Verfasst: Sa 24.03.07 17:09
Poseidon und die Nymphe Beroe
Phönikien, Berytos, Elagabal, 218-222
AE 30, 12.47g
Av.: [AV KM AVR A - NTONINVS AVG]
Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, belorbeert, n.r.
Rv.: COL IVL A - VG FEL
im Abschnitt BER
Poseidon, in Himation, mit Ausfallschritt n.r., Kopf n.l. gewendet, die vor ihm knieende
Beroe mit der Rechten hochziehend, in der Linken seinen Dreizack haltend; die Nymphe,
in durchsichtigem langen Chiton, schöpft mit der Rechten Wasser mit einem Gefäß, hat
die Linke zur Abwehr erhoben.
Ref.: BMC 183; SNG Cop.118; Lindgren II, 120, 2268
Sehr selten, fast VZ, hellbraune Patina
Die Sage von Beroe finden wir ausführlich in den Dionysiaka des Nonnus. Berytos hat in der damaligen Zeit als ein Zentrum der Gesetzgebung gegolten, deshalb finden sich besonders im ersten Teil zahlreiche Hinweise auf Gesetze und Gerechtigkeit. Der Text lehnt sich an Nonnus an, ich habe ihn allerdings stark gekürzt. Trotzdem kann man noch den ausschweifenden Stil des Nonnus erkenne, wie ich hoffe!
Geburt und Jugend der Beroe
Es gibt eine jüngere Legende, nach der ihre Mutter Aphrodite war, die sie dem assyrischen Adonis gebar. Als die Stunde der Geburt nahte, war Hermes zur Stelle, ihr zu helfen, und Themis, die Göttin der Gesetze, war ihre Geburtshelferin. So wie die lakedaimonischen Mütter bei der Geburt ihre Füße gegen einen Rundschild pressen, hielt ihr Themis Solons Gesetze entgegen, um ihr die Geburt zu erleichtern. Das Mädchen wurde von den vier Aetai (Winden) gebadet, die anschließend aller Welt die Gebote Beroes verkündeten. Okeanos, als erster Bote dieser Gesetze, ergoß seine Fluten um die ganze Erde. Aion, die Zeit, wickelte das Neugeborene in das Gewand der Dike, der Gerechtigkeit. Die vier Horen, die Jahreszeiten, besangen die Geburt von Aphrodites Tochter. Aphrodite übergab ihre Tochter der Astraia, der Herrin der Gerechtigkeit, zur Erziehung und diese nährte Beroe mit der Milch des Rechts und Strömen von attischen Gesetzen. War Beroe durstig, gab sie ihr das pythische Wasser, das für Apoll bestimmt war, oder Wasser vom Ilissos, das voll vom Geist der Musen war. Die Chariten holten Wasser von der Hippokrene, der Musenquelle, um sie zu baden.
Beroe - die Göttin von Berytos
Als Aphrodite sah, wie ihre Tochter voll weisen prophetischen Geistes war, studierte sie die Gründungen der berühmtesten Städte. Sie sah, wie Mykene, umgeben von einer Kette von Kyklopenmauern den Namen funkeläugig bekommen hatte, und wie Theben am oberen Nil gelegen, als älteste Stadt galt. Da beschloß sie, eine Stadt zu entwerfen, die nach Beroe benannt war, besessen von dem Wunsch, eine Stadt zu bauen, besser als alle anderen. Sie betrachtete die große Säule mit Solons Gesetzen in Athen und die breiten Straßen und beneidete ihre Schwester, die gerechte Richterin. Da ging sie zur Allmutter Harmonia und fragte sie: "Welche der Städte hat die unerschütterlichen Zügel des Rechts bewahrt? Ich habe Zeus mit seiner Schwester Hera verheiratet, nachdem er sie dreihundert Jshre lang begehrt und den Stachel der Sehnsucht gespürt hat. Dafür versprach er mir eine würdige Entlohnung, daß er nämlich die Gebote der Gerechtigkeit einer Stadt meiner Wahl anvertrauen würde. Sage mir nun, ist dies Kypros, Paphos, Korinthos, Sparta oder das edle Lande meiner Tochter Beroe?
