antike Stätten

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Altamura2
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 10:39

Numis-Student hat geschrieben:
Mi 15.05.24 20:50
... vielleicht waren auch ganz einfach nicht genug Dollarnoten in der Museumskasse verfügbar ? :wink: ...
Ich dachte halt, dass ein richtiger Amerikaner immer ein Bündel Dollarscheine in der Tasche hat. So kann man sich täuschen :D .
Numis-Student hat geschrieben:
Mi 15.05.24 20:50
... Sie werden ja die Linsen wohl eher nicht mit nach Amerika genommen haben. ...
Nein, sie mussten sogar das ganze optische Gerät für die Messungen ins Museum tragen, die Linsen durften da nicht raus :? .

Gruß

Altamura

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 10:48

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 4: Großmeisterpalast (Folge 1/2)

Ein Muss in Rhodos ist der Großmeisterpalast, damals der offizielle Sitz des Johanniterordens. Er liegt am höchsten Punkt der Altstadt, am oberen Ende der Ritterstraße, in der die verschiedenen Landsmannschaften ihre Häuser hatten.
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04-01_Ritterstraße.jpg
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Da unser Hotel hier gleich um die Ecke lag, sind wir da ziemlich häufig durchgelaufen :D , das Bild zeigt den Blick hinauf Richtung Großmeisterpalast. (Es zeigt auch, dass ich es beim Fotografieren irgendwann aufgegeben habe, darauf zu warten, dass mir niemand mehr vor der Linse steht :? .)

Der Großmeisterpalast steht an der Stelle, an der sich in der Antike die untere Agora befand. Der heutige Bau ist aber eine italienische Rekonstruktion aus den 1930er Jahren (wie die Ritterstraße teilweise übrigens auch), bei der viel Phantasie mit im Spiel war. Nur der Eingangsbereich ist noch original. Hier wurde also mehr dem Willen nach Monumentalarchitektur im faschistischen Italien gefolgt (der Bau sollte auch Mussolini als Sommerresidenz dienen 8O ) als historischer Genauigkeit.
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04-02_Eingang Großmeisterpalast.jpg
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Renovierungsbedürftig war der Großmeisterpalast auch, da er 1856 zum größten Teil in die Luft geflogen ist. Darüber ging lange die Fama, dass die Johanniter kurz vor der Kapitulation 1522 ihr restliches Schießpulver in den Gewölben unter der gleich nebenan liegenden Ordenskirche gelagert haben. Die Osmanen hätten das dann nicht bemerkt, so dass mehr als 300 Jahre danach ein Blitzschlag eine verheerende Explosion ausgelöst habe.
Der Blitzschlag und die Explosion sind historisch, bei dem gewaltigen Knall kamen etwa 800 Menschen ums Leben, dass da aber 300 Jahre lang niemand das Pulver bemerkt haben soll, ist eher unglaubwürdig :? .

In neuerer Zeit hat sich nun John R. Barnes des Themas nochmals angenommen und 2018 in "Gunpowder and the Explosion in 1856 of the former Church of St. John in the Medieval Town of Rhodes" anhand vieler Details ziemlich schlüssig nachgewisen, dass sich 1856 neben der Kirche ein osmanisches Arsenal befand, in dem eine größere Menge Pulver gelagert war:
https://www.academia.edu/51606344/Gunpo ... des_2_Copy
Dieses ist dann nach dem Blitzschlag explodiert und hat die Ordenskirche und den größten Teil des Großmeisterpalasts zerstört.


Im Inneren des Großmeisterpalasts sind im ersten Stock allerlei Prunkräume zu sehen.
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04-03_Saal.jpg
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Auf den Böden befinden sich hier meist antike Mosaike, die auf der Insel Kos gefunden wurden (damals ebenfalls italienisch). Nach Erdbeben 1927 und 1933 kamen dort in gößerem Umfang antike Bauten zu Tage, die schnell und ohne saubere Dokumentation ausgegraben wurden. Viele Mosaike wurden dann nach Rhodos verbracht und dort im Großmeisterpalast verbaut. Da an den Mosaiken keinerlei Fehlstellen zu erkennen sind, wurden sie vermutich auch heftig restauriert :| .
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04-04_Mosaik.jpg
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Vollends kurios wird es dann, wenn man in einigen Räumen Barockmöbel herumstehen sieht. Da waren schon richtige Experten am Werk :D .
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04-05_Barockmöbel.jpg
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 10:54

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 4: Großmeisterpalast (Folge 2/2)

Im Erdgeschoss gibt es eine Ausstellung über die antike und eine über die byzantinische Zeit, die aber nie gleichzeitig geöffnet sind, sondern sich tagesweise abwechseln. Wir sind dann halt an zwei Tagen hin, war ja gleich um die Ecke.

