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Verfasst: Do 12.11.09 14:47
von Peter43
Da ist wohl was schief gelaufen!

Verfasst: Do 12.11.09 16:20
von cepasaccus
Gratias tibi ago.

Psyche ist eine der wenigen Menschenfrauen in den griechischen Mythen die trotz Kontakt mit einem Gott ein gutes Ende findet. Das macht die Geschichte fuer mich sehr sympathisch.

vale

Verfasst: Do 12.11.09 21:26
von Pscipio
2000 EUR! Das ist aber auch eine wundervolle Münze...

Verfasst: Fr 04.12.09 18:45
von Peter43
Einige Anmerkungen zu Eros

Nach dem Artikel über Amor und Psyche habe ich mich zwangsläufig mit Eros beschäftigen müssen (dem mythologischen natürlich!). Doch zunächst vier verschiedene Münzdarstellungen, die einige der verschiedenen Aspekte des Eros abdecken:

1. Münze:
Thrakien, Hadrianopolis, Caracalla, 198-217
AE 17, 3.8g
Av.: [AVT KM AVR CEV] - ANTWNEINO[C]
Büste, drapiert und cürassiert, belorbeert, n.r.
Rv.: ADRIANO - POLEITWN
Eros, nackt, geflügelt, n.r. stehend, hält in den ausgestreckten Händen Schreibtafel, von
der er liest; hinter ihm auf dem Boden sein Bogen und der Köcher.
Ref.: Jurukova 389; Varbanov (engl.) 3520
sehr selten, fast SS, dunkelgrüne Patina
Es wrd sich wohl um einen Liebestext handeln, den Eros hier liest.

2. Münze:
Thrakien, Philippopolis, Septimius Severus, 193-211
AE 19, 5.31g
Av.: AV KL. C - CEVHROC P
Kopf, belorbeert, n.r.
Rv.: FILIPPO -POLEITWN
Eros, nackt, geflügelt, steht mit gekreuzten Beinen n.l., lehnt mit dem re Arm auf schmaler
Säule und hält in der re Hand brennende Fackel nach unten.
Ref.: nicht in Varbanov (engl.)
selten, fast SS, braungrüne Patina
Diese häufige Darstellung wird oft als Thanatos mißverstanden. Doch der kann nicht erschöpft sein!

3. Münze:
Moesia inferior, Tomis, pseudo-autonom, Zeit des Elagabal oder Severus Alexander
AE 17, 2.43g, 17.38mm
Av.:TO -MOC
Büste des Tomos, drapiert, mit Taenie im Haar,n.r.
Rv.: TO -ME / ITWN (WN ligiert)
Eros, geflügelt, auf n.r. schreitendem Löwen reitend; in der erhobenen Rechten Peitsche
Ref.: AMNG I/2, 2573, Taf.VI, 13 (stempelgleich)
fast SS, dunkelgrüne Patina
Die typische Darstellung des Amor vincit omnia
(Bild wird ausgetauscht, wenn ich die Münze in der Hand habe!)

4. Münze:
Plautilla, ermordet 212, Ehefrau des Caracalla
AR - Denar, 3.64g, 18mm
Rom,
Av.: PLAVTILLA - AVGVSTA
Büste, drapiert, mit Ohrring, n.r.
Rv.: VENVS VICTRIX
Venus, nackt bis zur Hüfte, n.l. stehend, hält in der ausgestreckten Rechten Apfel, lehnt
mit dem li Arm auf großem, ovalen Schild, der auf kleiner Basis steht, und hält im li Arm
Palmzweig schräg nach oben; li vor ihr Cupido, geflügelt, nackt, n.l. stehend, hält in der
ausgestreckten Linken Helm mit Helmbusch.
Ref.: RIC IV/1, Caracalla 369; BMCR 429 var.; C.25
nicht häufig, fast SS, leicht getönt
Dies ist die einzige Rs. auf der Cupido einen Helm trägt!

Mythologie:
Die Geschichte des Eros führt uns weit zurück an den Beginn der Welt. Wir begegnen ihm in der Kosmogenie, der Geschichte von der Entstehung der Welt, und der Theogonie, der Geschichte von der Geburt der Götter, was aber eigentlich dasselbe ist.

Nach Hesiod entstand als erstes das Chaos. Danach entstand Gaia, die fruchtbare Erde, und Eros, der den Geist aller Götter und Menschen beherrscht, der schönste unter den Unsterblichen. Vom Chaos stammte Erebos, die lichtlose Tiefe, und Nyx, die Nacht. Nyx gebar den Äther, das Himmelslicht, und Hemera, den Tag, indem sie sich dem Erebos hingab. Gaia aber gebar aus sich heraus den Uranos, den Himmel, den ewigen Sitz der seligen Götter. Sie gebar auch den Pontos, das Meer, und dies alles ohne den Eros. Dem
Uranos gebar sie die Titanen und Titaninnen, drei Kyklopen mit nur einem Auge, und die Hekatoncheiren, Riesen mit hundert Armen und fünfzig Köpfen.

Nach den Orphikern war zuerst die Nacht, Nyx, vor der selbst Zeus heilige Furcht empfand. Vom Wind befruchtet legte sie ein silbernes Ei in den Schoß der Dunkelheit. Aus diesem Ei schlüpfte ein Gott mit goldenen Flügeln hervor, Eros, der Liebesgott. Dies war aber nur ein Name von vielen. Er hieß auch Protogonos, weil er der Erstgeborene unter allen Göttern war. Oder Phanes, weil er alles ans Licht bringt, was im silbernen Ei verborgen war, nämlich die ganze Welt: oben ein Hohlraum, das Chaos, was eigentlich gähnende Leere bedeutet, unten das Andere. Man erzählt diese Geschichte aber auch so, daß oben im Ei der Himmel und unten die Erde waren, die sich, gezwungen von Eros, begatteten und das Geschwisterpaar Okeanos und Tethys zeugten. Oder es waren unten der Okeanos und seine Schwester Tethys, die als erste die Macht des Eros spürten. Ihre Mutter aber war immer die Nacht.

Dieser Eros, der erste sozusagen, war ein kosmisches Prinzip, eine Urkraft, die erst das Leben ermöglichte. Man darf ihn sich nicht als personale Gottheit vorstellen, wie es die späteren Götter waren. Diese personale vermenschlichte Vorstellung ist viel jünger und entsprang wohl dem Hellenismus. Hier war Eros unmittelbar die Verkörperung der Liebesleidenschaft. Demnach soll er der Sohn des Hermes und der Artemis gewesen sein, nach anderen des Hermes und der Aphrodite und endlich des Ares und der Aphrodite. Aber er soll auch der Sohn des Zephyrs und der Eris, auch des Überflusses und der Armut gewesen sein. Weitere Elternpaare sollen sein Zeus und Persephone, Zephyr und Flora (wohl nur rein poetisch) oder Hephaistos und Aphrodite. Nach Plato hat er gar keine Eltern gehabt.

Allgemein wird er aber als ein Sohn der Aphrodite angesehen. Schon vor seiner Geburt soll er sehr mutwillig gewesen sein. So sei er bereits vor dem Geburtstermin dem Schoß der Mutter entsprungen, habe seine Flügel geschüttelt und sich in ihre Arme geschwungen. Er soll auch ihr Diener gewesen sein und habe sie empfangen, als sie in Paphos aus dem Meer stieg. Er habe ihr das Szepter nachgetragen oder den Spiegel gehalten, wenn sie aus dem Bade kam.

Eigentlich gibt es keine Geschichten von Eros wie es sie von anderen Göttern gibt. Der Grund ist, wie Hederich schreibt, daß er bloß ein erdichtetes poetisches Wesen ist. Er wird mit einer Fackel gezeigt, mit der er die Liebe entzündet, oder wie hier auf der zweiten Münze, wie er erschöpft nach seiner Arbeit, auf eine Säule gestützt, sich ausruht. Am bekanntesten aber sind sein Bogen und seine Pfeile. Von denen hat er zwei Sorten: goldene, spitze, mit denen er Liebe erweckt, und bleierne, stumpfe, mit denenen er Abneigung und Widerwillen erzeigt. Abbildungen, die ihn zeigen, wie er auf einem Löwen reitet wie auf der dritten Münze, symbolisieren seine Macht: Omnia vincit amor, die Liebe bezwingt alles (Vergil)! Das zeigen auch Darstellungen, auf denen er Zeus' Donnerkeile zerbricht oder auf den Schultern des Herakles sitzend diesen niederdrückt. Auch stiehlt er ihm das Löwenfell, obwohl Herakles sich mit der Keule wehren will. Er legt sich die Beinschienen des Ares an, klettert auf dessen Schild empor, spielt mit seinem Helm (wie hier auf der vierten Münze), oder verlangt von Apollo die Leier. Daß er auf dem Triumphwagen des Dionysos mitfährt und auf dessen Weinschlauch sitzt, zeigt die Bedeutung des Weines für die Liebe. Er wird regelmäßig als kleines Kind dargestellt und erinnert mich immer an das wunderbare Gedicht von Else Lasker-Schüler: Meine Liebe war ein Kind und wollte spielen.

