Miniatur-Kimon?
Verfasst: So 13.01.13 21:42
Erst einmal möchte ich für den langen Text um Entschuldigung bitten. Wer den nicht lesen will: Gleich zu den Bildern scrollen!
Ihr wißt ja, daß ich eine besondere Schwäche für Münzen des klassischen Sizilien habe, und daher möchte ich Euch hier eine kleine Münze zeigen, bei der ich mich besonders freue, daß sie den Weg in meine Sammlung noch gefunden hat, da ich sie zwischenzeitlich schon völlig abgeschrieben hatte. Obwohl so viel Geld für solch eine kleine Münze vielleicht nicht ganz vernünftig ist, konnte ich nicht anders.
Drittel-Litra
Stadt in Sizilien, evtl. Himera?
ca. 410 bis 400 v.Chr.
Vs. Nymphenkopf von vorne, leicht nach links gewandt
Rs. Vier Wertpunkte im Olivenkranz
Durchmesser max. 7,5 mm, Gewicht 0,23 g, Stempelachse 4 Uhr
Zur Herkunft der Münze
Das Bild der Vorderseite ist eines der berühmtesten der antiken Numismatik; Kimons Tetradrachmen für Syrakus (http://www.acsearch.info/record.html?id=383442) wurden zwar aus nur zwei Stempelpaaren geprägt, aber von Sizilien über Thessalien bis Kilikien und Arabien imitiert. Dieses Münzlein gleicht dem großen Vorbild bis hin zu Details wie der Anordnung der Locken um den Stirnreif und wirkt dabei so „echt“ und nicht nur sklavisch nachahmend, daß ich es zumindest nicht ausschließen würde, daß Kimon selbst hier am Werk war; aber das werden wir wohl nicht klären können. Es bleibt mir immer wieder die Spucke weg, wenn ich sehe, was für Kunst die alten Griechen auf winzigster Fläche entfaltet haben. Hier ist praktisch – bis auf die Signatur – alles drauf, was auf einem Tetradrachmon des Kimon drauf ist, und das auf einer Fläche, kleiner als die Weltkugel auf dem 2-Eurocent-Stück!
Der Rückseitentyp erinnert an die häufigen Hemilitren aus Bronze, die durch ein Ethnikon auf der Vs. eindeutig Himera zugeordnet sind (http://www.acsearch.info/record.html?id=562322); diese zeigen aber auf den besten Exemplaren durch die Blattäderung, daß der Kranz aus Lorbeer ist, wogegen hier die Blätter mit der schmalen Form und der betonten Mittelachse ohne prominente Äderung am ehesten Olivenblätter sind, ähnlich wie auf dem silbernen Hemilitron (http://www.acsearch.info/record.html?id=563169), das durch die Vs.-Darstellung des geflügelten und gehörnten Ungeheuers Himera zugeordnet werden kann.
Die Münze macht uns somit die Zuordnung schwer. Sizilien scheint so gut wie sicher, da zum einen der Stil dorthin weist, zum anderen die vier Wertpunkte hier einen Sinn ergeben (4 Onkiai = 1/3 Litra). Auch im Gewicht paßt das, die Münze ist mit 0,23 g leicht untergewichtig (rechnerisch 0,288 g), das sind diese Teilstücke aber sehr häufig, zudem ist die Münze etwas korrodiert. Ein Ethnikon findet sich nicht sicher – auf der Rückseite läuft ein schräger Strich vom Knoten des Kranzes schräg nach oben links zu einem der Wertpunkte, ergibt aber keinen Sinn als Signum einer ausgebenden Stadt. Die Münzen dieses und ähnlichen Typs, die ich gefunden habe, werden provisorisch Himera zugeordnet. Aus Himera gibt es in Bronze durchaus auch gesicherte Frontalporträts, diese (z.B. http://www.acsearch.info/record.html?id=459934) sind jedoch im Stil deutlich anders.
Prägezeit
Kimons Tetradrachmen für Syrakus werden üblicherweise in die Jahre 405 bis 400 datiert. Himera wurde 409 zerstört. Somit gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Das Tetradrachmon aus Syrakus ist früher zu datieren, womit für Himera Zeit zum Imitieren bliebe.
2. Die Kleinmünze wurde früher geprägt als das Tetradrachmon.
2a. Kimon hat einen Fremdentwurf aus Himera für seine syrakusanischen Münzen übernommen.
2b. Kimon hat erst die Kleinmünze in Himera und dann das Tetradrachmon in Syrakus gestaltet.
