El/Kronos von Byblos
Jede neue Münze ist für mich immer ein Abenteuer, in das ich mich stürze. Und jedesmal tut sich dann ein neues Universum auf - wie man es auch bei dieser Münze sehen kann.
Münze:
Phönikien, Byblos, 1.Jh. v.Chr.
AE 22, 8.44g, 22.16mm, 315°
Av.: Büste der Stadtgöttin (Tyche), drapiert und verschleiert, mit Mauerkrone, n. r.
Rv.: (Legende nicht lesbar)
El/Kronos, nackt, frontal stehend, Kopf n.l., mit 3 Flügelpaaren (ausgebreitet an Schultern
und Becken, 1 Paar gesenkt), in der vorgestreckten Rechten Szepter
Ref.: BMC 97, 13; SNG Copenhagen 135
Selten, S+, fast schwarze Patina
Pedigree:
ex M&M, Basel, 14.2.1972
Anm.: Diese Rückseite ist auch bekannt von Münzen des Antiochos IV. Epiphanias (Houghton 696), des Alexander I. Balas (Lindgren 1811) und von Augustus (RPC 4526). Bei diesen besteht die Rs.-Legende aus dem Ethnikon BYBLIWN und einer Jahreszahl, bei Augustus z.B. LL (Jahr 30 der pompejanischen Stadtära). Deshalb wird die Rs.-Legende dieser Münze ähnlich lauten.
Byblos:
Byblos, das heutige Jabal im Libanon, etwas nördlich von Beirut, ist einer der Mitbewerber (z.B. mit Jericho) um den Titel "älteste ständig bewohnte Stadt der Welt". Nach phönikischer Überlieferung wurde es von El/Kronos gegründet, der es auch mit Mauern umgab. Selbst die Phöniker betrachteten Byblos bereits als uralte Stadt. Ihre Anfänge sind unbekannt, aber Wissenschaftler datieren sie auf 5000 v.Chr. Der Name Byblos, wie auch Phönikien, wäre von den frühen Einwohnern nicht verstanden worden. Die Stadt hieß bei ihnen nämlich Gubla und wurde später Gebal genannt, und die Küstenregion hieß früher Kanaan. Die heutigen Namen Byblos und Phönikien stammen von den Griechen aus der Zeit um 1200 v.Chr. Phönikien wegen des Purpurs, Byblos (griech.= Papyrus) wegen des Papyrushandels. Unter Kanaan verstehen wir heute das Land in der südwestlich-syrischen Region, identisch etwa mit dem heutigen Palästina. Phönikien liegt nördlich davon und ist die Bezeichnung eines schmalen Landstreifens an der östlichen Mittelmeerküste. Byblos ist heute Weltkulturerbe.
In Inschriften aus Byblos finden sich Texte in einer alten, bisher nicht entzifferten Schrift, dem byblischen (nicht biblischen!) oder proto-byblischen, manchmal auch archäo-ägäisch genannt. Sie hat gewisse Ähnlichkeit mit der Schrift auf dem Diskos von Phaistos, die ebenfalls noch nicht entziffert ist. Beziehungen zwischen Byblos und Kreta sind bekannt.
Die auf der Rückseite meiner Münze abgebildete Figur wird oft als Kronos bezeichnet. Aber nun hat die abgebildete Gottheit 6 Flügel. Damit ist es mit Sicherheit keine griechische Gottheit. Seine korrekte Bezeichnung ist
phönikischer Kronos, und damit ist immer El gemeint! El gehört zum phönikischen Pantheon. Mit dieser Münze kommen wir an eine interessante Nahtstelle zwischen griechischer Mythologie und orientalischer Religion und entdecken eine bedeutende kulturell-religiöse Wende. Wie üblich beginnen wir mit der Mythologie. Diese stützt sich auf Philon von Byblos, der dabei den vortrojanischen phönikischen Geschichtsschreiber Sanchuniathon zitiert. Übermittelt wurde uns alles von Eusebios von Caesarea.
