Juno Martialis
Eine der seltsamsten Münztypen findet sich bei Trebonianus Gallus und seinem Sohn Volusian. Es ist die Type mit der Legende IVNO MARTIALIS. Diese Legende gab es weder vor ihm noch jemals wieder nach ihm. Ich muß gestehen, daß auch ich das Rätsel um diese Legende nicht werde lösen können, aber ich möchte hier zusammenstellen, was man sich bis heute dazu gedacht hat. Eigenartigerweise stammen diese Arbeiten alle aus dem 19.Jh. Ich habe jedenfalls keine neueren finden können. Aber ich bringe auch einige Überlegungen, die mir neu zu sein scheinen. Ich hoffe, daß ihr euch dann ein Bild davon machen könnt, worum es überhaupt geht. Doch zunächst 3 Beispiele dieser merkwürdigen Münzen:
#1
Trebonianus Gallus, 251-253
AR - Antoninian, 3.53g, 20.70mm
Antiochia, 251-253
Av.: IMP CC VIB TREB GALLVS AVG
Büste, drapiert und cürassiert, mit Strahlenkrone, n.r.
unter der Büste 4 Punkte
Rv.: IVNO MARTIALIS
Juno in langem Gewand n.l. thronend, hält im li Arm Langszepter und in der re Hand
Getreideähren(?)
im Abschnitt 3 Punkte
Ref.: RIC V/1, (Antiochia) 83, pl.13, 18; C.47
S!, SS+, leicht getönt
#2
Trebonianus Gallus, 251-253
AR - Antoninian, 3.19g, 23.24mm
Mediolanum, 251-253
Av.: IMP CC VIB TREB GALLVS AVG
Büste, drapiert und cürassiert, mit Strahlenkrone, n.r.
Rv.: IVNO MARTIALIS
Juno in langem Gewand n.l. thronend, hält im li Arm Langszepter und in der re Hand
Getreideähren(?)
Ref.: RIC V/1, (Mediolanum) 69, pl.13, 15; C.46
fast SS/S+, leicht getönt, feiner Schrötlingsriß bei 2h, Rs. schwach geprägt wie üblich
#3
Trebonianus Gallus, 251-253
AR - Antoninian, 2.95g, 22.53mm
Mediolanum, 251-253
Av.: IMP CC VIB TREB GALLVS AVG
Büste, drapiert und cürassiert, mit Strahlenkrone, n.r.
Rv.: IVNO MARTIALIS
Juno in langem Gewand n.l. thronend, hält im li Arm Langszepter und in der re Hand
Getreideähren(?)
Ref.: RIC V/1, (Mediolanum) 69, pl.13, 15; C.46
fast SS/S+, leicht getönt, Schrötlingsschaden auf der Rs. bei 6h
(1) Zum Attribut:
Getreideähren
Die übliche Beschreibung des Objekts in der re Hand der Juno heißt 'Getreideähren', im RIC immerhin korrekterweise mit einem Fragezeichen versehen. Pichler schreibt: Soviel mir an Originalen ersichtlich geworden, ist selbst aus minder erhaltenen Stücken deutlich: für einzelne Ähren ist die Ausarbeitung zu massiv, das Attribut ist nach abwärts gehalten; es ist oben breiter, unten dünner und sieht an sich aus wie ein etwas aufgedrehter Zirkel von Handlänge. Die Ähren auf anderen Exemplaren sollen übrigens nicht geleugnet werden.
Wir haben also Münzen vor uns, bei denen das Objekt aussieht wie Ähren, z.B. Münze #1 aus Antiochia, und andere, bei denen es eher wie eine Zange aussieht, z.B. Münze #2 und Münze #3 aus Mailand. Nun kommen die Münzen mit den Getreideähren typischerweise aus Antiochia, während die aus Mailand die charakteristisch andere Form aufweisen. Da das Standbild der Juno Martialis in Rom stand, sollten doch die Stempelschneider in Mailand besser Bescheid gewußt haben. Der Einwand, daß es eigentlich Getreideähren sind und daß die Stempelschneider bei den anders aussehenden Münzen den Sinn nicht mehr erkannt hätten, ist nicht überzeugend. Denn Getreideähren wurden überall auf Münzen dargestellt. Was soll da mißzuverstehen sein? Dieser Einwand richtet sich also tatsächlich gegen die Auffassung von den Getreideähren. Wenn die Stempelschneider etwas mißverstehen konnten, dann war es die ungewöhnliche Abbildung einer Zange, einer Schere oder eines Doppelmessers, die dann in Unkenntnis als Ähren dargestellt wurden. Ikonographisch kommen Getreideähren vor bei Ceres, Annona, Tellus und Ops. Und schaut man sich die dort abgebildeten Getreideähren an, dann sieht man sofort die Unterschiede.
