Hephaistos
Ich möchte noch einmal daraufhinweisen, daß die Münzen, die hier immer als Aufhänger für die Artikel stehen, alle aus meiner Sammlung stammen. Deshalb gibt es Themen, dich ich leider in diesem Rahmen noch nicht bearbeiten konnte. Aber diese Münze ist mir ins Netz gegangen. Ich hoffe, daß auch diesmal etwas für euch Neues dabei ist!
Ionien, Magnesia ad Maeandrum, Antoninus Pius, 138-161
AE 34, 26.53g
Geprägt unter dem Magistrat Dioskourides Gratos
Av.: T AILIOC KAICAR - ANTWNEINOC
Kopf, belorbeert, n.r.
Rv.: EPI DIOCKOVRIDOV GRATOV MHTR MAGNHTWN
Hephaistos, mit nacktem Oberkörper, einen Hammer haltend, n.l. sitzend, hält
einen Schild, der auf einem schmalen Cippus steht, mit der Inschrift ..N/..N/OC; re
ein Hund.
Ref.: cf. Schultz 100 (nur Vs., Stempelgleichheit); unpubliziert
sehr selten, fast SS, beeindruckende Rückseitendarstellung!
Dafür, daß sich re ein Hund befindet (und z.B. nicht ein Löwe), spricht, daß Hephaistos den Hund erfunden hat und dieser deshalb in der griechischen Mythologie, z.B. bei Homer, eine privilegierte Stellung gegenüber den anderen Tieren besaß. Sollte es ein Löwe sein, dann sollte er Beziehungen zum Schild bzw. der Inschrift haben
Vielleicht kann jemand den Text auf dem Schild entziffern oder hat zumindestens Vorschläge?
Mythologie:
Hephaistos war nach einer Version der Sohn des Zeus und der Hera, nach einer anderen der Sohn der Hera allein, die ihn mit Hilfe eines Krautes ohne Zutun Zeus' empfing. Er war der Gott des Feuers, wie es als unterirdische Naturkraft in den Vulkanen erscheint, aber auch des Feuers, das die Menschen in Gewerbe und Kunst benötigen. So war er der Gott der Schmiede. Bei seiner Geburt war er so häßlich, daß ihn seine Mutter vom Olymp herabwarf. Die Meeresgöttinnen Thetis und Eurynome, sollen ihn aufgefangen haben. Danach lebte er neun Jahre in einer verborgenen Höhle und verfertigte ihnen kostbaren Schmuck. Auch vollendete er in dieser Zeit einen wundersamen Thron, von dem niemand sich ohne seine Einwilligung wieder erheben konnte. Diesen Thron schickte er seiner Mutter zum Geschenk, um sie wegen ihres Frevels zu bestrafen. Sie saß nun auf ihm fest und kein Gott konnte Hephaistos bewegen, sie wieder frei zu lassen. Es war Dionysos, der ihn betrunken machte und ihn aus seiner Höhle auf den Olymp zurückführte. Er ließ Hera frei, aber hörte nie auf, ihr wegen der Untat zu zürnen. Eine andere Mythe erzählt, daß es Zeus war, der Hephaistos aus dem Himmel warf. Denn als einmal Zeus sich mit Hera stritt, habe Hephaistos für seine Mutter Partei ergriffen, sodaß Zeus ihn am Fuß packte und vom Olymp herabschleuderte. Er soll auf der Insel Lemnos niedergefallen sein, wobei er sich einen Fuß verletzte, sodaß er von da an hinkte. Dort hätten ihn die Sintier aufgenommen. Andere sagen, daß er bereits von Geburt an lahm war und hinkte.
Nach Homer hatte er seine selbst gebaute Werkstatt auf dem Olymp, wo er auch den übrigen Göttern ihre Wohnungen gebaut hatte, und fertigte dort die wunderschönsten Arbeiten. Später hieß es, seine Werkstätten seien tief in feuerspeienden Bergen, wie im Aetna oder auf Lemnos, und seine Gehilfen seien die Zyklopen Brontes, Steropes und Pyrakmon. Nach der Ilias ist seine Gattin Charis, eine der Grazien, nach der Odyssee Aphrodite, die ihn aber mit Ares betrog. Diese Liebesbeziehung wurde von Helios, der ja alles sieht, entdeckt und sofort dem Hephaistos hinterbracht. Der fertigte ein kunstvolles Netz, warf es über das betrügerische Paar und rief alle Olympier zu Zeugen dieser Schandtat.