Unterschieden wird er in einen himmlischen, Sohn der Aphrodite Urania, den irdischen oder gemeinen, Sohn der Aphrodite Pandemia, und den vermischten Eros (Plato). Der erste wirke nur auf den Geist oder die Seele, der andere bloß auf den Körper und der dritte auf Seele und Leib. Diese Dreiteilung findet sich in drei Statuen des Skopas in Megara, die den Eros, die Liebe, Himeros, die Begierde, und Pothos, das Verlangen darstellen (Pausanias). Der erste suche, was zu lieben sei, der zweite reize zum Genusse dessen, was liebenswürdig ist, mache aber auch närrisch vor Liebe, und der dritte rufe das Verlangen hervor, immer bei dem Geliebten zu sein. Es heißt aber auch, daß diese drei nur verschiedene Grade des einen Eros seien. Daneben soll es auch noch einen Lyseros oder Dyseros gegeben haben, der die unglückliche, nicht beantwortete Liebe sei.

Nach einigen sei er der älteste Gott gewesen (Empedokles), nach anderen der jüngste (Pausanias). Er sei auch der Urheber allen Unglücks der Menschen (etymologisch verwandt mit Eris?), die Ursache für Völlerei, Trägheit und Uppigkeit, und Zank, Krieg und Haß würden ihn begleiten. Seine Macht ginge über alle Götter.

Verehrt wurde er besonders in Thespiai, wo eine Statue des Praxiteles gestanden hatte, und in Paros. Die Griechen pflegten seine Statue in den Eingang ihrer Gymnasien zu setzen. Die Römer haben später Minerva und Hermes hinzugefügt.

(wird fortgesetzt)

Verfasst: Fr 04.12.09 18:59
von Peter43
(Fortsetzung)

Hintergrund:
Bei Homer ist Eros noch unbekannt. In den Chaos-Szenen der antiken Weltentstehungslehren (Kosmogenien) nimmt er dann einen primären Platz ein. Hesiod stellt ihn zusammen mit Tartaros und Gaia an den Beginn aller Dinge. Dies gilt auch für den wesensgleichen Pothos in der 'Kosmogenie der Sidonier' des Eudemos von Rhodos. Nach Parmenides (frg. B13) ersann die weibliche Urpotenz (Daimon) den Eros protiston theon, Eros, den allerersten der Götter. In Platons 'Symposion' greift Phaidros auf den theos palaiotatos, den ältesten Gott, des Hesiod, Akusilaos und Parmenides zurück. Aristophanes parodiert in seinen 'Vögeln' die orphischen Vorstellungen und läßt den Weltenschöpfer Eros aus einem Weltei entsteigen, das die Nacht im Schoß des Erebos hervorgebracht hatte, noch ehe Erde, Luft und Himmel waren, und macht ihn zum Verwandten der Vögel!

Die Rolle, die Eros hier als kosmisches Erzeugerprinzip spielt, entstammt einer Vorstellung, die Entstehung und Entwicklung noch unter dem Bild der sexuellen Vermischung und genealogischer Abfolge versteht. Deshalb hat man für den so verstandenen Eros vorgriechische Ursprünge vermutet. Das paßt gut zum archaischen Steinkult des anikonischen Eros in Thespiai (Paus. 9, 27, 1). Dieser vereint phallisch-priapische mit kosmisch-keraunischen Vorstellungen. Ähnliche Vorstellungen liegen der ebenfalls alten Sakralgemeinschaft mit der Fruchtbarkeitsgöttin Aphrodite in Athen zugrunde.

Bei Hesiod ist er dann der kallistos en athanatoisi, der Schönste unter den Unsterblichen. Die frühe Orphik schenkt dem Lichtbringer goldene Flügel, aber entstellt ihn bald darauf zu einem vielnamigen bisexuellen Monster Phanes-Erikepais-Protogonos, indem sie ihn mit anderen schöpferischen Gottwesen vermengt. In dieser polymorphen Gestaltlosigkeit ähnelt er dann dem Kronos-Chronos.

Während also in der Archaik Eros als Lichterscheinung konzipiert war in Kontrast zu den chaotischen Dunkelmächten der Vorzeit, wurde er in der griechischen Dichtung in ästhetischer Verherrlichung zu einer unüberwindbaren Lebensmacht. Bereits Hesiod erkannte in dem 'Schönsten der Unsterblichen' den 'gliederlösenden' Bezwinger von Göttern und Menschen. Goldhaarig (Anakreon), goldgeflügelt (Aristophanes), frühlingshaft, im Glanz himmlischer Blitze, dem Zephyr und dem Regenbogen verwandt, bringt der deinotatos theon, der furchtbarste der Götter, einem Sturme gleich (Sappho), das Bittere und das Süße der Liebe glykypikros mit schicksalhafter Gewalt. Eros besitzt keine vorliterarischen Mythen, das Märchen von Amor und Psyche bei Apuleius ist ein späterer Auswuchs und gehört in den Umkreis der Isis-Mysterien. So wird er geformt duch poetischer Phantasie, die besonders an dem Gegensatz von kindlicher Unschuld und wütender Raserei Gefallen findet.

Dieser Typ des göttlichen Knaben mit den Attributen Blume, Leier oder Bogen ist von dem Urgott von Thespiai oder Parion durch einen Abgrund getrennt. Aber seine Kindnatur, die ihn jeder mythologischen Fixierung entzieht und ihn ohne weibliche Gespielin läßt, umgreift als pais amphithales, dem von beiden Seiten umblühten Knaben, doch auch die Vielfalt des Möglichen, wie es für den archaischen Daimon typisch ist. Dadurch wird es möglich, ihn zur Veranschaulichung differenzierterer erotischer Möglichkeiten zu verwenden. Aus päderastischen Idealen der Palaistra (Sportschule) entstand das antagonistische Paar des Eros und Anteros. Seit dem 'Theseus' und der 'Stheneboia' des Euripides wird durch sophistische Dichotomie unterschieden zwischen dem Eros sophron, dem sich beherrschenden Eros, und dem Eros aischros, dem häßlichen Eros. Weitere systematische Spekulationen führten dann zu einem Eros triplex im Götterkatalog, Cic. nat. 3, 60. Dieses trichotomische Prinzip beherrscht noch die mit synkretistischen Nuancen versehene Darstellung des Eros im hellenistischen Hirtenroman des Longos. Die ungezählten Eroten, die seit Pindar und Bakchylides die Literatur bevölkern und zeitgleich die griechische Vasenmalerei bereichern, sind letztlich Ausdruck einer auf die Universalität des Eros zielenden Begriffssymbolik.
(Kleiner Pauly)

Kunstgeschichte:
In der archaischen und klassischen Kunst der Griechen ist Eros ein fast immer geflügelter Jüngling oder Knabe (Mellephebe), die Verkörperung von Schönheit und Liebessehnsucht. Seine Waffen sind Pfeil und Bogen. Manchmal begleiten ihn Himeros und Pothos (z.B. Skulpturen des Skopas in den Aphroditetempeln von Samothrake und Megara, 340-330 v.Chr., die wir von Plinius und Pausanias kennen). Mehrere Eros-Statuen sind von Praxiteles bekannt und den bogenspannenden Eros des Lysipp, um 330 v.Chr., kennen wir von römischen Kopien.

Vom Ende des 5.Jh. an bekamen die Darstellungen des Eros immer kindlichere Züge und im Hellenismus und in Rom traten dann Eroten in der Mehrzahl auf, flatterhafte, kindlich pausbäckige Wesen, die spielerisch menschliche Tätigkeiten nachahmen (z.B. auf Wandbildern aus Pompeji). Das Eros-Psyche-Motiv findet sich besonders auf römischen Sarkophagen. Eros wird gezeigt, wie er sich selbst mit seinem Pfeil sticht oder ihn anspitzt, beim Ausschütten einer vollen Geldbörse und anderen Drolerien.

