Miniaturmedaille auf Wilhelm III. von Oranien König von England

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didius
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Miniaturmedaille auf Wilhelm III. von Oranien König von England

Beitrag von didius » Mi 20.03.24 14:34

Heute bei mir angekommen ist diese kleine unscheinbare Medaille.


Wilhelm III. von Oranien König von England (* Nov. 1650 in Den Haag; † März 1702 im Kensington Palace)

AV: geharnischte Büste nach rechts im Mantel
WILHE: REX.ANGL. (am Ende sollte nach Forster ein Doppelpunkt stehen - ggf. ein verstopfter Stempel)
RV: strahlende Sonne
RESTITVIT.LVCEM (im Halbrund darüber)
Ag; 2,35 g; Ø 18 mm
Forster 273, Appel Seite 538

4880044672369120.jpg
Olding, MA-Shops

Nun beschäftige ich mich bereits seit längerem mit den Auswurfmünzen zur Krönung Josefs zum Deutschen König in Augsburg am 24.Jan. 1690. Und siehe da, Forster führt genau diese kleine Medaille in seinem Werk über die Stempelschneidekunst in Augsburg von 1910 unter der Nummer 273. Jetzt ist es aber so, dass ich seit Jahren auf der Suche nach bildlichen Nachsweisen dieser umfangreichen Serie an Auswurf(-münzen/-medaillen) bin. In dieser Zeit habe ich unzählige Auktionsvorkommen, öffentliche Sammlungen, Bücher und Kataloge gewälzt. Dieses Stück konnte ich bisher in der ganzen Zeit nicht aufspüren, was mir nun gelungen ist. Ich freue mich sehr. :D

Nach Format und Gewicht passt diese kleine Medaille durchaus in das Programm der beschrieben Auswurfmünzen, insbesondere auch politisch, da Wilhelm III. im Oktober 1689 der Augsburger Allianz beitrat, während sich die kaiserliche Familie auf die Krönung Josefs vorbereitete. Mit diesem Beitritt wird das ganze heute als Wiener Große Allianz bezeichnet. Forster beschreibt unter den Nummern 268 bis 276 eine Reihe solcherlei Medaillen auf ausländische Herrscher in der Serie der für den Auswurf geprägten Stücke, welche ich mittlerweile fast vollständig bildlich nachweisen konnte. Beispielhaft seien die folgenden beiden Stücke genannt, welche durch ihre Signatur CIL (Christoph Jakob Leherr), Gestaltung und Prägung sicher dieser Serie zugeordent werden können (auch wenn es Varianten zu den bei Forster gelisteten Stücken sind).

2023_Ex301_Bild.JPG
Sincona / Auction 51 / Los 3801
https://www.acsearch.info/search.html?id=5372075

Carlos II. König von Spanien (1665-1700)
Silbermedaille o. J. Signiert G. I. L.
Av. Geharnischtes Brustbild halbrechts. CAROLVS.II.D.G.HISPN.E.I.(REX kleiner)
Rv. Turm. CUSTODITA.CUSTODIT.
17.3 mm. 1.58 g (?).
Forster 275 Var.

Ex177_2023_7658247.m.jpg
Antykwariat Michal Niemczyk / Auktion 27 / Los 4348
https://www.acsearch.info/search.html?id=7658247

Petrus II, König von Portugal ()
Silbermedaille o. J. Signiert CIL
Geharnischtes Brustbild rechts PETRUS.II.D.G.PORTUGAL.REX.,Schrift komplett umlaufend
strahlende Sonne, sich in einer Wolke spiegelnd NOVISSE.IUVABIT.SIC.SE., komplett umlaufend
Forster 276 Var., Appel Seite 713
17.1 mm. 2.94 g.


Vergleicht man jetzt diese Stücke mit dem von Wilhelm III., könnte man insbesondere aufgrund der Ausführung der Rückseite und der Prägetechnik zu der Vermutung kommen, dass das Stück vielleicht doch nicht in diese Serie gehörte. Schaut man sich dann auch noch das Stück Forster 274 für Christian V. König von Dänemark und Norwegen an, sind auch hier vielleicht Zweifel an dieser Zuordnung angebracht.

2023_Ex302_Bild.JPG
Dr. Busso Peus Nachfolger / Auktion 409 / Los 1261
https://www.acsearch.info/search.html?id=1559291

Christian V., König von Dänemark und Norwegen
Silbermedaille o. J. und unsigniert (Leherr zugeschrieben)
Av. Geharnischtes Brustbild halbrechts. CHRISTIAN.V.D.G.DANIAE(lig) NORVE.REX
Rv. 3 Leoparden in Zierkreis. UBIQVE LEO oben im Halbrund, unten Arabesken
17.8 mm. 2.33 g.
Forster 274, Galster 255


In
MEDALLIC ILLUSTRATIONS OF THE HISTORY OF GREAT BRITAIN AND IRELAND
VOL. II. (London 1885)
von EDWARD HAWKINS, AUGUSTUS W. FRANKS und HERBERT A. GRUEBER
bin ich nun fündig geworden.

