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Verfasst: Fr 16.01.09 22:33
von emieg1
Apropos Heißprägung: Darf ich hier nochmal auf meinen Valerianus II verweisen.. ein Stempelbruch scheint mir hier doch unwahrscheinlich, sondern eher ein Verlaufen des Materials. Wäre das nicht das Indiz für eine Heiß- bzw. zu heisse Prägung??

http://www.numismatikforum.de/ftopic29396.html

Sorry, wenn ich vollkommen daneben liege...

Verfasst: Fr 16.01.09 22:35
von cepasaccus
Zu stark praegen kann man eine Muenze eigentlich nicht. Kann sein, dass sie mal groesser wird, aber ein voll ausgefuelltes Muenzbild bleibt im wesentlichen ein voll ausgefuelltes Muenzbild. Das einzige, was ich bei meinen Denaren beobachten konnte ist, dass die Buchstaben teilweise abgerissen sind, wenn ich die Muenze nach Zwischengluehen versucht habe durch weiteres Praegen zu vergroessern. Bei mir sind die Buchstaben aber auch ziemlich duenn geraten.

Bzgl. des Fallgewichtes: Vielleicht ist damals jemand auf diese Idee gekommen. Oder jemand hat Wasserkraft zum Klopfen genommen. Effizienter koennte es gewesen sein, noetig aber nicht. Den einzigen Beleg fuer Schlagwerkzeug, den ich kenne, ist die Darstellung des Hammers auf der Rueckseite der Moneta-Denare, aber das muss nicht Stand der Technik gewesen sein.

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 31&Lot=618

Und wegen der Mehrfachschlaege: Das schoen erhabene Muenzbild antiker Muenzen erleichtert das Einpassen einer halb gepraegten Muenze sehr. Bei halb gepraegten mittelalterlichen Duennpfennigen muss man aber schon ziemlich rumfummeln bis es "eingerastet" ist.

cepasaccus

Verfasst: Fr 16.01.09 22:37
von drakenumi1
Homer J. Simpson hat geschrieben: Die wären ja heute noch nicht fertig mit dem Prägen! (Na ja, in Bulgarien prägen sie ja heute noch - vielleicht sind das römische Sklaven, denen keiner gesagt hat, daß das Reich untergegangen ist...?)
Was solls, solange noch Bedarf da ist.... (Homerisches Gelächter)

Verfasst: Fr 16.01.09 22:38
von Homer J. Simpson
nummis durensis hat geschrieben:Sorry, wenn ich vollkommen daneben liege...
Macht gar nix, wie Du siehst, stochern wir ja alle im Trüben! Was Deinen Valerianus II. anbetrifft, der hat auf der Vs. sicher ein paar kleine Stempelbrüche, auf der Rs. ist, denke ich, einfach ein verbrauchter Stempel die Ursache der undefinierbaren Darstellung. Die haben damals die Stempel, v.a. der Rückseiten, bis zum Geht-nicht-mehr verbraucht.

Homer

Verfasst: Fr 16.01.09 22:46
von emieg1
Ich muss mich korrigieren: Heißprägung UND Stempelbruch:

Ich erkläre mir das so: Ein Stempel bricht, und das Ergebnis der ausgeprägten Münze wäre doch ein klar definierbarer glatter erhabener "Strich" auf der Münze, wäre sie denn kalt geprägt worden.

Jetzt nehme ich mal den Valerianus... ich stelle mir das so vor: Der Stempel ist gebrochen, der Schrötling ist zu heiß... und verläuft gleich nach der Prägung! Eine Möglichkeit von vielen...

Neeee Homer, aber gegen die Rückseitendarstellung lass' ich nix kommen, der Stempel ist alles andere als verbraucht! Sorry, da bin ich echt widerborstig
:evil:

Verfasst: Fr 16.01.09 22:53
von cepasaccus
Ein Antoninian-Schroetling, den man kurz unterhalb Schmelztemperatur auf einen Stempel legt und praegt, ist danach 100%ig so kalt, dass da nix mehr verlaeuft. Muss da noch froh sein, wenn er bis zum Praegeschlag noch glueht. MMn hatte der Stempel nicht einfach einen Riss, sondern da sind Broeckchen rausgebroeselt.

PS: Stempelausbruch und auf 2 Uhr leichter Doppelschlag auf der Rueckseite dieser Muenze:
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 0&Lot=1296

Verfasst: Fr 16.01.09 23:00
von drakenumi1
nummis durensis hat geschrieben:

Jetzt nehme ich mal den Valerianus... ich stelle mir das so vor: Der Stempel ist gebrochen, der Schrötling ist zu heiß... und verläuft gleich nach der Prägung! Eine Möglichkeit von vielen...
Ich kann zwar auch keine überzeugende Antwort liefern, aber das Verlaufen des durch die Prägung so stark verflüssigten Metalls kann's auch nicht sein. Hier ist ja offensichtlich Material aufgebaut worden, also zusätzlich hinzugefügt worden! Also nur durch einen dicken Spritzer, denke ich. Auch an einen Stempelbruch denke ich nicht, so lokalisiert aus der Mitte des dicken Blockes heraus kann wohl praktisch nichts herausbrechen. Obwohl Andeutungen eines Risses am Zacken der Strahlenkrone sichtbar sind. Was soll's: Es wird eben der "geheimnisvolle Valerian".