In der Neuzeit benutzt ihn Tizian ernsthaft allegorisch in seinem Werk 'Himmlische und irdische Liebe' (1512; Rom), oder Caron 1566 bei der 'Bestattung des Amors' zum Tode der Diana von Poitiers. Seit dem 15.Jh. gehören die kleinen Eroten zur Bilderwelt, wo man sie leicht verwechseln kann mit Genien oder Engelsputten. Als deren Erfinder gilt Donatello, wobei die Herkunft von den Eroten der Antike offensichtlich ist. Diese drolligen Kerlchen finden sich auf allen möglichen Bildern, zieren Festzüge, spielen Instrumente und zeigen sich zusammen mit Faunen und Nymphen. Als 1759 in Stabiae bei Pompeji ein römisches Wandbild einer Verkäuferin von geflügelten Eroten gefunden wurde, wurde dies ein beliebtes Thema der Malerei und des Kunsthandwerks (Meissener Porzellan; Wedgewood Steinzeug). Diese Amoretten erscheinen oft als Begleiter olympischer Götter, besonders natürlich von Aphrodite; ihre Anwesenheit bei der Geburt der Aphrodite gehörte zur Konvention seit der Renaissance (Botticelli, 1482; Uffizien, Florenz). Überraschenderweise findet man Putti auch auf Memento-mori-Bildern, die die Ungesichertheit des menschlichen Lebens darstellen. (nach Aghion/Barbillon/Lissarague)

Hinzugefügt habe ich
(1) Das Bild auf einer apulischen rotfigurigen Trinkschale (Skyphos) des Iliupersis Malers,
Spätklassik, 375-350 n.Chr., heute im Museum of Arts, Rhode Island School of Design
New York. Es zeigt Eros, der ephedrismos, Huckepack, mit einer Frau spielt und sie
ihrem Verehrer zutreibt, der re vor Aphrodite steht, die eine Taube in der Hand hält.
(2) Das Bild einer römischen Kopie des bogenspannenden Eros des Lysipp aus der Villa
d'Este, ,jetzt in den Musei Capitolini in Rom. Das Original aus Bronze, 4.Jh. v.Chr., stand in
Thespiai. Diese Statue gibt es auch auf Münzen. Siehe dazu
http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=50391.0
(3) Ein Bild des Ölgemäldes von Michelangelo Caravaggio (1571-1610), Amor vincit omnia
oder Der siegreiche Eros, 1598, heute in den Staatlichen Museen, Berlin.

Quellen:
- Hesiod, Theogonie
- Apollodoros, Götter und Helden der Griechen
- Platon, Symposion, Phaidros
- Aristophanes, Die Vögel (Parodie)
- Cicero, De natura deorum
- Der Kleine Pauly
- Benjamin Hederich, Gründliches Mythologisches Lexikon
- Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
- Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
- Luc Ferry, Die Weisheit der Mythen, 2009
- Aghion/Barbillon/Lissarague, Lexikon der antiken Götter und Heroen
- http://www.forumancientcoins.com/ayiyor ... aEros.html
Website von Francis Jarman und Pat Lawrence, die ich allen wärmstens ans Herz lege!
- www.theoi.com

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Fr 04.12.09 19:02
von Peter43
Der griechische Sonnengott Helios

Vor kurzem habe ich meiner Sammlung eine Münze aus Rhodos mit dem Kopf des Helios einfügen können. Und natürlich bin ich wieder den Zusammenhängen nachgegangen. Dabei beschränke ich mich hier auf den griechischen Sonnengott Helios. Zum römischen Sol wird es einen anderen Beitrag geben, obwohl ich hier auch eine römisch-imperiale Münze zeigen muß.

Die Münzen:

Karien, Rhodos, ca.205-188 v.Chr.
AR - Drachme, 2.50g
Av.: Kopf des Helios, leicht nach r.
Rv.: Rosenblüte
darüber GORGOS (Magistrat)
darunter R -O
im li Feld Bogen in Köcher
Ref.: Ashton 288; SNG Helsinki 582; SNG Copenhagen 783
SS, ungereinigt, erdene Anhaftungen
Anm.: Die Ähnlichkeit mit Alexander ist unübersehbar, selbst die Anastole fehlt nicht.

Probus, 276-282
AE - Antoninanus, 5.77g, 21.93mm
Siscia, 279, 5, Offizin
Av.: IMP CM AVR PROBVS P AVG
Büste, in imperialem Mantel, mit Strahlenkrone, in der re Hand das Adlerszepter
Rv.: SOLI INVICT - O
Sol mit Strahlenkrone, nackt bis auf Chlamys, die hinter ihm herflattert, in Quadriga nach
li. galoppierend, im li Arm die Peitsche, die re Hand zum Gruß erhoben.
Ref.: RIC V/2, Siscia 774(S); C.659 var.; Alföldi Typ 76, Nr. 120
Nicht häufig, fast EF
Anm.: Es wird auch behauptet, daß Sol mit der erhobenen Rechten die Nacht hinwegschiebt.

Mythologie:
Helios ist der Sonnengott der Griechen. Als seine Eltern gelten die Titanen Hyperion und Theia bzw. Thias. Er ist der Bruder der Eos und der Selene und ein Enkel des Uranos. Allerdings gibt es noch andere Angaben seiner Herkunft, so soll er zum Beispiel Sohn des Zeus sein, üblicherweise gilt Helios aber als Titan. Mit seiner Gattin Perseis ist 'der unermüdliche' Helios Vater der Kirke und des Aietes (Hesiod, Theogonie, 955ff.), nach anderen der Pasiphae, und mit der Klymene Vater des Phaeton. Pindar nennt als Frau des Helios die Nymphe Rhode (Olymp. 7.54ff.). Eine Enkelin ist die Medea. Homer nennt überdies die Nymphen Lampetia (= die Erhellende) und Phaetusa (= die Leuchtende) als Kinder des Helios, die er mit der Neaira gezeugt hatte. (Odyssee, 12. 131-133)

Helios fährt mit einem vierspännigen Wagen mit goldenen Zügeln während des Tages von Osten nach Westen über den Himmel. Ihm voraus eilt Eos, die Morgenröte, ihm folgt Selene. Bei Nacht kehrt er von Westen nach Osten in einer goldenen Schale durch den Okeanos zurück zum Ausgangspunkt, damit er am kommenden Morgen seine Reise wiederholen kann. In der Zwischenzeit haben ihm die Horen den Wagen gerichtet. Diesen hatte er von Zeus aus Dank für den Sieg über die Titanen erhalten. Selbst ein Titan stand er doch auf der Seite des Zeus. Die vier Pferde seines Gespannes heißen Pyroeis, Eous, Aithon und Phlegon (Ovid, Metamorphosen II,153) oder Erythraeus, Aktaeon, Lampos (glänzend) und Philogeos oder Aethon (brennend), Chronos, Astrape und Bronte oder Eos, Aethiops, Sterope und Bronte. Aus ihren Nüstern sollen sie das Licht blasen.

Als Lichtgott heilt Helios Blinde, straft aber auch Frevler mit Blindheit. Alles sieht und hört er (Homer, Ilias 3.277). So verriet Helios dem Hephaistos den Seitensprung der Aphrodite, weshalb diese sich später an den Töchtern des Helios rächte und sie zu ungebührlicher Liebe verführte. Siehe den Artikel über Hephaistos unter http://www.numismatikforum.de/ftopic11926-330.html Als Hades die Persephone entführt hatte, half er der Demeter, den Aufenthaltsort der Persephone zu finden. Siehe den Artikel über den Raub der Persephone unter http://www.numismatikforum.de/ftopic11926.html Dementsprechend war Helios auch Gott des Schwurs. Andererseits hatte er, der alles sah, zahlreiche Liebschaften und von diesen eine große Nachkommenschaft. Hederich aber meint, das käme nur daher, daß man von allen schönen Menschen sagte, sie seien schön wie die Sonne.

Phaethon:
Erzählt wird die traurige Geschichte des Phaethon, eines Sohnes des Helios und der Klymene. Er war ein begeisterter Rennfahrer und verkleidete sich oft als sein Vater Helios. Als er einmal mit Epaphos, einem Sohn des Zeus, in Streit geriet und dieser daran zweifelte, daß sein Vater der Sonnengott sei, beklagte er sich bei seinem Vater und bekam von ihm das Versprechen, daß er ihm jeden Wunsch erfüllen wolle. Da wünschte sich Phaethon, einen Tag lang den Sonnenwagen zu fahren. Trotz aller Gefahren, die Helios ihm schilderte, bestand er auf der Erfüllung seines Wunsches, bis Helios ihm nachgab. Aber als er den Wagen bestieg, merkten die Pferde sofort, daß es nicht der Sonnengott war, der sie lenkte, und begannen ihren Weg zu verlassen. Als Phaethon die Peitsche benutzte, wurden sie noch wilder. Sie rasten gen Norden, so daß Bootes vor Wärme seinen Wagen im Stich ließ, und als Phaethon den Skorpion sah, ließ er die Zügel vor Schreck ganz fahren. Da schweiften die Pferde durch alle Himmelsregionen, steckten die Wolken in Brand oder fuhren so dicht an der Erde, daß alles vor Hitze verdorrte und Wälder, Städte und Völker verbrannten. Hiervon seien die Mohren schwarz geworden und die großen Flüsse begannen zu sieden. Poseidon wollte sehen, was es über dem Wasser gäbe, mußte aber wegen der Hitze abtauchen. Tellus rief den Zeus zu Hilfe, der mit seinem Regen der Erde helfen wollte. Aber der war vertrocknet. Da schlug Zeus den Phaethon mit senem Blitz. Der Sonnenwagen zerbrach und Phaethon ertrank im Eridanos. Helios verbarg vor Trauer einen Tag sein Gesicht und wollte danach vom Sonnenwagen nichts mehr wissen. Erst die Bitten der Götter und die Drohungen des Zeus änderten seine Gesinnung, sodaß er seine Pflicht wieder erfüllte. Phaethon wurde als Fuhrmann an den Himmel gesetzt. Die Tränen seiner Schwestern aber seien zu Bernstein geworden. (Ovid, Metamorph.; Diodor; Hyginus u.a.)

