Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadokien?

Griechische Münzen des Altertums

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Altamura2
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Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadokien?

Beitrag von Altamura2 » So 17.11.13 19:29

In den letzten Monaten sind bei eBay und andernorts vermehrt zwei Münztypen aufgetaucht, aus denen ich nicht schlau werde :? .
Ich schreib' mal zusammen, was ich dazu gefunden habe und was es aus meiner Sicht heißen könnte, vielleicht kann von Euch ja jemand noch mehr dazu sagen.

Im Sommer hatte ich dazu auch schonmal mit divus gesprochen :D , es ist hier also nicht alles auf meinem Mist gewachsen.
Wie immer in solchen Fällen gilt aber auch hier: Wenn etwas vom unten Beschriebenen Blödsinn ist, dann ist es mein Blödsinn :wink: .

Im amerikanischen Forum kam das Thema auch schon auf, aber unter einem anderen Aspekt und ohne richtige Diskussion dazu: http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=91019.0

Der erste Münztyp, um den es im wesentlichen geht, etwa 11 mm groß, ist der folgende:

http://www.acsearch.info/record.html?id=460126
Komet_02.jpg
In der Literatur wird dieser Typ üblicherweise einer unbekannten Münzstätte in Pontos zur Zeit des Mithradates VI zugeschrieben, siehe z.B. SNG Black Sea 984.
Aber der Reihe nach.

Die erste Erwähnung dieses Typs, die ich gefunden habe, findet sich in einem Artikel von Svoronos aus dem Jahre 1894:
http://www.persee.fr/web/revues/home/pr ... _18_1_3678
Die Münze wird auf den Seiten 118 und 119 beschrieben und ist als Abb. 41 abgebildet. Svoronos spricht von einer Prägung aus Kreta, den Revers interpretiert er als einen Delfin mit einem Stern am Kopf 8O .

Der nächste ist dann Imhoof-Blumer 1908:
http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=s ... &id2=&id3= (im Text die Nummer 17)
http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=s ... wse5&id3=3 (Bild unten rechts)
Die Beschreibung für den Avers lautet "Kopf und Hals eines Pferdes rechtshin, am Halse Stern mit acht Strahlen. Pkr.", die für den Revers "Stern mit acht Strahlen, von denen einer in einen Kometenschweif ausläuft. Zu beiden Seiten des Schweifes je ein Buchstabe (c oder O und E oder I?)."
Zur Herkunft stellt er fest "Dieses Stück ist vermuthlich den pontischen anzugliedern, die I.-B. Griech. Münzen S. 40-45, 248 und Z. f. N. XX 254 f. besprochen sind, und von denen eines ebenfalls eine Pferdebüste zeigt (Z. f. N. XX, Taf. IX 3).". Warum dieser Typ "vermuthlich den pontischen anzugliedern" ist, lässt er uns leider nicht wissen :| .

1912 schreibt Imhoof-Blumer in der Numismatischen Zeitschrift über Kometen auf antiken Münzen, wobei die pontische eine prominente Rolle spielt:
http://www.archive.org/stream/numismati ... 4/mode/2up
Auf Seite 185 stellt er fest "Das mit einem Stern bezeichnete Pferd stellt vermuthlich ein Sternbild der griechischen Sphäre IPPOS dar.". Zur Herkunft schreibt er, die Münze "scheint aus dem Reiche und der Zeit des großen Mithradates zu stammen", aber auch hier verweigert er uns leider jegliche Begründung :| .

Imhoof-Blumer bringt die Münze mit dem Erscheinen von Kometen in Zusammenhang, die der Überlieferung nach zur Geburt und zur Thronbesteigung des Mithradates am Himmel erschienen sein sollen.
Auf diesen Zug ist dann John Ramsey aufgesprungen, und hat die Kometentheorie etwas ausgebaut: John T. Ramsey, "Mithridates, the Banner of Ch'ih-Yu, and the Comet Coin", Harvard Studies in Classical Philology, Vol. 99 (1999), pp. 197-253. Wer Zugang zu JSTOR hat, kann sich diesen Artikel online besorgen.
Die wesentliche Botschaft ist, dass die zwei genannten Kometenerscheinungen auch in alten chinesischen Aufzeichnungen überliefert sind und somit wohl wirklich stattgefunden haben und unsere Kometenmünze darauf Bezug nimmt.

Auch Adrienne Mayor springt in ihrer Mithradates-Phantasiographie (http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 49&t=48482) auf die Kometenthese an, ohne aber wesentliches dazu beizusteuern.

Leider wird auch nirgendwo ein plausibler Grund angegeben, warum ein derart wichtiges Ereignis ausschließlich auf einer derart kleinen Münze seinen Niederschlag hätte finden sollen 8O .

