Interessante Entwicklung, was die Aussagen der Archäologen zu diesen sogenannten "römischen Signalpfeifen" anbetrifft.
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Nachdem ich das Buch von Prof. Dr. Schäfer nun seit heute selbst in Händen halte, habe ich mir die entsprechenden Abschnitte durchgelesen und konnte dabei feststellen, dass es einige Widersprüche beinhaltet, welche ich im folgenden kurz darstellen möchte.
Prof. Dr. Christoph Schäfer, Lusoria – Ein Römerschiff im Experiment, Hamburg 2008, S. 50.
"Da auf den antiken Vorbildern des Nachbaus der Platz an Bord genauso beschränkt war, muss davon ausgegangen werden, dass auch die römischen Kommandeure nicht – wie aus Hollywood-Filmen bekannt – eine Trommel zum Angeben des Rudertakts nutzten, sondern vielmehr die eigene Stimme und auch Pfeifen, die im archäologischen Befund zahlreicher Militärlager nachgewiesen sind. Allein in der römischen Abteilung des Historischen Museums in Regensburg sind gleich mehrere Exemplare aus dem ehemaligen Legionslager, die heute noch funktionsfähig sind."
Unter den 100 Anmerkungen, welche Prof. Dr. Schäfer im Anhang beigefügt hat, befindet sich leider genau zu diesem Abschnitt keinerlei Anmerkung, welche eine Zuordnung seiner oben angeführten Aussagen zu bestimmten Fundberichten oder Museumskatalogen erlauben würde. Sie müssen daher als persönliche Meinungsäußerung, aber keinesfalls als wissenschaftlich nachweisbare Tatsache betrachtet werden.
Interessant erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass die praktischen Erfahrungen in Bezug auf Taktgebung, Geschwindigkeit und Bootsmanöver, welche er auf den nachfolgenden Seiten detailiert beschreibt, den obigen Angaben eindeutig widersprechen.
Prof. Dr. Schäfers Aussage, dass auf den Galeeren keinerlei Trommeln zum Taktgeben verwendet wurden, wird durch die nachfolgenden Abbildung eines Trommlers im Bug einer Galeere zumindest bei zweirangigen Booten ad absurdum geführt. Interessanterweise stellt diese Abbildung eine Galeere auf dem Dakien-Feldzug des Kaisers Trajan dar, womit es sich also durchaus um eine Bireme der Donauflotte, also einem reinen Flußkriegsschiff handeln könnte.
S. 52/53 (Schlagmann statt Pfeifensignal)
"Nun wurde im Sinne einer besseren Koordination das Schlagkommando nicht mehr per Pfeife gegeben, sondern mittels Schlagmann. Die Erschütterung, wenn dieser seinen Riemen betont aufs Dollbord drosch, konnte die gesamte Mannschaft spüren und entsprechend schnell reagieren. Bei den notwendigerweise hohen Schlagzahlen erwies es sich als großer Vorteil, dass nicht mehr der Rudermeister mit Pfeife versuchte, den Rythmus vorzugeben, sondern einer der Ruderer, der den Takt nicht erst erspüren musste. So wurde von nun an per Pfeifenkommando angerudert und später dann an den Schlagmann übergeben."
Ob die Römer zum "Anrudern" ein ähnliches Verfahren angewandt haben, möchte ich jedoch bezweifeln!
S. 53/54 (rythmisches Rufen bei jedem Ruderschlag)
"Am 10. Juni 2005 wurde erneut eine Veränderung bei den Ruderkommandos vorgenommen. Um noch höhere Schlagfrequenzen zu erzielen und möglichst nicht die gute Koordination einzubüßen, wurde nach dem Anrudern auf gemeinsames rythmisches Rufen (>Hol wech<) umgestellt, was sofort zu einem durchschlagenden Erfolg führte. Schon im ersten Zwischenspurt mit der neuen Schlagkoordination konnte bei 30 Schlägen pro Minute ein Spitzenwert von 5,5 kn (10,1 km/h) erreicht werden."
S. 55 (Steuerfähigkeit mittels mündlicher Kommandos)
"Auf das Kommando >Backbord (oder Steuerbord) Halt Wasser< hin bremsen die Ruderer auf der entsprechenden Seite daher durch vorsichtiges Eintauchen und Festhalten der Riemen das laufende Schiff ab."
Die zweite Abbildung von der Trajanssäule zeigt Militärmusiker (Bucina-Bläser) zusammen mit den Standartenträgern.
Nach G. Wille (1) war die "tuba" das Instrument, mit welchem die Hauptsignale für die taktischen Bewegungen der Legionäre gegeben wurde. Dagegen diente das "cornu", auf die Bewegungen bestimmter Abteilungen. (2)
Wobei auf den "Hornruf" nicht die Soldaten, sondern die Feldzeichen reagier-ten, die sich dann bewegten oder Halt machten. (3)
Die Abbildungen sowohl auf der Trajanssäule, als auch dem Konstantinsbogen und der Markussäule zeigen daher die Hornbläser "cornicen" in der Nähe der Feldzeichen. (4)
1 Günther Wille, Musica Romana – Die Bedeutung der Musik im Leben der Römer, Kapitel III – Die Musik im tärischen Leben der Römer, S. 94.
2 Wolfgang Riepl, Das Nachrichtenwesen des Altertums – Mit besonderer Rücksicht auf die Römer, Leipzig 1913, 27,6.
3 Vegetius, De Re Militari 2,22. Riepl 27,5; 29,1.
4 Friedrich Behn, "Die Musik im römischen Heere", in: Mainzer Zeitschrift 7, Mainz 1912, S. 42.
P. S. Ich habe Prof. Dr. Schäfer eine Email mit entsprechenden Fragen zu seinen Aussagen von S. 50 geschrieben. Warten wir es mal ab, wie er darauf reagiert. Eines bitte ich euch jedoch zu bedenken. Bei seinem Werk handelt es sich um ein rein "populärwissenschaftliches" Werk und nicht um eine wissenschaftlichen Aufsatz. Im übrigen ist er Althistoriker und kein Archäologe, was ihm gestattet, auch mal etwas allgemein gehalten zu sinnieren!