Verfasst: Do 24.08.06 22:04
Artemis und Kallisto
Hier ein neuer Beitrag vom 'Alleinunterhalter'! Eher zufällig stieß ich vor kurzem auf diese griechische Münze und konnte - ihr könnt es euch vorstellen - nicht widerstehen.
Böotien, Orchomenos, 4.Jh. v.Chr.
AE 20, Dichalkon, 5.91g
Av.: Artemis, in kurzem Chiton, mit Köcher auf dem Rücken, n.r. auf einem Knie knieend, schießt von ihrem Bogen Pfeil ab, [hinter ihr der Hund]
Rv.: [ERXOMENIWN]
Kallisto auf Felsen n.l. sitzend, von einem Pfeil in ihrer Brust durchbohrt und nach hinten fallend, neben ihr ihr Sohn Arkas auf dem Rücken liegend.
SNG Copenhagen 266; BMC 1-2 var.; MG 246-7; Svoronos 1914, pl. XI, 5, 7; Traite III, 940
Selten, fast SS, dunkelgrüne Patina
Mythologie:
Kallisto, die Tochter des Königs Lykaon oder nach anderen eine Nymphe, war eine Anhängerin der Artemis, hatte ihr Vergnügen an der Jagd und hatte ihr ewige Jungfräulichkeit geschworen. Allein, Zeus verliebte sich in das schöne Mädchen und verführte sie. Danach verwandelte er sie in eine Bärin, um Hera zu täuschen. Hera durchschaute dieses Manöver und veranlaßte Artemis, sie zu erschießen, worauf Zeus ihren und seinen Sohn Arkas der Maia zum Aufziehen gab. Kallisto aber versetzte er unter die Sterne (Apollod. I, c). In einer anderen Version gelang es ihr, ihre Schwangerschaft vor Artemis zu verbergen, bis sie einstmals zusammen baden sollten. Da wurde sie entdeckt und Artemis verwandelte sie in eine Bärin, als welche sie den Arkas gebar. Als sie daraufhin mit Arkas von Hirten gefangen genommen wurde und zu ihrem Vater, dem Lykaon gebracht wurde, flüchtete in den Tempel des Zeus. Wegen dieser Entheiligung sollte sie hingerichtet werden, doch Jupiter versetzte sie unter die Sterne (Eratosthenes und Hygin. Lex. Myth.). Einige erzählen auch, daß Zeus selbst die Gestalt der Artemis angenommen habe, als er sich ihr näherte (Callimach. ad Hymn. in Jovem, v. 41). Als Artemis sie nun nach ihrem Zustand fragte und sie zur Antwort gab, sie selbst sei doch die Ursache dafür, sei Artemis so verärgert gewesen, daß sie sie verwandelt habe.
Vom Schicksal des Arkas gibt es ebenfalls verschiedene Versionen. Nach der einen gab Zeus ihn der Maia zum Aufziehen. Nach einer anderen soll ihn sein Großvater Lykaon aufgenommen haben. Als den einmal Zeus besuchte, habe er ihn abgeschlachtet und ihn Zeus vorgesetzt, um zu prüfen, ob er als ein Gott auch wisse, was er esse. Jupiter durchschaute seine abscheuliche Tat, zündete sein Haus mit einem Blitz an und verwandelte Lykaon in einen Wolf. Den Arkas aber setzte er wieder zusammen, gab ihm sein Leben zurück und vertraute ihn bis zum Erwachsenwerden Ziegenhirten an. Als diese einmal mit ihm auf Jagd waren, begegneten sie seiner in eine Bärin verwandelten Mutter. Sie legten ihre Pfeile an, aber die Bärin floh vor ihnen bis in den Tempel des lykäischen Zeus. Dieser aber durfte niemals betreten werden. Wegen dieses Sakrilegs sollten beide hingerichtet werden, aber Zeus rettete sie, indem er sie unter die Sterne versetzte. Trotzdem folgte er nach anderen seinem Oheim Nyktimus in die Regierung, lehrte sein Volk das Getreide anbauen, was er von Triptolemos gelernt hatte, desgleichen die Weberkunst und das Kleidermachen, welches er von Adristus hatte. Das Land, das vorher Pelasgia hieß, bekam nach ihm den Namen Arkadien. Seine Gemahlin soll Erato gewesen sein, die ihm u.a. drei Söhne schenkte, Azan, Aphidas und Elatus, unter die er später sein Reich verteilte. Er soll auch die Stadt Trapezus in Arkadien gebaut haben.
