Abgrenzung der Münzepochen

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Nervensäge
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Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von Nervensäge » Mi 27.06.18 13:42

Werte Mitforisten,

ich wende mich mit einer allgemeinen Frage an Euch:

Ich habe Teile einer Sammlung übernommen, mit deren Inhalt ich mich nun erstmalig auseinandersetze. Ich versuche für mich dort eine Struktur hineinzubekommen, da die Münzen bisher alle gemischt auf einer großen Platte lagen, kenne mich aber leider nur sehr bedingt aus. Daher möchte ich erst einmal mir eine Übersicht verschaffen und dieses Potpourri in die entsprechenden Epochen unterteilen.

Es geht mir nun um die Abgrenzung zwischen Groschen- und Talerzeit im mitteldeutschen Raum.
(Letztendlich ist es wohl die Frage, bei der sich Historiker gegenseitig die Köpfe einschlagen: Wie grenze ich das Mittelalter von der Frühen Neuzeit ab)
Die Literatur sagt mir hierzu, die Grenze liegt bei ca. 1500.

Nun habe ich bspw. einen sog. Zinsgroschen/Mutgroschen/Schneeberger (?) Friedrichs III., des Weisen, geprägt von 1507-1511. Würde dieser der Ordnung halber dennoch zur Groschenzeit gehören?
Ab wann gelten Groschen als Untereinheit eines Talers? Sind bspw. Vierteltaler Johann Friedrichs I., des Großmütigen (von 1541-1547) eine Fortführung der Groschen? Wie verhält es sich mit den Engelsgroschen, z.B. von August?

Kann man die Epochen überhaupt so konkret abtrennen oder ist ein vielmehr ein schleichender Übergang? Wie kann man vernünftig hier eine Trennung vornehmen, oder ist es vielleicht sogar gar nicht sinnvoll?
Ab welchem Stück würdet ihr „eine neue Münzschublade beginnen“?

Es wäre schön, wenn ich von Eurem bei weitem umfangreicheren Wissen zehren könnte und für Eure Meinung hierzu (oder sogar den Verweis auf einen allgemein anerkannten Zeitpunkt, bspw.: 13. Mai 1500 um 12:34 Uhr :) ) wäre ich euch sehr dankbar.

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Radealex
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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von Radealex » Mi 27.06.18 14:33

Hallo,
die meisten Historiker bezeichnen den Fall Konstantinopels am 29. Mai 1453 bereits als das Ende des Mittelalters in Europa!
der einfachheit halber kann man aber auch "um 1500" als Grenze ziehen.

Die ersten "echten" Taler wurden 1518 in Joachimsthal geprägt, daher würde ich dieses Datum als beginn der Talerzeit bezeichnen, auch wenn es bereits vorher Silberne Großmünzen, sogenannte "Guldiner" zu Representationszwecken gab.
Weitere erste Taler wurden von den Grafen von Mansfeld und den Kurfürsten von Brandenburg ab 1521, vom Bischof von Würzburg ab 1523 und von der freien Reichsstadt Lübeck ab 1528 geschlagen.

Quelle: "Handbuch der Münzkunde und des Geldwesens in Deutschland" von Wolfgang Trapp und Torsten Fried, Reclam 1999.

Gruß,
Alex.

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von Numis-Student » Mi 27.06.18 20:39

Hallo,

an "grossen Ereignissen der Weltgeschichte" würde ich bei einer Münzsammlung sicher nicht ableiten, was Mittelalter und was schon Neuzeit ist...

Da sind numismatisch erkennbare Einschnitte wie die Einführung grosser Nominale wie Taler oder Gold schon deutlich aussagekräftiger.

Wenn nun deine Sammlung regional nur Sachsen umfasst -oder zumindest als Schwerpunkt- kannst du auch mal die Standardliteratur konsultieren und schauen, was da als Epochengrenze genommen wird und welche Argumente dafür in dieser Region ausschlaggebend sind.

Schöne Grüsse,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von KarlAntonMartini » Mi 27.06.18 22:56

Die Einteilung nach numismatischen Epochen ist regional verschieden. Die englische Numismatik unterscheidet nach der Technik in hammered und milled coinage, obgleich es auch hier eine Übergangsperiode gab. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von QVINTVS » Do 28.06.18 17:25

Grüßt Euch,

eine ganz strenge Einteilung halte ich auch nicht für sinnvoll. Wie meine Vorschreiber bereits ausführten, gibt es numismatisch selten "echte" Grenzen, meist sind es Entwicklungen. Anders verhält es sich, wenn man sich an die Herrscher und Regierungsjahre, usw. orientiert. Hier ist eine Abgrenzung natürlich möglich. Denkbar ist auch die Festlegung auf eine Münzstätte.
Viele Grüße

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von ischbierra » Do 28.06.18 17:44

Man kann auch die Nominale voneinander abgrenzen: Groschen zu Groschen und Taler/Guldengroschen zu Taler/Guldengroschen. Da spart man Platz im Beba-Kasten.