Darauf antwortete Harmonia: "Ich habe hier die sieben Tafeln der Geschichtsorakel, auf denen alle Zukunft verzeichnet steht. Da Du mich nun fragst, ich habe dieses Vorrecht bewahrt für die älteste der Städte. Ob dies nun Argos ist, die Stadt der Hera, oder Sardes oder sogar Tarsos, die immer als solche besungen wird, werden Dich die Tafeln des Kronos lehren!" Dann führte sie Aphrodite an die Wand mit den berühmten Tafeln, auf die Ophion mit Zinnoberrot die Orakel graviert hatte und las: " Beroe kam als erste, gleichalt mit dem Universum, den Namen der später geborenen Nymphe tragend, den die Römer später Berytos nannten." Und Aphrodite las weiter: "Wenn Augustus das Zepter der Welt hält, wird der Ausonische Zeus die Herrschaft dem göttlichen Rom geben und Beroe wird er die Zügel des Rechts anvertrauen, wenn sie - ausgerüstet mit wehrhaften Schiffen - den Streit mit der kriegslüsternen Kleopatra beenden wird."
Die Hochzeit der Beroe
Hoch in der Luft fliegend mit seinem flammenden Bogen legte Eros zwei seiner Pfeile auf die Sehne um gleichzeitig zwei Bewerber in Sehnsucht nach der Liebe Beroes zu entflammen, den Weingott Dionysos und Poseidon, den Herrscher der Meere. er schlug Dionysos mit Liebeswahn, sodaß er Beroe seine Schätze offenbarte, die rote Weinlese und das Herz eines glücklichen Lebens. Und er stachelte Poseidon zur Liebe an, daß er der Nymphe ein doppeltes Geschenk machte, Seeschlachten und phantastische Meeresgerichte. Aber Dionysos versetzte er noch mehr in Flammen, weil der Wein die Begierde noch mehr erregt und ungezügelte Jugend der Herrschaft des Weines eher folgt. Dann erhob sich Eros wie ein falscher Vogel und rief spöttisch: "Wenn Dionysos Menschen mit Wein verwirrt, dann errege ich ihn mit meinem Feuer!"
Und Dionysos erblickte den zarten Körper des langhaarigen Mdchens voller Bewunderung und er konnte seinen Blick nicht von ihr reißen. Er rief Helios an, seiner Liebe zu Klymene zu gedenken, und seinen Wagen anzuhalten, damit er das Tageslicht verlängere. Er schlich um Beroe herum und küßte jede Stelle, die ihre Rosenschuhe betreten hatten. Er betrachtete ihr liebliches Gesicht, das keine dirnenhafte Schminke brauchte und keine kunstvolle Haarlocke, die kokett zurückgeworfern wurde. Aber die natürliche und unverdorbene Schönheit verwirrt den verzweifelten Liebhaber eher noch mehr!
Durstig von der Hitze des Himmelshundes (Sirius) suchte Beroe eine Quelle auf und beugte sich nieder mit ausgedörrten Lippen und schöpfte das kühle Naß. Als sie gegangen war, trank Dionysos auch von der Quelle, weil ihr Mund das Wasser berührt hatte. Aber aus Groll gegen den Wellenbeherrscher Poseidon und weil das Mädchen Wasser und nicht Wein getrunken hatte, rief er: "Mädchen, nimm den Nektar! Vermeide das Wasser der Quelle, damit nicht der Grünhaarige Dir Deine Jungfernschaft listig stiehlt! Ach könnte ich auch zur Flut werden, und Dich umgarnen!" Daraufhin änderte er seine Gestalt in die eines Jägers und sprach Beroe an:"Artemis, wo sind Deine Pfeile? Wer hat Dir Deinen Köcher gestohlen?" Und so schmeichelte er ihr, indem er sie mit verschiedenen Gottheiten vergleich. Beroe aber lächelte und freute sich, weil sie in ihrer kindlichen Einfachheit seine Schliche nicht durchschaute und ihr Herz auch Begierde noch nicht kannte. Er fragte sie nach ihrem Vater Adonis, als einem seiner Jagdfreunde, und rückte ihr immer näher. Dann legte er seine menschliche Gestalt wieder ab und stand als Gott vor ihr. Er sprach:"Mdchen, für Deine Liebe habe ich mein Heim im Himmel aufgegeben. Die Höhlen Deines Vaters dünken mich schöner als der Olymp. Mehr als das Zepter Zeus' wünsche ich mir Beroe zur Frau. Wie kommt es, daß Deine Mutter Aphrodite ist, Du aber nichts von ihrer Glut verspürst? Wie kommt es, daß Dein Bruder Eros ist, Du selbst aber den Stachel der Liebe nicht spürst? Hüte Dich vor der Wut des Gottes, wenn Du ihn verachtest! Werde der Bettgenosse des Dionysos! Was wird Dir Poseidon bringen? Salzwasser als Brautgeschenk, oder Seehundfelle, die den Gestank der Tiefe atmen? Ich aber werde Dir Satyrn als Kammerherren geben. Mein Brautgeschenk wird die Weinlese sein.Ich werde Dir Gold aus Indien bringen oder Bernstein vom Eridanos, dem Rande der Welt! Hinweg mit dem Dreizack! Fliehe Poseidon!" Aber Beroe hielt sich beide Ohren zu, um nicht mehr zu hören. So machte sie dem Lyaios Ärger.