Hintergrund:
Meist als Tochter des arkadischen Königs Lykaon benannt, war sie Jagdgefährtin der Artemis. Zeus näherte sich ihr in der Gestalt der Artemis oder Apollons. Artemis entdeckt ihre Schwangerschaft, verstößt sie und verwandelt sie in eine Bärin. Sie gebiert Arkas (nach einigen Arkas und Pan) und wird dadurch zur Landesmutter der Arkader. Die Verwandlung erfolgt auch durch Zeus oder Hera. Es wird auch erzählt, daß Artemis sie erschoß. Kallimachos verband beide Fassungen: Hera verwandelt sie in eine Bärin und befiehlt Artemis, sie zu erschießen. Zeus rettet sie durch Verstirnung. Anders: Der heranwachsende Arkas verfolgt eine Bärin, nicht wissend, daß es seine Mutter ist; um Unheil zu verhindern, verstirnt Zeus beide: Bärin und Arkturos (Arktophylax, den Bärenwächter). Darüber ärgerte sich Hera erneut und setzte bei den Meeresgöttern Okeanos und Tethys durch, daß die verstirnte Bärin 'sich nie in den Fluten des Weltmeeres baden' darf. Der Große Bär gehört deshalb zu den zirkumpolaren Sternen, die nie untergehen (Ovid. met. II, 409-531).
Zu Trikolonoi bei Megalopolis zeigte man ihr Grab im Heiligtum der Artemis Kallisto, deren Hypostase* sie ist, Paus. VIII, 35, 8; Standbilder von ihr sind literarisch bezeugt; von dem in Delphi (Paus. X, 9, 5f.) ist die Weihinschrift der Arkader gefunden. Ein pompejanisches Wandgemälde befindet sich in Neapel.
Arkas
Arkas, Eponymos* der Arkader, in der Königsliste an 4. Stelle. Paus. 8, 1-5, Sohn des Zeus und der Kallisto, einer Artemisgestalt. Er fördert die Kultur des Landes und teilt es unter seine 3 Söhne von der Nymphe Erato. Sein Grab findet sich in Mantineia, Paus. III, 8, 9. Die Mythen von ihm sind in der uns vorliegenden Form (Ovid met.II, 409ff.; fast. II, 155ff.) hellenistischen Ursprungs. Arkas wird ausgesetzt, von Hirten gefunden, zum König Lykaon gebracht, der ihn schlachtet und ihn Zeus vorsetzt. Zeus verwandelt Lykaon in einen Wolf und stellt des Arkas Glieder wieder her. Erwachsen, verfolgt Arkas eine Bärin, nicht wissend, daß es seine Mutter ist, in ein Heiligtum; Zeus versetzt beide an den Himmel.
*Eponymos: Namensgeber (einer Stadt oder Landschaft)
*Hypostase, hier: Personifizierung einer göttlichen Eigenschaft oder religiöser
Vorstellungen zu einem eigenständigen göttlichen Wesen (d.h.
Kallisto ist eigentlich Artemis selbst!)
Kunstgeschichte:
Die Verwandlung in eine Bärin zeigt ein apulisches Vasenbild (Oinochoe, um 370 v.Chr.; Malibu, GM). Die Verführung, mit Zeus in der Gestalt der Artemis neben Kallisto, malten u.a. Rubens (1613; Kassel, SM), F.Boucher (1769; London, WC) und J.-H. Fragonard (um 1753; Angers, MBA); nur ein Adler oder ein Blitzstrahl als Attribut läßt hier erkennen, daß es sich um Zeus handelt. Seine Verwandlung in eine weibliche Gottheit gab den Malern vor allem des 18.Jh. das Sujet oder den Vorwand für die Darstellung eines zärtlichen Tete-a-tete zweier Frauen nicht ohne sapphische Untertöne. Wie Artemis die Schwangerschaft der Kallisto beim Baden entdeckt und unter den mißbilligenden Blicken der anderen Nymphen auf sie mit Fingern zeigt, schilderten Tizian (um 1568; Wien, KM) und Annibale Carracci (um 1603; Rom, Palazzo Farnese). Bei Palma Vecchio (um 1525; Wien, KM) dient die Szene zur Präsentation weiblicher Aktfiguren in den unterschiedlichsten Stellungen
Beigefügt habe ich ein Bild des Gemäldes von Tizian.
