Umrechnung Münzen

Deutschland vor 1871
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Innung78
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Umrechnung Münzen

Beitrag von Innung78 » So 08.01.17 19:42

Hallo,
ich hoffe ich bin mit meinem Anliegen hier nicht komplett falsch und ihr könnt mir weiterhelfen. Ich besitze ein paar Schriftstücke, welche Informationen über Hilfszahlungen nach einem Stadtbrand berichten. Die Texte sind aus Ostsachsen im Jahr 1815. Da zu dieser Zeit scheinbar eine große Zahlungsmittelvielfalt existierte, kann ich nicht vergleichen welche Stadt welchen Betrag gespendet hat. Nun hoffe ich, dass ihr mir bei der Umrechnung weiterhelfen könnt.

Ein Teil der Zahlungen erfolgte in „Cassen Billets“. Ich denke die dabei zugeordneten Beträge sind Reichsthaler. In welchen Wertstufungen gab es eigentlich diese Cassen Billets zu dieser Zeit?

Der größere Teil wurde in Münzen gezahlt. Diese Seite habe ich mal eingescannt. Hier kann ich folgende Münzarten deuten:
- Reichsthaler und Groschen
- Laubthaler
- Louisdor
- Dukaten
Lassen sich diese Münzen ohne weitere Informationen umrechnen?
Zahlungen2.jpg
Geldzahlungen
Etwas Kopfzerbrechen bereitet mir Zeile 2 auf der rechten Seite. Hier ist die Zahlung von Graudenz mit „1 Dg Louisdor S. 7 tl“ aufgeführt. Das „S.“ steht höchstwahrscheinlich für Summe, d.h. 1 Dg Louisdor könnten 7 Thaler sein.

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olricus
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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von olricus » So 08.01.17 22:45

Hallo Innung78,

Deine Fragen sind gar nicht so einfach zu beantworten, zuerst müßte man wissen, in welchem Staatsgebiet die einzelnen Orte damals lagen,
denn 1815 kam ein großer Teil Sachsens nach dem Wiener Kongress an Preußen.
Preußen rechnete mit dem Reichtaler im 14-Talerfuß zu 24 Groschen, Sachsen prägte den Konventionsspeciestaler (10-Talerfuß), gerechnet wurde
aber in Konventionskurant 1 Reichstaler zu 24 Groschen, 1 1/3 Reichstaler entsprachen 1 Speziestaler zu 32 Groschen.
Ein sächsischer Dukat entsprach 2 5/6 Taler, wobei das Verhältnis Gold zu Silber schwankte.
Der Laubtaler war eine französische Silbermünze (Écu) zu 6 Livres, der Louisdor eine französische Goldmünze, zuletzt mit 25 Livres bewertet.
Diese liefen in großen Mengen im Deutschen Reich um, besonders in Preußen, die Umrechnung schwankte ständig, ich habe ein Preußisches
Patent von 1720, wo die Herabsetzung des Laubtalers von 32 Groschen auf 31 Groschen festgelegt ist.
Der Louisdor (konstituell ab 1792) enthielt 6,84 g Gold, in Preußen wurde der Friedrichsdor mit 6,032 Gold geprägt, er galt 5 Reichstaler,
deshalb kann Deine Einschätzung zur Zahlung von Graudenz nicht stimmen, es ist eindeutig zu lesen, dass die Spende ein Doppellouisdor war,
der mindestens mit 11 Talern berechnet werden sollte.
Ich meine, dass S 7 taler bedeutet, zusätzlich zu der Goldmünze wurden noch 7 Taler in Silber ( S. ) gespendet.
Zu den Cassen-Billets, diese wurden in Kursachsen 1772 erstmals in der Stückelung 1, 2, 5, 10, 50, und 100 Reichstalern ausgegeben, 1804
durch eine neue Serie zu 1, 2 und 5 Reichstalern Kurant ersetzt, Preußen übernahm die Scheine zu 1 Reichstaler von 1804 im Jahre 1815, versah
diese mit einem preußischen Trockensiegel und setzte sie den preußischen Tresorscheinen gleich.
Das erst mal für heut genug, weitere Fragen beantworte ich gern, es brauch aber einige Zeit.
Grüße von olricus

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von Innung78 » Mo 09.01.17 22:15