Die Zeit der Antike war hier nun aus museumspädagogischer Sicht ein klein wenig besser dargestellt, als im archäologischen Museum, die Ausstellung ist auch insgesamt deutlich kleiner.

Dieser große Pithos aus Kamiros stammt aus dem sechsten Jahrhundert v. Chr. und wurde als Sarg für eine Kinderbestattung verwendet.
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04-06_Riesenvase.jpg
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Hier gab es dann auch einige Münzen zu sehen, insgesamt waren das aber in beiden Museen nur recht wenige, jeweils ohne nähere Erläuterungen dazu. Da meine Erwartungen diesbezüglich aber nicht allzu hoch waren, gab es auch keine Enttäuschung :D .
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04-07_Münze.jpg
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Ein kleiner Marmorkopf aus der Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr., der Arsinoe II darstellen soll und eine Arbeit aus Alexandria ist.
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05-08_Arsinoe II.jpg
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Eines der beeindruckendsten Exponate ist hier das Mosaik einer Theatermaske von etwa 150 v. Chr., erstellt in der opus vermiculatum Technik (https://de.wikipedia.org/wiki/Opus_vermiculatum), das mit etwas Abstand betrachtet fast wie gemalt aussieht. Es wurde im Vorfeld von Baumaßnahmen 1964 in der Stadt in den Resten eines römischen Hauses ausgegraben, in dem dieses ältere Mosaik wiederverwendet wurde.
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05-09_Mosaik.jpg
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Mit etwas Geduld kann man bei vielen der ausgestellten Objeke auch herausbekommen, wann und wo sie gefunden wurden :D . In den letzten Jahrzehnten wird jährlich von den Denkmalbehörden recht genau berichtet, was bei Ausgrabungen ans Licht kam. Den Bericht zu diesem Mosaik findet man beispilsweise hier:
https://www.searchculture.gr/aggregator ... o,-228,693
(der beschreibende Text dazu auf Griechisch beginnt auf Seite 579 :D ).
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 11:03

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 5: Gotteshäuser (Folge 1/2)

Auch wenn sie nicht mehr antik sind (allenfalls in wenigen Fällen spätantik), so prägen doch recht viele Gotteshäuser das Bild der Altstadt von Rhodos (man wird auch gleich merken, warum ich hier diesen etwas allgemeineren Begriff verwende). Ein paar davon möchte ich noch kurz vorstellen.

Die größte Kirche war zwar die Ordenskirche der Johanniter, die aber wie oben geschildert 1856 in die Luft geflogen ist. Von ihr sind nur ein paar wenige Grundmauern erhalten (die mir nun kein Bild wert sind 8) ).

Über die ganze Stadt verstreut liegen dann viele kleine byzantinische Kirchen. Die meisten sind nicht mehr in Betrieb, gehören inzwischen der Antikenverwaltung und sind gar nicht oder in wenigen Fällen selten zugänglich (à la "sonntags zwischen 12 und 15 Uhr"). Früher war das wohl anders, neben vielen Türen erkennt man noch die Tafeln, auf denen mal Öffnungszeiten standen, jetzt ist da nur noch Leere :? .

So auch an der Dreifaltigkeitskirche in der Ritterstraße. Die Marienfigur an der Außenfassade ist für Rhodos aber eine Ausnahme, das gibt es sonst nicht.
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05-01_Dreifaltigkeitskirche.jpg
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Von der Straße her kaum als Kirche zu erkennen ist Agia Ekaterini
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05-02_Agia Katerini.jpg
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Sehr schön auch Agios Georgios. Links unten sieht man übrigens gerade noch den Teil einer Kühlerhaube eines alten Daimlers, dessen Besitzer ganz genau wissen muss, auf welchem Weg er damit aus der Altstadt wieder heraus kommt. Die häufigsten Gefährte sind dort Motorroller, elektrisch angetriebene Golfcaddies oder auch Kleinwagen. Einmal haben wir erlebt, wie sich zwei solche in einer dieser Gassen begegnet sind 8O . Da musste dann einer der beiden rückwärts wieder raus :| .
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05-03_Agios Georgios.jpg
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Noch in Betrieb und eine der älteren Kirchen ist Agios Fanourios aus dem 13. Jahrhundert.
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05-04_Agios Fanourios innen.jpg
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Das Schwärzliche innen ist übrigens kein Schimmel, sondern Kerzenruß.