Diese Medaille gehört scheinbar zu einem Set von acht kleinen Medaillen von Christian Wermuth (* 16. Dezember 1661 in Altenburg; † 3. Dezember 1739 in Gotha) mit Portraits verschiedener Herrscher, welche zusammen in ein kleines Silberdöschen gehörten. Die Übersetzung von "for use as counters" fällt mir etwas schwer. Könnte hier Rechenpfennig/Zählmarke gemeint sein?

Auf die Wiederherstellung des Friedens für Irland 1691 (und damit deutlich nach der Krönung Josefs).

235. Peace restored. 1691. Counter.
Obv. Bust of William III., r., in mantle. Leg. wilhe : rex . angl :
Rev. Sun shining. Leg. restitvit lvcem.
(bekanntes Vorkommen A. W. Franks, Dresden, Leipzig, Gotha)
Rare.
- Diese wie meine. -

236. Peace restored. 1691. Counter.
Obv. Bust of William III., r., laureate, hair long, in armour and mantle. Leg. wilhelmvs . rex . angl.
Rev. Sun shining over sea. Leg. restitvit . lvcem.
(bekanntes Vorkommen Britisch Museum)
Rare.
Of the same work as the preceding, and no doubt one of a similar set of counters.

Screenshot 2024-03-20 104040.jpg
Holzschnitt der Nummer 236. Peace restored to Ireland.

Falls jemand weitere Abbildungen kennt, wäre ich für Hinweise dankbar.
Da es auch für die kleinen Auswurfmedaillen zur Augsburger Krönung solch kleine Silberdöschen (wohl aus der Werkstatt von P.H. Müller) gibt, steht natürlich noch im Raum, dass sich auch Hawkins geirrt haben könnte.
Daher wäre ich auch über Hinweise dankbar, wenn jemand ggf. Zugriff auf ein Werkeverzeichnis von Wermuth hat, wo diese Medaillen beschrieben sind,

Grüße didius
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Re: Miniaturmedaille auf Wilhelm III. von Oranien König von England

Beitrag von didius » Mo 13.05.24 11:03

Augsburg oder Gotha
das ist hier die Frage...

Ursprünglich hatte ich, wie oben ausgeführt, der Darstellung von Hawkins, Franks und Grueber folgend geschrieben, dass es sich bei dieser kleinen Medaillen auf Wilhelm III. gut um eine Arbeit von Christian Wermuth in Gotha handeln könnte, aber wegen der sonstigen Rahmenbedingungen bereits angedeutet, dass es ggf. auch anders sein könnte.

Hawkins ordenete, wie oben beschrieben, diese kleine Medaille dem Christian Wermuth zu und legte sie in das Jahr 1691 zum Irischen Frieden.
Grundsätzlich hatte ich bei dem, für die Auswurfmünzen von Augsburg, leicht untypischen Revers durchaus Sympathie für diesen Gedanken, aber ich habe mich mal an das Bildmaterial begeben, welches ich über die Jahre zusammen getragen habe.

Ich habe überlegt, dass es vielleicht über die Buchstabenpunzen möglich sein sollte festzustellen, ob das Stück zu Leherr oder Müller nach Augsburg, oder zu Christian Wermuth nach Gotha gehört. Da Leherr einige dieser Stücke signiert hat, habe ich mir als erstes Vergleichsstücke von ihm vorgenommen und siehe da, Volltreffer.

Ja, die kleine Medaille gehört eindeutig weiter nach Augsburg in die Serie der Auswurfmedaillen zur Krönung 1690.
Der Medailleur ist eindeutig Christian Jakob Leherr.

Untersucht habe ich die Buchstaben REX, da mir die Form des rechten Fußes des R und die Form des X aufgefallen war. Insbesondere der kleine "Höcker" auf dem rechten Fußes des R ist charakteristisch für Leherr.
Als Gegenprobe hab ich mir noch zeitgleiche Prägungen von Wermuth angeschaut. Sowohl das R, als auch das X sind bei Wermuth stilistisch eindeutig anders. Als Vergleich habe ich einen Doppeldukat von 1690 angehängt.
vergleich_punzen.jpg
Vergleich: links Leherr und rechts Wermuth

2024_Ex420_4880044672369120.jpg
Olding, MA-Shops

Ex153_2023_image01431_kl.jpg
Antykwariat Michal Niemczyk / Auktion 27 / Los 4348
https://www.acsearch.info/search.html?id=7658247

02684Q00_kl.jpg
Leipziger Münzhandlung und Auktion Heidrun Höhn e. K. / Auktion 100 / Los 2684
https://www.muenzen-leipzig.de/Los/5100/2684.0


Damit ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch die weitere "Zuordnung" von Hawkins eine Fehlinterpretation und es handelt sich bei allen Stücken um Augsburger Auswurfmedaillen.
This is one of a set of eight medalets by Christian Wermuth,
with portraits of sovereigns, and made to fit in a silver box, and
for use as counters.
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