Tabora Varianten

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antisto
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Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Mo 31.01.11 12:39

Ich hatte die Möglichkeit, auf der World Money Fair meine Varianten der 20 Heller aus Tabora zu vervollständigen. Nun bin ich an J.726b mit vollständigem LL herangekommen. Allerdings fiel mir (nicht nur bei meinem Exemplar) auf, dass - anders als J.724b mit vollständigem LL - das erste (seltene) ganze L an dem entscheidenden Schwung immer noch schwächer ausgeprägt ist als das zweite L. Wie ist eure Einschätzung zu dieser Münze?
Und... weiß eigentlich jemand etwas darüber, warum bei beiden Varianten immer das erste L verkürzt ist und nicht das zweite?
AS
P.S. Mir ist übrigens auf der Fair noch einmal aufgefallen, um wie viel schwerer es ist, von J.726b diese Variante zu kriegen als von J.724b.
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726b-LL.JPG
LL.JPG
LL2.JPG
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von diwidat » Mo 31.01.11 16:11

Bei der Herstellung der Stempel ist an der PATRITZE (die genau so aussieht wie die Münze) der Bogen vom ersten "L" beim Einsenken langsam zerbröselt - nicht alles auf einmal.
Möglicherweise ein Härtefehler.
Die Stempel hielten aber nicht lange, so mußten in kurzer Folge immer wieder neue hergestellt werden.
Da es hierfür nur eine Patritze gab - fehlte bei allen späteren Stempeln einfach der Bogen am "L".
Münzen mit dem vollständigen Buchstaben stammen vom ersten oder zweiten Stempel -
Deine Münze stammt von einem späteren Stempel (den dritten?), bei dem das"L" schon nicht mehr ganz vollständig war.

Gru diwidat

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Mo 31.01.11 16:32

Das ist ja interessant; ja, ich werde mich mal etwas mehr mit den Prägevorgängen beschäftigen (müssen).
Mal ganz naiv-laienhaft (weil ich mir das eigentlich selber beantworten kann) gefragt: Ist das gegenüber einer Prägung mit den ersten beiden Stempeltn eine (erhebliche) Wertminderung?
AS
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Di 01.02.11 10:42

Noch zwei ergänzende Fragen zum Prägevorgang an die Experten:
1. Gibt es Vermutungen, wie viele Münzen damals mit einem Stempel geprägt werden konnten, so dass man Rückschlüsse auf die ursprüngliche Auflage der LL-Varianten ziehen könnte?
2. Interessant ist ja, dass sowohl bei der J.726- als auch bei der J.724-Variante jeweils das erste L von "Heller" meist defekt ist. Nun könnte man vermuten, es ist hier die selbe Patritze verwendet worden. Allerdings gibt es zumindest von J. 724 zumindest zwei Varianten in Bezug auf die Legenden der Münzen: Einerseits mit dünnen Schriftzügen, andererseits mit dicken Schriftzügen. Das spricht doch für unterschiedliche Patritzen bereits bei J. 724. Wie ist es daher zu erklären, dass bei beiden Varianten von J. 724 als auch bei J. 726 das erste L defekt ist? Außerdem müssten mit Blick auf diesen erwähnten Zerbröselungsvorgang auf der Patritze bei nur einer Patritze für die Zahlseite von J. 724 wie J. 726 diese so ziemlich zeitgleich geprägt worden sein. Wie kommt es aber dann, dass J. 724 mit (wirklich!) vollständigem LL deutlich häufiger vorkommt?
Uff, ich hoffe, ich habe meine Fragen halbwegs verständlich vorgetragen.
AS
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von Rambo » Di 01.02.11 12:56

Habe mich auch schon mal mit dem Thema auseinandergesetzt. Bislang wurden ca. 91 Stempelvarianten in etwa entdeckt. Der Stempel hielt ca. 10 000 - 15 000 Prägungen, je nach Qualität des Materials. Mit den LL habe ich mich noch nicht näher befasst, aber der Stempel kann nicht zerbröselt sein. Falls es der Fall gewesen ist, wäre eine flächige Stelle auf der Münze, denn das LL war im Stempel negativ. Ich könnte mir vorstellen, dass es auf folgende Sachen zurückzuführen ist:

- Beim Prägevorgang wurde Öl verwendet -> Verstopfung einiger Stempelteile
- Material -> Nach unzähligen Bildern kann man feststellen, dass die Kupferprägungen immer etwas schlechter ausgeprägt sind als die Messingstücke
- Die zwei Stempel wurden immer beim Zusammenschlagen etwas verschoben -> hohe Abnutzung der Stempel -> viele Varianten
- Prägedruck eventuell zu gering -> meist schlechte und unvollständige Ausprägung, bedingt auch durch das Verschieben der Stempel

mfg

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von diwidat » Di 01.02.11 15:10

sorry, der Bereich DOA gehört nun gerade nicht zu meinen Sammelgebieten - aber wo Geld geprägt wird, sind die Arbeitsabläufe fast immer identisch,
d.h. eine Metallscheibe wird mittels zweier! Stempel und einer Maschine mit hoher Presskraft permanent verformt.