Auf einer dieser Kapellentouren kamen wir an zwei Herren vorbei, deren einer auf einer Leiter Stand um von einem Baum gelbe, etwa zwetschgengroße Früchte zu ernten, der andere nahm die am Boden entgegen. Wir hatten diese Sorte Baum zwar schon vorher in der Stadt immer wieder gesehen, aber keine Ahnung, was es damit auf sich hat.
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05-05_Mispelernte.jpg
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Der Herr unten bot uns dann gleich an, doch von den Früchten zu probieren, was wir dann sofort taten. Und die waren richtig süß und saftig :D . Er hat uns dann zwar gesagt, wie die Früchte auf Griechisch heißen, womit wir aber zunächst nichts anfangen konnten. Zum Abschied bekamen wir noch eine Tüte voll mit (zusammen mit der Einladung, nächste Woche doch zur Saisoneröffnung seiner Bar vorbei zu schauen, dem wir aber leider nicht mehr nachkommen konnten :D ).
Zurück im Hotel bekamen wir dann heraus, dass es sich hier um die Japanische Wollmispel handelt (https://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_Wollmispel), die im 18. Jahrhundert aus Asien in Europa eingeführt wurde und in den wärmeren Gegenden wächst. Die war mir vorher noch nie aufgefallen.
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 11:09

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 5: Gotteshäuser (Folge 2/2)

Mehr oder weniger zufällig kamen wir an der Kirche Agios Athanasios vorbei. Die hätte zwar gar nicht offen sein dürfen, war es aber :D .
Im frühen 16. Jahrhundert direkt neben dem Athanasiostor an die Stadtmauer gebaut, macht sie eher einen unscheinbaren Eindruck.
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05-06_Agios Athanasios außen.jpg
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Betritt man den Kirchenraum, dann steht man vor dieser etwas merkwürdigen Innenarchitektur:
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05-07_Agios Athanasios innen.jpg
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Als die Osmanen 1523 die Insel übernommen hatten, wandelten sie einige der Kirchen in Moscheen um. Das ergab nun aber ein Problem, da in einer Moschee die Gebetsnische (der Mihrab) auf Mekka ausgerichtet sein muss. Christliche Kirchen sind ja bekanntermaßen in Ostwestrichtung gebaut, Mekka liegt von Rhodos aus aber im Südosten 8O . So hat man kurzerhand schräg eine Wand mit einer Gebetsnische eingezogen und das Problem war gelöst (wobei ich mir nicht vorstellen mag, wie die Gläubigen hier in Reihen schräg vor der Kirchenwand kniend ihre Gebete verrichteten :D ). Diese Einbauten sind in mehreren alten Kirchen noch erhalten, die meisten davon kann man aber nicht besichtigen :? .

Bei einigen der umgewandelten byzantinischen Kirchen wurden auch Minarette angebaut, von denen viele heute noch bestehen, so wie hier bei Agios Spyridon.
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05-08_Agios Spyridon.jpg
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Die nach 1522 neu gebauten Moscheen erkennt man im Stadtbild daran, dass sie gleich richtig auf Mekka ausgerichtet gebaut wurden und damit schräg zum hippodamischen Straßenraster stehen. Sehr deutlich sieht man das an der Mehmet Aga Moschee an der Sokratesstraße. Der heutige Bau stammt zwar aus dem 19. Jahrhundert, entstand aber an der Stelle einer älteren Moschee.
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05-09_Mehmet Aga Moschee.jpg
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Schön ist auch die große Süleyman Pascha Moschee.
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05-10_Süleyman Pascha Moschee.jpg
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Leider ist es uns nicht gelungen, wenigstens eine dieser Moscheen von innen zu besichtigen :? (falls das überhaupt möglich wäre).
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 19:28

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 6: Lindos (Folge 1/3)

Um nicht ausschließlich in Rhodos (Stadt) rumzulaufen, sind wir einen Tag nach Lindos gefahren, der bedeutendsten der Poleis vor dem Zusammenschluss von 408/407 v. Chr.
Lindos ist nun einer der touristischen Brennpunkte der Insel, weshalb auch schon im April viel Volk dort unterwegs war (und weshalb ich da im Hochsommer bestimmt nicht hin will 8) ).

Die Hauptsehenswürdigkeit ist die Akropolis, zu der man über eine Unzahl von Stufen hinaufsteigen muss (330 hab' ich irgendwo gelesen :| ). Man kann sich auch auf dem Rücken eines Esels hochtragen lassen, davon haben wir aber Abstand genommen, man soll ja keine Tiere quälen :D .

Die religiöse Nutzung des Akropolisfelsens begann mit einer Art Höhlenheiligtum in einer Ausbuchtung der Steilwand, später wurde oben auf dem Plateau ein Tempel der Athena Lindia errichtet, was über mehrere Jahrhunderte hinweg nach und nach durch weitere Bauten erweitert wurde. In byzantinischer Zeit wurde der Felsen dann zur Festung, die unter den Johannitern weiter ausgebaut wurde (Details dazu hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Akropolis_von_Lindos)
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06-01_Akropolisfelsen.jpg
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Wie man sieht, war das Wetter diesig, zeitweise auch etwas bewölkt, was für die Fotos zwar nicht gut war :| , für den Organismus aber schon :D .

