Die Umlaufmünzen des Byzantinischen Reichs (4)

Münzen des alten Byzanz

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Die Umlaufmünzen des Byzantinischen Reichs (4)

Beitrag von Gast » Do 20.02.03 14:04

(Fortsetzung)
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Der letzte Kaiser der Justinianischen Dynastie PHOCAS (602-610), selbst durch Mord und Totschlag auf den byzantinischen Thron gekommen, regierte das einst erste blühende Zeitalter der Romaion mit Terror zugrunde. HERACLIUS, der Exarch von Karthago entfesselte eine besonnene Revolte, die schließlich mit der Exekution des PHOCAS und der Inthronisierung von HERACLIUS (Sohn des o.g. HERACLIUS) ein arg geschrumpftes Reich zu neuer Stärke führte. Zwar waren inzwischen Ägypten und Syrien unwiderbringlich den Arabern zum Opfer gefallen, aber HERACLIUS (610-641) vermochte den jahrhundertealten Perserkrieg, den schon die Römer geführt hatten endgültig zu beenden.

Unter HERACLIUS beginnt die Zeit der unansehnlichen Kupferprägungen, die durch zahlreiche Überprägungen älterer Münzen, insbesondere der des Tyrannen PHOCAS gekennzeichnet sind. Während HERACLIUS noch an den großformatigen Folles festhielt, prägte sein Nachfolger CONSTANTINUS III (genannt CONSTANS II, 641-668) auf kleinen, größtenteils durch Teilung älterer Münzen entstandenen Schrötlingen.

Nach und nach verschwanden Viertelfolles und kleinere Stückelungen aus dem Umlauf.

Es gibt viele Spekulationen, warum die Heraklianische Dynastie diese hässlichen, aber hochinteressanten Münzprägungen begab. Die häufigsten Erklärungen sind:

1) Ein Interesse der Herrscher, möglichst schnell ihr Konterfei populär zu machen – das ist eher unwahrscheinlich, denn die Darstellung der Kaiserportraits war damals alles Andere als realistisch.
2) Das Bestreben, Alles, was an PHOCAS erinnerte, zu vernichten – auch das ist nicht plausibel, denn es wurden sogar die alten Münzen der beliebten Kaiser ANASTASIUS und JUSTINUS I überprägt
3) Die durch die Verluste der reichen afrikanischen, syrischen und italienischen „Themen“ (so wurden im Reich der Romaion die Provinzen genannt) drohenden Inflation entgegenzutreten, indem alte Münzen insbesondere aus diesen Provinzen eingezogen wurden. Statt neue Umlaufmünzen zu prägen, wurde ein Teil der überflüssig gewordenen Zahlungsmittel mit entsprechend neuem Münzbild für das verbliebene Restreich benutzt. Oft finden sich gerade die Prägungen für das Westreich, die statt des griechischen Wertzeichens "M" den römischen Wert "XXXX" für 40 Nummia trugen unter den überprägten Urmünzen – Letztere Deutung erscheint mir persönlich am plausibelsten.

Hier ein derartiger Follis (Details der Originalmünze in Strichzeichnung):

[ externes Bild ]

Paradoxerweise findet man die schönsten Portraits des HERACLIUS auf kleinen Gegenstempeln der sizilianischen Münzstätten.

[ externes Bild ]

CONSTANS II wurde, nachdem er viele Jahre lang die scheußlichsten Münzen des Byzantinischen Reiches begeben hatte, aber auch erfolgreich dessen Grenzen verteidigt hatte, in Syracus von seinem Bademeister ertränkt:

[ externes Bild ]

Sein Nachfolger wurde sein Sohn CONSTANTINUS IV (668-685). Seine Münzen sind sehr selten, da sie von seinen Nachfolgern wiederum fast ausnahmslos gnadenlos zerstückelt und umgeprägt wurden:

[ externes Bild ]


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(Fortsetzung folgt)

heripo
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Beitrag von heripo » Fr 21.02.03 16:07

Wieder eine sehr "plastische" Vorstellung ... ideal, um einem etw. Anfänger dein Einstieg in dieses Sammelgebiet zu ermöglichen !
Immer wieder merkt man, wenn man sich mit antiker Numismatik befasst, daß es halt unerlässlich ist, zumindest das Wichtigste aus der Geschichte dieser Zeit und der Personen die sie beherrschten, zu wissen !

Danke einmal mehr für diesen Beitrag und - ich freu mich auf den nächsten !

herzl. Gruß, heripo

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nikephoros1
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Beitrag von nikephoros1 » Di 11.03.03 12:17

hallo petzlaff, gratulaton zu den ausgezeichneten artikeln,warte gespannt auf den nächsten.
liebe grüsse nikephoros1

ps.: sowas freut einen byzanzliebhaber.

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Beitrag von heripo » Mi 12.03.03 11:49

....freut mich nikephoros, daß auch Du hierhergefunden hast !!! ... und,
nachdem ich doch "Zeuge" Deiner tollen Neuerwerbung in München werden durfte ... wie wär's, mit einem schönen Scan-Bild davon hier ???
Ich verrat mal ein bischen: ein herrliches Elektron-Schüsselmünzchen ... das zwischendurch hier deshalb vielleicht ganz gut tun würde, damit man eine bildliche Vorstellung davon erhält, daß die Byzantiner durchaus auch Edelmetalle verprägt hatten .... falls es Probleme mit Bildeinrücken geben sollte - kannst gerne mir den Scan schicken, den Rest mach' ich dann - Gruß, heripo

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Beitrag von Gast » Mi 12.03.03 11:59

Immer rein damit - Walter !!!!!!

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Beitrag von payler » Mi 12.03.03 16:59

nikephoros1 hat geschrieben:hallo petzlaff, gratulaton zu den ausgezeichneten artikeln,warte gespannt auf den nächsten.
liebe grüsse nikephoros1

ps.: sowas freut einen byzanzliebhaber.
Hallo @ nikephoros1!

Es freut mich sehr, dass die "Haller" in diesem Forum aktiv sind! :D

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