Dann kam Poseidon aus der See, mit seinen nassen Füßen das trockene Land besprengend. Mit liebestrunkenem Auge erblickte er Beroe in ihrer hauchdünnen Kleidung und konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden. Er verwünschte das neidische Mieder, daß durch seine Falten den Busen verhüllte. Mit schmeichelnden Worten begann er: "Eine Frau allein überstrahlt alle Frauen von Hellas! Beroe erscheint als vierte, jüngere Charitin! Denke daran, auch Deine MutterAphrodite stammt nicht vom Land, sondern als Schaumgeborene aus dem Meer! Mein Brautgeschenk für Dich wird sein die unermeßliche See. Proteus wird Dein Kammerherr sein, der das Brautbett schließt, und Nereus, auch Melikertes werden Deine Diener sein. Alle Flüsse zussammen sollen Dir dienen und wenn Du Lust auf Kammermädchen hast, werde ich Dir Ino geben, die Amme des Dionysos!" So flehte er, aber Beroe wurde böse und wollte nichts mehr hören. So verließ er sie und seine letzten Worte richteten sich an an die stumme Luft: "Glücklicher Sohn der Myrrha, Du hast eine hübsche Tochter bekommen und nur Du allein hast eine doppelte Ehre: Du bist de Vater der Beroe und de Brutigam der Aphrodite!"
Dann bot Poseidon der Aphrodite und dem Adonis seine Brautgeschenke an, um die Liebe ihrer Tochter zu gewinnen. Und auch Dionysos brachte seine Geschenke, all das Gold aus den Minen des Ganges.
Nun bekam Aphrodite Angst, weil sie beide Verehrer des geliebten Mädchens fürchtete. Sie verkündete, daß beide um die Liebe der Braut kämpfen sollten. Sie schmückte ihre Tochter und setzte sie oben auf die Festung. "Ich wünschte, ich hätte zwei Töchter, um sie gerecht zu verteilen. Aber da nicht eine Frau zwei Männern gehören kann, sollt ihr um sie kämpfen. Der Sieger mag Beroe hinwegführen. Vorher aber legt einen Eid ab, daß der Seegott nicht aus Wut mit seinem Dreizack das Land verwüste, und daß Dionysos nicht zornig sein solle über Amymones Hochzeit und die Weingärten der Stadt zerstöre! Seid Rivalen in aufrichtiger Zuneigung und bleibt Freunde auch nach dem Kampf!" Die Bewerber stimmten diesem Vorschlag zu. Beide nahmen den bindenden Eid auf sich. Vom Himmel kamen alle Bewohner des Olymps, zusammen mit Zeus, und blieben, um den Zweikampf von den Höhen des Libanons zu beobachten. Der Seegott bwaffnete sich mit seinem assyrischen Dreizack, schüttelte seine Meerespike und stieß ein furchtbares Geschrei aus. Dionysos bedrohte das Meer und tanzte in die Kampf mit Weinlaub und Thyrsos. Seine Waldgötter standen ihm zur Seite, so wie die Meeresgötter dem Poseidon.
Dann brach Zeus den Kampf ab und gab die Hand Beroes dem Poseidon, und schlichtete den Streit der Rivalen. Denn vom Himmel - den noch unentschiedenen Brautkampf einzudämmen - schickte er bedrohliche Blitzschläge rund um Dionysos. Der Weingott, verwundet durch den Pfeil der Liebe, sehnte sich noch immer nach dem Mädchen; aber Zeus, sein hoher Vater, hielt ihn von ihr fern, indem er eine Melodie aus Blitzen spielte und dieser Klang hielt ihn zurück von seinem Wunsch weiterzukämpfen. Mit zögerndem Schritt, sich noch einmal umdrehend für einen letzten traurigen Blick auf das Mädchen, eifersüchtig, mit beschämten Ohren hörte er den Brautgesang der Amymone des Meeres. Die Syrinx, vom Meer herüberklingend, verkündete, daß die Hochzeitsriten bereits halb erfüllt waren. Nereus als Kammerherr der Amymone zeigte ihr das Brautbett, schüttelte die Hochzeitsfackeln, das Feuer, das kein Wasser löschen kann. Phorkys sang ein Lied, in gleichem Geist tanzte Glaukos und Melikertes tollte herum. Und Galateia führte einen Hochzeitstanz auf, wirbelte ruhelos in Luftsprüngen herum, und sang dazu die Hochzeitsstrophen (Nonnus, Dionysiaca 42.1).