Auf halber Höhe, am Fuße des eigentlichen Akropolisfelsens, muss man seine Eintrittskarte lösen, sofern man das nicht schon zuvor im Internet erledigt hat. Kurz hinter dem Kassenhäuschen befindet sich dann eine hochmoderne Vereinzelungsanlage, wie man sie beispielsweise von den U-Bahn-Systemen heutiger Weltstädte kennt, die sich natürlich völlig harmonisch in das antike Umfeld einfügt :D . Das Teil war aber außer Betrieb, so dass dann zwei Damen dort standen und die Eintrittskarten von Hand entwerteten (wenigstens durch Scannen mit einem Handgerät). Das war also nichts mit High Tech an der Antike :D .
Beim Eintritt wird man auch gleich deutlich darauf aufmerksam gemacht, was man dort oben nicht darf (Drohnen mitbringen darf man auch nicht, dafür gab es ein Extraschild), es wird wohl nötig sein.
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06-02_Verbotsschild.jpg
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Die Akropolis von Lindos wurde in den Jahren 1902-1914 von einem Team der Universität Kopenhagen ausgegraben, also überwiegend noch in osmanischer Zeit, worüber sehr ausführliche Berichte erstellt wurden (siehe unten).

Schon am Fuß des eigentlichen Akropolisfelsens befindet sich das erste antike Monument, die Exedra mit dem Heck einer Trireme (die genau genommen eine Triemiolia ist). In Auftrag gegeben wurde das etwa 180 v. Chr. von der Stadt Lindos zu Ehren des Poseidonpriesters Hagesandros, Sohn des Mikion, aufgrund von nicht näher genannten Verdiensten auf dem Meer (das steht so auf einer Inschrift auf dem Schiff), eventuell bei der Bekämpfung von Piraten. Das Relief ist im Grunde nur der Hintergrund für eine davor aufgestellte Bronzestatue, die nicht mehr erhalten ist. Die Statue wurde von Pythokritos, Sohn des Timocharis, geschaffen, das Relief vermutlich ebenfalls. Pythokritos war ein auf Rhodos vielbeschäftigter Bildhauer, sein Name taucht auf vielen Statuenbasen in Lindos auf (in allen Fällen aber ohne Statue :? ), er wird von manchen sogar als möglicher Schöpfer der Nike von Samothrake gesehen (heute im Louvre).
In die Exedra setzen durfte man sich leider nicht, auch wenn das nach dem halben Aufstieg ein würdiger Ruheort gewesen wäre :D .
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06-03_Schiffsrelief.jpg
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Steigt man dann die letzten Treppen hoch und durchquert die byzantinischen und ritterzeitlichen Gebäude, dann steht man auf dem Plateau mit einer fast unübersichtlichen Menge an antiken Gesteinstrümmern und halbrestaurierten (wenn überhaupt) Gebäudeteilen. Ganz grob gliedert sich das in drei Ebenen, die durch jeweils eine Treppe miteinander verbunden sind. Auf der zweiten Ebene befand sich eine breite Säulenhalle, durch die die zweite Treppe auf die dritte Ebene führt, auf der eine weitere Säulenhalle folgte, hinter der dann der Tempel der Athena Lindia stand. Wie das mal ausgesehen haben könnte, zeigt diese Rekonstruktion aus Wikipedia: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... Lindos.JPG
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06-04_Gesteinstrümmer.jpg
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Unter der italienischen Herrschaft wurde auch auf der Akropolis von Lindos heftig restauriert, in derselben groben Art und Weise, wie anderwo auf Rhodos auch. Die stehenden Säulen und viele Wände sind wieder aufgebaut. Man hat das auch so schlecht gemacht, dass die restaurierten Partien schon wieder wegbröseln und hier Handlungsbedarf besteht. Wie das nächste Bild zeigt, scheint der Ort auch deshalb eine Dauerbaustelle zu sein :? .
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06-05_Baukran.jpg
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 19:32

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 6: Lindos (Folge 2/3)

Steigt man über die zwei Treppen nach oben, steht man vor den Resten des Tempels der Athena Lindia (aber nicht allein, wie man sieht :D ), von der oberen Säulenhalle gibt es keine aufragenden Gebäudeteile mehr.
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06-06_oberes Plateau.jpg
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Der Tempel selbst wird dann intensiv als Hntergrund für Fotos genutzt, ich hab' ziemlich lange warten müssen, bis ich ein Bild (fast) ohne Menschen darauf zustande gebracht hatte.
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06-07_Tempel ohne Menschen.jpg
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Da stehen nämlich meist junge Damen schon Schlange, um sich vor dem Tempel in allen Posen ablichten zu lassen, die sie irgendwo in den sozialen Medien mal gesehen haben. Und wenn sie in Gruppen auftreten und sich in allen Teilmengen fotografieren, die die Kombinatorik hergibt, dann wird es besonders länglich :D .