Er war ein kunstsinniger und erfindungsreicher Gott und wie Athena lehrte er die Menschen Handwerk und Künste. Zusammen mit Athena stellten ihm die Athener Standbilder in ihren Tempeln auf und hielten für beide Gottheiten gemeinsame Feste ab, bei denen ein Fackellauf stattfand. Bei Homer hatte Hephaistos keine Nachkommen. Später aber wurden ihm von verschiedenen Müttern verschiedene Kinder gegeben: Eros, Erichthonios, Periphetes, Palaimon, Rhadamanthys, Olenos, die Nymphe Thalia und die Kabiren.
Hier habe ich eine Liste seiner bekannteren Werke und Taten:
1) Bei der Geburt der Athena aus dem Kopf des Zeus soll er mitgeholfen haben, indem er Zeus den Schädel spaltete, sodaß sie ihm in voller Rüstung entsteigen konnte. Ihr hat er auch den berühmten Helm verfertigt, und dem Zeus die Aegis, den Wunderschild.
2) Eines seiner berühmtesten Werke sind der Schild des Achilles und die Waffen, die er für Thetis schmiedete, nachdem sie durch den Tod des Patroklos vor Troja verlorengegangen waren.
3) Weniger bekannt ist, daß er den Bronzemann Talos geschaffen hat, einen Vorläufer der Roboter, der als Wächter von Kreta jeden Tag dreimal die Insel umrundete, und den Argonauten Schwierigkeiten machte.
4) Von Hephaistos stammte die metallische Rassel, mit der Herakles die Stymphalischen Vögel aufschreckte, sodaß er sie dann mit seinen Pfeilen erlegen konnte.
5) Er schmiedete im Auftrag des Zeus den Prometheus an einen Felsen im Kaukasus, weil der den Göttern dss Feuer geraubt hatte.
6) Im Auftrag des Zeus formte er aus Lehm die erste Frau, der Hermes den Namen Pandora gab. Sie sollte den Feuerraub des Prometheus rächen. Zu diesem Zweck gab er ihr ein Gefäß mit, in dem sich alle Übel und Plagen befanden, und schickte sie zu Epimetheus, dem Bruder des Prometheus. Obwohl der ihn gewarnt hatte, Geschenke des Zeus anzunehmen, öffnete sie ihm das Gefäß und so kam all das Böse in die Welt. Bevor die Hoffnung,
elpis, entweichen konnte, schloß sie zunächst ihr Gefäß, entließ dann aber auch die Hoffnung in die Welt. Aber das Goldene Zeitalter war für immer vorbei.
7) Dann kettete er noch mit Athenas Hilfe den Ixion an das ewige Feuerrad im Tartaros. Der Lapithenkönig Ixion hatte nämlich im Weinrausch versucht, Hera zu vergewaltigen. Zeus aber hatte ihm eine der Hera ähnliche Wolkengestalt geformt, Nephele, mit der Ixion den Kentauros zeugte.
Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig.