Das war auch hier in Tabora der Fall. Dass die Stempel mal wechseln, die Rohlinge unterschiedliche Materialien und unterschiedliche Dicken (Stärken) hatten und die Presskraft variierte, ist für diesen Fall von nebensächlicher Bedeutung.

Nach meiner Betrachtung sind die Münzen J. 724 und J. 726 mit dem gleichen Rückseitenstempel - erkennbar an dem beschädigten Buchstaben - geprägt worden.
Nur der Vorderseitenstempel mit der Krone hat gewechselt. Da offensichtlich für den Rückseitenstempel nur eine Patritze (mit dem beschädigten Buchstaben) zur Verfügung stand, wurden mit ihr auch alle weiteren Prägestempel hergestellt. Die Variationen (unabhängig von den Vorderseitenstempeln) können sich also nur auf die Prägeflächendurchmesser und die Randstäbe beziehen, da diese bei jedem Stempel individuell gefertigt werden.
DOA-20-H-1.jpg
Die Münze mit dem gebrochenen "L" stammt sicher aus einer späteren Prägezeit als Deine @ antisto.
Das Detailbild zeigt eindeutig, dass der Stempel mit den deutlich sichtbaren Drehriefen keine Spur mehr von dem fehlenden Bogen des "L" abbekommen hat
DOA-20-H-1a.jpg
die folgende Münze ist auf einem dünneren Schrötling (1,5 - statt 2,2 mm) geprägt worden und daher nicht ganz ausgeprägt (aber mit gebrochenem "L"). Der Maschinentyp ist mir nicht bekannt. Wenn es ein Balancier gewesen wäre, macht der dünnere Rohling nichts aus. Bei einer Hydraulik kann das schon einen Einfluss auf die Ausprägung haben
Es wurde auch ohne Prägering gearbeitet, so daß eine Verschiebung der Stempel zum Rohling (Dezentrierung - wie von Rambo erwähnt) sehr wahrscheinlich ist. Fingernägel hab ich noch keine auf den Münzen gesehen 8)
DOA-20-H-2.jpg
Gruß diwidat

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Di 01.02.11 20:10

Die Argumentation mit der einen Patritze leuchtet mir eigentlich ein - eigentlich...
denn das erklärt für mich immer noch nicht, warum es jedenfalls von J.724 diese Varianten mit den dünnen und den dicken Legenden gibt (sind meines Wissens auch im Jäger erwähnt). Die dicken Legenden sind die üblichen, wie sie sich auch auf meiner oben gezeigten Münze finden. Dünne Legenden hat das Stück (J.724b), das ich hier anfüge. Übrigens gibt es von J.724 dünne wie dicke Legenden mit und ohne vollständigem L. Aber so unterschiedliche Ausprägungen sind doch nicht mit nur einer Patritze möglich!?
AS
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20HellerLL1-klein.JPG
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von diwidat » Di 01.02.11 21:04

Hallo antisto,
offensichtlich bist Du schon wesentlich tiefer in der Materie als ich, Du könntest eigentlich ab hier weitermachen.
Wie gesagt, es ist nicht mein Sammelgebiet und auch nicht mein Interessenbereich.
Auf Deine Einwendung hin, habe ich den "Jäger" aber nochmal ganz langsam gelesen.

Seine Niederschrift über den Stempelverschleiß und die oft wiederholte Neuanfertigung
bezog sich mehr auf eine neue Stempelherstellung durch Einsenken, denn durch Neugravierung (wie geschrieben) von Stempeln.
Jeder neu hergestellte Stempel hätte dann wieder komplette Lettern gehabt. Die Rohstempeloberfläche war aber nur grob auf der Drehbank bearbeitet und nicht geschliffen (wie üblich bei Neuanfertigung).

Bezogen auf die dickeren- und dünneren Zweige und der Zahl "2" habe ich keine Argumentation, ausser dass die Einsenkung mal tiefer und mal flacher erfolgte. Zur Lage der Zweige zum
Rand gilt simpel die Lösung, dass einfach nicht sorgfältig genug zentriert eingesenkt wurde - siehe Dir dein eigenes Stück an.

Jetzt gehe ich aber zurück zu meinem afrikanischen Primitivgeld aus dieser Gegend, da ist JEDES Stück ein Unikat und bereitet viel mehr Freude.