Und nun ziemlich textnah:
Beroe - die älteste der Städte
Hier in der Stadt Beroe, die während der Erschaffung de Welt entstand, wohnt ein Volk, das gleichalt der Dämmerung ist, das der Physis (Natur) gezeugt wurde ohne Ehe, ohne Braut, vaterlos, mutterlos, ohne Geburt, damals als die Atome sich zusammenmischten in vierfältiger Kombination, und der samenlose Schlamm einen raffinierten Ursprung erfand durch das Zusammentreffen von Wasser mit glühender Hitze und Luft, und dadurch den wimmelnden Schlamm anregte zum Atem des Lebens. Diesem allem gab Physis die vollkommene Gestalt ...die goldene Menge der Menschen wurde hervorgebracht als Abbild der Götter, mit den Wurzeln ihres Geschlechts in der Erde. Und dies wohnte in der Stadt Beroe, ihrem ursprünglichen Sitz, den Kronos selbst gebaut hatte...
O Beroe, Wurzel unseres Lebens, Amme aller Städte, Stolz der Fürsten, die erste Stadt, die man sah, Zwillingsschwester des Aion, gleichalt dem Weltall, See des Hermes, Land der Dike, Kemenate der Euphrosyne, Haus der Aphrodite, Saal der Eroten, köstlicher Boden des Dionysos, Heimat der Artemis, Juwel der Nereiden, Haus des Zeus, Hof des Ares, Orchomenos der Chariten, Stern des Libanon, gleichalt der Tethys (dem Meer), Seite an Seite stehend mit Okeanos, der dich zeugte in seinem Bett der vielen Quellen, als er in wässeriger Gemeinschaft mit Tethys vereinigt war - Beroe, dieselbe, die sie auch Amymone nannten, nachdem ihre Mutter sie gebar in ihrem Bett in den Tiefen des Wassers!" - (Nonnus, Dionysiaca 41.51)
Hintergrund:
Beroe ist die Eponymin (Namensgeberin) von Berytos, dem heutigen Beirut, dieser armen und geschundenen Hauptstadt des Libanon. Es handelt sich hier also um eine typische Gründersage. Die Statuengruppe auf dem Revers ziert den Giebelfirst des Haupttempels von Berytus, die früher auch Beroe/Beroia hieß. Um die eponyme Beroe, Tochter von Aphrodite und Adonis, kämpften Dionysos und Poseidon, bis Zeus dem unentschiedenen Ringen ein Ende machte und Beroe dem Poseidon versprach. Der Seebeherrscher verlieh der Stadt als Dank die Gnade, jede Seeschlacht zu gewinnen (Nonnos 41.10-43). Wahrscheinlich symbolisierte Beroe die Wasserversorgung der Stadt als Quelle oder Brunnen. Von dieser waren die Städte früher existentiell abhängig. Daß sie die Tochter von Aphrodite und Adonis genannt wird, geht vielleicht auf eine örtliche Sage zurück, die sie zur Tochter der phönikischen Götter Ashtarte und Adon machte.
Interessanterweise ersetzt Nonnus am Ende der Mythe den Namen Beroe durch Amymone. Deren Mythe ist etwas verwandt mit der von Beroe, insofern auch sie eine Nymphe war, die von Poseidon verführt wurde:
Amymone war eine der 50 Töchter des Danaos. Als sie einmal zum Wasserholen geschickt wurde, sei sie vor Müdigkeit eingeschlafen. Sie wurde von einem Satyr gefunden, der ihr Gewalt antun wollte. Sie rief Poseidon zur Hilfe an, der seinen Dreizack nach dem Satyr warf, aber in einem Felsen steckenblieb. Daraufhin habe Poseidon selbst ihr Gewalt angetan und mit ihr den Nauplios gezeugt. Auf seinen Befehl hin habe sie dann den Dreizack aus dem Felsen gezogen. Aus den drei Löchern seien danach drei Quellen entsprungen, die nach ihr der amymonische und endlich auch der lernäische Brunnen genannt wurden (Hygin. Fab. 169). Aischylos soll danach eine Tragödie geschrieben haben, die aber verlorengegangen ist.
Quellen:
Nonnos, Dionysiaka
Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
http://www.theoi.com/Nymphe/NympheBeroe.html
Hinzugefügt habe ich ein Detail einer attischen rotfigurigen Vase, die Dionysos bei der Verführung der Amymone zeigt. ca.475-425 v.Chr. Heute in der Eremitage in St.Petersburg
Mit freundlichem Gruß
Phönikien, Berytos, Elagabal, 218-222
AE 30, 12.47g
Av.: [AV KM AVR A - NTONINVS AVG]
Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, belorbeert, n.r.