Mythologie:
In Byblos herrschten Eliun oder Hypsistos und seine Frau Beruth. Ihre Kinder waren Epigeius oder Autochthonos, der später Uranos genannt wurde, und Ge, nach denen der Himmel und die Erde benannt wurden. Nach dem Tod des Eliun übernahm Uranos die Herrschaft und zeugte mit seiner Schwester Ge den Elos (El), den Baitylos, den Dagon und den Atlas. Elos aber war nichts anderes als der Kronos. Als der groß geworden war, lehnte er sich gegen seiner Vater Uranos auf, besiegte ihn mit Hilfe des Hermes Trismegistos (Thot) und machte sich an seiner statt zum König. Die Nebenfrau des Uranos, die bereits schwanger war, gab er dem Dagon zur Frau, die dann den Demaros gebar. Kronos gründete Byblos, die erste Stadt in Phönikien. Seinen Bruder Atlas beseitigte er, indem er ihn auf den Rat des Hermes hin in die tiefste Erde versenkte.
Uranos, der geflohen war, sandte seine Töchter Astarte, Rhea und Dione aus, um Kronos zu töten. Kronos aber konnte sie gefangen nehmen und machte sie zu seinen Ehefrauen. Astarte gebar ihm die 7 Titaniden und die Söhne Pothos und Eros, Rhea 7 Söhne und Dione Töchter. Sydyk zeugte mit einer der Titaniden den Asklepios. Pontos, auch ein Sohn des Kronos wurde der Vater des Sidon, dem Vater des Poseidon und Erfinder des Hymnengesanges. Nachdem Kronos bereits 32 Jahre geherrscht hatte, gelang es ihm, seinen Vater Uranos in die Hand zu bekommen. Er entmannte ihn mit der Sichel, die Thot ihm gefertigte hatte, worauf sein Geist entschwand, sein Blut aber sich in die benachbarten Quellen und Flüsse ergoß. Der Ort dieser Tat wird noch heute gezeigt
Dann übergab Kronos seine Herrschaft an Astarte, Zeus Demaros und Adodos. Von einer Wanderung über ihre Länder brachte Astarte einen vom Himmel gefallenen Stein mit, dessen Verehrung sie auf der heiligen Insel von Tyros einführte. Nachdem die Schiffe von den Kabiren erfunden worden waren, bereiste Kronos die bewohnte Welt und gab seiner Tochter Athena die Herrschaft über Attika.
Bei einer Seuche, die das Land schwer bedrohte, opferte Kronos seinen Lieblingssohn seinem Vater Uranos. Außerdem führte er die Beschneidung ein. Einen anderen Sohn, Muth (Pluto), den er von Rhea hatte, vergöttlichte er nach dessen Tod. Der Dione gab er die Stadt Byblos zu eigen. Poseidon und die Kabiren erhielten Berytos, wohin die Kabiren den Leichnam des als göttlich verehrten Pontos brachten, und Taautos (Thot), ein Sohn des Misor und Erfinder der Schrift, erhielt von ihm die Herrschaft über Ägypten.
Hintergrund:
Die Quelle für unser Wissen über die kanaanitische Religion war früher nur das Alte Testament der Bibel, in dem sie aber in einem sehr ungünstigen Licht erschien und als Ausdruck höchster Verkommenheit und Sittenlosigkeit. Der übelste Gott von allen war dabei der Sturmgott Ba'al Hadad. Er wurde von den Israeliten am heftigsten bekämpft, weil er ihren Nationalgott Jahwe am stärksten bedrohte.
Jahwe wurde aber auch El genannt, und das war nicht nur ein Apellativ mit der Bedeutung "Gott", sondern auch ein Name, nämlich des höchsten Gottes. El hat sich Abraham, der ursprünglich aus Ur in Mesopotamien stammte, offenbart und ihn nach Kanaan geführt, wo er nicht nur von Abraham und seiner Familie, sondern auch von den Kanaanitern verehrt wurde.
Nachdem 1929 und danach in Ras Shamra, dem antiken Ugarit in Nordsyrien, die berühmten Tafeln mit mythologischen Texten gefunden worden waren, und die ugaritische Schrift entziffert werden konnte, hat sich unser Wissen in entscheidender Weise geändert. Die in Ugarit gefundenen Texte zeigen, daß El der Name des ältesten Gotts des ugaritischen Pantheons war, der Vater einer großen Familie von Göttern, Da stellt sich natürlich die Frage, ob dieser ugaritische El identisch ist mit dem El der Israeliten.