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von TorWil » Do 28.06.18 19:06

Hallo,

Zum Thema Münzschublade, habe ich es aufgegeben nach Gebiet zu trennen. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr immer wieder umzusortieren.
Und dann waren die Münzen wegen der Größe eh über mehrere Schubladen verteilt.

In der Zwischenzeit werden, bei mir, neue Münzen in das nächste freie Fach mit der entsprechenden Größe einsortiert und in meiner Datenbank vermerkt in welchem Kasten, welcher Schublade und welchem Fach sich die Münze befindet (Bei mir tummeln sich Römer neben Mittelalter- oder Altdeutschland-Münzen, alles was jünger als ca. 120 Jahre ist kommt in Plexiglas-Sammelkästen). Seit dem ich dann auch angefangen habe Bilder von jeder Münze zu machen erhalte ich auch endlich wieder in kurzer Zeit einen Überblick über die Sammlung.

Was das festlegen eines Sammelgebietes angeht ist es schon sinnvoll sich ein wenig einzugrenzen, da einen sonst das Angebot überwältigt.
(Aber wer kann schon nein zu einer schönen, günstigen oder historisch interessanten Münze sagen)

Grüße

TorWil

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von Nervensäge » Fr 29.06.18 16:19

Ahoihoi,

ich danke Euch für Eure zahlreichen Antworten! Diese sind für mich sehr aufschlussreich. Ich habe bisher von Münzen keine wirkliche Ahnung gehabt - Numismatik wurde immer als Hilfswissenschaft abgetan - und mich erst jetzt ernsthaft damit auseinandergesetzt. Erst mit der Beschäftigung und mit diesem Gefühl Geschichte in der Hand zu halten, erliege ich langsam dem Zauber, daher ist mir jede Antwort und geteilte Erfahrung sehr viel wert, um mich in der Fülle der Geschichte zu orientieren.

Literatur, wie u.a. das "Handbuch der Münzkunde und des Geldwesens in Deutschland" habe ich mir entsprechend auch beschafft, bzw. konsultiert, aber daraus in einem absolut klaren und zweifelsfreien deduktiven Schluss auf das spezielle Gebiet/Territorium/Stück zu folgern, gerade in diesen Übergangszeiten, stellt sich doch schwieriger heraus, als gedacht. Die spezifische Literatur, die ich hier mit Sicherheit noch einmal erfragen muss, muss ich in der Tat sichten, sobald ich weiß, was das mir vorliegende alles umfasst. Bisher dienten mir vor allem das Internet und die dortige langwierige Suche nach Vergleichsstücken als Grundlage.

Das mit dem Platz finde ich inzwischen, mit fortschreitender Sortierung, das nachvollziehbarste Problem. :)
Der neurotische Pedant in mir grämt sich, nicht alles sortenrein sortieren zu können und Kompromisse machen zu müssen.

In diesem Sinne danke ich Euch für Eure Tipps und Hinweise auf meinem Weg in die Numismatik!
Viele Grüße und einen guten Weg ins Wochenende,
Eure Nervensäge

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von QVINTVS » Fr 29.06.18 16:25

Grüßt Dich,
eine mögliche Abhilfe für unterschiedliche Münzgrößen ist die Beba-Schublade mit Einsätzen. Ist leider nicht ganz günstig.
Viele Grüße

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von QVINTVS » Fr 29.06.18 16:26

... oder günstiger, braucht etwas mehr Platz, die Münzboxen mit unterschiedlich großen Einsätzen, z. B. von Leuchtturm.
Viele Grüße

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Re: Abgrenzung der Münzepochen

Beitrag von Nervensäge » Fr 29.06.18 16:43

Ich habe diese blauen Kästen der Firma Safe mit übernommen. Safe Nova müssten diese meiner Suche nach heißen. Sie sind etwas kleiner als A4 und als solche recht handlich. Spricht etwas gegen diese Eurer Meinung nach? Bspw., dass diese mit der Zeit mit den Metallen reagieren oder dergleichen? Obwohl das wohl mehr ein Thema für ein anderen Unterforum wäre. Ich werde die Frage vielleicht nachher an besagtem Ort noch einmal stellen.

Habe vielen Dank für diesen Gedanken :)

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