Dann sind in den vergangenen Monaten jedoch Exemplare der Kometenmünzen aufgetaucht, die mich an deren Kometenhaftigkeit stark zweifeln lassen :? .
Auf vielen dieser Exemplare kann man um den vermeintlichen Kometenschweif nämlich ziemlich klar ein Band erkennen, also eine Art Tänie.
Komet_03.jpg
Was Imhoof-Blumer schon bemerkt hatte und für Reste von Buchstaben hielt, sind also keine. Auch ein bebänderter Kometenschweif wäre in meinen Augen keine Erklärung, da die Enden der Bänder in die Flugrichtung wiesen, also in die falsche. Somit ist die schöne Kometentheorie in meinen Augen vom Tisch.

Jetzt kommt der zweite Münztyp ins Spiel, mit einer Pferdeprotome auf dem Avers und einem bebänderten Palmzweig auf dem Revers, ebenfalls knapp über einen Zentimeter groß.

http://www.acsearch.info/record.html?id=651334
Pferd_01.jpg
Es gibt viele Exemplare, auf denen man den Palmzweig nur noch sehr schlecht erkennen kann, aber auch welche, auf denen das sehr klar zutage tritt. Zu diesem Typ hab' ich in der Literatur nun aber schlichtweg gar nichts gefunden 8O .

Diese Münzen wurden vor allem von einem Anbieter auf eBay, zusammen mit Kometenmünzen, als kappadokische angeboten, wobei er zusammen mit diesen immer auch eine ganze Reihe von Münzen anbot, die unzweifelhaft aus Kappadokien stammen (weil deutlich lesbar "Eusebeias" draufsteht :wink: ).

Schaut man sich nun Münzen aus Kappadokien an, dann gibt es von dort Typen, auf denen sich der bebänderte Palmzweig wiederfindet. Beispielsweise auf diesem aus Eusebeia:

http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre ... hemindefer
Eusebeia_01.jpg
Meine Schlussfolgerung wäre nun:
  • Die Kometenmünzen sind Palmzweigmünzen und stammen aus Kappadokien.
  • Die Pferdeprotomen mit bebändertem Palmzweig stammen ebenfalls aus Kappadokien.
  • Als Prägezeit käme das erste Jahrhundert v.Chr. in Frage, muss aber nicht mehr unbedingt zu Lebzeiten des Mithradates gewesen sein.
Wegen der Nähe zur oben gezeigten Münze aus Eusebeia liegt dies auch als Prägeort nahe.

Irritiert hat mich dann aber diese Münze aus Armenien, die ebenfalls einen bebänderten Palmzweig aufweist:

http://www.acsearch.info/record.html?id=608521
Armenien_01.jpg
Da hab' ich nun gar keine Vorstellung, wie die ins Bild passt 8O .

Damit weiß ich nun (oder bin überzeugt davon, um es mal nicht ganz so krass auszudrücken :wink: ), was nicht stimmt, bin aber etwas ratlos, ob meine Kappadokien-Theorie haltbar ist und wie sie auf etwas stabilere Beine gestellt werden könnte :| .

Gruß

Altamura

shanxi
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Mo 18.11.13 10:07

Ich spiele jetz mal den Advocatus Diaboli, vertrete Argumente pro Pontos:

a- Palmwedel mit Bändern ! tauchen regelmäßig auf Münzen aus Pontos auf: http://www.acsearch.info/record.html?id=553850

b- Der achtzählige Stern
ist laut diesem Artikel [S. 149 oben) das Symbol von Pontos oder dem königlichen Haus von Pontos:
http://www.pontos.dk/publications/books ... 09-hojte-3

Dementsprechend oft ist der Stern auf den Münzen von Pontos abgebildet:
http://www.acsearch.info/record.html?id=662443, http://www.acsearch.info/record.html?id=121283, oder auch hier http://www.acsearch.info/record.html?id=9319
oder auch direkt als Symbol auf den Münzen der Könige. Mithridates III: http://www.asiaminorcoins.com/gallery/d ... play_media oder Mithridates VI: http://www.asiaminorcoins.com/gallery/d ... hp?pid=834 oder hier auf der Rückseite der Münze deren vorderseitiges Portrait im Artikel oben, als das des Mithridates gedeutet wird: http://www.acsearch.info/record.html?id=43372

So gesehen ist der "Komet" vielleicht der Stern von Pontos verbunden mit dem geschmückten Palmzweig, als Siegessymbolik.

c - Außerdem gibt es in Pontos am Meer jede Menge Palmen, und in Kappadokien nicht :)

Iulia
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Iulia » Mo 18.11.13 17:18

Jetzt mal abgesehen davon, ob in Kappadokien damals Palmen gewachsen sind oder nicht, Palmwedel sind auf kappadokischen Münzen abgebildet worden, sowohl auf der von Altamura gezeigten Bronzemünze aus Eusebeia, als auch hier:
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=113100
Sie waren also in Kappadokien als Siegeszeichen bekannt und ihr angebliches fehlendes Vorkommen in der Natur kann nicht als Argument gegen eine kappadokische Prägestätte ins Feld geführt werden.
Gegen eine kappadokische, ja sogar armenische Prägestätte spricht aber meines Erachtens vor allem Größe und Gewicht der Münzen.
Auch dieser von Altamura gezeigte Münztyp, der ehemals nach Thrakien gelegt wurde und nun angeblich in Armenien geprägt worden sein soll, kann nicht als Hinweis auf eine armenische Prägestätte angesehen werden, weil das meines Erachtens eindeutig eine Fehlbestimmung ist:
http://www.acsearch.info/record.html?id=608521
Schrifttyp und Monogrammart erinnern mich mehr an Prägungen aus dem Bosporanischen Reich.