Rv.: COL IVL A - VG FEL
im Abschnitt BER
Poseidon, in Himation, mit Ausfallschritt n.r., Kopf n.l. gewendet, die vor ihm knieende
Beroe mit der Rechten hochziehend, in der Linken seinen Dreizack haltend; die Nymphe,
in durchsichtigem langen Chiton, schöpft mit der Rechten Wasser mit einem Gefäß, hat
die Linke zur Abwehr erhoben.
Ref.: BMC 183; SNG Cop.118; Lindgren II, 120, 2268
Sehr selten, fast VZ, hellbraune Patina
Die Sage von Beroe finden wir ausführlich in den Dionysiaka des Nonnus. Berytos hat in der damaligen Zeit als ein Zentrum der Gesetzgebung gegolten, deshalb finden sich besonders im ersten Teil zahlreiche Hinweise auf Gesetze und Gerechtigkeit. Der Text lehnt sich an Nonnus an, ich habe ihn allerdings stark gekürzt. Trotzdem kann man noch den ausschweifenden Stil des Nonnus erkenne, wie ich hoffe!
Geburt und Jugend der Beroe
Es gibt eine jüngere Legende, nach der ihre Mutter Aphrodite war, die sie dem assyrischen Adonis gebar. Als die Stunde der Geburt nahte, war Hermes zur Stelle, ihr zu helfen, und Themis, die Göttin der Gesetze, war ihre Geburtshelferin. So wie die lakedaimonischen Mütter bei der Geburt ihre Füße gegen einen Rundschild pressen, hielt ihr Themis Solons Gesetze entgegen, um ihr die Geburt zu erleichtern. Das Mädchen wurde von den vier Aetai (Winden) gebadet, die anschließend aller Welt die Gebote Beroes verkündeten. Okeanos, als erster Bote dieser Gesetze, ergoß seine Fluten um die ganze Erde. Aion, die Zeit, wickelte das Neugeborene in das Gewand der Dike, der Gerechtigkeit. Die vier Horen, die Jahreszeiten, besangen die Geburt von Aphrodites Tochter. Aphrodite übergab ihre Tochter der Astraia, der Herrin der Gerechtigkeit, zur Erziehung und diese nährte Beroe mit der Milch des Rechts und Strömen von attischen Gesetzen. War Beroe durstig, gab sie ihr das pythische Wasser, das für Apoll bestimmt war, oder Wasser vom Ilissos, das voll vom Geist der Musen war. Die Chariten holten Wasser von der Hippokrene, der Musenquelle, um sie zu baden.
Beroe - die Göttin von Berytos
Als Aphrodite sah, wie ihre Tochter voll weisen prophetischen Geistes war, studierte sie die Gründungen der berühmtesten Städte. Sie sah, wie Mykene, umgeben von einer Kette von Kyklopenmauern den Namen funkeläugig bekommen hatte, und wie Theben am oberen Nil gelegen, als älteste Stadt galt. Da beschloß sie, eine Stadt zu entwerfen, die nach Beroe benannt war, besessen von dem Wunsch, eine Stadt zu bauen, besser als alle anderen. Sie betrachtete die große Säule mit Solons Gesetzen in Athen und die breiten Straßen und beneidete ihre Schwester, die gerechte Richterin. Da ging sie zur Allmutter Harmonia und fragte sie: "Welche der Städte hat die unerschütterlichen Zügel des Rechts bewahrt? Ich habe Zeus mit seiner Schwester Hera verheiratet, nachdem er sie dreihundert Jshre lang begehrt und den Stachel der Sehnsucht gespürt hat. Dafür versprach er mir eine würdige Entlohnung, daß er nämlich die Gebote der Gerechtigkeit einer Stadt meiner Wahl anvertrauen würde. Sage mir nun, ist dies Kypros, Paphos, Korinthos, Sparta oder das edle Lande meiner Tochter Beroe?