Im ugaritischen Pantheon erscheint aber nicht nur die Familie des El, sondern auch die des jungen und kraftstrotzenden Sturmgottes Ba'al Hadad, dessen Vater Dagan und dessen Schwester 'Anat. Die Mythologie beschreibt ausführlich die heftigsten Kämpfe zwischen diesen beiden Götterfamilien. Die Gemahlin des ugaritischen El war Asherat. Diese finden wir eigenartigerweise im AT aber in Zusammenhang mit dem Ba'al-Kult
Die gefundenen Texte stammen aus der 1. Hälfte des 14.Jh. v.Chr., wobei die Mythen natürlich noch weiter zurückgehen, vielleicht auf die Wende vom 3. zum 2.Jt. (W.F.Albright)
Die revolutionären ugaritischen Entdeckungen haben nun allen Zweifel daran beseitigt, daß die "Phönikische Geschichte" des Sanchuniathons tatsächlich uralten kanaanitischen Ursprungs ist. Dies wurde von der Wissenschaft lange abgelehnt und Sanchuniathon selbst für eine Phantasiegestalt gehalten.
Die Genealogie der Götter, wie wir sie von Sanchuniathon kennengelernt haben, hat große Ähnlichkeit mit der Theogonie des Hesiod. Es hieß sogar, Sanchuniathon hätte von Hesiod abgeschrieben. Nun zeigt sich aber, daß die "Phönikische Geschichte" des Sanchuniathons viel größere Ähnlichkeit mit den ugaritischen Texten hat als mit der griechischen Mythologie. Das geht bis zu den Namen der Götter und ihren Eigenschaften. Bestätigt wird dies auch durch Funde bei den Ausgrabungen des königlichen Archivs von Hattusa, der antiken Hauptstadt des Hethiterreiches (E.O.Forrer), die nach Güterbock auf hurritische Originale zurückgehen. Auch hier finden sich die entsprechenden Götterkämpfe mit der Kastration der älteren Götter durch den jungen Sturmgott.
Der Ursprung dieses Mythologie wird Sumer gewesen sein, von wo sie die Hurriter übernommen und sie überall dahin verbreitet haben, wohin sie kamen. Auf ihrem Weg nach Indien haben selbst die Indo-Arier den Kastrationsmythos mitgenommen. Die Griechen haben von ihm wohl durch die Vermittlung über die Phönikier erfahren.
(1) Etymologie
Der Namer El, oder 'ilu, was "Gott" bedeutet, kommt in allen semitischen Sprachen vor. Die Wurzel ist wahrscheinlich 'wl mit der Bedeutung "Stärke, Kraft". Im Arabischen weiterentwickelt zu ilah und mit Artikel zu allah, hebräisch eloh. Bei den Hebräern kommt el oft in Eigennamen vor, z.B. Gabri-el, Micha-el, Samu-el, Isra-el oder Isma-el usw. Im AT kommt es zu einer Verschmelzung mit dem Nationalgott Jahwe, der auch El genannt wird. Später öfter noch als Elohim bezeichnet, dem Pluralis majestatis von El, oder als Abstraktum.
(2) Darstellung des El
Geflügelte Götter traten bereits bei den Sumerern auf. Während der El aus der späten Bronzezeit in Ugarit keine Flügel hatte, wurde er aber in der späteren phönikischen Kunst und in der hellenistischen Zeit ebenfalls mit Flügeln abgebildet. Die Münzen der Seleukiden beginnend mit Antiochos Epiphanes haben den geflügelten El. Sanchuniathon beschreibt ihn so: "Er hat 4 Augen, 2 vorne und 2 hinten, von denen im Schlaf 2 geschlossen sind. Auf seinen Schulter sind 4 Flügel, 2 fliegend und 2 ruhend. Dieses Symbol soll zeigen, daß er auch während des Schlafes wacht und während des Fluges ruht."
Aber auch von seiner Virilität wird gesprochen. In einem Gedicht wird erzählt, daß 2 Frauen einmal El nackt sahen, als er am Strand entlangging. Sie waren verzaubert von der Größe seines Gliedes und alles endete damit, daß sie ihm einen Sohn gebaren. Dieses Attribut des El ist gut auf der beigefügten Zeichnung zu sehen.