Ein weiteres Argument gegen die Getreideährenhypothese ist das Epitheton 'Martialis', was 'kriegerisch' heißt, jedenfalls eine Beziehung zu Mars herstellt. Da muß es einen doch stutzig machen, daß diese kriegerische Juno Getreideähren in der Hand halten soll, was nun wirklich nicht kriegerisch ist. Ich jedenfalls halte das nicht für überzeugend. Kurz gesagt: Getreideähren sind obsolet!
Also bin ich auf die Suche gegangen. Im ersten Teil werde ich die verschiedenen Deutungen aufführen und kommentieren. Beginnen will ich mit der ältesten bekannten Beschreibung dieses Typs. Sie stammt von dem großen Archäologen Johannes Joachim Winckelmann:
Winckelmann: Zange, Anspielung auf militärische Operation
Winckelmann (1717-1768) war der Oberaufseher der antiken Monumente in Rom und der eigentliche Begründer der Archäologie. Er schreibt über einen Fund: 'Unter den Göttinnen ist besonders eine Juno auf dem angeführten etrurischen Altare in der Villa Borghese zu merken, welche mit beiden Händen eine große Zange hält, und so wurde dieselbe auch von den Griechen vorgestellt. Dieses war die Juno Martialis, und die Zange deutete vermutlich auf eine besondere Art von Schlachtordnung im Angriffe, welche Zange
forceps hieß, und man sagte, nach Art einer Zange fechten,
forcipe et serra proeliari, wenn ein Heer im Fechten sich also teilte, daß es den Feind in der Mitte faßte und eben diese Öffnung machen konnte, wenn es vorwärts im Gefechte begriffen, im Rücken sollte angefallen werden.'
Dagegen hat Visconti (Mus. Pio-Clem. t.6.p.6. et 85.) bereits festgestellt, daß diese Figur mit der Zange in der Hand ursprünglich Vulcan gewesen ist, der das Oberteil verloren hat und nur durch eine unverständige Ergänzung zur weiblichen Gottheit geworden ist.
Roscher: Hebammenzange
Roscher, in seinem monumentalen Werk, denkt daran, daß Iuno Martialis wie die Iuno Lucina oder die griechische Eileithyia eine Entbindungsgöttin gewesen sein kann, falls das Attribut, das sie in der Rechten führt (wie bei dem alten Herabild in Argos) mit Sicherheit als Hebammenschere nachgewiesen werden kann. Dieses Bild soll in Argos gestanden haben, aber Pausanias hat es nicht mehr gesehen. Diese Erklärung scheint mir jedoch abwegig zu sein, weil sie nicht zu dem Epithet Martialis paßt, also zu wenig kriegerisch ist.
Visconti: Büschel Kräuter
G.B.Visconti (1722-1784), der Nachfolger Winckelmanns als Oberaufseher über die antiken Monumente in Rom, erklärt zweimal, wo er von dem dreiseitigen Borghesischen Altar spricht, den Winckelmann beschrieben hat (im Museo Pio-Clementino T.VI.p.86 und in den Monumenti Gabini p.215), diese Schere für ein Büschel Kräuter (groppo d'erbe). Einer alten Sage nach soll Juno einst den Mars geboren haben allein durch deren Berührung, weshalb sie dann Martialis genannt worden sei. Nach allgemeiner Auffassung waren die Eltern des Mars Jupiter und Juno (Hesiod Theog.v.921. Apollod). Jedoch sagen auch einige, es habe ihn Juno allein, ohne Jupiters Zutun, geboren, indem sie diesem nicht nachstehen wollte, als er die Minerva allein aus seinem Kopfe hervorgebracht. Er sei also bloß durch die Berührung einer Blume empfangen worden, die ihr die Göttin Flora dargereicht habe (Ovid. Fast. V.v.229). Diese Fabel aber ist relativ neu und soll nur von den lateinischen Dichtern herrühren (Hederich). Wird heute aber natürlich von Feministinnen kolportiert!