Um eine aufbauende Diskussion über diese interessanten Münzen führen zu können, sollten wir nicht zuviel miteinander vermischen, sondern versuchen, folgende Fragen zu beantworten:

1. Stammen "Kometenmünzen" und "Pferdekopfmünzen" tatsächlich aus ein und demselben Fund? Oder sind sie von jemandem nachträglich zusammengeschüttet worden?
Ich habe inzwischen rund 120 Fotos des besagten ebay-Anbieters gesammelt und mir fällt auf, dass, soweit man das anhand der unterschiedlichen Fotos überhaupt feststellen kann, sowohl dunkelgrün bis schwarze Patinen, als auch hellgrün verkrustete Stücke, als auch entpatinierte Münzen beider Typen zu finden sind. Das sieht leider nicht völlig nach demselben Fundzusammenhang aus.
2. Sind "Kometenmünzen" und "Pferdekopfmünzen" in einem zeitlichen Zusammenhang geprägt worden?
Dazu fällt mir auf, dass rund die Hälfte der Pferdekopfmünzen einen Gegenstempel aufweist, der auf keinem der Kometenmünzen zu finden ist. Und dieser Gegenstempel erinnert mich an die Gegenstempel, die auf den Groß- und Mittelbronzen des Pontusgebiets ohne klare Münzstättenzuweisung erscheinen (s. Hoover, Handbook 7, Nr. 310-317). Damit würden wir, zumindest, was das Umlaufgebiet der "Pferdekopfmünzen" betrifft, auf dieselbe Gegend kommen wie shanxi. Jedenfalls kenne ich keine solchen Gegenstempel auf kappadokischen oder armenischen Münzen.
Warum erhielten die "Kometenmünzen" keine Gegenstempel? Wurden sie zeitlich später als die "Pferdekopfmünzen", die übrigens durchschnittlich um ein Drittel mehr wiegen als die "Kometenmünzen", geprägt? Oder zirkulierten sie in einem anderen Gebiet?
Und an diese Frage anschließend:
3. Wurden beide Münztypen in derselben Gegend oder sogar Prägestätte hergestellt?
Wenn man, wie shanxi gezeigt hat, bei den "Kometenmünzen"vom Bildtyp her eine pontische Herkunft am wahrscheinlichsten ist, und die Gegenstempel auf den "Pferdekopfmünzen" ebenfalls in den pontischen oder bosporanischen Raum deuten, dann würde ich für beide Typen diesen Raum auch als gemeinsame Herkunft ansehen.
Unter welchen Umständen beide Münztypen zusammen nach Kappadokien, falls die Herkunftsangabe stimmt, gekommen sind, wäre dann eine weitere Frage.

Gruß
Iulia
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von divus » Do 21.11.13 16:09

Hallo liebe Freunde,

spannendes Thema! Diese Münzen sind wirklich etwas besonderes und sehr interessant. Ich hatte auch Gelegenheit, einige Stücke dieser Typen zu sehen und habe mir ebenfalls ein paar Gedanken dazu gemacht.

An Iulia's Fragen anschließend:

1) Stammen "Kometenmünzen" und "Pferdekopfmünzen" tatsächlich aus ein und demselben Fund?

Zunächst würde ich auf den Terminus "Kometenmünzen" verzichten wollen, da es sich, wie Altamura gezeigt hat, nicht um Kometen handeln kann. Ich glaube sogar, dass Kometendarstellungen mit Schweif gänzlich unantik wären und diese Darstellungen erst im Laufe des Mittelalters auftauchen (ich habe das aber nicht überprüft). Um diese Type von den "Pferdekopfmünzen" zu unterscheiden würde ich eher von "Sternmünzen" sprechen. Ein Stern ist es ja (wobei ich generell meine, bei manchen "Sternen" könnte auch die Sonne gemeint sein. Aber das führt hier zu weit.)

Ob nun alle der in letzter Zeit aufgetauchten Münzen aus einem Fund stammen? Das können wir kaum eindeutig beantworten. Das konzentrierte Auftreten in diesem Jahr und die zumindest größtenteils ähnliche Patina lassen das als sehr gut möglich erscheinen. Umgekehrt wären so viele kleinere Funde dieser an sich seltenen Münzen doch eher sehr unwahrscheinlich.
Auch innerhalb eines Fundes kann es (vor allem bei großen Mengen an Münzen) unterschiedliche Patina geben (man denke an beschädigte Gefäße, bei denen ein Teil des Inhaltes schon im Erdreich liegt, ein anderer noch im Gefäß etc.). Auch ungenügende Reinigungsversuche (Chemie) lassen da manches unklar werden.
Nach allem, was ich "so gehört" habe, handelt es sich wohl um einen Fundzusammenhang, in dem Sternmünzen, Pferdekopfmünzen und die mit Gegenstempel enthalten waren. Ausschließlich, angeblich. Und wie ich gehört habe, soll Kappadokien die Herkunftsregion sein.
[Wobei das freilich sehr vage ist, und das heutige türkische Kappadokien ist durchaus nicht immer deckungsgleich zum antiken Kappadokien, welches wiederum auch in der Antike einigen territorialen Veränderungen unterliegt. Ich bin nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube zu wissen, dass Kappadokien zeitweise bis an den Pontos Euxeinos reichte. Jedenfalls sind historisch und kulturhistorisch das Pontosgebiet und Kappadokien vielfältig verbunden.]