Quellen:
Der kleine Pauly
Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
Karl Kerenyi, Mythologie der Griechen
Ovid, Metamorphoses
Pausanias, Reisen durch Griechenland
MfG
Hier ein neuer Beitrag vom 'Alleinunterhalter'! Eher zufällig stieß ich vor kurzem auf diese griechische Münze und konnte - ihr könnt es euch vorstellen - nicht widerstehen.
Böotien, Orchomenos, 4.Jh. v.Chr.
AE 20, Dichalkon, 5.91g
Av.: Artemis, in kurzem Chiton, mit Köcher auf dem Rücken, n.r. auf einem Knie knieend, schießt von ihrem Bogen Pfeil ab, [hinter ihr der Hund]
Rv.: [ERXOMENIWN]
Kallisto auf Felsen n.l. sitzend, von einem Pfeil in ihrer Brust durchbohrt und nach hinten fallend, neben ihr ihr Sohn Arkas auf dem Rücken liegend.
SNG Copenhagen 266; BMC 1-2 var.; MG 246-7; Svoronos 1914, pl. XI, 5, 7; Traite III, 940
Selten, fast SS, dunkelgrüne Patina
Mythologie:
Kallisto, die Tochter des Königs Lykaon oder nach anderen eine Nymphe, war eine Anhängerin der Artemis, hatte ihr Vergnügen an der Jagd und hatte ihr ewige Jungfräulichkeit geschworen. Allein, Zeus verliebte sich in das schöne Mädchen und verführte sie. Danach verwandelte er sie in eine Bärin, um Hera zu täuschen. Hera durchschaute dieses Manöver und veranlaßte Artemis, sie zu erschießen, worauf Zeus ihren und seinen Sohn Arkas der Maia zum Aufziehen gab. Kallisto aber versetzte er unter die Sterne (Apollod. I, c). In einer anderen Version gelang es ihr, ihre Schwangerschaft vor Artemis zu verbergen, bis sie einstmals zusammen baden sollten. Da wurde sie entdeckt und Artemis verwandelte sie in eine Bärin, als welche sie den Arkas gebar. Als sie daraufhin mit Arkas von Hirten gefangen genommen wurde und zu ihrem Vater, dem Lykaon gebracht wurde, flüchtete in den Tempel des Zeus. Wegen dieser Entheiligung sollte sie hingerichtet werden, doch Jupiter versetzte sie unter die Sterne (Eratosthenes und Hygin. Lex. Myth.). Einige erzählen auch, daß Zeus selbst die Gestalt der Artemis angenommen habe, als er sich ihr näherte (Callimach. ad Hymn. in Jovem, v. 41). Als Artemis sie nun nach ihrem Zustand fragte und sie zur Antwort gab, sie selbst sei doch die Ursache dafür, sei Artemis so verärgert gewesen, daß sie sie verwandelt habe.
Vom Schicksal des Arkas gibt es ebenfalls verschiedene Versionen. Nach der einen gab Zeus ihn der Maia zum Aufziehen. Nach einer anderen soll ihn sein Großvater Lykaon aufgenommen haben. Als den einmal Zeus besuchte, habe er ihn abgeschlachtet und ihn Zeus vorgesetzt, um zu prüfen, ob er als ein Gott auch wisse, was er esse. Jupiter durchschaute seine abscheuliche Tat, zündete sein Haus mit einem Blitz an und verwandelte Lykaon in einen Wolf. Den Arkas aber setzte er wieder zusammen, gab ihm sein Leben zurück und vertraute ihn bis zum Erwachsenwerden Ziegenhirten an. Als diese einmal mit ihm auf Jagd waren, begegneten sie seiner in eine Bärin verwandelten Mutter. Sie legten ihre Pfeile an, aber die Bärin floh vor ihnen bis in den Tempel des lykäischen Zeus. Dieser aber durfte niemals betreten werden. Wegen dieses Sakrilegs sollten beide hingerichtet werden, aber Zeus rettete sie, indem er sie unter die Sterne versetzte. Trotzdem folgte er nach anderen seinem Oheim Nyktimus in die Regierung, lehrte sein Volk das Getreide anbauen, was er von Triptolemos gelernt hatte, desgleichen die Weberkunst und das Kleidermachen, welches er von Adristus hatte. Das Land, das vorher Pelasgia hieß, bekam nach ihm den Namen Arkadien. Seine Gemahlin soll Erato gewesen sein, die ihm u.a. drei Söhne schenkte, Azan, Aphidas und Elatus, unter die er später sein Reich verteilte. Er soll auch die Stadt Trapezus in Arkadien gebaut haben.