Gruß diwidat
Zuletzt geändert von diwidat am So 06.02.11 22:01, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » So 06.02.11 16:03

Danke, Diwidat, für deinen Exkurs in Münzprägetechniken. Durfte einiges lernen.
AS
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von keesuit » Mo 12.12.11 12:36

Das prägen des Gebrausstempels mit einer Patrize könnte mann vergleichen mit das eindrücken einer Nagel in ein Stück Holz. Gibt mann wenig Druck so geht der Nagel nur wenig herein und seht mann nur ein kleiner Punkt. Werd fester gedrückt dann wird das Loch grosser. Wurde mann mit diesen Stück Holz jetzt etwas prägen, sag mahl eine Banane, bekommt mann im ersten Fahl ein dünner, in zweiten ein dicker Punkt.
Anistos erster Münze zeigt nicht nur ein Rückgang der linke L, sondern es fehlt auch links ein Blatt. Bei diesen Stempel verschwindet während der Prägung auch langsam das "halbcomplete" Teil der linke L.
Es wird das fünfte geswungene L Stempel gewesen sein das geprägt wurde. Es sind bis jetzt 4 dieser Stempel bekannt mit completen LL und alle Blätter links. Drei dieser haben nur 724 produciert, die vierte producierte 724 und auch 726. Deshalb sind die 726 complet seltener als die 724 complet. Ein kleiner eindruck wieviel könnte geben http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=77939

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Mo 12.12.11 17:22

Danke für die interessanten Informationen.
Anbei noch ein paar Links zu weiteren J.726b mit ganzem erstem L, bei denen das L schwächer geprägt ist.
http://www.ebay.de/itm/8371-DOA-20-HELL ... 53e749e4d1
Ein Händler bei Muenzauktion hat gleich mehrere Münzen dieser Variante im Angebot. Ebenfalls schwächer geprägt scheint mir das erste L bei:
http://www.muenzauktion.com/fenzl/item.php5?id=5751
oder hier
http://www.muenzauktion.com/fenzl/item.php5?id=4117
Hier wäre es spannend zu spekulieren, vom wie vielten Stempel die Münzen geprägt sind.
AS
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von keesuit » Mo 12.12.11 18:19

Der zweite hat ein normales linker L. Die beide andere stammen von selben Stempel wo das Blatt links fehlt.
Viele Grüsse, Kees

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Mo 12.12.11 20:26

Stimmt, danke für den Hinweis.
Ich frage mal ein bisschen mehr dein Expertenwissen ab:
Wie häufig ist eigentlich die Variante, bei der links ein Blatt fehlt (also Stempel 4) verglichen mit der Variante mit vollständigen Blättern links? Gibt es diese Varante nur bei 726, oder wurde 724 auch mit diesem Stempel geprägt? Bei der hier gezeigten sehr gut erhaltenen Münze von diwidat mit gebrochenem L fällt mir auf, dass ebenfalls links ein Blatt fehlt. Heißt das, dass diese Münze mit demselben Stempel und folglich später geprägt wurde (fänd ich logisch)?
Viele Grüße,
AS
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Re: Tabora Varianten

Beitrag von keesuit » Di 13.12.11 10:45

Ich kenne bis jetzt 4 Stempel mit links vollständigen Blätter (meine HA(C)1a bis 1d), also Deines wäre Stempel 5 (bei mir HA2d).
Wie häufig diese Variante ist ist schwer zu sagen, weil es dem im verschiedene Abnützungsstuffen gibt, wobei das "halbvolständiges" teil der linke L immer mehr verschwindet.
Es fangt an wie: http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=73353
dann folgen: http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=63202
und: http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=72737
Dieses HA2d Stempel wird dann weiter verwendet kombiniert mit ein "grosser Krone" Stempel (mein DA4c), also prägte dann J 724 Münzen.
http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=63200
Ich glaube aber nicht welche wurden dies noch eine complete linke L nennen.

Ich kenne bis jezt 24 verschiedene Stempel mit geschwungene L, dessen 20 mit fehlendes Blatt links. Diwidats Münzen stammen von zwei verschiedene der andere 19 Stempel ohne Blatt. Aufmerkenswert ist das Beide ein teil der rechte E fehlt.

Weil ich übermorgen auf Ferien gehe schon jetzt alles Beste fürs Nächste,
Kees

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Re: Tabora Varianten

Beitrag von antisto » Di 13.12.11 11:43

Ja dann noch mal vielen Dank für die höchst interessanten Ausführungen und: Guten Urlaub!!!
Ich gehe übrigens davon aus, dass die zweite der abgebildeten Münzen des Links http://www.zeno.ru/showphoto.php?photo=63202 meine ist; ich habe diese bei Fenzl erworben.
Gruß,
AS
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