Lenormant: Die Schere der Parzen
Lenormant (nouv. gal. mythol. 76, Erklärung zu Taf. 10, 13, 14) deutet die Schere als Parzenzeichen wie das Schermesser des lysippischen Kairos. Es gibt nun auch tatsächlich noch Münzen aus Mediolanum, auf denen Juno ein Objekt aus 3 Teilen hält. So könnte jede der Parzen damit gemeint sein. Trebonianus habe das Kriegsglück nötig gehabt, führt Lenormant aus, und da wäre eine gute Beziehung zu den Parzen schon wichtig gewesen. William Henry Smith, der diese Interpretation anführt, meint jedoch, daß ihm in diesem Sinne die Parzenschere ein allzuwenig aktives Attribut sei.
Pichler: Die Schere als kriegerisches Instrument
Pichler sieht die Schere kriegerischer: Er erinnert daran, daß die Schere,
forfex, nicht nur ein friedliches Hausgerät bedeuten muß. Es gibt zwar Darstellungen von Scheren auf Gemmen und auf Gemälden z.B. in Pompeji, wo sie zum Blumenschneiden benutzt wird, doch, wie gesagt, nicht dieses friedliche Gerät kann hier gemeint sein. Die Forfex in der Rechten der Göttin kann nicht eine Forficula genannt werden; denn im Verhältnis zur Figur ist sie mindestens von Handlänge, wenn nicht von Armlänge. Die Spitzen dürften stets in Winkelrichtung auseinandergehen.
So ist jene Form des V angedeutet, in welcher aufgestellt ein Truppenteil
forfex heisst. Ausführlich schreibt darüber Flav. Renatus Vegetius (epit. inst, rei militar. III, 18), ein römischer Militärschriftsteller aus späterer Zeit. Diese militärische Stellung hat den Zweck, den Feind, wenn er in Form des
cuneus anrückt, von beiden Seiten in die Flanke zu nehmen. Ob Trebonianus tatsächliche eine solche Taktik angewendet hat, kann nicht bewiesen werden. Immerhin war sie um 375 noch eine bekannte Sache.
Diese Interpretation kommt der von Winckelmann sehr nahe.
Eckhel: Haarschere
Der große Eckhel war der erste, der in dem Attribut eine Haarschere erkannte und diese Meinung mit gelehrten Zitaten verteidigte und aufrechthielt: "At vero iterum aio nummos huius argumenti copiosos, et nitidissimos musei Caesarei certam nobis forficulam offerre." Die Vorgeschichte ist diese: Nach der Eudocia Violarium des Villoison wird erzählt daß sich im Tempel der argivischen Juno ein Bild mit einer Schere befunden habe. Dies sei ein Zeichen der Reinlichkeit gewesen, weil man mit der Schere die Haare abschneide und dadurch die Reinlichkeit des Körpers befördere. Dasselbe sagt Suidas von Hera, und auch Codinus in seiner Beschreibung von Constantinopel (p.44.ed.Lugd). Es ist merkwürdig, daß, als unter dem Kaiser Trebonianus und seinem Sohn Volusian im Jahr 251 eine große Pest die Provinzen verheerte, man diesen uralten Typus der argivischen Juno vorgesucht und auf Münzen häufig abgebildet hat, eindeutig, um darauf hinzuweisen, daß durch Reinlichkeitsmaßnahmen die Seuche bekämpft werden könne. Die gewöhnlich in einem runden Tempelchen thronende, oder auch ohne Tempel vorgestellte Juno (wie in Tristan's Commentaires historiques T.II.p.668) hält in der linken Hand ihr Szepter und in der rechten eine Schere oder vielmehr ein Doppelmesser, das diese Stelle vertritt, aber von vielen fälschlicherweise für eine doppelte Ähre gehalten worden ist. Allein so gewiß Winckelmann irrte, als er in der Figur des Vulkans auf jenem Altar die Juno mit der Zange zu erblicken glaubte (da es sich dort eindeutig um Vulkan mit der Zange handelte), so gewiß ist hier von jener Barbierschere die Rede, die bei mehreren griechischen Schriftstellern und in Anagrammen der Analekten vorkommt, deren man sich zum Schneiden der Haare und oft auch für den Bart statt des Schermessers bediente. Der griech. Dichter benutzt dafür den Begriff
phalis. Nur ist der Ausdruck Schere selbst der Sache gar nicht angemessen. Es waren zwei Messer, die mit ihrer Schärfe zusammengingen (
machairai kourides, Pollux II.32.X.140. s.Sabina, oder die Toilette einer Römerin Th.I. S.313.Th.II.S.60.f.).
Damals allegorisierte man allgemein nach der stoischen Sichtweise die Juno für die zwischen Himmel und Erde befindliche Luft, und in dieser entstehen ja alle Krankheitsmiasmen (Karl August Böttiger, Ideen zur Kunst-Mythologie, 1826). Damit kommen wir zu zwei neuen Begriffen, die ich hier kurz erläutern möchte, die 4-Elemente-Lehre und die Miasmentheorie.