Aus diesem Hintergrund stammen wohl auch die Flügel der Seraphim. Sie werden mit sechs Flügeln beschrieben:
Jeder von ihnen hatte sechs Flügel. Mit zweien bedeckten sie ihr Angesicht, mit zweien bedeckten sie ihre Füsse, und mit zweien flogen sie (Jes. 6, 2-3). Damit soll selbstverständlich nicht behauptet werden, daß die Seraphim aus Kronos/El hervorgegangen sind. Aber sie zeigen, daß den alten Hebräern Flügelgottheiten nicht fremd sind. Auch Jahwe selbst wird im AT manchmal als geflügelt beschrieben und es gibt Abbildungen, auf denen Jahwe mit Flügeln auf einem Cherub reitet (siehe die beigefügte Abbildung von dem Stempelsiegel). Ob das nur metaphorisch gemeint ist, kann wohl bezweifelt werden. Es sind vielmehr Anklänge an das archaische Bild des El aus der Zeit von 1200-600 v.Chr,
(3) Bedeutung des El
El war im kanaanitischen Pantheon der mächtigste Gott. Er scheint derartig große und allumfassende Befugnisse gehabt zu haben, daß man es nur selten wagte, ihn näher zu betrachten und zu vermenschlichen. Lediglich in einigen Texten aus Ugarit wird er, wie Zeus, als ungetreuer Ehemann charakterisiert (Wikipedia)
Il ist immer ein göttliches Wesen, oder das Göttliche selbst, aber kein Eigenname. Im konkreten Sinn ist es dann der Herr dieses Ortes, nordsemit. ba'al. El/Il aber ist abstrakt, das Göttliche an sich. Er steht über allen Göttern, er ist anerkannt, wird aber wenig verehrt. So gibt es für El/Il keinen Kult und auch keinen Tempel. Eine ähnliche Rolle spielte Allah vor Mohammed. (Roscher)
El ist zum Unterschied zu Ba'al nicht an lokale, z.B. Berge, oder Stammeseigenschaften gebunden. Dadurch ist er zur Aufnahme universalistischer Hochgottvorstellungen geeignet. Es gibt zwar im AT keinen ursemitischen El-Monotheismus, wohl aber Anzeichen einer prämosaischen henotheistischen El-Religion der israelitischen Patriarchen (Pauly).
In der ugaritischen Mythologie ist er der Vater der Götter, die seine Familie bilden, also Oberhaupt eines polytheistischen Pantheons. Er hat Züge eines gütig-weisen, aber manchmal launenhaften
deus senex. Dem israelitischen Jahwe hat die Verschmelzung mit dem kanaanitischen Obergott im AT manches von seiner Schroffheit genommen und dafür die El-Eigenschaften des Götterkönigs und schöpferischen Demiurgen eingetragen. (Pauly)
Hellenistisch wird El dann als Kronos interpretiert (interpratatio graeca), wegen seiner Darstellung als alter weiser Mann mit grauen Haaren und ältester Gott, Vater aller anderen Götter. Das sind Funktionen wie sie auch El hatte.
(4) Der Kampf zwischen El und Ba'al
In der ugaritischen Mythologie nimmt einen zentralen Platz der Kampf zwischen der Familie des El und der Familie des Ba'al ein, in dem El am Ende unterliegt und sich als
elder statesman zurückziehen muß. Das Ende fand statt auf dem Berg Saphon (= Mt. Casius), dem Sitz der Götter. Von diesen Kampf finden wir nichts in der Phönikischen Geschichte des Sanchuniathon. Hier ist El bis zum Schluß die höchste Gottheit des Pantheons. Die Erklärung ist einfach: Der Kampf zwischen El und Ba'al spiegelt einen historisch-kulturellen Konflikt wider, der erst nach Sanchuniathon stattfand. El war der alte Gott der Kanaaniter. Ba'al Hadad wurde erst von den Amoritern nach Kanaan gebracht, zuerst in den Norden mit seinen fruchtbaren Ebenen, und zuletzt erst in den bergigen Süden. Und damit kommen wir zu den Israeliten.