Von oben hat man auch einen sehr schönen Blick auf das Dorf Lindos, mehr ist es heute ja nicht mehr.
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06-08_Lindos von oben.jpg
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Das Plateau war in antiker Zeit auch ein Ort intensiver sozialer Selbstdarstellung (soziale Medien gab es da ja noch nicht), es ist übersät mit Exedren, Statuenbasen und ähnlichem.

Dies ist beispielsweise die Exedra des Pamphylidas. Sie wurde am Ende des dritten Jahrhunderts v. Chr. zu Ehren des Pamphylidas, Sohn des Telesarchos, errichtet. Zunächst stand auch nur die Statue dieses Priesters der Athena Lindia und des Zeus Polieus auf der Rückenlehne. Später wurden dann Statuen weiterer Mitglieder seiner Familie ergänzt und durch Inschriften auch benannt, insgesamt über eine Zeitspanne von etwa zweihundert Jahren. Die Vertiefungen auf der Rückenlehne zur Verankerung der Statuen kann man noch sehen (auf dem Bild vielleicht nicht besonders deutlich).
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06-09_Exedra Pamphylidas.jpg
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Interessant ist auch, dass diese Exedra ein reiner Repräsentationsbau war, aufgrund des hohen Sockels konnte sich da nämlich niemand hinsetzen 8O .

In Massen stehen dort oben auch die Basen von aufgestellten Statuen, die selbst aber längst nicht mehr erhalten sind. Aufgrund der Inschriften auf den Sockeln kann man aber in vielen Fällen noch herausbekommen, wer da was für eine Statue warum aufgestellt hat.
Besonders klotzig ist diese Basis für eine ganze Statuengruppe aus sechs Teilen.
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06-10_Statuensockel sechsteilig.jpg
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Aufgestellt wurde sie zu Ehren der Athena Lindia von Polykles, Sohn des Polykrates, der 313 v. Chr. Priester der Athena war (man hat hier oben auch Listen dieser Priester gefunden und kann die chronologisch einordnen). Zunächst standen hier Polykles, sein Vater, sowie seine zwei Frauen Antigona und Gorgia (wobei ich nicht herausgefunden habe, ob er die gleichzeitig oder hintereinander hatte :D ). Im frühen dritten Jahrhundert wurde dann eine Statue von Astykrate hinzugefügt, deren verwandtschaftliche Beziehung zu Polykles man aber nicht kennt. Die sechste Person kann man aufgrund der zerstörten Inschrift für diese nicht identifizieren. (Neben vielen der Relikte stehen kleine Täfelchen, auf denen das draufsteht, daher weiß ich das so genau 8) .)
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 19:36

Kleiner Bericht aus Rhodos - Teil 6: Lindos (Folge 3/3)

Von der Akropolis oben hat man auch über das Dorf hinweg einen guten Blick auf den gegenüber liegenden Hang, auf dem sich das Archokrateion befindet, ein in den Fels gebautes Grabmal für Archokrates, der 225 v. Chr. Priester der Athena Lindia war. Leider ist das Bauwerk nur noch ein Abglanz seiner einstigen Pracht.
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06-11_Archokrateion.jpg
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Man beachte gleich hinter dem Zaun auch hier die allgegenwärtigen grauen runden Grabaltäre mit den girlandengeschmückten Stierköpfen :D .

Das Theater von Lindos liegt am Hang des Akropolishügels und wurde teilweise direkt aus dem Fels gehauen, nur diese Teile sind heute noch zu sehen. Da die Italiener hier wohl keinen Restaurierungsversuch unternahmen, sieht es auch noch recht authentisch aus :D .
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06-12_Theater.jpg
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Das Dorf Lindos selbst wird heute weitgehend vom Tourismus beherrscht. In den (autofreien) Hauptstraßen, die eher Gassen sind, befinden sich in den Häusern im Erdgeschoss fast ausschließlich Restaurants und Souvenirläden, in denen man auch sehr schöne numismatische Andenken dieser Art erwerben könnte 8) :
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06-13_Münzenschmuck.jpg
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Abseits der Ameisenstraßen findet man aber auch malerische und (zumindest im April) fast menschenleere Gassen.
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06-14_leere Gasse.jpg
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Die dänischen Grabungsberichte aus Rhodos, teilweise noch mit schönen Handzeichnungen, findet man online übrigens hier:
http://publ.royalacademy.dk/search?q=&f ... 5D%5B%5D=2
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/digli ... berg1931ga

Über die zwei oben beschriebenen Exedren steht etwas in Miriam Molnárová, "Exedrae as a tool of social visibility", Muzeológia a kultúrne dedicstvo, 4/2023, S. 93-107: https://muzeologia.sk/index_htm_files/M ... narova.pdf
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 16.05.24 19:40

Kleiner Bericht aus Rhodos - letzter Teil (7): Abschluss (einzige Folge)

Das war es dann auch von unserer Woche in und auf Rhodos. Wie immer haben wir nicht alles gesehen, und wie immer hab' ich erst zu Hause gemerkt, auf was man vor Ort hätte achten oder noch anschauen können, aber so ist das eben :D .