Die 4-Elemente-Lehre
Die Lehre von den 4 Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft geht wohl auf den griechischen Naturphilosophen Empedokles zurück, Er führte die 4 Elemente als Götter ein und wies bereits die Luft der Hera zu. Diese Lehre wurde später weiterentwickelt, z.B. von Platon (Crat. 404c), Aristoteles und nicht zuletzt von den Stoikern. In Alexandria bekam sie durch die dort übliche enge Verbindung mit der Religion eine spirituelle Note und wurde dann zum Geheimwissen (Esoterik). Allgemein wird dabei Juno für die unterste dicke Luft, Jupiter für die oberste, dünnere, oder sie für den Aer, und Jupiter für den Äther gehalten (Phurnus. de N.D. c.3; Cicero de N.D. I.II.c.26). Die anagrammatische Beziehung springt in griechischen Buchstaben sofort ins Auge HPA - AHP.
Die Miasmentheorie
Diese Theorie, die auf Hippokrates von Kos, 460-375 v.Chr. zurückgeht, sagt, daß die Epidemien durch giftige Ausdünstungen entstehen, die aus dem Bodens entweichen, von der Luft fortgetragen werden und dadurch die Krankheiten verbreiten. Diese Theorie war noch bis ins 19.Jh. verbreitet, bis Robert Koch durch seine Reinkultur den Zusammenhang zwischen Cholerabakterium und Krankheit 1884 überzeugend nachwies. Man braucht sich jetzt aber nicht darüber lustig zu machen. Max von Pettenkofer z.B. war ein überzeugter Anhänger der Miasmentheorie und wollte Robert Koch widerlegen, indem er eine Reinkultur von Typhusbazillen schluckte, ohne zu erkranken. Heute wissen wir, daß er durch seine Tätigkeit als Pathologe immun geworden war. Trotzdem konnte er auch mit der Miasmentheorie erreichen, daß die Cholera-Pandemie von 1892 nicht auf München übergriff, indem er das Münchner Abwassersystem sanieren ließ, aus denen die Miasmen aus dem Boden kommen sollten.
Man sollte bei diesen Ausführungen bedenken, daß Böttiger seine Arbeit 1826 geschrieben hat, also lange vor der Entdeckung der Bakterien durch Pasteur oder dem Beweis durch Koch, daß es sich bei ihnen um die tatsächlichen Krankheitserreger handelte. Bis dahin war die Miasmentheorie weit verbreitet, und die Menschen hatten damals noch mehr Verständnis für diese Vorstellung, was für uns 'aufgeklärte' Menschen heute nur schwer zu verstehen ist.
Will man jedoch die Bedeutung dieser Abbildung richtig einschätzen und beurteilen, muß man wissen, in welcher Zeit sie entstanden ist. Gallus' kurze Regierungszeit wurde unaufhörlich von Katastrophen überschattet. Die schlimmste aber war eine schreckliche Pestepidemie, der auch sein Mitkaiser Hostilian, der Sohn des Decius, zum Opfer fiel, und die eineinhalb Jahrzehnte im gesamten Römischen Reich wütete und zu schweren Verlusten unter der Bevölkerung und in der Armee führte.
(2) Zum Namen:
Nun kommen wir zum Namen MARTIALIS, der uns ein weiteres Rätsel aufgibt. Wörtlich bedeutet
martialis 'zu Mars gehörig' (Georges) oder 'dem Mars heilig' (Stowasser). Damit ist es nicht automatisch gleichbedeutend mit 'kriegerisch' wie unser 'martialisch', aber natürlich schwingt diese Bedeutung mit.
a. Die Beziehung zu Mars ergibt sich dadurch, daß Juno der Sage nach die Mutter des Mars ist. Festus bezeugt, daß Mars als Mars Gradivus, der Schlachtvorschreiter, dem Grase entsprungen sei. Das Gras sei dem Mars heilig, erwähnt Servius (ad Aen.XII, 119). Da dem Mars also das Gras heilig war, könnte das dafür sprechen, daß es sich bei dem unklaren Attribut der Juno um ein pflanzliches Objekt handeln könnte. Denkt man an die parthenogenetische Geburtssage mit Hilfe einer Blume, könnte Juno demnach hier für Fruchtbarkeit stehen.