Verfasst: Fr 16.01.09 23:07
von emieg1
cepasaccus, ok, aber diese feine Linie auf der Wange muss IMHO ein Verlauf des Materials sein...

drakenumi1, genau, vielleicht ist nach der Prägung noch Material auf die Münze getropft... egal, ich fand nur die Revers-Darstellung interesant...

Verfasst: Fr 16.01.09 23:10
von cepasaccus
Vielleicht hatte der Valerianus einen Schmiss und der Stempelschneider hat versucht das umzusetzen? :)

Verfasst: Fr 16.01.09 23:21
von emieg1
vielleicht hervorgerufen durch das frühe Kommando an der Donaufront?! :wink:

Verfasst: Fr 16.01.09 23:40
von Homer J. Simpson
Münzen sind halt wie Frauen: ein paar Geheimnisse behalten sie immer... :angel: :icecream: :B-fly: :painting:

Homer (die Smilies wollte ich schon immer mal verwenden)

Verfasst: Fr 16.01.09 23:43
von richard55-47
drakenumi1 hat geschrieben:
cepasaccus hat geschrieben:Ich kenne eine Publikation in Metallurgy in Numismatics Vol. 1, in der anhand der Kristallstruktur gezeigt wird, dass lydische Hemihekten kalt gepraegt wurden. Man kann sie wirklich mit einem normalen Hammer und gemuetliches (mehrfaches) haemmern praegen.
Was die hemihekte anbelangt, ist das ja auch einzusehen. Die sind wohl aus Elektron, gegen 2 1/2 g schwer und durch entsprechende Dicke auch sehr kleinflächig. Wenn diese Legierung dann noch gut verformbar ist, halte ich die Kaltprägung für mehr als wahrscheinlich. Aber beim Sesterz befinden wir uns in der Flächengröße am anderen Ende der Größenskala und ich wage zu behaupten, daß da mit einem Hammer, der einen ganzen Arbeitstag geschwungen werden mußte, ohne zu sehr zu ermüden, kaum etwas auszurichten gewesen sein konnte. Auch nicht bei mehrfachem Schlagen, wobei da hinzukommt, daß gerade am Anfang, beim ersten, zweiten Prägeschlag das Wiederfinden der Schlagspur des vorhergehenden Schlages sehr schwierig gewesen sein mußte! Und dann die Anzahl der Doppelschläge! Wo sind bei Sesterzen in praxi beim Vorkommen diese Mehrfachkonturen? Ich will nicht anmaßend erscheinen, aber ich denke, das gehört in den Bereich von Mißverständnissen.

Grüße von

drakenumi1
Mein Beitrag pass nicht ganz zum Thema.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Methode mit dem Hammer die immer angewendete ist. Ich persönlich gehe ohne Beweise davon aus, dass (zumindest als Zweitmethode neben der Methode mit dem Hammerschlag) ein Gewicht, an dem der Prägestempel angebracht ist, per Seilzug hoch bewegt worden ist, das im Fallen eine einem Hammerschlag entsprechende kinetische Energie entfaltete. Entscheidend wichtige Person ist nicht der Hammerführende oder das fallende Gewicht mit dem Stempel an der Spitze, sondern entscheidend für die Mittigkeit snd der Schrötlingseinleger und der Stempeldraufleger, der den Hammerschlag erwartet. Die müssen versuchen, das Ding genau mittig einzulegen und den Stempel entsprechend zu positionieren.
Anderseits wurde hier im Forum nachgewiesen, dass bei dem gleichen Unterstempel andere Oberstempel geprägt wurden. Das spricht dafür, dass mindestens 6 Arbeiter beteiligt waren: Schrötlingseinleger (fixer Junge), Stempelansetzer 1 und 2, Hammerführer 1 und 2, Münzentferner - auch fixer Junge), von dem Erhitzer der Schrötlinge mal abgesehen. Das widerlegt meine o. g. Theorie. Allerdings benötigen sechs Leute kräftigeren Kalibers, wenn auch nur 1,50 m hoch, relativ viel Bewegungsfreiheit rund um die Prägeeinrichtung. Da ist Verwirrung angesagt.
Neros Münzen - exquisiteste Produkte - sind sicherlich nicht mit kaum berechenbaren Hammerschlägen geprägt worden.