Rhodos ist allerdings schon auch ein bisschen zweischneidig, das zeigen die Bilder hier nicht. Der Massentourismus scheint die Insel langsam aufzufressen, schon auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt fährt man an Hotelkomplexen vorbei, die eher an Hochsicherheitsgefängnisse erinnern denn an Urlaubsdomizile. Und eine so hohe Dichte an Bauruinen hab' ich andernorts auch noch nicht gesehen :( (da mag die Pandemie vielleicht auch mitgespielt haben, manche sahen noch nicht allzu alt aus).

Die Ameisenstraßen in der Altstadt sind dann voll von Andenkenläden, Juwelieren und ähnlichem, deren Produkte aber überwiegend nicht aus Rhodos stammen. Richtig unangenehm sind die Aufreißer vor den Restaurants, die einen ziemlich plump anquatschen und zum Essen animieren wollen. Und wenn sich dann beispielsweise am Hippokratesplatz mehr als ein halbes Dutzend Restaurants befinden und man dort unbedarft stehen bleibt, um sich etwas umzusehen, dann kommen sie aus allen Richtungen und stürzen sich auf Dich 8O .

Trotzdem haben wir unseren Urlaub dort sehr genossen. Man muss eben ein klein bisschen was aushalten können und den Massen möglichst aus dem Weg gehen (auch zeitlich, in der Hochsaison wollte ich da nicht sein).

Da wir beim Essen hauptsächlich den Empfehlungen unserer Hotelwirtin gefolgt sind, die abseits der Touristenmeilen lagen, war der Aufenthalt auch kulinarisch höchst zufriedenstellend :D .
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Kachelbild_final.jpg
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Gruß

Altamura
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Re: antike Stätten

Beitrag von Atalaya » Fr 17.05.24 13:30

Vielen Dank für den ausführlichen und informativen Reisebericht! Er hat mir Rhodos wieder nahe gebracht.
Et tant pis pour ceux qui s′étonnent // Et que les autres me pardonnent // Mais les enfants ce sont les mêmes // À Paris ou à Göttingen.
Barbara, 1964.

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Re: antike Stätten

Beitrag von klausklage » Di 11.06.24 14:07

Wroclaw (früher Breslau) ist bekannt für seine Zwerge: Einmal hat jemand angefangen und einen davon vor sein Geschäft gestellt, und andere haben nachgezogen, so dass es heute einige hundert sind. Die kleinen Gesellen sind gut knöchelhoch, aus Messing und haben in der Regel einen Bezug zu dem Geschäft, vor dem sie stehen: Vor dem Optiker steht ein Brillenzwerg, vor der Buchhandlung ein lesender Zwerg, usw. Und vor der örtlichen Münzhandlung steht natürlich ein Numismatikzwerg!
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Sa 03.08.24 19:17

Hallo zusammen,

Im Juli waren wir drei Wochen lang in der Bretagne. Wieder einmal, als unsere Kinder noch klein waren, sind wir da nämlich jahrelang jeden Sommer hingefahren, das letzte Mal 2008. Jetzt wollten unsere Kinder den inzwischen Hinzugekommenen (zwei junge Damen, ein Kleinkind :D ) die Bretagne auch mal zeigen, so dass wir zu sechseinhalbt dorthin aufgebrochen sind.

Der Schwerpunkt unseres Aufenthalts lag nun nicht auf Antikem, aber ein ganz klein wenig davon haben wir doch gesehen, darüber will ich hier kurz berichten. Also:

Kleiner Bericht aus der Bretagne - einziger Teil: Corseul (Folge 1/2)

Nach der Eroberung der Bretagene, die damals noch Aremorica genannt wurde, überzogen die Römer die Region Ende des ersten Jahrhunderts v. Chr. mit einer Verwaltungsstruktur, wie sie andernorts auch eingesetzt wurde. Aus den Stammesgebieten der Kelten wurden römische Civitates mit jeweils einem zentralen städtischen Hauptort und einem gewissen Grad an administrativer Autonomie. In der Bretagne waren das die Civitas Coriosolitum (heute Corseul) für die Coriosoliten, Vorgium (heute Carhaix) für die Osismer, Darioritum (heute Vannes) für die Veneter, Condate (heute Rennes) für die Redonen und Condevicnum (heute Nantes) für die Namneten. Alle diese Hauptorte wurden auf der grünen Wiese mit rechtwinkligem Straßennetz neu gegründet und mit den üblichen öffentlichen Einrichtungen versehen.

