Vor einiger Zeit entspann sich im Forum eine Diskussion über Tetradrachmen des Gallienus mit übereinstimmend retrograden Datierungen (LIA = Jahr 11). Es scheint sogar, wie eine Durchsicht der einschlägigen Katalogwerke nahelegt, überhaupt keine Stücke dieses Typs mit korrekt geschriebener Datierung zu geben, so daß die retrograde Schreibung die Regel ist.
Als einleuchtendste Erklärung für dieses Phänomen muß wohl die These angesehen werden, die Curtis hierzu entwickelt hat:
Er unterstellt ein arbeitsteiliges Verfahren beim Stempelschnitt, bei dem das Datum zuerst graviert wurde. Wenn man nun annimmt, daß der Graveur etliche Stempel auf Vorrat hergestellt hat, bevor die fertige Prägung seinen Irrtum unübersehbar gemacht hätte, erklärt sich die Vielzahl der unterschiedlichen Stempel mit diesem Fehler. Möglicherweise haben auch die Graveure, die das Rückseitenbild schnitten, die Fehlleistung ihres Kollegen dabei nicht bemerkt, wenn man nicht sogar davon ausgehen will, daß hier Bildpunzen verwendet wurden.
Die hier abgebildeten Stücke aus meiner Sammlung - dasjenige ganz rechts hat mich heute erreicht - sind weder auf der Porträt- noch auf der Rückseite stempelgleich, und auch die Datierungen unterscheiden sich voneinander.
Ich will versuchen, möglichst viele weitere Stempelvarianten zu bekommen und werde sie ggf. wieder hier vorstellen.
Für alle drei Stücke gilt natürlich dieselbe Beschreibung:
GALLIENUS 253 – 268
BI Tetradrachme Alexandria 263/264 (Jahr 11)
Av.: AYT K Π ΛIK ΓAΛΛIHNOC CЄB - Belorbeerte, geharnischte und drapierte Büste rechts
Rv.: Tyche in Chiton und Peplos und mit Kalathos auf dem Kopf nach links stehend; in der Rechten Steuerruder, in der Linken Füllhorn und Gewandbausch
Oben links im Feld retrograd: L IA (= Jahr 11)
Geißen 2919; Datt. 5267; BMC 2200; Milne 4092; SNG Cop. 779; Slg. Frankf. 1074 (alle mit ausdrücklicher Erwähnung des retrograden Datums!)
Gruß
chinamul