2) Sind "Kometenmünzen" und "Pferdekopfmünzen" in einem zeitlichen Zusammenhang geprägt worden? und
3) Wurden beide Münztypen in derselben Gegend oder sogar Prägestätte hergestellt? - die beiden Fragen gehören ja zusammen:

Ich glaube - ja. Zum einen haben wir hier diesen angeblichen Fundzusammenhang. Aber auch unabhängig davon, die Typologie "Pferdekopf / Palmzweig mit Band", die als solche durchaus ungewöhnlich ist, spricht doch sehr für eine ganz enge Verwandschaft. Dazu kommen "style and fabric" und Gewicht.

Meine These ist: Die Pferdeköpfe gehören chronologisch an den Anfang. Dann kommen die Gegenstempel, die meistens genau dort angebracht wurden, wo dann der Stern auftritt, nämlich am Halsansatz des Pferdekopfes. Danach kommen die - verhältnismäßig - weit umfangreicheren Emissionen mit den Sternen.
Dafür spricht ganz klar, dass nur Pferdeköpfe gegengestempelt wurden, keine Sternenmünzen, und dass die Pferdeköpfe so scheint's etwas schwerer sind.
Ich halte den Gegenstempel also quasi für den Vorläufer, den Platzhalter, den Prototypen für den späteren Stern. Der im Gegenstempel dargestellte Kopf (Wer könnte das sein? Apollon? Helios?) wird in einem (für uns heute wohl unklaren) Zusammenhang stehen mit der Anbringung des Sternes im Münzmotiv.

Hypothetisch könnte ich mir vorstellen, dass zunächst eine "normale" Münzemission geplant war und auch teilweise ausgegeben wurde, nämlich die Pferdeköpfe - mit noch ganz "unkosmischen" Motiven, die Königsgewalt in genere versinnbildlichen (Pferd/Palmzweig). Dann geschieht ein bedeutsames (astrologisches? astronomisches?) Ereignis, welches für so bedeutend gehalten wurde, dass man in der laufenden Münzproduktion auf die Gegenstempel zurück gegriffen hat, um das Ereignis gebührend zu feiern. Daraufhin wurde der Stern direkt im Münzbild integriert, und die Produktion nur noch mit diesen Bildern weitergeführt. Dass es anscheinend ein Sternbild Hippos gibt, passt ja vorzüglich in dieses Schema.

Insofern, ich halte für die Pferdeköpfe und die Sterne für Produkte ein und derselben Münzstätte in einem engen chronologischen Zusammenhang.

Den Verweis auf die Sternenmotive der "uncertain Pontic mint(s)" wie bei Hoover a.a.O. halte ich für nicht sehr stichhaltig. Zum einen sind dort die Sterne ausschließlich im Revers zu finden und als alleiniges Münzmotiv verwendet worden. Zum anderen finde ich den Stern doch etwas verschieden gestaltet. Er ist etwas schlanker, spitzer, exakter, geometrischer. Die Unterschiede sind gering, aber ich sehe unter den Pontischen Sternen untereinander eine eindeutige Homogenität. Unsere Sternenmünzen fügen sich da nicht ganz ein. Auch die Fabrik der Schrötlinge ist aus meiner Sicht bei den Sternenmünzen verschieden zur Gruppe der Pontischen Unbekannten.
Auch die Verbindung zum pontischen Königshaus durch den Stern ist zu schwach, so tauchen solche achtstrahligen Sterne doch überall in Kleinasien auf. Übrigens findet sich ein achtstrahliger Stern auch auf Königsmünzen aus Kappadokien. Ebenso gibt es Belege für Gegenstempelungen in Kappadokien, einmal sogar mit Helios:

http://www.acsearch.info/record.html?id=371939

http://www.acsearch.info/record.html?id=580879

http://cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=206368

http://www.acsearch.info/record.html?id=61182

Soweit erstmal, aber ihr mögt ja lange Artikel... :)
Grüße!

PS: Die oben von Altamura verlinkte "armenische" Münze kommt mir spontan eher kilikisch vor...

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Do 21.11.13 17:25

Um einige Punkte zusammenzufassen:

- Der Fundzusammenhang Kappadokien ist vage
- Es gibt Gegenstempel in Kappadokien, aber die gezeigten Beispiele sind zweimal ein Adler und eine Heliosbüste, kein Stern
- Es gibt eine Münze mit Stern in Kappadokien, das gezeigte Beispiel ist zum einen 16strahlig, unterscheidet sich auch im Stil völlig von Altamuras Sternen, die mit dem zentralen Punkt doch ziemlich den pontischen Sternen ähneln.