Die Rinder des Sonnengottes:
Auf der Insel Trinakia (Sizilien) lebten jeweils sieben unsterbliche Herden zu je fünfzig Rindern und Schafen, die von Lampetia und Phaetusa, den Töchtern des Helios, gehütet wurden und dem Sonnengott heilig waren (Odyssee, 127-133). Teiresias und Kirke hatten den Untergang des Schiffes und der Gefährten verkündet, wenn die Herden verletzt werden würden. Aber Odysseus erlaubte die Landung und trotz des Verbotes schlachteten die Gefährten des Odysseus einige der Rinder, opferten die besten den Göttern und schmausten sechs Tage davon. Lampetie berichtet es Helios und dieser bitte Zeus um Strafe. Zeus zerschmettert das Schiff mit seinem Donnerkeil (Odyssee, 12.371-419). Die Zahl von dreihundertfünfzig Tieren entspricht dabei der Zahl eines alten Mondjahres. Darum 'war es nur natürlich, daß Helios, nachdem die Gefährten des Odysseus seine Rinder verzehrten, ihnen den Gegenwert der Rinder, die Tage, vor allem den Tag der Heimkunft, wegnahm.' (Kerenyi).

Hinzugefügt habe ich das Bild einer Marmorbüste, die Alexander als Helios zeigt. Es handelt sich dabei um die römische Kopie eines hellenistischen Originals eines unbekannten Künstlers aus dem 3.-2.Jh. v.Chr., heute in den Capitolinischen Museen in Rom. Die Ähnlichkeit mit dem Helios-Portrait aus Rhodos ist frappierend.

(wird fortgesetzt)

Verfasst: Mo 14.12.09 14:06
von Peter43
(Fortsetzung)

Hintergrund:
Die Vorstellung eines göttlichen Wesens wurde sicherlich durch das religiöse Empfinden beim Anblick der Sonne geweckt. Homer und Hesiod schildern seine Fahrt über den Himmel. Bei Homer sind es bereits feurige Rosse, bei Pindar ein Stiergespann. Wie er nachts wieder zurückkommt, bleibt unklar. Mimn. schreibt über eine Schale, in der er im Okeanos von den Hesperiden zu den Aithiopen zurückfährt. Euripides und Ovid beschreiben den Sonnenpalast. Als Zeuge aller Taten wird er zum Schwurzeugen neben Zeus. Als schöpferische Lebenskraft ist er ein Symbol des Lebens. Helios bedeutete so auch Glück, Freiheit und Kindersegen. Zwar wurde er schon bei Sophokles als Gott bezeichnet, aber er hatte eine Sonderstellung, da er nicht auf dem Olymp wohnte, und bis auf Ausnahmen keine irdischen Kultstätten hatte.
Als Eltern des Helios galten meist Hyperion und Theia. Beide waren Titanen und deshalb wurde Helios auch als Titan bezeichnet, besonders von den Römern. Kerenyi möchte in den begleitenden Frauen und in seiner Mutter die Mondgöttin erkennen. Seine Töchter, die Heliaden, wurden nach dem Tod des Phaethon (ehemals wohl ein Beiname des Helios) in Pappeln verwandelt und ihre Tränen in Bernstein. Der griechische Name HLEKTRON ist abgeleitet von HLEKTWR, einem alten Namen des Helios.

Die eigentliche Insel des Helios war Rodos. Der Mythologie zufolge war Rhodos aus dem Meer entstanden und Poseidon und seine Tochter Rhode bewachten sie. Als Zeus die Welt verteilte, hatte er Helios vergessen, weil der gerade auf seinem Weg um die Erde war. Der erbat sich daraufhin von Zeus die Insel Rhodos, die er nach Rhode benannte, die später zu seiner Gattin wurde (Pindar 7.olympische Ode). Von ihr hatte er sieben Töchter, die Heliaden. Helios war der Schutzgott von Rhodos. Ihm zu Ehren wurden dort von den Kultpriestern der Haliasten die Festspiele der Halieia begangen, bei der eine Quadriga im Meer versenkt wurde. Wer einmal in Rhodos war und dort das unglaubliche Licht erlebt hat, kann die enge Beziehung zu Helios gut verstehen! Als Demetrios I. Polyorketes 304/303 n.Chr. Rhodos belagerte, führten die Rhoder den glücklichen Ausgang der Belagerung auf die Hilfe ihres Schutzgottes Helios zurück. Ihm zu Ehren errichteten sie das riesige Standbild des Helios Eleutherias, das unter dem Namen Koloß von Rhodos eins der sieben Weltwunder war. Errichtet wurde es 290 v.Chr. von Chares, einem Schüler des Lysipp. Es hielt allerdings nicht lange. Bereits 227 n.Chr.wurde es durch ein Erdbeben zerstört und seine Trümmer konnte man noch bis ins 7.Jh.n.Chr. besichtigen.

Der Helios-Kult in Rhodos war der einzige im klassischen Griechenland. Verehrt wurde er später auf der Peleponnes, besonders auf der Burg von Korinth, in Elis, dort wurde sein Sondername Augeias zu einer eigenen Gottheit, und auch in Athen. Die Verehrung des Helios in Korinth begann aber erst im Hellenismus, als sich Griechenland immer mehr den östlichen Kulten öffnete. So muß man sagen, das Helios eher eine nichtgriechische Gottheit war. Herodot beschreibt eine Vielzahl von diesen nichtgriechischen Sonnenkulten.

Nach Platon wurden Helios und Apollon gemeinsam verehrt und etwa ab dem fünften Jh. v.Chr. waren ihre Gestalten tatsächlich mehr und mehr verschmolzen, sodaß Phoibos Apollon auch als Sonnengott galt. In Megalopolis wurden beide zusammen als Soter, Heiland, verehrt. Dazu trug bei die orphische Theokrasie, die stoische Philosophie und die aus dem Osten eindringende Astrologie. Unter deren Einfluß wurde dann unter Anlehnung an den persisch-phrygischen Mithras und den syrischen Astralgott Sol invictus zum römischen Reichsgott. Doch das ist eine andere Geschichte.

Das Rinderproblem des Archimedes:
Und wenn man schon von den Rindern des Sonnengottes spricht, dann sollte man schon dieses berühmte mathematische Problem, auch als problema bovinum bekannt, hier zumindestens erwähnen und beschreiben.

1733 veröffentlichte Lessing, der Bibliothekar der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel war, die Übersetzung eines griechisches Gedichts, das ein mathematisches Problem beschrieb. Es forderte den Leser auf, die Anzahl der Rinder in der Herde des Sonnengottes zu finden. Im Titel des Gedichts wird Archimedes genannt und es wird gesagt, daß er es in einem Brief an Eratosthenes gesandt habe, damit es die Mathematiker in Alexandria untersuchen sollten. Diese Behauptung allerdings wird bezweifelt, da dieses Problem bei griechischen Mathematikern niemals erwähnt wird.

Berechne, o Freund, die Anzahl der Rinder des Sonnengottes, die einst grasten
auf den Ebenen Siziliens, eingeteilt nach ihrer Farbe in vier Herde, eine milch-
weiß,eine schwarz,eine gefleckt und eine gelb. Die Zahl der Bullen ist größer
als die Zahl der Kühe, und die Verhältnisse zwischen ihnen sind folgendermaßen:
(1) Die weißen Bullen sind die Hälfte und ein Drittel der schwarzen Bullen plus die Zahl der gelben Bullen.
(2) Die schwarzen Bullen sind ein Viertel und ein Fünftel der gefleckten Bullen plus die Zahl der gelben Bullen.
(3) Die gefleckten Bullen sind ein Sechstel und ein Siebtel der weißen Bullen plus die Zahl der gelben Bullen.
(4) Die weißen Kühe sind ein Drittel und ein Viertel der schwarzen Herde.
(5) Die schwarzen Kühe sind ein Viertel und ein Fünftel der gefleckten Herde.
(6) Die gefleckten Kühe sind ein Fünftel und ein Sechstel der gelben Herde.
(7) Die gelben Kühe sind ein Sechstel und ein Siebtel der weißen Herde.
Wenn Du, o Freund, die Anzahl jeder Art von Bullen und Kühen nennen kannst, dann bist Du kein Anfänger in Zahlen, aber immer noch nicht von hohem Verstand. Bedenke nämlich, daß es noch folgende Beziehungen unter den Bullen des Sonnengottes gibt:
(8) Weiße Bullen plus schwarze Bullen bilden eine Quadratzahl.
(9) Gefleckte Bullen plus gelbe Bullen bilden eine Dreieckszahl.
Wenn Du auch dies erechnet hast,o Freund, und die Gesamtzahl der Rinder
gefunden hast, dann jubele als Sieger, weil Du Dich als höchst bewandt mit Zahlen erwiesen hast.