3. Die Kleinmünze wurde woanders als in Himera geprägt.
Vorkommen
Die Münze ist selten bis sehr selten. Ich kenne ein Exemplar aus denselben Stempeln in schlechterer Erhaltung (http://www.acsearch.info/record.html?id=490346), zudem ein ähnliches Stück von anderen Stempeln und in anderem Stil (http://www.acsearch.info/record.html?id=459935). In den Beschreibungen wird auf ein weiteres Stück in The New York Sale XIV, 10 Jan. 2007, Los Nr. 80, verwiesen (hat von Euch jemand ein Bild?). Des weiteren werden ähnliche Hemilitren (also wohl mit sechs Wertpunkten) in der SNG Lloyd, Nr. 1035-1036, zitiert; diesen Münztyp habe ich noch nicht gesehen. Auch hier geht meine Bitte um Bilder an Euch.
NACHTRAG: Ich habe inzwischen dankenswerterweise die Information erhalten, daß die Münzen in SNG Lloyd die normalen, ober bereits erwähnten Bronze-Hemilitren mit den sechs Punkten im Kranz sind. Das Zitat hilft uns also nicht weiter.
Erwerbsgeschichte
Diese Münze habe ich vor ca. einem Jahr auf Vcoins bei G&N gesehen, und natürlich hat sie mich sofort SEHR beschäftigt. Der Grund, warum ich sie nicht gekauft habe, war das Preisschild, auf dem 1250 Euro standen! Unter dem Eindruck schwerer Gewissensbisse habe ich Entsagung geübt, auch als die Münze eine Zeitlang 10% billiger für 1125 Euro angeboten war. Dann war’s vorbei, die Münze kostete wieder 1250, und irgendwann war sie weg. Und ich dachte mir: Mist, weg isse. Um so mehr war ich baff, als ich das Stück dann im November bei Lanz auf Ebay sah, einen Tag vor Schluß bei 89 Euro stehend. Daß das kein Maßstab war, war mir klar, und so hatte ich noch einen Tag Zeit, mir ein Gebot zu überlegen. Ich bot schließlich 367 Euro (unvorsichtig von mir, ich hätte höher gehen sollen) und bekam die Münze für 312 Euro, also genau ein Viertel des Vcoins-Preises. Ungewöhnlich fand ich die Dichte der Spitzengebote (312 gegen 311, 310,25 und 306 Euro). Jetzt habe ich die Münze und kann mich mit all meinen Lupen nicht sattsehen daran; bloß beim Fotografieren bin ich mit meinen Ergebnissen noch nicht zufrieden, so daß die besten Bilder, die ich habe, immer noch die von Gitbud und Naumann sind. Trotzdem hier mal meine bisher besten Versuche. In der Hand schaut die Münze deutlich besser aus, da das Foto natürlich alle Oberflächenfehler ins Gigantische vergrößert.
Viele Grüße,
Homer
Ihr wißt ja, daß ich eine besondere Schwäche für Münzen des klassischen Sizilien habe, und daher möchte ich Euch hier eine kleine Münze zeigen, bei der ich mich besonders freue, daß sie den Weg in meine Sammlung noch gefunden hat, da ich sie zwischenzeitlich schon völlig abgeschrieben hatte. Obwohl so viel Geld für solch eine kleine Münze vielleicht nicht ganz vernünftig ist, konnte ich nicht anders.
Drittel-Litra
Stadt in Sizilien, evtl. Himera?
ca. 410 bis 400 v.Chr.
Vs. Nymphenkopf von vorne, leicht nach links gewandt
Rs. Vier Wertpunkte im Olivenkranz
Durchmesser max. 7,5 mm, Gewicht 0,23 g, Stempelachse 4 Uhr
Zur Herkunft der Münze
Das Bild der Vorderseite ist eines der berühmtesten der antiken Numismatik; Kimons Tetradrachmen für Syrakus (http://www.acsearch.info/record.html?id=383442) wurden zwar aus nur zwei Stempelpaaren geprägt, aber von Sizilien über Thessalien bis Kilikien und Arabien imitiert. Dieses Münzlein gleicht dem großen Vorbild bis hin zu Details wie der Anordnung der Locken um den Stirnreif und wirkt dabei so „echt“ und nicht nur sklavisch nachahmend, daß ich es zumindest nicht ausschließen würde, daß Kimon selbst hier am Werk war; aber das werden wir wohl nicht klären können. Es bleibt mir immer wieder die Spucke weg, wenn ich sehe, was für Kunst die alten Griechen auf winzigster Fläche entfaltet haben. Hier ist praktisch – bis auf die Signatur – alles drauf, was auf einem Tetradrachmon des Kimon drauf ist, und das auf einer Fläche, kleiner als die Weltkugel auf dem 2-Eurocent-Stück!
Der Rückseitentyp erinnert an die häufigen Hemilitren aus Bronze, die durch ein Ethnikon auf der Vs. eindeutig Himera zugeordnet sind (http://www.acsearch.info/record.html?id=562322); diese zeigen aber auf den besten Exemplaren durch die Blattäderung, daß der Kranz aus Lorbeer ist, wogegen hier die Blätter mit der schmalen Form und der betonten Mittelachse ohne prominente Äderung am ehesten Olivenblätter sind, ähnlich wie auf dem silbernen Hemilitron (http://www.acsearch.info/record.html?id=563169), das durch die Vs.-Darstellung des geflügelten und gehörnten Ungeheuers Himera zugeordnet werden kann.