Darauf antwortete Harmonia: "Ich habe hier die sieben Tafeln der Geschichtsorakel, auf denen alle Zukunft verzeichnet steht. Da Du mich nun fragst, ich habe dieses Vorrecht bewahrt für die älteste der Städte. Ob dies nun Argos ist, die Stadt der Hera, oder Sardes oder sogar Tarsos, die immer als solche besungen wird, werden Dich die Tafeln des Kronos lehren!" Dann führte sie Aphrodite an die Wand mit den berühmten Tafeln, auf die Ophion mit Zinnoberrot die Orakel graviert hatte und las: " Beroe kam als erste, gleichalt mit dem Universum, den Namen der später geborenen Nymphe tragend, den die Römer später Berytos nannten." Und Aphrodite las weiter: "Wenn Augustus das Zepter der Welt hält, wird der Ausonische Zeus die Herrschaft dem göttlichen Rom geben und Beroe wird er die Zügel des Rechts anvertrauen, wenn sie - ausgerüstet mit wehrhaften Schiffen - den Streit mit der kriegslüsternen Kleopatra beenden wird."
Die Hochzeit der Beroe
Hoch in der Luft fliegend mit seinem flammenden Bogen legte Eros zwei seiner Pfeile auf die Sehne um gleichzeitig zwei Bewerber in Sehnsucht nach der Liebe Beroes zu entflammen, den Weingott Dionysos und Poseidon, den Herrscher der Meere. er schlug Dionysos mit Liebeswahn, sodaß er Beroe seine Schätze offenbarte, die rote Weinlese und das Herz eines glücklichen Lebens. Und er stachelte Poseidon zur Liebe an, daß er der Nymphe ein doppeltes Geschenk machte, Seeschlachten und phantastische Meeresgerichte. Aber Dionysos versetzte er noch mehr in Flammen, weil der Wein die Begierde noch mehr erregt und ungezügelte Jugend der Herrschaft des Weines eher folgt. Dann erhob sich Eros wie ein falscher Vogel und rief spöttisch: "Wenn Dionysos Menschen mit Wein verwirrt, dann errege ich ihn mit meinem Feuer!"
Und Dionysos erblickte den zarten Körper des langhaarigen Mdchens voller Bewunderung und er konnte seinen Blick nicht von ihr reißen. Er rief Helios an, seiner Liebe zu Klymene zu gedenken, und seinen Wagen anzuhalten, damit er das Tageslicht verlängere. Er schlich um Beroe herum und küßte jede Stelle, die ihre Rosenschuhe betreten hatten. Er betrachtete ihr liebliches Gesicht, das keine dirnenhafte Schminke brauchte und keine kunstvolle Haarlocke, die kokett zurückgeworfern wurde. Aber die natürliche und unverdorbene Schönheit verwirrt den verzweifelten Liebhaber eher noch mehr!
Durstig von der Hitze des Himmelshundes (Sirius) suchte Beroe eine Quelle auf und beugte sich nieder mit ausgedörrten Lippen und schöpfte das kühle Naß. Als sie gegangen war, trank Dionysos auch von der Quelle, weil ihr Mund das Wasser berührt hatte. Aber aus Groll gegen den Wellenbeherrscher Poseidon und weil das Mädchen Wasser und nicht Wein getrunken hatte, rief er: "Mädchen, nimm den Nektar! Vermeide das Wasser der Quelle, damit nicht der Grünhaarige Dir Deine Jungfernschaft listig stiehlt! Ach könnte ich auch zur Flut werden, und Dich umgarnen!" Daraufhin änderte er seine Gestalt in die eines Jägers und sprach Beroe an:"Artemis, wo sind Deine Pfeile? Wer hat Dir Deinen Köcher gestohlen?" Und so schmeichelte er ihr, indem er sie mit verschiedenen Gottheiten vergleich. Beroe aber lächelte und freute sich, weil sie in ihrer kindlichen Einfachheit seine Schliche nicht durchschaute und ihr Herz auch Begierde noch nicht kannte. Er fragte sie nach ihrem Vater Adonis, als einem seiner Jagdfreunde, und rückte ihr immer näher. Dann legte er seine menschliche Gestalt wieder ab und stand als Gott vor ihr. Er sprach:"Mdchen, für Deine Liebe habe ich mein Heim im Himmel aufgegeben. Die Höhlen Deines Vaters dünken mich schöner als der Olymp. Mehr als das Zepter Zeus' wünsche ich mir Beroe zur Frau. Wie kommt es, daß Deine Mutter Aphrodite ist, Du aber nichts von ihrer Glut verspürst? Wie kommt es, daß Dein Bruder Eros ist, Du selbst aber den Stachel der Liebe nicht spürst? Hüte Dich vor der Wut des Gottes, wenn Du ihn verachtest! Werde der Bettgenosse des Dionysos! Was wird Dir Poseidon bringen? Salzwasser als Brautgeschenk, oder Seehundfelle, die den Gestank der Tiefe atmen? Ich aber werde Dir Satyrn als Kammerherren geben. Mein Brautgeschenk wird die Weinlese sein.Ich werde Dir Gold aus Indien bringen oder Bernstein vom Eridanos, dem Rande der Welt! Hinweg mit dem Dreizack! Fliehe Poseidon!" Aber Beroe hielt sich beide Ohren zu, um nicht mehr zu hören. So machte sie dem Lyaios Ärger.