Versucht bloß nicht, dieses Problem zu lösen. Es wurde mit Hilfe von Großcomputern erst 1965 von Mathematikern der Universität Waterloo in Ontario gelöst. Es handelt sich um ein sogenanntes Diophantisches Gleichungssystem und die kleinste Lösung hat 206.544 Dezimalstellen!

Hinzugefügt habe ich
(1) das Bild eines Auschnitts einer attischen rotfigurigen Vasenmalerei der Hochklassik eines unbekannten Malers, heute im Britischen Museum, London. Helios (vielleicht auch Phaeton) fährt den Sonnenwagen in die Morgendämmerung.
(2) das Bild einer attischen rotfigurigen Vasenmalerei des Eleusinischen Malers aus der Spätklassik, ca.350 n.Chr., heute in der Eremitage in St.Petersburg. Sie zeigt die Schale, in der Helios jede Nacht von Sonnenuntergang im Westen um den Okeanos herum nach Osten segelt, um rechtzeitig zum Sonnenaufgang wieder zurück zu sein. Hier sitzt allerdings Herakles in der Schale, die er von Helios geliehen hatte, um zu den Rindern des Geryon zu gelangen.
(3) ein Bild des Ölgemäldes 'Helios und Phaeton mit Saturn und den 4 Jahreszeiten' von Nicolas Poussin, entstanden 1629-1630, heute in den Gemäldegalerien Berlin. Wir sehen Phaeton, der vor seinem Vater Helios kniet und um den Sonnenwagen bittet. Helios ist dargestellt als jugendlicher Apollo mit der Lyra.

Quellen:
- Apollodor, Bibliothek
- Benjamin Hedrich, Gründliches mythologisches Lexikon
- Der Kleine Pauly, Helios
- Head, Historia Numorum
- http://de.wikipedia.org/wiki/Rinderprob ... Archimedes
- http://home.arcor.de/angelion/koloss/koloss1.html
- www.theoi.com

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Mo 14.12.09 14:13
von Peter43
Aphrodite Stratonikis

Münze:
Ionien, Smyrna, ca.175- v.Chr.-85 v.Chr.
AE 16, 4.29g, 16.3mm
geprägt unter dem Magistrat Heras
Av.: Kopf der sipylenischen Kybele mit Mauerkrone
Rv. SMYRNAIWN / HRAC
Statue der Aphrodite Stratonikis, in langem Chiton und mit Kalathos, n.r. stehend, ruht
mit dem li Arm auf kurzer Säule und hält in der li Hand kleine Nike, die n.l. steht und in
der erhobenen Rechten einen Kranz hält; zwischen ihr und der Säule ein Szepter.
Ref.: SNG Copenhagen 1187 var.
S+/fast SS, dunkelgrüne Patina

Geschichte:
Stratonike I. (317 v. Chr.-254 v. Chr.?) war die einzige Tochter des Königs Demetrios I. Poliorketes aus seiner ersten Ehe mit der Phila, der Tochter des Reichsverwesers Antipatros. Stratonike wurde 300 v. Chr. mit Seleukos I. Nicator vermählt und wurde so zur Seleukiden-Königin. Seleukos überließ 293 v. Chr. Stratonike seinem Sohn Antiochos I. Soter zur Frau, da dieser nach der Überlieferung durch die Liebe zu ihr (seiner sieben Jahre jüngeren Stiefmutter) schwermütig und krank geworden sei. Es wird folgende Geschichte kolportiert: Als der Arzt Erasistratos Antiochos untersuchte, betrat Stratonike, die junge Gattin des Königs, das Gemach und Erasistratos erkannte aus dem beschleunigten Puls seines Patienten, daß kein körperliches Leiden, sondern die Liebe zur unerreichbaren Stiefmutter die Krankheitsursache war. Daher überließ ihm sein Vater seine junge Frau und das Reich. Stratonikes Sohn Antiochos II. regierte als Nachfolger seines Vaters Antiochos I. von 261 v.Chr. bis 246 v.Chr.

Der Kult der Aphrodite Stratonikis wurde von Antiochos II. auf Anraten des delphischen Orakels für seine 254 v.Chr. verstorbene Mutter Stratonike eingerichtet. Seine Blüte erlebte der Kult in der hellenistischen Zeit. Der Höhepunkt war wohl als auf Antrag des Seleukos II. 242 v.Chr. ihr Tempel - und mit ihm die ganze Stadt - durch das Orakel von Delphi für hieron kai asylon, heilig und unverletzbar, erklärt wurde.

Daß Königinnen als Göttinnen und besonders als Aphrodite verehrt wurden, ist in der Antike nicht ungewöhnlich. Ich erinnere nur an Julia, die Tochter des Augustus, die als Aphrodite Geneteira/Venus Genetrix verehrt wurde, an Teos, die Frau des Attalos I. von Pergamon, oder an Arsinoe, die Tochter des Ptolemaios I. und der Berenike I.

Ikonographie:
Auf den Münzen, geprägt ab ca. 170 v.Chr., erscheint Aphrodite Stratonikis in einem langen Chiton und mit einem Kalathos auf dem Kopf; sie hält ein Szepter in der Rechten und eine Nikestatue in der Linken, wobei sie die Linke auf eine Säule stützt. Dies entspricht also der Darstellung der Aphrodite Nikephoros, wie wir sie z.B. auch aus Skepsis in der Troas kennen.
Bei den frühen Stücken (170 v.Chr.-ca.85 v.Chr.) ist sie nach re gewandt, ab 85 v.Chr. dann von frontal gesehen. Ab 75 v.Chr. kommt als weiteres Attribut eine Taube re im Feld hinzu. Diese Darstellung gibt offensichtlich das im Tempel aufgestellte Kultbild der Göttin wieder.
Taube und Kalathos sind bekannte Attribute der Aphrodite;, die Nike ist ihr wohl in Anlehnung an den Namen der Stratonike beigegeben. Die Säule hat keine weitere kultische Bedeutung.; sie war wohl bei einem Kultbild wie diesem notwendig, um den ausgestreckten Arm mit der darauf lastenden Nikestatue zu stützen. Das kennen wir von vielen anderen Statuen.

Ende des Kultes:
Während dieser Typus der Aphrodite Stratonikis bis 14 n.Chr. sehr häufig ist, kommt er später überhaupt nicht mehr auf Münzen vor. Das Nachlassen des Interesses für den Kult der Aphrodite Stratonikis hatte sicher nichts mit der Überprüfung der Asylien unter Tiberius 22 n.Chr. zu tun; Smyrna durfte sein Asylrecht behalten, das jetzt aber nicht mehr für die ganze Stadt galt, sondern auf den eigentlichen Temenos beschränkt wurde. Nach der Verleihung der ersten Neokorie unter Tiberius wurde jedoch offensichtlich der neue Kaisertempel das wichtigste Heiligtum der Stadt und drängte den Kult für die seleukidischen Königin zurück. Auch als Asylon verlor der Tempel der Aphrodite Stratonikis gegenüber dem neuen Heiligtum an Bedeutung, da Kaisertempel und -statuen grundsätzlich als Asyle galten (Cass. Dio47, 19, 2; Sen. de clem. 1, 18, 2; Tac. ann. 3, 36,1)

Die sipylenische Kybele:
Kybele ist die einzige Gottheit, deren Bild im Hellenismus wie in der römischen Kaiserzeit gleichermaßen häufig auf den Münzen erscheinen. Sie wurde in Smyrna unter dem Namen Meter Sipylene verehrt. Dieser Beiname weist auf den Sipylos hin, das Smyrna überragende Gebirge, als dessen Beherrscherin die Göttin galt und wo sie schon in vorgriechischer Zeit besondere Verehrung genoß. Die Muttergöttin wurde von den Griechen übernommen und Smyrna einer der Hauptsitze ihres Kultes. Ulpian zählt die Mater Deorum Sipylene in Smyrna unter den wenigen Gottheiten auf, denen eine Erbschaft übertragen werden durfte(!). Auf Grund ihrer überragenden Bedeutung für Smyrna wird die Büste auf der Vs. unserer Münze auch oft für Kybele gehalten und nicht für eine eher gewöhnliche Stadtgöttin (Tyche).