(5) El = Jahwe
Die Israeliten, die sich weiter im Süden befanden, verehrten weiter den kanaanitischen El. Zwar wird El besiegt und Ba'al übernimmt die Herrschaft, aber El ist nicht verschwunden, sondern wird als Gott von Abraham und seiner Familie zum Gott der Israeliten. Die Feindschaft zwischen den Israeliten und den Kanaanitern, spiegelt sich wieder im Kampf des israelitischen Gottes gegen Ba'al und seine Priester. Oder: So wie Ba'al vorher um die Herrschaft gegen El gekämpft hat, so tobt jetzt der Kampf von Ba'al gegen den israelitischen Gott. Verständlich, weil die Israeliten in das fruchtbare Kanaan eindrangen und sich dort niederließen. Das ging nicht friedlich ab. Das AT ist voll von den blutigsten Kämpfen. El aber wurde von den Israeliten übernommen und wandelte sich nach der Gesetzgebung des Moses um in Jahwe. Das erklärt auch solch eigenartigen Phänomene wie den Austausch im Namen von El-jakim zu Jejo-jakim.
Die Israeliten als Wüstennomaden drangen gewaltsam in Kanaan ein und brachten dabei ihren Gott Jahwe = El mit. Zu der Zeit hatte sich in Kanaan bereits überall der Kult des Ba'al-Hadad ausgebreitet. Als Fruchtbarkeits-, Regen- und Wettergott paßte er besser zu den ackerbauenden Kanaanitern als Jahwe, den die Israeliten in der Wüste getroffen hatten. So kam es, daß auch die Israeliten öfter die lokalen Ba'al-Kulte mit ihren Stieren annahmen. Dabei gerieten sie in die Gefahr, ihre nationale Identität zu verlieren, die am Jahwe-Glauben hing. Deshalb gab es unter den Richtern heftige Kämpfe gegen die Ausbreitung dieser Kulte. Sie grenzten ihren Glauben immer stärker von dem kanaanitischen ab, Jahwe wurde ein eifersüchtiger Gott. Auf dem Berg Karmel kam es zu einem Wettstreit zwischen Elias und Ba'al-Priestern, wer von ihren Göttern der eigentliche Regengott sei, und Jahwe gewann. In dieser Zeit wird sich der Monotheismus entwickelt haben.
Diese Rivalität bestand bis zur Regierungszeit König Davids, der dann strenge Regeln für den Jahwe-Kult aufstellte. Trotzdem ließ Salomon den berühmten Tempel in Jerusalem von Phönikiern bauen, die ihm König Hiram von Tyros schickte. Vielleicht weil sie mit El einen dem Jahwe verwandten Gott verehrten? Nach dem Tod des Salomons zerfiel das Reich in die Kleinstaaten Israel im Norden und Juda im Süden.
Durch die wirtschaftliche Ausdehnung des phönikischen Handels verbreitete sich der Kult des Ba'al Hadad, der in Tyros Melqart hieß. Das nördliche Israel kam in enge Nachbarschaft zu Tyros und als die phönikische Prinzessin Jezebel Ahab, den König von Israel heiratete, wurden auch der Kult des Ba'al und der Asherah übernommen. Und trotz des Aufstandes von Jehu gegen das Königshaus des Ahab und den Ba'al-Kult blieben Ba'al und Asherah wichtige Götter in Israel bis zum babylonischen Exil.
In das südliche Reich von Juda wurde der phönikische Ba'al-Kult eingeführt durch die politische Heirat der Atalja mit dem jüdischen Vasallenkönig. Als dann Atalja den Thron Davids bestieg, wurde sogar in Jerusalem ein Ba'al-Tempel errichtet. Trotz der Reaktion des Hohepriesters Jojada, der Atalja hinrichten ließ, erhielt sich derr Ba'al-Kult in Juda, und von König Manasse erfahren wir, daß er Ba'al-Altäre sogar in den Höfen der Jahwe-Tempel aufstellen ließ. Obwohl König Josia, auch unter dem Einfluß des Propheten Jeremia, die Jahwe-Tempel wieder reinigen und die Ba'al-Kulte in seinem Königreich vernichten ließ, blühten sie nach seinem Tod wieder auf und das blieb so bis zum babylonischen Exil.
Die weitere Geschichte gehört dann weniger zur Mythologie sondern eher zur Religionsgeschichte.