Hallo olricus,
vielen Dank für die schnelle Antwort, auch wenn ich diese nur teilweise verstehe.
Die meisten Orte liegen in Sachsen und in Schlesien. Die Dukaten kommen aus Niederschlesien (Ohlau, Breslau), Königsberg (Preußen) und Mitau im Kurland (Russland). Es muss also eine bunte Mischung von verschiedenen Münzen vorgelegen haben.
Bei der scheinbar großen Variation der Wertumrechnung finde ich es trotzdem interessant, dass der damalige Schriftführer keinen großen Unterschied bei den Talern gemacht hat. Einzig die Laubtaler waren es Wert genauer beschrieben zu werden. Auch bei den Dukaten wurde nicht weiter unterschieden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich bei den 20 Dukaten aus Mitau um sächsische Münzen gehandelt haben soll.
Die Zahlung von Graudenz (Preußen) bleibt trotzdem sonderbar. Warum wird hier nicht auch nur von 7 Reichstalern gesprochen, aus Silber waren doch alle, oder?
VG Innung78

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von *EPI* » Di 10.01.17 15:49

Dukaten hatten ein festgelegtes Feingewicht und festen Goldgehalt unabhängig vom Prägeort. Rauhgewicht: 3,49g.

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von Numis-Student » Di 10.01.17 15:51

*EPI* hat geschrieben: Rauhgewicht: 3,49g.
und bei 986er Feinheit (sogenanntes Dukatengold) waren es 3,44 g fein ;-)
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von klaupo » Di 10.01.17 21:21

Gewicht und Feingehalt bringen uns hier für eine Umrechnung leider nicht weiter - ihre Werte schaffen lediglich die Voraussetzung dafür. Für eine Umrechnung ist wesentlich, wie die verschiedenen Währungen zueinander standen und gehandelt wurden. In einem Schweizer Kompendium von 1823 (Handbuch der cursierenden Geldsorten) wird der preußische Taler mit 3 Francs 57 Centimes gehandelt, der russische Dukat mit 11 Francs 62 Centimes. Das entspräche einem Gegenwert von 3,25 preußischen Talern, und die 20 Dukaten Spende aus Mitau hätte im Jahr 1823 ca. 65 Taler betragen.

Der Laubtaler (Ecu) wird in demselben Werk mit 5 Francs 80 Centimes angesetzt. Die beiden Taler ergäben also ebenfalls umgerechnet 3,25 preußische Taler respektive einen Dukaten.

Wie weit sich diese Kurse auf Sachsen im Jahr 1815 übertragen lassen, kann ich leider nicht sagen ... aber die ungefähren Werte dürften in diesem Bereich liegen.

Gruß klaupo

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von Innung78 » Mi 11.01.17 20:27

Vielen Dank für Eure Antworten. Jetzt kann ich mir in etwa ein Bild machen. Vielleicht finde ich auch noch in den alten Unterlagen ein paar Hinweise auf die Umrechnung.

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von Innung78 » Mo 16.01.17 21:20

Ich habe die Unterlagen noch einmal durchsucht. Dabei hab ich eine Rechnung gefunden, welche die Umrechnung von Laubtaler und Dukat enthalten könnte.
Umrechnung.JPG
Rechnung
Zwei Laubthaler sind hier drei Reichsthaler, d.h. 1 Laubthl. = 36 Groschen
Weiterhin werden die zwei Dukaten aus Ohlau mit 6. 4. angegeben, d.h. 1 Dukat = 3 Reichsthaler, 2 Groschen = 74 Groschen
Beide Umrechnungen passen gut zu euren Angaben.

Wenn ein Dukat die Masse 3,49 besitzt, ergibt sich ein Goldwert von 74/3,49 =21,2 gr/g.
Der Louisdor mit 6,84g entsprach damit 145 Groschen = 6 Taler, 1 Groschen

Welche Masse hatte der Doppellouisdor? Tatsächlich 2x 6,84g wie der Name vermuten lässt?

klaupo
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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von klaupo » Mo 16.01.17 22:26

Innung78 hat geschrieben:... Welche Masse hatte der Doppellouisdor? Tatsächlich 2x 6,84g wie der Name vermuten lässt?
Der "Preußische Doppelte Friedrichsd'or" hatte lt. dem o.a. "Handbuch der cursirenden Geldsorten" ein Gewicht von 13,27 g und einen Wert von 41 Francs, 24 Centimes. Da der "Friedrichs d'or" auf preußischen Passiergewichten anscheinend auch dem "Louis d'or" in etwa entsprach, dürfte deine Vermutung richtig sein. Der französische Double-Louis d'or aus der Zeit von Louis XIV entspricht diesem Gewicht. Der jüngere Typ unter Louis XVI ist mit 16,25 g etwas schwerer. Dafür habe ich aber keine Umrechnungsdaten.

Gruß klaupo
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1772_Louis-d-Or_Passir-b.jpg

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Re: Umrechnung Münzen

Beitrag von *EPI* » Di 17.01.17 09:23

Innung78 hat geschrieben: Wenn ein Dukat die Masse 3,49 besitzt, ergibt sich ein Goldwert von 74/3,49 =21,2 gr/g.
Du muss mit dem Feingewicht (3,44g) rechnen und nicht mit dem Rauhgewicht.

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