Fazit: Keine eindeutigen Hinweise auf Kappadokien, aber auch nicht völlig auszuschließen.

Dann noch einige Anmerkungen zu deiner Argumentation:
Du schreibst der Stern auf den Münzen sei in der Folge eines bedeutsamen astronomischen Ereignisses auf die Münzen gekommen. Es gibt nun wohl wenige astronomische Ereignisse, die sich in Form eines einzelnen Sterns darstellen lassen. Eine Supernova, eine Meteorit vielleicht oder ein Komet, mehr fällt mir nicht ein. Wäre es nicht sinnvoller, wenn man einen Komet komplett ausschließen möchte, auch das astronomische Ereigniss komplett wegfallen zu lassen, und auf den Stern als z.B. Königssymbol zurückzukommen?
Oder alternativ den Komet doch zuzulassen, es stimmt nämlich nicht, dass ein Komet gänzlich unantik ist, oder was ist das? http://www.acsearch.info/record.html?id=386594 ?

Ich habe bei acserch mal nach achtstrahligen Sternen mit zentralem Punkt geschaut. Häufig sind sie in Makedonien und Ionien, aber in der Region nicht viel, (wenn man den Stern über dem Berg Argaios mal außer acht lässt), und bei denen, die es gibt lautet die Beschreibung meist Pontos oder Bosporus.
Eine häüfig vorkommende Ausnahme ist jedoch zu finden: Tigranes II
Hier ein Beispiel: http://www.acsearch.info/record.html?id=663400
Auf den Münzen ist der Stern in der Krone, und der Palmwedel in Tyches Hand, und Kappadokien hat auch zum Tigranes Reich gehört. Eine Möglichkeit ?
Interessant dabei auch, dass von Tigranes der Stiefsohn des Mithridates VI. von Pontos, Ariarathes IX, auf den Kappadokischen Thron gesetz wurde. Also war auch das Pontische Königshaus in Kappadokien vertreten.

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Iulia » Do 21.11.13 18:54

Hallo divus,

Schön, dass Du Dich meldest! Habe schon auf Dich gewartet. Nun werden wir unsere geplante Diskussion über das spannende Thema also öffentlich führen, was ja nicht schlecht ist, weil sich noch andere daran beteiligen können. :) .

Ich versuche wieder die einzelnen Diskussionspunkte zu nummerieren:

1. Es gab doch schon Kometendarstellungen auf Münzen in der Antike, z. B. den Sidus Iulius auf den Münzen des Augustus. shanxi ist mir schon zuvorgekommen. Hier noch eine weitere Darstellunge. Man lese den Text dazu und beachte, dass es sich hier ebenfalls um einen achtstrahlige Darstellung handelt, wobei der achte Strahl wie bei unseren Bronzemünzen der Kometenschweif ist.
http://www.acsearch.info/record.html?id=1039

Ich sehe auf unseren Bronzemünzen auf dem Avers einen Stern und auf dem Revers ebenfalls einen, dessen achter Strahl in einen Kometenstrahl ausläuft. Das einzige was noch gegen die Darstellung eines Kometen sprechen könnte, wäre das Diademband, das um seinen Schweif gewickelt ist, mit dem Argument, dass so keine realistische Himmelsdarstellung aussehen würde. Das halte ich jedoch für ein sehr zeitgebundenes Argument, wenn man heutzutage nicht die Semiotik der Münze verstanden hat.

2. Zur Funktion von Gegenstempeln

Ich meine, dass Gegenstempel nur aus währungspolitischen Gründen auf Münzen gesetzt wurden, um die entsprechenden Münzen für ein bestimmtes Währungsgebiet gültig oder wieder gültig zu machen. Kennst Du Gegenbeispiele?

3. Interpretation des Palmzweigs mit Diademband

Beide Bronzetypen sind anepigraphisch und ihr Aussagegehalt musste auch von Analphabeten verstanden werden. Nehmen wir mal an, dass der Pferdekopf/Palmzweig Typ früher als der Kometentyp geprägt wurde, wozu ich ebenfalls neige, dann bekommt der einfache Betrachter folgende Information:
Typ 1: Das Pferd ist gezügelt, also sehr wahrscheinlich ein Kavalleriepferd. Jemand hat mithilfe einer militärischen Auseinandersetzung einen Sieg errungen (Palmzweig) und hat dadurch die Königswürde (Diadem) erlangt.
Typ 2: Ein Komet, den damals jeder gesehen hatte und der aufgrund seiner spezifischen Erscheinung wie ein Pferd mit fliegender Mähne und Schweif ausgesehen hat. Zumindest Plinius der Ältere kannte übrigens einen Kometentyp, den er als Hippeus klassifizierte (So Michael Molnar in "The Celator" 11, No. 6, 1997).
Dieser Komet hat offenbar für jemanden das Erringen der Königswürde (Diadem um Schweif) angekündigt.
So, und nun braucht man nur noch zu erraten, wer das wohl gewesen ist. :wink:

