Seite 1 von 1

RIP Philip Grierson

Verfasst: Di 24.01.06 08:53
von Zwerg
Aus der FAZ von heute
Bare Münze
Zum Tod des britischen Numismatikers Philip Grierson

Zum neunzigsten Geburtstag von Philip Grierson, dem Doyen der mittelalterlichen Numismatik, fanden in Cambridge zwei Veranstaltungen statt. Das Fitzwilliam Museum, wo er seit 1949 Ehrenkurator für Münzen war, organisierte ein internationales Symposion zur Übertragung von Ideen zwischen den Münzstätten des mittelalterlichen Europa. Das Gonville and Caius College, dessen Fellow er seit 1935 war, würdigte ihn mit einer vierundzwanzig Stunden langen Filmschau.

Der Mediävist, der ein kränkliches Kind gewesen war, aber bis zu seinem neunzigsten Geburtstag Squash spielte, der ein Flugzeug fliegen, aber nicht Auto fahren konnte, der in den dreißiger Jahren nach Deutschland reiste, um jüdischen Wissenschaftlern die Ausreise zu ermöglichen, der am liebsten Pizza, Würstchen und Pudding aß und mit dem Motorrad durch Cambridge raste, hatte eine Schwäche für den populären Film, vor allem des Science-fiction- und Horror-Genres. Er besaß eine Sammlung von zweitausend Videos, die seine Zimmer im College zu einer Anlaufstelle für Studenten machten.

Grierson kam 1929 nach Cambridge, um Medizin zu studieren, wechselte aber gleich zur Geschichte über und machte einen glänzenden Abschluß. Das Gonville and Caius College, wo er in Etappen vom Studenten zum Dozenten und schließlich zum Senior Fellow avancierte, blieb bis kurz vor seinem Tod am 15. Januar im Alter von 95 Jahren sein Zuhause. Wie E.M. Forster und der Anglist Dadie Rylands verkörperte Grierson den kaum noch vorhandenen Typus des gelehrten Junggesellen, der als ansässiger Fellow fast zum Mobiliar gehört. Seine besondere Leistung bestand darin, den Wert mittelalterlicher Münzen als aufschlußreiches Quellenmaterial zu erkennen und die Brücke zu schlagen zwischen der engstirnigen philatelistischen Mentalität der Numismatiker und der Geschichtsforschung. Grierson wandte sein Sprachtalent und das Verständnis von Mathematik, Statistik, Metallurgie und Geschichte an, um den Münzen neue Erkenntnisse abzugewinnen, wie etwa durch seinen Essay über die Münzreform des Kalifen Abd al-Malik, der die gängige Auffassung widerlegte, wonach die Verlagerung von Gold- zu Silbermünzen durch die Verwüstungen des Islams verursacht worden sei. Griersons Einsichten wurden mit Lehraufträgen in Cambridge und Brüssel, Ehrenposten und einer Beraterfunktion am Dunbarton-Oaks-Zentrum für byzantinische Studien in Washington honoriert, dem er seine byzantinischen Münzen verkaufte, um sich auf seine europäische Kollektion konzentrieren zu können.

Grierson hatte nach dem Krieg begonnen, Münzen zu sammeln, um seine Vorlesungen zu illustrieren, und mit der Zeit einen hochbedeutenden Bestand akkumuliert, der nur durch die nationalen Münzsammlungen der jeweiligen Länder übertroffen wurde. Die rund 20000 Stücke, deren Wert auf bis zu zehn Millionen Pfund geschätzt wird, hat er zusammen mit seiner Fachbibliothek dem Fitzwilliam Museum vermacht. GINA THOMAS


Text: F.A.Z., 24.01.2006, Nr. 20 / Seite 36
Grüße
Zwerg

Verfasst: Di 24.01.06 08:58
von Gast
Philip - danke für dein Werk, welches du der Nachwelt hinterlassen hast.

Du warst und bleibst einer der Grössten


in Ehrfurcht
petzlaff