Kunstgeschichte:
Das Thema des liebeskranken Königsohns haben zahlreiche Maler aufgegriffen, darunter Antonio Bellucci (1654-1726), Jean-August-Dominique Ingres (1780-1867) und andere. Es war bereits im Mittelalter beliebt (z.B. Meister der Stratonike, um 1490). Hinzugefügt habe ich das Bild von Jacques-Louis David (1748-1825), Antiochus et Stratonice, 1774, heute in der Ecole Nationale Superiere des Beaux-Arts in Paris..

Quellen:
Dietrich O.A.Klose, Die Münzprägung von Smyrna in der römischen Kaiserzeit, 1987
Wikipedia

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Di 05.01.10 14:30
von Peter43
Gordios - der Gründer von Gordion

Nach einer längeren Pause (ich bin immer noch beschäftigt mit Nikopolis und Markianopolis!) möchte ich wieder einmal eine Münze vorstellen, die auf eine interessante Mythologie hinzuweisen scheint. Dank dafür an archivum vom amerikanischen Forum, der mich auf diese Spur gebracht hat. Dazu gehört auch, daß er mich hinwies auf Louis Robert, der auf einer Stele von Thiounta in Phrygien Gordios mit seinem Ochsenkarren sehen will.

Die Münze:
Thrakien, Tomis, Septimius Severus, 193-211
AE 26, 10.81g, 26.15mm, 195°
Av.: AV K.L. CEPTI - CEVHROC
Büste, drapiert und cürassiert, belorbeert, n.r.
Rv.: MHTRO - P - P - ONTOV TO - MEWC (von 12h bis 9h im Uhrzeigersinn)
Zweirädriger Karren von einem n.l. schreitenden Ochsen gezogen; im Wagen ein Mann
n.r. sitzend, bärtig, barhäuptig, in Himation(?), Oberkörper und Kopf n.l. gedreht und die
Rechte nach vorne ausgestreckt, die Linke angewinkelt; davor eine Frau im
Doppelchiton n.l. schreitend, den Kopf nach hinten gedreht, mit der Rechten einen
Gegenstand (Stange) schulternd, die Linke nach hinten erhobend.
im oberen Feld Delta (für Tetrassarion)
Ref.: a) nicht in AMNG:
Rs. AMNG I/2, 2756 (Abb.)
AMNG I/2, 2757 (Legende)
Vs. AMNG I/2, 2757
b) Varbanov (engl.) 4845 var. (= AMNG 2757)
S/S+, braune Patina

Dies ist ein Typ, der in Tomis von Marcus Aurelius bis Philipp II. (mit Ausnahme von Macrinus und Diadumenian!) regelmäßig vorkommt. Da die Darstellung sehr konstant ist, vermutet Regling, daß es sich dabei um die Kopie eines Monuments handelt. Eine Erklärung für das Bild hat er nicht gefunden. Er hält es für eine lokale Mythe. Aber vielleicht haben wir die Lösung gefunden!

Was haben wir hier?
(1) eine einfache Karre, die von einem Ochsen gezogen wird.
(2) einen einfach gekleideten, bärtigen Mann, der auf dieser Karre sitzt
(3) eine Frau mit einer Stange(?) auf der Schulter, die vor der Karre hergeht
Mit diesen 3 Essentials führt ein direkter Weg zu Gordios! Hier ist seine Mythologie:

Mythologie:
Gordios (oder Gordias) ist ein Königsname in der mythologischen Vorgeschichte von Phrygien. In der mythologischen Zeit wechselt dieser Name abwechselnd mit Midas, so daß einmal Midas der Sohn des Gordios, das andere Mal Gordios der Sohn des Midas ist.

Der erste Gordios war ein armer Bauer aus Makedonien, der letzte Abkömmling der Königsfamilie der Bryger. So hießen die Phryger, als sie noch mit den Makedoniern zusammen siedelten (Herodotus VII, 73). Er besaß nur 2 Ochsen, einen zum Arbeiten, den anderen zum Transport (Arrian II, 3). Eines Tages, als er pflügte, kam ein Adler und setzte sich auf das Ochsenjoch und blieb dort bis zum Abend. Gordios war verwundert über diese Erscheinung und interpretierte sie als Zeichen dafür, daß er einmal König werden würde. Er machte sich auf den Weg nach Telmissos, um einen dortigen Wahrsager zu befragen, der für seine Kunst gefeiert wurde. Kurz vor den Stadttoren traf er ein Mädchen aus Telmissos, die selbst eigene prophetische Kraft hatte. Er berichtete ihr von den seltsamen Vorgängen und sie gab ihm den Rat, in Telmissos dem Zeus-Sabazios Opfergaben zu bringen.

"Laß mich mit Dir kommen, Bauer", sagte sie, "damit es sicher ist, daß Du die richtigen Opfer bringst". "Jedenfalls", antwortete Gordios, "scheinst Du mir eine weise und besonnene junge Frau zu sein. Wilst Du mich heiraten?" "Sobald wir die die Opfer gebracht haben", antwortete sie.

Und sie begleitete ihn in die Stadt und gab ihm die nötigen Anweisungen, die man bei Opfern beachten mußte. Danach nahm Gordian sie zur Frau und sie gebar ihm den Midas.

Es gibt übrigens auch die Sage, daß Midas von Gordios mit Unterstützung von Kybele, der Großen Mutter von Phrygien, adoptiert worden sei, und erst später zu seinem Sohn gemacht wurde.

Als Midas erwachsen war, kam es zu schweren inneren Unruhen in Phrygien und sie merkten plötzlich, daß sie ohne König waren. Da befragten sie das Orakel und erhielten die Antwort, daß eine Karre ihnen einen König bringen werde, der ihren Unruhen ein Ende machen würde. Während das Volk noch über die Bedeutung dieses Spruches diskutierte, erschien unvermittelt Gordios mit seiner Frau und seinem Sohn in einem Ochsenkarren unter ihnen. Das Volk erkannte ihn sofort als die Person, die das Orakel beschrieben hatte, und machten ihn zu ihrem König.

Nach Arrian (Anab. II, 3) machten die Phryger Midas zu ihrem König, während nach Justin (XI, 7) und anderen Gordios selbst zum König gemacht wurde, während Midas sein Nachfolger war.

Gordios gründete Gordion und weihte die Karre und das Joch, mit dem die Ochsen befestigt waren, dem Zeus auf der Akropolis von Gordion. Das Kultzentrum hatte sich also bereits von Telmissos nach Gordion verschoben. Das Joch war mit einem komplizierten Knoten befestigt und ein Orakel verkündete, daß derjenige, dem es gelänge, diesen Knoten zu lösen, ganz Asien, was damals Anatolien war, beherrschen würde. Man nimmt an, daß der Name des Dionysos in diesen Knoten geknüpft war. Dies war der berühmte ''Gordische Knoten'.

Jeder kennt die Geschichte von Alexander dem Großen, der 333 v.Chr. nach Gordion kam, und den Knoten mit seinem Schwert durchschlug. Dies wurde von den Priestern als Lösung anerkannt und der Orakelspruch erfüllte sich.

Interpretationen:
Der Knoten mag tatsächlich eine religiöse Knoten-Chiffre gewesen sein, die von Gordian/Midas Priestern und Priesterinnen bewacht wurde. Robert Ranke-Graves nahm an, daß er den unaussprechlichen Namen des Dionysos symbolisiert hat, der wie eine Code in den Knoten eingeknüpft war, und durch die Generationen von Priestern hindurch überliefert und nur den Königen von Phrygien offenbart wurde.
Anders als Märchen haben wirkliche Mythologien nur wenige völlig zufällige Elemente. Diese Mythologie als Ganzes genommen scheint gestaltet zu sein, um einem Dynasteiwechsel in diesem zentralanatolischen Königreich Legitimität zu verleihen. So beendete Alexanders `brutales Zerschlagen des Knoten' eine alte Fügung. Die Ochsenkarre scheint auf eine längere Reise hinzuweisen, als nur auf eine lokale Reise, vielleicht damit verbindend Gordias/Midas mit der bescheinigten Ursprungsmythe in Makedonien, die Alexander mit Sicherheit gekannt haben wird. Von der Mythologie aus zu folgern war die neue Dynastie offensichtlich nicht undenklich alt, sondern hatten ihre Ursprünge in einer lokalen, aber nichtpriesterlichen, 'outsider' Klasse, die weithin in Erinnung waren. Diese wurden parallel repräsentiert durch griechische Berichte von einem eponymen Bauern 'Gordias' oder dem lokal-bestätigten authentischen phrygischen 'Midas' in seinem Ochsenkarren. Andere griechische Mythologien legitimieren Dynastien durch das Recht der Eroberung, aber das legitimierende Orakel in dieser Mythologie weist darauf hin, daß die vorangehende Dynastie ein Geschlecht von Priesterkönigen gewesen ist, die verbündet war mit der unbekannten Orakelgottheit (Wikiopedia).