Gruß
Iulia

shanxi
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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Do 21.11.13 21:55

Noch eine kleine Ergänzung. Es gibt auch Münzen des Tigranes, mit einem eindeutigen Komet in der Krone:

http://www.wildwinds.com/coins/greece/a ... an_010.jpg

http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=168935


Halley war 87BC unterwegs

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von divus » Do 21.11.13 22:44

Iulia hat geschrieben:Hallo divus,

Schön, dass Du Dich meldest! Habe schon auf Dich gewartet. Nun werden wir unsere geplante Diskussion über das spannende Thema also öffentlich führen, was ja nicht schlecht ist, weil sich noch andere daran beteiligen können. :) .
Hallo Iulia! Ja, ich freue mich über diese Diskussion, und hier sind wir ja auch unter Zugzwang sozusagen... :wink:

Mit dem Sidus Iulium hab ihr mich erwischt! :D An den hatte ich nicht gedacht! Gut, es gab also die Kometendarstellungen genau so, wie wir sie heute auch kennen. Dazu nur noch zwei Gedanken, zum einen, ich habe den Kometen an sich nicht prinzipiell ausgeschlossen ("astronomisch/astrologisches Ereignis"), nur die Darstellung mit dem Schweif. Zum anderen, dass es Kometen mit Schweif in der Münzikonographie gibt, ist jetzt klar. Das macht die Rückseite unsere Münzlein aber noch lange nicht zum beschweiften Kometen... ;)

Hier als Schnellschuss ein Bild, wo doch ganz deutlich werden sollte, dass es sich bei dem, was als Schweif gesehen wird, um einen Palmzweig handelt:
Sterne2.jpg
Sterne1.jpg
Sterne1.jpg (9.82 KiB) 4060 mal betrachtet
Entschuldigt bitte die schwache Fotoqualität... Es fällt mir wirklich schwer, hier den Palmzweig nicht erkennen zu wollen... ;)

Ach, ich hätte erst gar nicht anfangen sollen, ohne mich etwas vorzubereiten... Morgen geht's nach Frankfurt auf Messe, deswegen habe ich eigentlich gar keine Zeit gerade, aber das Thema ist doch zu spannend. Ich kann jetzt vorläufig nur ein paar Stichworte in den Ring werfen - wobei ich sagen möchte, dass ich keine wirklich feste Vorstellung von den Urhebern dieser Serien habe. Mir geht es in erster Linie um die Zusammengehörigkeit und die Chronologie der Münzen.

@Shanxi: Du hast recht, Kappadokien ist vage. Allerdings haben wir den (nicht überprüfbaren) Verweis des erwähnten eBayers und die (ebenfalls ungesicherten) Informationen, die ich habe, die beide nach Kappadokien verweisen. Das ist zwar wenig, aber doch etwas. Ein Gegenargument wären gesichterte Funde dieser Münzen näher am Schwarzen Meer. Das wär doch was für Altamura... ;)

Ich glaube, der Stern und sein Aussehen bringt uns nicht wirklich weiter. Ich habe gerade zufällig eine Münze aus Thymbra (Troas) vor Augen (http://www.acsearch.info/record.html?id=199202), da ist der Stern genauso gestaltet. Dass die Ursprungsregion unserer Münzen wohl irgendwo im Bereich Pontos, Kappadokien und vielleicht sogar Großarmenien liegen müsste, soweit sind wir uns ja einig. Mir fehlt nur eine eindeutige Verbindung nach Pontos, die andere Regionen ausschließen würde. Wie es sich mit dem Pontischen Königshaus verhält, darüber muss ich nochmals nachdenken.

@Iulia: Stichwort Gegenstempel. Sicherlich trifft Deine Feststellung zu - in den allermeisten Fällen. Aber es gibt m.E. durchaus auch andere Verwendungszwecke von Gegenstempeln, vor allem im Zusammenhang mit Aktualität bzw. Aktualisierung.
Spontan kommen mir hier die Provinzausgaben Traians in den Sinn, die als Gegenstempel den neuen Titel "Dacicus" zeigen:
http://www.acsearch.info/record.html?id=597206
Oder als politische Aussage wie bei den Gegenstempeln des Galba auf dem Portrait des Nero:
http://www.acsearch.info/record.html?id=367626
Ich hatte auch mal den Fall, dass bei hellenistischen Bronzen aus Istros, die ja auch oft gegengestempelt sind, ein "Gegenstempel" in den Münzstempel miteingraviert wurde, und somit eine echte Gegenstempelung gar nicht mehr vorlag. Solches hat doch sicher andere Gründe als Währungspolitik. Möglich, dass man noch mehr findet, wenn man länger recherchiert.