Die Münze macht uns somit die Zuordnung schwer. Sizilien scheint so gut wie sicher, da zum einen der Stil dorthin weist, zum anderen die vier Wertpunkte hier einen Sinn ergeben (4 Onkiai = 1/3 Litra). Auch im Gewicht paßt das, die Münze ist mit 0,23 g leicht untergewichtig (rechnerisch 0,288 g), das sind diese Teilstücke aber sehr häufig, zudem ist die Münze etwas korrodiert. Ein Ethnikon findet sich nicht sicher – auf der Rückseite läuft ein schräger Strich vom Knoten des Kranzes schräg nach oben links zu einem der Wertpunkte, ergibt aber keinen Sinn als Signum einer ausgebenden Stadt. Die Münzen dieses und ähnlichen Typs, die ich gefunden habe, werden provisorisch Himera zugeordnet. Aus Himera gibt es in Bronze durchaus auch gesicherte Frontalporträts, diese (z.B. http://www.acsearch.info/record.html?id=459934) sind jedoch im Stil deutlich anders.
Prägezeit
Kimons Tetradrachmen für Syrakus werden üblicherweise in die Jahre 405 bis 400 datiert. Himera wurde 409 zerstört. Somit gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Das Tetradrachmon aus Syrakus ist früher zu datieren, womit für Himera Zeit zum Imitieren bliebe.
2. Die Kleinmünze wurde früher geprägt als das Tetradrachmon.
2a. Kimon hat einen Fremdentwurf aus Himera für seine syrakusanischen Münzen übernommen.
2b. Kimon hat erst die Kleinmünze in Himera und dann das Tetradrachmon in Syrakus gestaltet.
3. Die Kleinmünze wurde woanders als in Himera geprägt.
Vorkommen
Die Münze ist selten bis sehr selten. Ich kenne ein Exemplar aus denselben Stempeln in schlechterer Erhaltung (http://www.acsearch.info/record.html?id=490346), zudem ein ähnliches Stück von anderen Stempeln und in anderem Stil (http://www.acsearch.info/record.html?id=459935). In den Beschreibungen wird auf ein weiteres Stück in The New York Sale XIV, 10 Jan. 2007, Los Nr. 80, verwiesen (hat von Euch jemand ein Bild?). Des weiteren werden ähnliche Hemilitren (also wohl mit sechs Wertpunkten) in der SNG Lloyd, Nr. 1035-1036, zitiert; diesen Münztyp habe ich noch nicht gesehen. Auch hier geht meine Bitte um Bilder an Euch.
NACHTRAG: Ich habe inzwischen dankenswerterweise die Information erhalten, daß die Münzen in SNG Lloyd die normalen, ober bereits erwähnten Bronze-Hemilitren mit den sechs Punkten im Kranz sind. Das Zitat hilft uns also nicht weiter.
Erwerbsgeschichte
Diese Münze habe ich vor ca. einem Jahr auf Vcoins bei G&N gesehen, und natürlich hat sie mich sofort SEHR beschäftigt. Der Grund, warum ich sie nicht gekauft habe, war das Preisschild, auf dem 1250 Euro standen! Unter dem Eindruck schwerer Gewissensbisse habe ich Entsagung geübt, auch als die Münze eine Zeitlang 10% billiger für 1125 Euro angeboten war. Dann war’s vorbei, die Münze kostete wieder 1250, und irgendwann war sie weg. Und ich dachte mir: Mist, weg isse. Um so mehr war ich baff, als ich das Stück dann im November bei Lanz auf Ebay sah, einen Tag vor Schluß bei 89 Euro stehend. Daß das kein Maßstab war, war mir klar, und so hatte ich noch einen Tag Zeit, mir ein Gebot zu überlegen. Ich bot schließlich 367 Euro (unvorsichtig von mir, ich hätte höher gehen sollen) und bekam die Münze für 312 Euro, also genau ein Viertel des Vcoins-Preises. Ungewöhnlich fand ich die Dichte der Spitzengebote (312 gegen 311, 310,25 und 306 Euro). Jetzt habe ich die Münze und kann mich mit all meinen Lupen nicht sattsehen daran; bloß beim Fotografieren bin ich mit meinen Ergebnissen noch nicht zufrieden, so daß die besten Bilder, die ich habe, immer noch die von Gitbud und Naumann sind. Trotzdem hier mal meine bisher besten Versuche. In der Hand schaut die Münze deutlich besser aus, da das Foto natürlich alle Oberflächenfehler ins Gigantische vergrößert.
Viele Grüße,
Homer