Hinzugefügt habe ich folgendes Bild:
Jean-Simon Berthelemy (1743-1811), Alexander zerschneidet den Gordischen Knoten, Paris, Ecole de Beaux-Arts

Quellen:
(1) Herodot, VII
(2) Arrian, Alexandri Anabasis II

Literatur:
(1) William Smith, Dictinary of Greek and Roman Biography and Mythology, 1867
(2) Robert Ranke-Graves, Griechische Mythologie, 1955, §83d.
(3) Louis Robert, "Les dieux des Motaleis in Phrygie," Journal des savants 1 (1983),
45-63 , 51, n. 16
(4) Wikipedia

Mit freundlichem Gruß

Re: Mythologisch interessante Münzen

Verfasst: Mi 21.07.10 17:07
von Peter43
Minos

Wie fast immer in diesem Thread ist die abgebildete Münze nur der Aufhänger, der dem Einstieg in das eigentliche Thema dient. So auch hier. Die abgebildete Münze ist leider in einem sehr schlechten Zustand. Aber sie ist sehr selten und die Inschrift und die wesentlichen Attribute sind noch zu erkennen.

Münze
Phönikien, Gaza, pseudoautonom, Zeit des Hadrian
AE 13, 3.01g, 12.86mm, 0°
geprägt 131/132 n.Chr.
Av.: Minos in kurzem Chiton, frontal stehend, Kopf n.l., in der erhobenen Rechten langen
Zweig, im li Arm Speer
re MEINW
Rv.: Heiliger Baum
li [GAZA G], re E.BYR
im re unteren Feld phönikisch Mem (Symbol für Marnas, Stadtgott von Gaza)
Selten, noch S
Ref.: Yashin no.312; SNG ANS Palestine 913 var.
Pedigree:
ex Coin Galleries NYC Mail Bid 22.2.1992, Lot 244

Zur Datierung:
Gaza benutzte 2 verschiedene Datierungen:
(1) die Datierung nach der Ära von Gaza. Der Beginn war 61 v.Chr., nach der Reise des Pompejus durch Palaestina im September 61, also eine Variante der pompejanischen Ära.
(2) die Datierung nach dem Besuch (epidemia) des Hadrian 129 n.Chr.
Zur Zeit des Hadrian befinden sich häufig beide Datierungen auf der Münze, die 2. in der Regel mit EPI bezeichnet.
Auf dieser Münze ist die Datierung nur schwierig zu identifizieren. Beim Abgleich mit den Beschreibungen von Yashin, S.72, spricht vieles für E.BYR. E ist die Abkürzung von EPI, BYR ist 192. Dabei ist das Y eine andere Schreibweise für das Koppa, dem griech. 100. Dann ist es 192 = 131/132 n.Chr., was ich für diese Münze übernommen habe. Das Gamma für die 3. Epidemia des Hadrian ist leider nicht zu erkennen.

Mythologie:
Es kann gut sein, daß es tatsächlich zwei verschiedene Personen mit dem Namen Minos gibt: Minos I, den Großvater, und Minos II, den Enkel. Indiz dafür ist, daß sie zwei völlig verschiedene Charaktere haben, die fast unvereinbar erscheinen. Es ist aber auch möglich, daß die späteren Mythen, die einen charakterlich eher zweifelhaften Charakter schildern, aus der Sicht der Athener stammen, die aus Gründen, die wir kennenlernen werden, interessiert daran waren, Minos nicht zu gut davonkommenzulassen. Ich habe mich der Übersichtlichkeit wegen dazu entschieden, der Auffassung von Hederich und Roscher zu folgen, und Minos in zwei verschiedene Personen aufzuspalten.

Minos der Ältere:
Minos war nach Homer ein Sohn des Zeus und der Europa. Er war der erste dieses Namens und nicht zu verwechseln mit Minos dem Jüngeren, seinem Enkel. Er herrschte in Apollonia auf Kreta. Ob er selbst aus Kreta stammte oder von außerhalb auf diese Insel gekommen ist, ist streitig. Jedenfalls war er König von Kreta und vermählt mit Itone, der Tochter des Lykos. Er war Vater des Lykastos und der Akakallis, in die sich Apollo und Hermes verliebten. Er war berühmt wegen seiner guten und gerechten Gesetze, mit der er seine Untertanen regierte. Diese Gesetze will er von Zeus selbst empfangen haben. Alle neun Jahre stieg er dazu in eine tiefe Höhle. Diese soll sich im Ida-Gebirge befunden haben. Als er starb wurde auf sein Grab geschrieben ΜΙΝΟΣ ΤΟΥ ΔΙΟΣ ΤΑΦΟΣ. Als der Name Minos mit der Zeit verschwand und nur noch ΤΟΥ ΔΙΟΣ ΤΑΦΟΣ übrigblieb, behaupteten die Kreter, daß bei ihnen Zeus begraben sei.
Nach seinem Tode wurde er wegen seiner Gerechtigkeit zusammen mit seinen Brüdern Rhadamanthys und Aiakos als Totenrichter eingesetzt. Er aber war der vornehmste unter ihnen, der bei Streitigkeiten die Entscheidung fällte. Er thront dort mit einem Szepter in der Hand und richtet über die Taten der Schatten. Die Bösen müssen in den Tartaros, die Guten schickt er zu den eleysinischen Gefilden. Eine Urne in der Hand enthält ihre Schicksale.
Allerdings halten ihn einige für nicht so gerecht, weil er die Britomartis mit seiner Leidenschaft verfolgte. Britomartis war eine Nymphe und Jägerin auf Kreta, die von Artemis besonders geliebt wurde. In diese verliebte sich Minos und verfolgte sie durch die Berge und Eichenwälder Kretas. Nach einer neunmonatigen Jagd hatte er sie auf einer Klippe im Diktegebirge gestellt. Da sprang sie von der Höhe hinab ins Meer, wo sie von Fischern in ihren Netzen gerettet wurde. Artemis erhob sie zur Göttin. Dies könnte aber auch Minos der Jüngere gewesen sein, von dem bekannt ist, daß er jungen Mädchen nachstellte.

Minos der Jüngere:
Minos der Jüngere war der Sohn des Lykastes und damit der Enkel des älteren Minos, obwohl ihn einige auch für einen Sohn des Zeus halten. Jedenfalls war es dieser Minos, der Pasiphae, die Tochter des Helios, zur Frau hatte. Seine Kinder waren Androgeos, Deukalion, Glaukos, Phaidra, Ariadne u.a. Zum Zeichen, daß ihm die Regierung von den Göttern gegeben sei, behauptete er, daß sie ihm jede seiner Bitten erfüllten. Und er bat den Poseidon um einen Stier zum Opfern. Dieser erfüllte seine Bitte und schickte ihm einen ungewöhnlich schönen Stier, den Minos aber behielt und ihm dafür einen geringeren opferte. Um sich zu rächen, erweckte Poseidon in Pasiphae eine leidenschaftliche Liebe zu diesem Stier. Minos hatte den berühmten Künstler und Erfinder Daidalos nach seiner Verbannung aus Athen bei sich aufgenommen. Der baute für Pasiphae eine Kuhattrappe, so daß es zu einer Vereinigung mit dem Stier kommen konnte, aus der das Ungeheuer Minotaurus hervorging. Um den Minotauros wegzusperren, baute Daidalos dem Minos das berühmte Labyrinth. Als aber Minos dahinterkam, daß Daidalos an der Kuppelei beteiligt war, ließ er ihn zusammen mit seinem Sohn Ikaros in einem Turm einschließen. Aus diesem konnten sie sich befreien, indem Daidalos Flügel baute, mit denen sie davonflogen.

Androgeos, der Sohn des Minos, hatte sich nach Athen begeben, um an den dortigen Kampfspielen teilzunehmen. Zu der Zeit war Aigaios König in Athen. Weil nun Androgeos dort alle Kämpfe gewann taten sich die Söhne des Pallas mit ihm zusammen. Pallas, ein Sohn des Aigaios, war einst von seinem Bruder aus Athen vertrieben worden war. Da bekam Aigaios Angst um seinen Thron und ließ ihn ermorden. Das führte zu einem schweren Krieg mit Minos. Minos kam mit einer großen Flotte aus Kreta nach Griechenland und belagerte zunächst die Stadt Nisa, bei deren Eroberung ihm Skylla, die Tochter des Königs Nisos, half (übrigens eine andere Skylla als die odysseische!). Athen selbst zu erobern gelang ihm nicht. Da rief er die Götter zu hilfe und die schickten Hunger und Pest, sodaß die Athener kapitulierten. Zur Strafe für den Mord mußten sie von da an jedes Jahr sieben Knaben und sieben Mädchen dem Minotauros zum Verschlingen schicken, bis Theseus dem grausamen Tribut ein Ende setzte.
Minos herrschte in Knossos und mithilfe seiner Seemacht über große Teile des Mittelmeeres. So wird er auch zur Gründerfigur von Gaza geworden sein, das nach ihm auch Minoa genannt wurde.

