
Ich schreib' mal zusammen, was ich dazu gefunden habe und was es aus meiner Sicht heißen könnte, vielleicht kann von Euch ja jemand noch mehr dazu sagen.
Im Sommer hatte ich dazu auch schonmal mit divus gesprochen

Wie immer in solchen Fällen gilt aber auch hier: Wenn etwas vom unten Beschriebenen Blödsinn ist, dann ist es mein Blödsinn

Im amerikanischen Forum kam das Thema auch schon auf, aber unter einem anderen Aspekt und ohne richtige Diskussion dazu: http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=91019.0
Der erste Münztyp, um den es im wesentlichen geht, etwa 11 mm groß, ist der folgende:
http://www.acsearch.info/record.html?id=460126 In der Literatur wird dieser Typ üblicherweise einer unbekannten Münzstätte in Pontos zur Zeit des Mithradates VI zugeschrieben, siehe z.B. SNG Black Sea 984.
Aber der Reihe nach.
Die erste Erwähnung dieses Typs, die ich gefunden habe, findet sich in einem Artikel von Svoronos aus dem Jahre 1894:
http://www.persee.fr/web/revues/home/pr ... _18_1_3678
Die Münze wird auf den Seiten 118 und 119 beschrieben und ist als Abb. 41 abgebildet. Svoronos spricht von einer Prägung aus Kreta, den Revers interpretiert er als einen Delfin mit einem Stern am Kopf

Der nächste ist dann Imhoof-Blumer 1908:
http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=s ... &id2=&id3= (im Text die Nummer 17)
http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=s ... wse5&id3=3 (Bild unten rechts)
Die Beschreibung für den Avers lautet "Kopf und Hals eines Pferdes rechtshin, am Halse Stern mit acht Strahlen. Pkr.", die für den Revers "Stern mit acht Strahlen, von denen einer in einen Kometenschweif ausläuft. Zu beiden Seiten des Schweifes je ein Buchstabe (c oder O und E oder I?)."
Zur Herkunft stellt er fest "Dieses Stück ist vermuthlich den pontischen anzugliedern, die I.-B. Griech. Münzen S. 40-45, 248 und Z. f. N. XX 254 f. besprochen sind, und von denen eines ebenfalls eine Pferdebüste zeigt (Z. f. N. XX, Taf. IX 3).". Warum dieser Typ "vermuthlich den pontischen anzugliedern" ist, lässt er uns leider nicht wissen

1912 schreibt Imhoof-Blumer in der Numismatischen Zeitschrift über Kometen auf antiken Münzen, wobei die pontische eine prominente Rolle spielt:
http://www.archive.org/stream/numismati ... 4/mode/2up
Auf Seite 185 stellt er fest "Das mit einem Stern bezeichnete Pferd stellt vermuthlich ein Sternbild der griechischen Sphäre IPPOS dar.". Zur Herkunft schreibt er, die Münze "scheint aus dem Reiche und der Zeit des großen Mithradates zu stammen", aber auch hier verweigert er uns leider jegliche Begründung

Imhoof-Blumer bringt die Münze mit dem Erscheinen von Kometen in Zusammenhang, die der Überlieferung nach zur Geburt und zur Thronbesteigung des Mithradates am Himmel erschienen sein sollen.
Auf diesen Zug ist dann John Ramsey aufgesprungen, und hat die Kometentheorie etwas ausgebaut: John T. Ramsey, "Mithridates, the Banner of Ch'ih-Yu, and the Comet Coin", Harvard Studies in Classical Philology, Vol. 99 (1999), pp. 197-253. Wer Zugang zu JSTOR hat, kann sich diesen Artikel online besorgen.
Die wesentliche Botschaft ist, dass die zwei genannten Kometenerscheinungen auch in alten chinesischen Aufzeichnungen überliefert sind und somit wohl wirklich stattgefunden haben und unsere Kometenmünze darauf Bezug nimmt.
Auch Adrienne Mayor springt in ihrer Mithradates-Phantasiographie (http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 49&t=48482) auf die Kometenthese an, ohne aber wesentliches dazu beizusteuern.
Leider wird auch nirgendwo ein plausibler Grund angegeben, warum ein derart wichtiges Ereignis ausschließlich auf einer derart kleinen Münze seinen Niederschlag hätte finden sollen

Dann sind in den vergangenen Monaten jedoch Exemplare der Kometenmünzen aufgetaucht, die mich an deren Kometenhaftigkeit stark zweifeln lassen

Auf vielen dieser Exemplare kann man um den vermeintlichen Kometenschweif nämlich ziemlich klar ein Band erkennen, also eine Art Tänie.
Was Imhoof-Blumer schon bemerkt hatte und für Reste von Buchstaben hielt, sind also keine. Auch ein bebänderter Kometenschweif wäre in meinen Augen keine Erklärung, da die Enden der Bänder in die Flugrichtung wiesen, also in die falsche. Somit ist die schöne Kometentheorie in meinen Augen vom Tisch.
Jetzt kommt der zweite Münztyp ins Spiel, mit einer Pferdeprotome auf dem Avers und einem bebänderten Palmzweig auf dem Revers, ebenfalls knapp über einen Zentimeter groß.
http://www.acsearch.info/record.html?id=651334 Es gibt viele Exemplare, auf denen man den Palmzweig nur noch sehr schlecht erkennen kann, aber auch welche, auf denen das sehr klar zutage tritt. Zu diesem Typ hab' ich in der Literatur nun aber schlichtweg gar nichts gefunden

Diese Münzen wurden vor allem von einem Anbieter auf eBay, zusammen mit Kometenmünzen, als kappadokische angeboten, wobei er zusammen mit diesen immer auch eine ganze Reihe von Münzen anbot, die unzweifelhaft aus Kappadokien stammen (weil deutlich lesbar "Eusebeias" draufsteht

Schaut man sich nun Münzen aus Kappadokien an, dann gibt es von dort Typen, auf denen sich der bebänderte Palmzweig wiederfindet. Beispielsweise auf diesem aus Eusebeia:
http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer Meine Schlussfolgerung wäre nun:
- Die Kometenmünzen sind Palmzweigmünzen und stammen aus Kappadokien.
- Die Pferdeprotomen mit bebändertem Palmzweig stammen ebenfalls aus Kappadokien.
- Als Prägezeit käme das erste Jahrhundert v.Chr. in Frage, muss aber nicht mehr unbedingt zu Lebzeiten des Mithradates gewesen sein.
Irritiert hat mich dann aber diese Münze aus Armenien, die ebenfalls einen bebänderten Palmzweig aufweist:
http://www.acsearch.info/record.html?id=608521 Da hab' ich nun gar keine Vorstellung, wie die ins Bild passt

Damit weiß ich nun (oder bin überzeugt davon, um es mal nicht ganz so krass auszudrücken


Gruß
Altamura