Zu Deiner Interpretation der Münzbilder, auch wenn ich sie freilich nicht ausschließen kann, so kommt sie mir nicht zwingend vor. Ein Pferdekopf mit Zügeln deutet auf einen Sieg der Kavallerie hin? Hmm.
Für mich weisen Pferdedarstellungen in erster Linie auf entweder a) das Königtum als solches hin oder b) auf intensive und erfolgreiche Pferdezucht. Pferd+Palmzweig+Diadem könnte genauso auch für einen sportlichen Sieg stehen (was ich hier nicht annehme). Und der "Kometentypus Hippeus" hat es schwer, wenn man akzeptiert, dass es sich hier um einen Palmzweig handelt, der in einen Stern mündet, und nicht um einen Kometenschweif. Also überzeugt bin ich (noch) nicht... ;)

Was mir gerade auffällt - der Gegenstempel auf dem Stück auf meinem Foto (oben rechts) ist scheinbar ein anderer wie auf dem Foto von Iulia. Ein Helioskopf? Jedenfalls sieht er doch sehr ähnlich dem Gegenstempel auf diesem, schon erwähnten Stück: http://www.acsearch.info/record.html?id=371939

Also doch kappadokische Könige?

Grüße!
Zuletzt geändert von divus am Do 21.11.13 23:24, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Do 21.11.13 22:52

Jetzt mal eine wilde Hypothese:

Wir haben den achtzähligen Stern, Symbol des pontischen Königshauses, aber offenbar auch Tigranes...

Wir haben den Palmzeig als bekanntes Siegessymbol...

....und dann taucht am Himmel ein Komet auf.

Was macht daraus ein schlauer Sternendeuter ......? Ich denke ihr kommt selbst darauf.

OK, ich schreibe es doch. Er deutet den Komet als Stern des Herrschers verbunden mit einem himmlischen Palmzweig, das ultimative Siegeszeichen.
Die Götter sind mit dem Herrscher. Juhu.

Daraus resultierend dann die Darstellung des Kometen, ähnlich zu einem Stern mit Palmzweig. Denn wenn man
schon davon ausgeht, das es ein Stern und ein Palmzeig ist, dann muss man auch zugeben, das die Anordnung des Palmzweigs, als Anhängsel des Sterns ohne die Kometendeutung, selten dämlich wäre.

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von divus » Fr 22.11.13 00:22

Ja, in ganz groben Zügen so ähnlich stelle ich mir das ja auch vor (wie oben beschrieben). Nur, gehst Du jetzt davon aus, dass die Sternenmünzen zeitlich vor den Pferdeköpfen liegen oder beide gar nichts miteinander zu tun haben? Und wie erklärst Du den Pferdekopf mit dem Stern? Die Idee, dass ein Kometenschweif ikonographisch als Palmzweig hätte gedeutet werden können, finde ich ganz interessant. Aber rund ist die These noch nicht. Oder habe ich vielleicht etwas einfach nicht richtig verstanden (Uhrzeit)...? ;)

Die Sache mit den Pontiern gefällt mir aber immer weniger. Wenn man etwas recherchiert, wird deutlich, dass neben vielen Beispielen für Tigranes und wenigen für die Kappadoker ja auch die Könige von Kommagene den Stern in der Tiara zeigen (http://www.acsearch.info/record.html?id=582105). Und auch manche der Sternendarstellungen im Zusammenhang mit dem Argaios sind unseren ebenfalls sehr ähnlich.
Übrigens ist gerade bei Mithradates Eupator, auf den ja schon angespielt wurde, doch auch auffällig, dass auf seinen Königsprägungen (also jene, die seinen Namen tragen) der Stern nicht alleine, sondern immer in Verbindung mit einer Mondsichel verwendet wird (http://www.acsearch.info/record.html?id=646267).
Das Pontische Haus hat also aus meiner Sicht keinen alleinigen Anspruch auf den Stern, es scheint vielmehr ein in den östlichen hellenistischen Reichen geläufiges Symbol zu sein, entweder a) der Königsherrschaft oder b) einer übergeordneten Gottheit, unter deren Schutz der Herrscher steht bzw. in deren Namen die Herrschaft ausgeübt wird.

Bevor wir aber zu sehr auf die Interpretation der Bilder eingehen, sollten wir m.E. im Zusammenhang mit der Ursprungsregion nochmals auf Altamuras Hinweis auf Eusebeia zurückkommen. Die Darstellung des Palmzweiges mit Diadem ist doch schon so sehr ähnlich, dass man das nicht einfach übergehen kann. Wäre dies nicht doch ein gutes Argument für Kappadokien?

Grüße!

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Fr 22.11.13 08:02

divus hat geschrieben:Und wie erklärst Du den Pferdekopf mit dem Stern?
Den Pferdekopf finde ich ohnehin etwas erklärungsbedürftig, denn Pferdeköpfe habe ich sonst weder für Kappadokien noch für Pontos gefunden. Er ist also kein landestypisches Symbol wie bei Karthagern, sondern etwas besonderes.

Iulias Erklärung als Kavaleriepferd erscheint daher logisch.