Er war berüchtigt dafür, daß er jungen Mädchen nachstellte. Aber Pasiphae hatte ihm aus Eifersucht das Sperma vergiftet, sodaß es nur aus Ottern und Skorpionen bestand und alle seine Liebschaften qualvoll starben. Einzig Prokris überlebte.

Die Beleidigung, die ihm durch Daidalos angetan worden war, konnte er nie vergessen. So machte er sich endlich mit einer mächtigen Flotte auf die Suche nach ihm, der inzwischen bei König Kokalos auf Sizilien lebte. Dazu hatte sich Minos einen Trick ausgedacht. Er führte eine Tritonsmuschel (eigentlich eine Meeresschnecke) mit sich und versprach demjenigen großen Lohn, dem es gelänge, einen Leinenfaden durch diese Muschel zu ziehen. Als er nach Kaminos zu König Kokalos auf Sizilien kam, gab dieser die Muschel dem Daidalos. Der bohrte ein kleines Loch in die Spitze, bestrich den Spiralengang mit Honig und ließ eine Ameise einen Seidenfaden durch die Muschel ziehen, an dessen Ende ein Leinenfaden geknüpft war. Da wußte Minos, daß er jetzt Daidalos gefunden hatte, und verlangte seine Herausgabe. Doch die Töchter des Kokalos wollten Daidalos nicht herausgeben, weil er ihnen schöne Spielzeuge gemacht hatte, und deshalb erstickten sie Minos mit heißem Wasserdampf, als der im Bad saß. Er wurde prunkvoll beerdigt und fand seine letzte Ruhe im Tempel der Aphrodite in Kaminos, wurde aber später nach Kreta gebracht.

Hintergründe:
Minos war ein sagenberühmter kretischer König, nach dem die Archäologen zurecht die kretische Kultur des 3.Jt. bis zum Ende des 2.Jt. als minoisch bezeichnen. Ob Minos aber wirklich der Name eines Königs gewesen ist, oder eine Art von Königstitel, da es mehrere Könige mit diesem Namen gab, ist nicht endgültig geklärt. Er galt in der Antike als Idealtyp eines Königs (bezieht sich natürlich auf den älteren Minos!), der durch die immer wiederkehrenden Gespräche mit Zeus zur sittlichen Tüchtigkeit erzogen wurde, was sich in seiner Gesetzgebung gegenüber seinen Untertanen widerspiegelte. Als Ort der Zusammenkunft wird meistens die Zeusgrotte auf dem Ida genannt.

Minos war im Besitz einer großen Flotte und galt als erster Seebeherrscher. Ihm gelang es, die karischen Seeräuber von den Kykladen zu vertreiben, er besiedelte viele Inseln und setzte seine Söhne als Statthalter ein. Er beherrschte nicht nur die Aegeis, sondern viele Gründungen mit dem Namen Minoa deuten auch auf Gebiete außerhalb der Kykladen.

Die Mythologie um Minos bewahrt das Andenken an die Bedeutung der minoischen Kultur für Kreta und Griechenland. Ein vollständiges Gesamtbild kann sie aber nicht liefern. So findet sich z.B. keine Spur von dem femininen, phäakenhaften Wesen der minoischen Welt (Pauly). Die Feldzüge nach Attika oder Sizilien brauchen keine sagenhaften Erfindungen zu sein. Sie zeigen die Bedeutung der Thalassokratie, die kein geschlossenes Reich benötigt. Athen, der große Gegenspieler Kretas, nahm den Künstler Daidalos, der sicherlich eine kretische Figur ist, für sich in Anspruch und suchte auch sonst durch die Betonung grausamer Handlungen den Ruf seiner hohen Gerechtigkeit abzuwerten, was ihm aber nicht endgültig gelang, was seine Rolle als Totenrichter beweist (Pauly).

Minos und Gaza
Gaza rühmte sich einer engen Beziehung zu Minos. Nach Stephanos von Byzanz machten Minos, Aiakos und Rhadamanthys von Kreta aus einen Zug nach Phönikien, nahmen dabei Gaza ein und nannten es um in Minoa. Es gibt allerdings auch die Behauptung, daß Minoa vom aramäischen 'marlu' (= Hafen) stammen soll.
Die Beziehung zu Griechenland wird auch gestützt durch die Übernahme des attischen Münzstandards. Die abgebildete Münze zeigt auf der Rs. einen heiligen Baum. Nach Yashin ist es die immergrüne Platane von Gortyna in Kreta. Unter der fand der Sage nach die Vereinigung des Zeus mit Europa statt. So soll auch Marnas, der Stadtgott von Gaza, mit Zeus verschmolzen sein. Dabei handelte es sich um Zeus Kretagenes, den kretischen Zeus.

Kunstgeschichte:
Hinzugefügt habe ich das Bild des Minos von Michelangelo aus der Sixtinischen Kapelle. Was auffällt ist, daß Minos von einer Schlange umwunden wird. Das hat folgende Bewandtnis: Baigio da Cesena, der päpstliche Zeremonienmeister hatte Michelangelos Werk kritisiert, indem er sagte, daß nackte Figuren keinen Platz an einem solch heiligen Platz hätten, sondern eher in eine öffentliche Kneipe paßten. Als er sich beim Papst beklagte, antwortete der, er sei nicht der Richter über die Hölle und das Gemälde habe so zu bleiben. Daraufhin porträtierte Michelangelo ihn als Minos mit Eselsohren und von einer Schlange umwunden. Die Anzahl der Windungen zeigt den Kreis der Hölle an, in dem der Betroffene sich befindet. Der Biß der Schlange nach den Genitalien des de Cesena zeigt Michelangelos Ablehnung des Baigio und natürlich wird der wütend gewesen sein.

Das zweite Bild zeigt den sog. Thron des Minos in Knossos.

Quellen:
- Homer, Odyssee XI, 568-571
- Apollodor, Bibliotheka III, 3-20, 197-211; IV, 7-15
- Ovid, Metamorphosen VII 456-490; VIII, 6-292
- Stephanos von Byzanz, Ethnika

Literatur:
- Benjamin Hederich, Gründliches Mythologisches Lexikon
- Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
- Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
- Roscher, Mythologie
- Der Kleine Pauly
- Chaim Yashin, From Ascalon to Raphia, 2007

Andere Artikel, die sich mit diesem Thema beschäftigen:
(1) Ariadne
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=285
(2) Herakles und der Kretische Stier
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=360
(3) Apollo mit Doppelaxt
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=210
(4) Io/Hathor (und Marnas)
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=360

Mit freundlichem Gruß

Re: Mythologisch interessante Münzen

Verfasst: So 15.08.10 17:48
von Peter43
Wieder an den Schluß des Threads verschoben!

Re: Mythologisch interessante Münzen

Verfasst: Mo 16.08.10 01:03
von Peter43
Wäre nett, mal wieder einen Kommentar zu lesen. Kritik, Hinweise auf Fehler oder Verbesserungsverschläge wären auch schön.

Mit freundlichem Gruß

Re: Mythologisch interessante Münzen

Verfasst: Mo 16.08.10 16:13
von Uncia
Ich hab mich immer nicht getraut deine interessanten Beiträge zu unterbrechen.
Aber ich tu es jetzt mal für ein großes Lob ;)
Das hast du dir nämlich verdient. Es macht sicher eine Menge Arbeit uns diese kurzweiligen, gut recherchierten und interessanten Beiträge zu präsentieren. Vielen Dank dafür.
Fehler sind mir nicht aufgefallen, Verbesserungsvorschläge hab ich auch nicht. Aber ich werde mich nicht zurückhalten, wenn mir in Zukunft etwas auffallen sollte.

Gruß Uncia

Re: Mythologisch interessante Münzen

Verfasst: Mo 16.08.10 16:42
von kc
Und ich würde mich nicht trauen überhaupt Kritik an diesem Meisterwerk zu äußern, zumal es aus meiner Sicht gar nichts zu bemängeln gibt. Sehr gut gemacht, danke!!!

Grüße

kc

Re: Mythologisch interessante Münzen

Verfasst: Mo 16.08.10 16:48
von PeterI
Wenn ein Buch draus wird, dann will ich sofort eins und bitte mit Signatur.
Grüße