Verfasst: Mo 02.05.05 22:16
Ein Hallo allen an historisch interessanten Münzen Interessierten!
Dieser Thread begann mit dem berühmten Germanicus-Dupondius 'SIGNIS RECEPT - DEVICTIS GERM RIC 57(Gaius) von Chinamul. Nun habe ich über diese Münze neue Informationen, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Hier sind sie:
Die Bedeutung des Ausgabezeitpunkts für das richtige Verständnis des Münzbildnisses zeigt sich exemplarisch in der Diskussion über den sogenannten Germanicus-Dupondius. Er stellt im Avers Germanicus im Triumphwagen mit der Legende GERMANICVS CAESAR dar und verkündet im Revers die Wiedergewinnung der Feldzeichen sowie Besiegung der Germanen: SIGNIS RECEPT(IS) - DEVICTIS GERM(ANIS). Die Interpretation des Münzmotivs ist strittig und hängt unmittelbar von der Datierung des Stücks ab, für die aufgrund fehlender Angaben auf den Münzen die Regierungszeit von insgesamt drei verschiedenen Herrschern in Frage kommt: Möglich ist, daß diese Münze anläßlich des Triumphes des Germanicus 17 n.Chr. ausgegeben wurde und sie somit seine in Germanien erzielten Erfolge feierte. Wenn sie unter Gaius geprägt wurde, wofür unter anderem der Stil der Münzen angeführt werden kann, dann war es eine Erinnerungsprägung des Gaius an die Taten seines Vaters, mit denen er sich über seine Herkunft zusätzliche Legitimation und Reputation verschaffen wollte. Harald Küthmann (in 'Claudius, Germanicus und Divus Augustus, JNG 10, 1959/69') vermutete, daß auf einer Seite nicht Germanicus, sondern Claudius dargestellt wurde, da zu Beginn seiner Herrschaft der letzte in der Varusschlacht verlorene Legionsadler zurückgewonnen werden konnte, und daß Claudius dieses nun mit den Erfolgen des Germanicus auf eine Stufe stellte.
Die vor wenigen Jahren gefundene TABULA SIARENSIS, die einen Ehrenbeschluß des Senats für den verstorbenen Germanicus zu großen Teilen im Wortlaut erhalten hat, legt jetzt aufgrund vieler Übereinstimmungen die Interpretation nahe, daß die Münze beim Tod des Germanicus 19 n.Chr. ausgegeben wurde und den Ehrenbeschluß des Senats illustrierte. Dann stellte sie dem großen Triumph des Germanicus 'De Cheruscis Chattisque et Angrivariis quaeque aliae nationes usque ad Albim colunt' nur zwei Jahre später ein einfaches 'devictis Germanis' entgegen und half, die Vorstellungen über das in Germanien Erreichte wieder mit der Realität in Einklang zu bringen. - So unterschiedlich die heutigen Vorschläge zum verständnis dieser Münze auch sind: Die Zeitgenossen hatten dieses Problem nicht und konnten aus dem Ausbringungszeitpunkt der Münze den Bezug und somit die Bedeutung des Motivs unzweifelhaft ableiten.
Zitiert nach: Reinhard Wolters, Münzprägung und Münzpropaganda, in Nummi Signati, Vestigia Band 49, 1999 Beck
Mit freundlichem Gruß
Nachtrag:
Nach längerer Suche im Web habe ich hier eine Übersetzung der TABULA SIARENSIS gefunden (natürlich nicht auf deutsch sondern nur auf englisch!): http://www.umich.edu/~classics/programs ... /H006.html
MfG
Dieser Thread begann mit dem berühmten Germanicus-Dupondius 'SIGNIS RECEPT - DEVICTIS GERM RIC 57(Gaius) von Chinamul. Nun habe ich über diese Münze neue Informationen, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Hier sind sie:
Die Bedeutung des Ausgabezeitpunkts für das richtige Verständnis des Münzbildnisses zeigt sich exemplarisch in der Diskussion über den sogenannten Germanicus-Dupondius. Er stellt im Avers Germanicus im Triumphwagen mit der Legende GERMANICVS CAESAR dar und verkündet im Revers die Wiedergewinnung der Feldzeichen sowie Besiegung der Germanen: SIGNIS RECEPT(IS) - DEVICTIS GERM(ANIS). Die Interpretation des Münzmotivs ist strittig und hängt unmittelbar von der Datierung des Stücks ab, für die aufgrund fehlender Angaben auf den Münzen die Regierungszeit von insgesamt drei verschiedenen Herrschern in Frage kommt: Möglich ist, daß diese Münze anläßlich des Triumphes des Germanicus 17 n.Chr. ausgegeben wurde und sie somit seine in Germanien erzielten Erfolge feierte. Wenn sie unter Gaius geprägt wurde, wofür unter anderem der Stil der Münzen angeführt werden kann, dann war es eine Erinnerungsprägung des Gaius an die Taten seines Vaters, mit denen er sich über seine Herkunft zusätzliche Legitimation und Reputation verschaffen wollte. Harald Küthmann (in 'Claudius, Germanicus und Divus Augustus, JNG 10, 1959/69') vermutete, daß auf einer Seite nicht Germanicus, sondern Claudius dargestellt wurde, da zu Beginn seiner Herrschaft der letzte in der Varusschlacht verlorene Legionsadler zurückgewonnen werden konnte, und daß Claudius dieses nun mit den Erfolgen des Germanicus auf eine Stufe stellte.
Die vor wenigen Jahren gefundene TABULA SIARENSIS, die einen Ehrenbeschluß des Senats für den verstorbenen Germanicus zu großen Teilen im Wortlaut erhalten hat, legt jetzt aufgrund vieler Übereinstimmungen die Interpretation nahe, daß die Münze beim Tod des Germanicus 19 n.Chr. ausgegeben wurde und den Ehrenbeschluß des Senats illustrierte. Dann stellte sie dem großen Triumph des Germanicus 'De Cheruscis Chattisque et Angrivariis quaeque aliae nationes usque ad Albim colunt' nur zwei Jahre später ein einfaches 'devictis Germanis' entgegen und half, die Vorstellungen über das in Germanien Erreichte wieder mit der Realität in Einklang zu bringen. - So unterschiedlich die heutigen Vorschläge zum verständnis dieser Münze auch sind: Die Zeitgenossen hatten dieses Problem nicht und konnten aus dem Ausbringungszeitpunkt der Münze den Bezug und somit die Bedeutung des Motivs unzweifelhaft ableiten.
Zitiert nach: Reinhard Wolters, Münzprägung und Münzpropaganda, in Nummi Signati, Vestigia Band 49, 1999 Beck
Mit freundlichem Gruß
Nachtrag:
Nach längerer Suche im Web habe ich hier eine Übersetzung der TABULA SIARENSIS gefunden (natürlich nicht auf deutsch sondern nur auf englisch!): http://www.umich.edu/~classics/programs ... /H006.html
MfG