Der Halleysche Komet ist 87 BC erschienen, d.h. mitten in den Mithridatischen Kriegen. Ich habe jetzt keine Quelle gefunden, nehme aber mal an das auch Kavalerie dabei eine Rolle gespielt hat.
Soldaten müssen bezahlt werden. Insofern ist es naheliegend ein Pferd als Symbol des Eroberers und den Komet, oder die ikonograpische Deutung des Kometen als "Stern des Königs mit himmlischem Palmzweig",
auf eine Münze zu prägen.
Das Reich des Mithridates VI umfasst auch Kappadokien, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... ingdom.png . Insofern ist auch der Fundort erklärbar.

(Wenn man es zeitlich nicht so eng sieht könnte auch Tigranes II ins Spiel kommen, aber den lassen wir jetzt mal raus)

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von divus » Fr 22.11.13 10:55

Nur ganz kurz: Pferde gibt es öfter in der Kappadokischen Münzprägung, die Königsprägungen in AE zeigen oft den reitenden König oder Pferde (siehe die oben verlinkten und auch z.B. http://www.acsearch.info/record.html?id=216254). Es ist nicht ungewöhnlich, dass auf größeren Nominalen das ganze Tier und auf kleineren Stückelungen nur die Protomai oder Köpfe dargestellt sind.

Zudem, wenn man sich die Mithradatischen Prägungen der Kriegszeiten ansieht, so passen weder die Pferdekopfmünzen noch die Sternmünzen in das dortige Schema, und zwar in Stil, Schrötlingsart, Verwendung von Legenden, Beizeichen und Monogrammen etc.
Die Mithradatischen Prägungen stellen aus meiner Sicht eine absolut homogene Gruppe dar, gerade auch mit den vielen Stadtprägungen, die sich alle untereinander ähneln (Motiv- und Gewichtsgleichheiten bei verschiedenen Städten) und ein komplexes, straff organisiertes System widerspiegeln.
Korrigiert mich, aber ich kenne aus der Gegend am Pontos nichts, was unseren Münzen ähneln würde (bis auf die Sache mit dem Revers-Stern bei den "Incerti Ponticae", die aber auch einem ganz eigenen System folgen). Ich sehe bisher wirklich keinen Grund, unsere Münzen nach Pontos zu legen...

Ich bin jetzt mal wech... Grüße! :)

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von shanxi » Fr 22.11.13 11:44

Ich dachte jetzt auch nicht an Prägungen aus Pontos selbst, sondern an Prägungen in den von Mithridates besetzten Gebieten, Soldatensold.
Aber das ist zugegeben alles Spekulation.

Was wurde denn im besetzten Kappadokien geprägt?

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Iulia » Fr 22.11.13 18:25

Der frühere Hinweis von shanxi auf den Kometen auf manchen Tiaren des Tigranes ist hervorragend gewesen und führt möglicherweise zur Auflösung des Rätsels. Danke! Ich habe zwar auch daran gedacht, ihn als Beispiel für eine antike Kometendarstellung anzuführen, aber auf die Schnelle keine entsprechende Münzdarstellung gefunden, was auch kein Wunder ist, da die Tiaradarstellungen mit Stern ohne Schweif weitaus häufiger sind und bin dem Hinweis nicht mehr nachgegangen. Jetzt habe ich die Spur weiter verfolgt und bin auf äußerst aufschlussreiche Ergebnisse gestoßen.
Unter Tigranes sind ebenfalls sehr kleine Bronzemünzen geprägt worden, die gewichtsmäßig dem Durchschnittsgewicht der Pferdekopfmünzen entsprechen würden. Auf ihnen ist der Komet auf der Tiara und auf dem Revers ein Pferd dargestellt:
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=168948

Und jetzt kommt es noch besser: Es existiert auch eine Bronzeprägung mit Komet auf der Tiara, die zwar ungefähr das doppelte Nominal der kleinen Münze darstellt, aber auf dem Revers einen Palmzweig zeigt, der ganz ähnlich gebogen ist wie unserer auf der Pferdekopfmünze.
Und was hängt da links vom Zweig herunter? 8O Das ist doch auch ein Band, oder?
http://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=168945

Auch auf den hier gezeigten Bronzemünzen des Tigranes wird der Komet auf der Tiara mit einer Nike auf dem Revers, also einem militärischen Sieg in Verbindung gebracht:
http://astrogeo.oxfordjournals.org/cont ... .6.extract#

Wenn man die Kometendarstellung mit dem Halleyschen Kometen in Verbindung bringt, der 87 v. Chr. am Himmel stand, dann hat Tigranes offenbar zu dieser Zeit, als er auf der Höhe seiner Macht war, das siegreiche Zeichen auf sich bezogen und propagandamäßig genutzt.
In dieses Umfeld passen unsere kleinen Bronzemünzen und ihre Aussage doch blendend rein!

Gruß
Iulia

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Re: Kometen aus Pontos oder besternte Palmwedel aus Kappadok

Beitrag von Zwerg » Fr 22.11.13 22:02

D'accord
(obwohl Französisch meine schwache Stelle ist)

Das klingt absolut überzeugend. Ich hatte schon so ein Bauchgefühl bei der Tetradrachme von Tigranes mit dem Kometen.
Frage - wie bringt man solche fundierten Forendiskussionen der Wissenschaft bei?

Grüße
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