Hintergrund:
Meist als Tochter des arkadischen Königs Lykaon benannt, war sie Jagdgefährtin der Artemis. Zeus näherte sich ihr in der Gestalt der Artemis oder Apollons. Artemis entdeckt ihre Schwangerschaft, verstößt sie und verwandelt sie in eine Bärin. Sie gebiert Arkas (nach einigen Arkas und Pan) und wird dadurch zur Landesmutter der Arkader. Die Verwandlung erfolgt auch durch Zeus oder Hera. Es wird auch erzählt, daß Artemis sie erschoß. Kallimachos verband beide Fassungen: Hera verwandelt sie in eine Bärin und befiehlt Artemis, sie zu erschießen. Zeus rettet sie durch Verstirnung. Anders: Der heranwachsende Arkas verfolgt eine Bärin, nicht wissend, daß es seine Mutter ist; um Unheil zu verhindern, verstirnt Zeus beide: Bärin und Arkturos (Arktophylax, den Bärenwächter). Darüber ärgerte sich Hera erneut und setzte bei den Meeresgöttern Okeanos und Tethys durch, daß die verstirnte Bärin 'sich nie in den Fluten des Weltmeeres baden' darf. Der Große Bär gehört deshalb zu den zirkumpolaren Sternen, die nie untergehen (Ovid. met. II, 409-531).
Zu Trikolonoi bei Megalopolis zeigte man ihr Grab im Heiligtum der Artemis Kallisto, deren Hypostase* sie ist, Paus. VIII, 35, 8; Standbilder von ihr sind literarisch bezeugt; von dem in Delphi (Paus. X, 9, 5f.) ist die Weihinschrift der Arkader gefunden. Ein pompejanisches Wandgemälde befindet sich in Neapel.
Arkas
Arkas, Eponymos* der Arkader, in der Königsliste an 4. Stelle. Paus. 8, 1-5, Sohn des Zeus und der Kallisto, einer Artemisgestalt. Er fördert die Kultur des Landes und teilt es unter seine 3 Söhne von der Nymphe Erato. Sein Grab findet sich in Mantineia, Paus. III, 8, 9. Die Mythen von ihm sind in der uns vorliegenden Form (Ovid met.II, 409ff.; fast. II, 155ff.) hellenistischen Ursprungs. Arkas wird ausgesetzt, von Hirten gefunden, zum König Lykaon gebracht, der ihn schlachtet und ihn Zeus vorsetzt. Zeus verwandelt Lykaon in einen Wolf und stellt des Arkas Glieder wieder her. Erwachsen, verfolgt Arkas eine Bärin, nicht wissend, daß es seine Mutter ist, in ein Heiligtum; Zeus versetzt beide an den Himmel.
*Eponymos: Namensgeber (einer Stadt oder Landschaft)
*Hypostase, hier: Personifizierung einer göttlichen Eigenschaft oder religiöser
Vorstellungen zu einem eigenständigen göttlichen Wesen (d.h.
Kallisto ist eigentlich Artemis selbst!)
Kunstgeschichte:
Die Verwandlung in eine Bärin zeigt ein apulisches Vasenbild (Oinochoe, um 370 v.Chr.; Malibu, GM). Die Verführung, mit Zeus in der Gestalt der Artemis neben Kallisto, malten u.a. Rubens (1613; Kassel, SM), F.Boucher (1769; London, WC) und J.-H. Fragonard (um 1753; Angers, MBA); nur ein Adler oder ein Blitzstrahl als Attribut läßt hier erkennen, daß es sich um Zeus handelt. Seine Verwandlung in eine weibliche Gottheit gab den Malern vor allem des 18.Jh. das Sujet oder den Vorwand für die Darstellung eines zärtlichen Tete-a-tete zweier Frauen nicht ohne sapphische Untertöne. Wie Artemis die Schwangerschaft der Kallisto beim Baden entdeckt und unter den mißbilligenden Blicken der anderen Nymphen auf sie mit Fingern zeigt, schilderten Tizian (um 1568; Wien, KM) und Annibale Carracci (um 1603; Rom, Palazzo Farnese). Bei Palma Vecchio (um 1525; Wien, KM) dient die Szene zur Präsentation weiblicher Aktfiguren in den unterschiedlichsten Stellungen
Beigefügt habe ich ein Bild des Gemäldes von Tizian.
Quellen:
Der kleine Pauly
Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
Karl Kerenyi, Mythologie der Griechen
Ovid, Metamorphoses
Pausanias, Reisen durch Griechenland
MfG