Verfasst: Sa 17.01.09 00:23
von cepasaccus
Der Schroetlingseinleger kann doch mit der anderen Hand die Muenze entfernen. Bei den Hammerfuehrern meinst du wahrscheinlich, dass die abwechselnd geschlagen haben? Schon moeglich. Beim Stempelansetzer weiss ich aber nicht, warum du zwei angesetzt hast.

Ein Karl der Grosse wird sich auch gewundert haben wie die Leute es schaffen zu schreiben ohne den Federkiel abzubrechen. :) Ich denke mal, dass jemand, der das taeglich macht, auch ein Gefuehl fuer die Schlagkraft hat. Zu stark kann man auch praktisch nicht schlagen. Wenn man zu schwach schlaegt, dann haut man nochmal drauf und macht eine Pause. Oder die Muenze geht so in den Umlauf. Ab und zu sieht man hier zu schwach gepraegte Muenzen. Waere mit einem Fallgewicht wahrscheinlich nicht passiert.

Fuer so ein zu schwach gepraegtes Exemplar siehe: http://www.numismatikforum.de/ftopic29366.html

vale

Verfasst: Sa 17.01.09 21:41
von drakenumi1
richard55-47 hat geschrieben:


Ich bin mir nicht sicher, ob die Methode mit dem Hammer die immer angewendete ist. Ich persönlich gehe ohne Beweise davon aus, dass (zumindest als Zweitmethode neben der Methode mit dem Hammerschlag) ein Gewicht, an dem der Prägestempel angebracht ist, per Seilzug hoch bewegt worden ist, das im Fallen eine einem Hammerschlag entsprechende kinetische Energie entfaltete.
Danke, richard, für Deine gedankliche Unterstützung. Genau dies waren auch meine Vorstellungen. Und mehr noch:
Ich sollte mich sehr täuschen, wenn ich glauben würde, daß man sich damals mit einem riesigen Kraftaufwand gemüht haben sollte, einen Sesterz kalt zu verformen, wo doch die simple Methode der Erweichung des Schrötlings durch Hitze bekannt war. Im letzteren Falle war wirklich - bei genauer Einhaltung einer optimalen Temperatur - nur ein mittlerer Handhammer nötig. Oder auch nur eine recht grazile Einrichtung mit Fallgewicht, dies aber nur, um reproduzierbare, immer gleiche Prägedrücke zu erhalten und bei allen Münzen gleiche Prägetiefen.
Ich gehe so weit, zu behaupten, daß mit nur einfacher menschlicher Kraft ein kalter Sesterz-Schrötling überhaupt nicht mit angemessenem Aufwand über die Prägetechnik "in Form" zu bringen ist. Jedenfalls nicht mit der Methode "haut den Lukas". Nehmt mal eine eiserne Groschen-Münze und versucht sie in eine Messing- oder Bronzeunterlage hineinzuschlagen. Mit möglichst nur einem Schlag. Und einem 1 kg - Hammer. Ich denke, das wird eine Fehlanzeige. Und dann erst bei einem Sesterz!
Das heißt für mich, ab einer gewissen Münzgröße war es zwingend erforderlich, zu erhitzen. Es gab keine andere Wahl. Das Problem bestand lediglich in der möglichst genauen Festlegung und Einhaltung der Prägetemperatur. Daß das Prägen in nur einem Schlag erfolgen mußte, ergab sich aus dem viel zu schnellen Abkühlen des Schrötlings nach dem ersten Schlag; der zweite Schlag entspräche dann schon wieder einer Kaltprägung mit ihrer beschriebenen Unmöglichkeit

denkt

drakenumi1

Verfasst: So 18.01.09 08:16
von quisquam
drakenumi1 hat geschrieben: Ich sollte mich sehr täuschen, wenn ich glauben würde, daß man sich damals mit einem riesigen Kraftaufwand gemüht haben sollte, einen Sesterz kalt zu verformen, wo doch die simple Methode der Erweichung des Schrötlings durch Hitze bekannt war.
Was macht dich so sicher, dass Sesterzen besser heiß als halt prägbar sind? Dies mag für Edelmetalle gelten, für Buntmetalle gilt unter Umständen das genaue Gegenteil. Hier ist vor allem der Zinnanteil ausschlaggebend, glaube ich. "Echte" Bronze lässt sich prima gießen, nicht aber prägen. Bei "numismatischer" Bronze hängen die Eigenschaften von der Zusammensetzung ab, wie oben bereits cepasaccus schrieb.

Und gegen die z. Tl. riesigen, ebenfalls geprägten Ptolemäer-Bronzen sind römische Sesterzen Kleingeld.

Beim Prägen sollten für gute Ergebnisse idealerweise Oberstempel und Hammer etwa die gleiche Masse haben. Mit einer Münze als Stempel wird die Energie schlecht übertragen.

Grüße, Stefan