Hintergrund:
Sein Name ist bisher nicht geklärt. Seine Herkunft aus Lemnos, bekannt durch seine tektonischen Gasbrände, auf der er wohl genuin ansässig gewesen ist, sprechen für die Erdgebundenheit seines elementaren Wirkens. Seine örtlichen Hypostasen, der Zwergenschmied Kedalion und der übelriechende Krüppel Philoktetes, weisen auf ein in der unterirdischen Sphäre beheimatetes Numen hin. Dieses war nicht nur schöpferisch-bildnerisch tätig, sondern auch iatrisch (heilend). Dieser Typ des koboldhaft-ungestalten, zauberisch-kunstvoll schaffenden Erddämons hatte in der prähellenischen Welt einen festen Platz. Dies zeigt sich auch an den rhodischen Telchinen, den lemnischen Kabiren, den phönikischen Pataiken und den idäischen Daktylen (siehe den betreffenden Artikel in diesem Thread!). Sie alle stehen dem Hephaistos nahe. Der Beginn der Erzbereitung war nachweislich im kleinasiatisch-pontischen Raum, auch dem Kaukasus. Die z.T. im Religiösen verhaftete Metallkunst ist also wie Weinbau und Maultierzucht ein Geschenk der anatolisch-ostmediterranen Kultur. Die Weitergabe an die griechische Welt spiegelt sich wider in der Sage von der Rückführung des trunkenen Hephaistos auf einem Esel in den Olymp durch den mit dem Feuer eng verbundenen Weingott Dionysos.
Es zeigt sich in der Darstellung des häßlichen hinkenden und rußigen Gottes zunächst eine deutliche Überheblichkeit gegenüber dem
banausos, dem Handwerker (der mit seinen Händen arbeitet), dem technischen Spezialisten, dem erfindungsreichen Mechaniker, der trotz all seiner Fähigkeiten sozial nachrangig bleibt. Bei Homer aber überwiegt dann der Aspekt des Märchenschmiedes, der Wundergeräte herstellen kann und als Vertreter einer überlegenen Metallkultur schließlich der Athene gleichrangig mit ihr zum Beschützer des Kunsthandwerks wird.
Hephaistos kam mit den Diadochen bis nach Indien (Kaniska, Kushan) und machte sich im Westen zum Herrn der liparischen Vulkane. Er verdrängte den sizilischen Feuerdämon Adranos und wurde zum Vater der Palikoi. Sekundär wurde er dem römischen Volcanus angeglichen. Die Ägypter setzten ihn synkretistisch mit dem memphischen Schöpfergott Ptah gleich, der ihm ähnlich sah, und so wurde er zum Urkönig, Philososophen und
protos eurethes, oder sogar zum Megas Theos Hephaistos, dem Großen Gott Hephaistos.
Kunstgeschichte:
Von fast allen Taten des Hephaistos gibt es antike Darstellungen auf Schalen und Gefäßen oder auch auf Metopen an Tempeln. Die beliebteste Darstellung aber war wohl die Rückführung des trunkenen Hephaistos auf den Olymp durch Dionysos, besonders in der archaischen Kunst.
In der Renaissance war beliebt die Darstellung der Schmiede des Hephaistos, z.B. von Tintoretto 'Die Schmiede des Vulkan', 1576, heute im Palazzo ducale in Venedig. Hierher kommt Thetis, die Mutter des Achilles, um neue Waffen für ihren Sohn zu erbitten. Die gleiche Szene gibt es auch mit Aphrodite, die für ihren Sohn Aineias vorstellig wird (z.B. Louis Le Nain 1641, heute in Reims, Musee St.Denis). Der Niederländer M. van Heemskerck hat um 1540 der Liebesaffäre des Ares mit Aphrodite ein Triptychon gewidmet. Auf der rechten Tafel (heute im Kunstmuseum in Wien) ist Hephaistos im Vordergrund von hinten zu sehen, das ertappte Paar ist im Netz , und oben rechts biegen sich die Götter vor Lachen.
Ich habe hinzugefügt
1) Eine Szene auf einem attischen rotfigurigen Skyphos, ca.430-420 v.Chr., dem Kleophon Maler zugeschrieben. Sie zeigt Hephaistos mit Hammer und Zange auf einem Esel reitend, der von Dionysos mit Thyrsos geführt wird. Rechts sieht man Hera, die auf dem Thron, den ihr Hephaistos geschenkt hatte, gefangen ist.
2) Ein Bild des Gemäldes von Marten van Heemskerk
Quellen:
Homer, Ilias
Homer, Odyssee
Der Kleine Pauly
Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
http://www.theoi.com/Gallery/K7.2.html
http://thanasis.com/hepha.htm
http://www.webwinds.com/myth/hephaestus2.htm
Aghion/Barbillon/Lissarrague, Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst
Mit freundlichem Gruß