Na ja, zumindest bis zu einem gewissen Grad :? . In der gesamten Bretagne fand zwar eine Romanisierung statt, aber mit etwas angezogener Handbremse und wohl nur in den größeren Ansiedlungen. Man hat bis heute beispielsweise die Überreste von nur zwei Theatern nachweisen können, bei anderen Einrichtungen sieht es ähnlich aus. Die Region hat wohl schon zu den nicht ganz so wohlhabenden und weniger bedeutenden gehört.

Dementsprechend bescheiden fallen auch die heute sichtbaren antiken Stätten aus. Die allermeisten gehören zur Gattung Tiefbau, also Reste von Straßen und Fundamente :( . Anstehende Mauern mit mehr als eineinhalb Metern Höhe sind selten. Auch Inschriften wurden eher wenige gefunden.

Der Zentralort der Civitas der Coriosoliten war nun Corseul, von dem man aber gar nicht genau weiß, wie es in der römischen Kaiserzeit genannt wurde. Auf der Tabula Peutingeriana findet man zwar eine Ortsangabe Fanomartis (https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutin ... hp?id=3112), die sich aber wohl nicht auf den Ort, sondern den in der Nähe befindlichen Tempel bezieht (siehe unten). Inschriften aus der Stadt selbst, die ihren Namen konkret benennen, gibt es keine.
Seit den 1960er-Jahren fanden in Corseul Ausgrabungen statt, die die Geschichte dieser Stadt ein wenig erhellt haben, heute noch sichtbar ist aber nicht mehr sehr viel :? .

Gleich neben dem alten Rathaus befindet sich das Areal Monterfil, auf dem die Überreste eines Handelsviertels zu Tage kamen, das vom ersten bis ins vierte Jahrhundert n. Chr. genutzt wurde.
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01-01_Monterfil.jpg
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Ein wenig entfernt hat man die Grundmauern eines Stadthauses aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. ausgegraben.
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01-02_Champ Mulon.jpg
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Im alten Schulhaus hat man vor einigen Jahren ein kleines Museum eingerichtet, in dem einige der ausgegrabenen Gegenstände ausgestellt werden. Mit allerlei Modellen und Texttafeln wird auch versucht, das römische Leben etwas lebendig zu machen.
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01-03_Coriosolis.jpg
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01-04_Reliefplatte.jpg
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01-05_Flasche.jpg
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Das lebendigste ist dann aber ein Besuch des Tempels mit VR-Brille :D . Man begleitet einen jungen Römer aus Taden (das liegt einige Kilometer von Corseul entfernt), der im Tempel dem Mars opfert, damit der seine angestrebte Militärlaufbahn unterstütze.

Wenn man bedenkt, wie wenig eigentlich in Corseul zu sehen ist, dann hat man in diesem Museum doch einiges daraus gemacht. Vor allem junge Besucher werden angesprochen, was angesichte der herumlaufenden Kinder auch zu funktionieren scheint :D .
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Sa 03.08.24 19:24

Kleiner Bericht aus der Bretagne - einziger Teil: Corseul (Folge 2/2)

Etwa zwei Kilometer südöstlich von Corseul liegt der sogenannte Marstempel.
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01-06_Tempel.jpg
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Das Gebäude wurde zu Beginn des zweiten Jahrhunderts n. Chr. erbaut, Ende des dritten ist es abgebrannt. Man vermutet, dass die allgemeine Reichskrise am Ende des dritten Jahrhunderts auch die Bretagne erreicht hat, in dieser Zeit wurden auch dort viele Gebäude zerstört und es fand ein gewisser Niedergang statt. Beim Tempel in Corseul geht man sogar davon aus, dass er eventuell bewusst aufgegeben und niedergebrannt wurde. Dafür spricht auch, dass man bei Ausgrabungen nur sehr wenig an "Einrichtungsgegenständen" gefunden hat.
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01-07_Cella außen.jpg
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Neben den Grundmauern der Einfriedung (etwa 90 auf 80 Meter) sieht man heute vor allem noch den Rest der achteckigen Cella. Ursprünglich etwa 22 Meter hoch, erreichen die Mauern heute noch knapp die Hälfte davon.
Damit ist diese römische Ruine meines Wissens die höchste in der gesamten Bretagne, der Tempel ist dort in jedem Fall der größte aus gallo-römischer Zeit :D .
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01-08_Cella innen.jpg
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Nicht eindeutig geklärt ist nach wie vor, welche Gottheit hier verehrt wurde :? . Am Ort selbst hat man keinen direkten Hinweis auf Mars gefunden, nur der später in Quellen auftauchende Ortsname Fanum Martis deutet in eine solche Richtung.