Dann kam Poseidon aus der See, mit seinen nassen Füßen das trockene Land besprengend. Mit liebestrunkenem Auge erblickte er Beroe in ihrer hauchdünnen Kleidung und konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden. Er verwünschte das neidische Mieder, daß durch seine Falten den Busen verhüllte. Mit schmeichelnden Worten begann er: "Eine Frau allein überstrahlt alle Frauen von Hellas! Beroe erscheint als vierte, jüngere Charitin! Denke daran, auch Deine MutterAphrodite stammt nicht vom Land, sondern als Schaumgeborene aus dem Meer! Mein Brautgeschenk für Dich wird sein die unermeßliche See. Proteus wird Dein Kammerherr sein, der das Brautbett schließt, und Nereus, auch Melikertes werden Deine Diener sein. Alle Flüsse zussammen sollen Dir dienen und wenn Du Lust auf Kammermädchen hast, werde ich Dir Ino geben, die Amme des Dionysos!" So flehte er, aber Beroe wurde böse und wollte nichts mehr hören. So verließ er sie und seine letzten Worte richteten sich an an die stumme Luft: "Glücklicher Sohn der Myrrha, Du hast eine hübsche Tochter bekommen und nur Du allein hast eine doppelte Ehre: Du bist de Vater der Beroe und de Brutigam der Aphrodite!"
Dann bot Poseidon der Aphrodite und dem Adonis seine Brautgeschenke an, um die Liebe ihrer Tochter zu gewinnen. Und auch Dionysos brachte seine Geschenke, all das Gold aus den Minen des Ganges.
Nun bekam Aphrodite Angst, weil sie beide Verehrer des geliebten Mädchens fürchtete. Sie verkündete, daß beide um die Liebe der Braut kämpfen sollten. Sie schmückte ihre Tochter und setzte sie oben auf die Festung. "Ich wünschte, ich hätte zwei Töchter, um sie gerecht zu verteilen. Aber da nicht eine Frau zwei Männern gehören kann, sollt ihr um sie kämpfen. Der Sieger mag Beroe hinwegführen. Vorher aber legt einen Eid ab, daß der Seegott nicht aus Wut mit seinem Dreizack das Land verwüste, und daß Dionysos nicht zornig sein solle über Amymones Hochzeit und die Weingärten der Stadt zerstöre! Seid Rivalen in aufrichtiger Zuneigung und bleibt Freunde auch nach dem Kampf!" Die Bewerber stimmten diesem Vorschlag zu. Beide nahmen den bindenden Eid auf sich. Vom Himmel kamen alle Bewohner des Olymps, zusammen mit Zeus, und blieben, um den Zweikampf von den Höhen des Libanons zu beobachten. Der Seegott bwaffnete sich mit seinem assyrischen Dreizack, schüttelte seine Meerespike und stieß ein furchtbares Geschrei aus. Dionysos bedrohte das Meer und tanzte in die Kampf mit Weinlaub und Thyrsos. Seine Waldgötter standen ihm zur Seite, so wie die Meeresgötter dem Poseidon.
Dann brach Zeus den Kampf ab und gab die Hand Beroes dem Poseidon, und schlichtete den Streit der Rivalen. Denn vom Himmel - den noch unentschiedenen Brautkampf einzudämmen - schickte er bedrohliche Blitzschläge rund um Dionysos. Der Weingott, verwundet durch den Pfeil der Liebe, sehnte sich noch immer nach dem Mädchen; aber Zeus, sein hoher Vater, hielt ihn von ihr fern, indem er eine Melodie aus Blitzen spielte und dieser Klang hielt ihn zurück von seinem Wunsch weiterzukämpfen. Mit zögerndem Schritt, sich noch einmal umdrehend für einen letzten traurigen Blick auf das Mädchen, eifersüchtig, mit beschämten Ohren hörte er den Brautgesang der Amymone des Meeres. Die Syrinx, vom Meer herüberklingend, verkündete, daß die Hochzeitsriten bereits halb erfüllt waren. Nereus als Kammerherr der Amymone zeigte ihr das Brautbett, schüttelte die Hochzeitsfackeln, das Feuer, das kein Wasser löschen kann. Phorkys sang ein Lied, in gleichem Geist tanzte Glaukos und Melikertes tollte herum. Und Galateia führte einen Hochzeitstanz auf, wirbelte ruhelos in Luftsprüngen herum, und sang dazu die Hochzeitsstrophen (Nonnus, Dionysiaca 42.1).
