen wurde.

Das findet sich sehr häufig und Jeder schreibt fleissig von Jedem ab. Auch der betreffende Wikipedia-Artikel über die LMU wurde wohl vor Kurzem entsprechend umgeschrieben. Meine Frage an die Forengemeinschaft. Habt Ihr entsprechende authentische Primärquellen, an denen man die historischen Begebenheiten nachforschen kann? Und zwar ohne die ganze verfälschende neoliberale Meinungsmache der sogenannten Qualitätsmedien. Eine entsprechende Anfrage nach Primärquellen an anderer Stelle hat sich im diffusen Nebel politischer Ansichten verlaufen...
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Re: Lateinische Münzunion - Griechenland

Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 03.02.16 13:26

Die LMU war eine Münzunion, die teilweise auch Währungsfragen regelte. Es handelte sich dabei um eine hinkende Goldwährung, d.h. die großen Silbermünzen (5 Fr.) hatten auch Währungscharakter. Ähnlich wie im DR, wo bis 1908 die alten Vereinstaler Währungsmünzen waren, was aber aufgrund der geringen Menge nicht problematisch war. Der Mechanismus setzte stillschweigend voraus, daß Papiergeld, das ja durch mindestens de-facto Wegfall der Einlösegarantie in Edelmetall auch Währungscharakter hatte, nicht in störenden Mengen ausgegeben wurde. Wie sich das im Falle Griechenlands verhielt, weiß ich nicht. Um populärwissenschaftlichem Unfug zu entgehen, empfiehlt sich der Rückgriff auf ältere Literatur. Ich würde mal in Lexika aus der Zeit anfangen. Die 11. Aufl. der Encyclopaedia Britannica von 1910 ff. ist online. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Lateinische Münzunion - Griechenland

Beitrag von ChKy » Mi 03.02.16 14:38

Zitat aus der modernen Ausgabe der online Encyclopaedia Britannica

In an attempt to establish the bimetallic system on an international scale, France, Belgium, Italy, and Switzerland formed the Latin Monetary Union in 1865. The union established a mint ratio between the two metals and provided for use of the same standard units and issuance of coins. The system was undermined by the monetary manipulations of Italy and Greece (which had been admitted later) and came to a speedy end with the Franco-German War (1870–71).

...kam mit dem Krieg von 1870/71 zu einem schnellen Ende...

8O 8O 8O

wird ja immer besser...
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Re: Lateinische Münzunion - Griechenland

Beitrag von Mynter » Do 04.02.16 07:49

Interessante Frage, wie bldet sich der Ruf eines Landes und was ist wirklich dran.
Ich habe ein bischen gestöbert und bin auf diesen Artikel aus der " Welt " gestossen : http://www.welt.de/finanzen/article1084 ... -Geld.html
Dort wird der Blickwinkinkel nicht auf das Jahr 1908 verengt .U.a. erfährt man dass Griechenland 1908 nicht rausgeschmissen , sodern bloss suspendiert wurde.1910 , als das Land seine Auflagen erfüllt hatte, wurde es wieder aufgenommen. Auch das Belgien 1885 vorübergehend seine LMU- Mitgliedschaft ruhen liess, wird erwähnt.
Um sich dem Problem zu nähern, muss man sicher weiter zurückschauen. Im Artikel werden finanzielle Kraftakte in den 1890er Jahren erwähnt. Hier nun habe ich eine zeitgenössische Quelle gefunden. Die Reichstagsprotokolle beschäftigen sich an dieser Stelle mit Griechenland und der Situation der Gläubiger : http://www.reichstagsprotokolle.de/Gesa ... 763_000652

Leider habe ich nicht die Zeit, mich da einzulesen, aber hoffentlich findest Du etwas.
Zuletzt geändert von Mynter am Do 04.02.16 08:09, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Lateinische Münzunion - Griechenland

Beitrag von Mynter » Do 04.02.16 07:53

ChKy hat geschrieben:Zitat aus der modernen Ausgabe der online Encyclopaedia Britannica

In an attempt to establish the bimetallic system on an international scale, France, Belgium, Italy, and Switzerland formed the Latin Monetary Union in 1865. The union established a mint ratio between the two metals and provided for use of the same standard units and issuance of coins. The system was undermined by the monetary manipulations of Italy and Greece (which had been admitted later) and came to a speedy end with the Franco-German War (1870–71).

...kam mit dem Krieg von 1870/71 zu einem schnellen Ende...

8O 8O 8O

wird ja immer besser...
Krause Formulierungen.Doch zumindest die Austrahlungskraft der LMU war nach Leipzig/Einundleipzig perdu. Als die skandinavischen Staaten 1872 die Einführung einer gemeinsamen Goldwährung vereinbarten, spielte der französische Franken als mögliches Vorbild keine Rolle mehr, viel wichtiger war der Blick nach Deutschland und auf die Mark.
Zuletzt geändert von Mynter am Do 04.02.16 08:10, insgesamt 1-mal geändert.
Grüsse, Mynter

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Re: Lateinische Münzunion - Griechenland

Beitrag von Mynter » Do 04.02.16 08:06

Ich hoffe, diese kurze Digression ist erlaubt. Auf der Suche nach Stoff zu Deiner Frage, bin ich u.a. auf diese Bild gestossen, das eine mir bis dato noch völlig unbekannte Probemünze für das von den Franzosen ursprünglich auf der Pariser Konferenz von 1865 favorisierte Leitnominal zu 25 Franken zeigt:
francs_florins_1867.jpg
Der preussische Delagat soll geäusert haben : " Preussen war stets mit dem Taler zufrieden " ( Quentstedt ,1871 )
Grüsse, Mynter

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