Einen Eindruck davon, wie der Tempel vielleicht einmal ausgesehen haben könnte, bekommt man hier: https://www.youtube.com/watch?v=ucWKTclzUUo

Für die Besichtigung des Geländes gibt es inzwischen auch eine Augmented Reality App für das Handy oder Tablet, mit der man vor Ort herumspazieren kann :D . Zu den einzelnen Teilen des Heiligtums, die man da vor sich hat, bekommt man dann passende Informationen und kann sich anschauen, wie das damals vielleicht ausgesehen hat.
Um sich das anzuschauen, muss man übrigens nicht vor Ort stehen, das kann man auch zu Hause tun.
Bei Google Play findet man die App hier: https://play.google.com/store/apps/deta ... Mars&hl=de
im App Store hier: https://apps.apple.com/ch/app/temple-de ... 79?l=de-DE
vielleicht will es der eine oder andere ja mal ausprobieren :D .


Anfang des fünften Jahrhunderts n. Chr. hat sich die römische Herrschaft in der Bretagne einfach langsam aufgelöst. Ab dieser Zeit sind dann auch vermehrt bereits christianisierte Britonen aus Britannien eingewandert, die ihre Gebräuche und vor allem ihre Sprache mitgebracht haben, was die Bretagne teilweise bis heute prägt. Und nicht zuletzt stammt von ihnen der heutige Name dieser Region.

Viel in der bretonischen Geschichte während und nach der Antike ist allerdings bis heute ungeklärt oder zumindest umstritten. So klar, wie ich das hier schildere, ist vieles nämlich noch nicht und wird es vielleicht auch nie werden. Wobei die Archäologen fleißig weiter am Graben sind, mal schauen, was da noch kommt :D .

Insgesamt ist die Bretagne natürlich eine wunderschöne Region mit sehr vielfältigen Aspekten (was aber auch für das Wetter gilt :| ), sonst wären wir da ja nicht jahrelang hingefahren. Froh waren wir auch, dass der in anderen Gegenden der Welt grassierende Massentourismus die Halbinsel noch nicht im Griff hat. Hoffen wir mal, dass es noch lange so bleibt :D .
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Kachelbild_final.jpg
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Gruß

Altamura
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Re: antike Stätten

Beitrag von klausklage » So 04.08.24 11:52

Schön! Bei den Römern war die Gegend damals gefürchtet wegen eines kleinen Dorfes unbeugsamer Gallier, die mithilfe des Zaubertranks ihres Druiden den Besatzern zu trotzen vermochten. :D
Olaf
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Re: antike Stätten

Beitrag von klausklage » Do 26.09.24 13:53

Ich war leider selber noch nicht da, habe aber gerade was im Internet darüber gelesen und fand es zu interessant, um es hier nicht zu posten.

Ausgangspunkt ist ein Sesterz mit dem Hafen des Trajan (portus Traiani). Da ich aus irgendeinem Grund noch kein Exemplar in vzgl. in meiner Sammlung habe ( :mrgreen: ), gibt es hier nur den Link:

https://www.acsearch.info/search.html?id=584159

Der alte Hafen war etwas weiter nördlich unter Kaiser Claudius angelegt worden, ziemlich genau dort, wo heute der Flughafen Fiumicino ist. Sein Nachfolger Nero ließ sich dafür feiern, den Sesterzen dazu habt ihr bestimmt alle auch schon einmal gesehen (https://www.acsearch.info/search.html?id=3434352). Allerdings war diese Anlage im Laufe der Jahre zu klein geworden, außerdem versandete sie leicht. Trajan ließ daher einen neuen, besser geschützten sechseckigen Hafen bauen, der über einen kurzen Kanal direkt mit dem Tiber verbunden war.

https://www.researchgate.net/figure/Ost ... _308173844

Der Hafen war auf allen Landseiten umgeben mit Lagerhäusern.

https://www.google.de/imgres?q=ostia%20 ... M3oECH0QAA

Vom alten Hafengelände unter Claudius/Nero ist heute nicht mehr viel erhalten, es liegt wie gesagt unter dem südlichen Teil des heutigen Flughafens Fiumicino. Wenn ihr also das nächste mal in Rom landet, denkt an den Nero-Sesterzen. :wink: Immerhin gibt es hinter dem Hilton-Hotel am Flughafen ein Museum für antike Schiffahrt: https://www.ostiaantica.beniculturali.i ... fiumicino/

Dafür ist der Hafen des Trajan heute noch als schöner See erhalten, auch von den Lagerhäusern gibt es noch Ruinen.

https://www.google.de/imgres?q=ostia%20 ... M3oECHcQAA

Anscheinend ist die Gegend heute ein archäologischer Park, den man gegen Eintritt besichtigen kann.

https://www.visitfiumicino.com/tour/par ... o/?lang=de

Das wird bei meinem nächsten Rom-Besuch (wann auch immer der sein wird) hoffentlich auf meinem Programm stehen.

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