Und nun ziemlich textnah:
Beroe - die älteste der Städte
Hier in der Stadt Beroe, die während der Erschaffung de Welt entstand, wohnt ein Volk, das gleichalt der Dämmerung ist, das der Physis (Natur) gezeugt wurde ohne Ehe, ohne Braut, vaterlos, mutterlos, ohne Geburt, damals als die Atome sich zusammenmischten in vierfältiger Kombination, und der samenlose Schlamm einen raffinierten Ursprung erfand durch das Zusammentreffen von Wasser mit glühender Hitze und Luft, und dadurch den wimmelnden Schlamm anregte zum Atem des Lebens. Diesem allem gab Physis die vollkommene Gestalt ...die goldene Menge der Menschen wurde hervorgebracht als Abbild der Götter, mit den Wurzeln ihres Geschlechts in der Erde. Und dies wohnte in der Stadt Beroe, ihrem ursprünglichen Sitz, den Kronos selbst gebaut hatte...
O Beroe, Wurzel unseres Lebens, Amme aller Städte, Stolz der Fürsten, die erste Stadt, die man sah, Zwillingsschwester des Aion, gleichalt dem Weltall, See des Hermes, Land der Dike, Kemenate der Euphrosyne, Haus der Aphrodite, Saal der Eroten, köstlicher Boden des Dionysos, Heimat der Artemis, Juwel der Nereiden, Haus des Zeus, Hof des Ares, Orchomenos der Chariten, Stern des Libanon, gleichalt der Tethys (dem Meer), Seite an Seite stehend mit Okeanos, der dich zeugte in seinem Bett der vielen Quellen, als er in wässeriger Gemeinschaft mit Tethys vereinigt war - Beroe, dieselbe, die sie auch Amymone nannten, nachdem ihre Mutter sie gebar in ihrem Bett in den Tiefen des Wassers!" - (Nonnus, Dionysiaca 41.51)
Hintergrund:
Beroe ist die Eponymin (Namensgeberin) von Berytos, dem heutigen Beirut, dieser armen und geschundenen Hauptstadt des Libanon. Es handelt sich hier also um eine typische Gründersage. Die Statuengruppe auf dem Revers ziert den Giebelfirst des Haupttempels von Berytus, die früher auch Beroe/Beroia hieß. Um die eponyme Beroe, Tochter von Aphrodite und Adonis, kämpften Dionysos und Poseidon, bis Zeus dem unentschiedenen Ringen ein Ende machte und Beroe dem Poseidon versprach. Der Seebeherrscher verlieh der Stadt als Dank die Gnade, jede Seeschlacht zu gewinnen (Nonnos 41.10-43). Wahrscheinlich symbolisierte Beroe die Wasserversorgung der Stadt als Quelle oder Brunnen. Von dieser waren die Städte früher existentiell abhängig. Daß sie die Tochter von Aphrodite und Adonis genannt wird, geht vielleicht auf eine örtliche Sage zurück, die sie zur Tochter der phönikischen Götter Ashtarte und Adon machte.
Interessanterweise ersetzt Nonnus am Ende der Mythe den Namen Beroe durch Amymone. Deren Mythe ist etwas verwandt mit der von Beroe, insofern auch sie eine Nymphe war, die von Poseidon verführt wurde:
Amymone war eine der 50 Töchter des Danaos. Als sie einmal zum Wasserholen geschickt wurde, sei sie vor Müdigkeit eingeschlafen. Sie wurde von einem Satyr gefunden, der ihr Gewalt antun wollte. Sie rief Poseidon zur Hilfe an, der seinen Dreizack nach dem Satyr warf, aber in einem Felsen steckenblieb. Daraufhin habe Poseidon selbst ihr Gewalt angetan und mit ihr den Nauplios gezeugt. Auf seinen Befehl hin habe sie dann den Dreizack aus dem Felsen gezogen. Aus den drei Löchern seien danach drei Quellen entsprungen, die nach ihr der amymonische und endlich auch der lernäische Brunnen genannt wurden (Hygin. Fab. 169). Aischylos soll danach eine Tragödie geschrieben haben, die aber verlorengegangen ist.
Quellen:
Nonnos, Dionysiaka
Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
http://www.theoi.com/Nymphe/NympheBeroe.html
Hinzugefügt habe ich ein Detail einer attischen rotfigurigen Vase, die Dionysos bei der Verführung der Amymone zeigt. ca.475-425 v.Chr. Heute in der Eremitage in St.Petersburg
Mit freundlichem Gruß