b. Mit der Erklärung, daß Juno hier eine Göttin der Fruchtbarkeit sei, ist verwandt die Meinung, diese Münze sei zur Ehre der Baebiana geprägt worden, die zwar die Frau des Kaisers war, aber zugunsten der Herennia Etruscilla auf den Titel Augusta verzichten mußte. Ein Trostpflaster' sozusagen.
c. Eine andere Erklärung versteht unter Martialis einfach die 'Juno des März', weil ihr Fest am 7. März auf dem Marsfeld stattfand. Ich halte diese Erklärung für zu oberflächlich. Ich meine, daß die Juno Martialis für Trebonianus eine sehr bedeutende Rolle gespielt haben muß. Und das war die Pestepidemie, die das römische Reich im Kern bedrohte. Da ist die Anknüpfung dieser ihm so wichtigen Gottheit an ein bloßes Datum allein wirklich nichtssagend.
d. Dann gibt es die Behauptung, daß Juno Martialis gleichzusetzen ist mit der Juno Perusina, der Juno aus Perugia. Diese Stadt in Etrurien, eine der bedeutenden Städte des etrurischen Zwölf-Städte-Bundes, war die Heimatstadt des Trebonianus, der er viele Vergünstigungen zukommenließ. Von dort habe sie bereits Octavian nach Rom geholt, weshalb einige sie auch Iuno Perusina Martialis nennen würden. Das ist historisch gut möglich, hilft uns aber sowohl bei der Erklärung ihres Namens oder gar der Erklärung ihres Attributes in keiner Weise weiter. Übrigens gibt es auch die Meinung, daß ihre Verehrung bereits seit dem Raub der Sabinerinnen nachgewiesen werden kann.
e. Bleibt noch als letzte Erklärung die Bedeutung 'kriegerisch', wenn auch nur indirekt durch den Bezug auf Mars. Das hat meiner Meinung nach etwas für sich. Allerdings müßte dann das Objekt in ihrer Hand in irgendeiner Weise kriegerisch interpretiert werden. Mächtig im Kampf gegen die Pest, das würde zu der Interpretation passen, die ich persönlich bevorzuge. Denn daß die Iuno Martialis etwas mit der Pestepidemie zu tun hat, scheint offensichtlich zu sein.
Juno Martialis hatte - wie bereits erwähnt - am 7. März auf dem Marsfeld ihr Fest. Ihr Tempel aber stand nach Sext. Rufus auf dem Forum Romanum. Leider sind bis heute keine Überreste dieses Tempels gefunden worden, die etwas Licht auf unsere Sache werfen könnten.
Zusammenfassung
Das Resumee der meisten Wissenschaftlicher klingt resignierend. Eckhel schreibt: "Aber warum Juno in diesem Beispiell Martialis genannt wird, kann ich bis jetzt nicht befriedigend erklären." Overbeck (griech. Kunstmythologie 1873, Hera S. 155-157) hält es für besser „die Juno martialis, besonders ihrer wechselnden und unklaren Attribute wegen, als ein ungelöstes Rätsel anzuerkennen, zu dessen Lösung auch in der Zukunft bei der Isoliertheit der ganzen Erscheinung wenig Hoffnung ist." Doch auch wenn ohne neue archäologische oder epigraphische Funde wenig Hoffnung zur Lösung dieses Rätsels besteht, scheint doch der Zusammenhang mit den Zeitereignissen von Pest und Krieg den Machtvorstellungen über Juno und Mars am natürlichsten zu entsprechen. Sie wurde zusammen mit allen anderen olympischen Göttern angerufen, um die Pest, die das römische Reich heimgesucht hatte, aufzuhalten.
Hinzugefügt habe ich ein Bild aus dem 19.Jh., das eine Allegorie der Cholera ist. Das Bild ist heute in der National Library of Medicine, Washington/USA
Quellen:
- Pausanias, Buch I, Argos
- Cicero, De natura deorum
- Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
- Michael Grant, Die römischen Kaiser
online:
- Johann Joachim Winckelmann, Geschichte der Kunst des Altertums,
- Karl August Böttiger, Ideen zur Kunst-Mythologie, 1826
- William Henry Smith, Descriptive catalogue of a cabinet of Roman imperial large-
brass medals, 1834
- S. W. Stevenson, A Dictionary of Roman Coins, 1889
- W.H.Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
-
http://www.roman-emperors.org/trebgall.htm
- Dr. Fritz Pichler; Numismatische Zeitschrift, Band 5 (1873), Wien, S.92-101
-
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Joachim_Winckelmann
-
http://www.dictionaryofarthistorians.org/viscontig.htm
Mit freundlichem Gruß