Unsere Autoren:
Eusebius von Caesarea:
geb. in Caesarea um 260-265, gest. um 339-340, war Bischof von Caesarea seit 313. Er bearbeitete die Hinterlassenschaft des Origines und neigte wie der dem Areios zu (Arianismus). Er war enger Berater des Constantin des Großen, stimmte aber auf dem Konzil von Nikaia 325 dem homo-usischen Glaubensbekenntnis zu, weil Constantin diesen Kompromiß wünschte. Verteidigte aber später den Areios und verlangte die Vertreibung des Athanasius. Er schrieb eine Vielzahl von bedeutenden religiösen Werken. Hier ist wichtig die Praeparatio Evangelica, in der er Philon von Byblos zitiert. Er schrieb aber auch eine Verteidigung des Origines, Schriften gegen Marcellus von Ankyra oder gegen den Neuplatoniker Porphyrios. Er wurde von Constantin sehr geschätzt, gilt als Vater der Kirchengeschichtsschreibung und wird zu den Kirchenvätern gezählt.
Philon von Byblos (= Herennios Philon):
geb. um 64 v.Chr. in Byblos - gest. ca. 141 n.Chr., war phönikischer Geschichtsschreiber zur Zeit des Hadrian, bekannt überwiegend aus der Suda. Über sein Leben ist wenig bekannt. Sein bedeutendstes Werk ist eine Geschichte Phönikiens, in der er behauptet, er habe die Geschichtsdarstellung des Sanchuniathons aus dem Phönikischen ins Griechische übersetzt. Seine Darstellung ist euhemeristisch, d.h. er erklärt die Götter als frühere, bedeutende Menschen. Er versucht die griechische Kultur auf die phönikische zurückzuführen. Roscher nannte dies albern. Er schrieb ein Werk über Hadrian, von dem nur noch der Titel bekannt ist., und 30 Bände "Über Städte und ihre Bürger", von der nur Fragmente bekannt sind.
Sanchuniathon:
war ein vortrojanischer, phönikischer Geschichtsschreiber aus Berytos und lebte wohl im 9.Jh. v.Chr. Er habe seine Lehren über die phönikische Religion von einem Priester namens Hierombalos erhalten und in einem 8 oder 9bändigen Werk über die phönikische Gechichte niedergeschrieben, das Philon von Byblos zitiert hat. Bekannt sind aber nur Reste bei Eusebios von Caesarea. Das Werk, das z.T. von Säulen in Byblos abgeschrieben worden sein soll, enthält eine Kosmogonie, eine Zoogonie und Berichte über sich ablösende Göttergenerationen (Pauly). Früher hat man ihn für eine mythische Figur gehalten, vielleicht erfunden von Philo von Byblos selbst und nach dem phönikischen Gott Sanchon benannt. Aber heute hält man ihn für eine historische Gestalt. Prof.Forbes aus Edinburg konnte nachweisen, daß die Texte des Sanchuniathon zweifellos verwandt sind mit den ugaritischen Texten, die man seit 1929 in Ras Shamra (Ugarit) gefunden hat, deren älteste in akkadisch geschrieben sind.
Quellen:
(1) Das Alte Testament
(insbesondere 'Genesis' und 'Exodus')
Sekundärliteratur:
(1) Der Kleine Pauly
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, (auch online)
(3) Heinrich Wilhelm Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen
Mythologie (auch online), Leipzig 1884-1937
(4) Otto Eissfeldt, El im ugaritischen Pantheon, Berlin, 1951
(5) W.F.Albright, Specimens of Late Ugaritic Prose, 1958
(6) Ulf Oldenburg, The Conflict between El and Ba'al in Canaanite Religion, Leiden 1969
(7) Finkelstein/Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, Beck München 2003
(8) E.O.Forrer, Eine Geschichte des Götterkönigtums aus dem Hatti-Reiche, 1936
(9) Stephen Herbert Langdon. Mythology of All the Races, Semitic. Vol. 5. Boston.
Archaeological Institute of America, 1931
(10) Forbes, Peter Barr Reid, "Philon of Byblos", New York, Oxford University Press,
1991
(11) H.G.Güterbock, 'Kumarbi, Mythen vom churritischen Kronos aus den hethitischen
Fragmenten zusammengestellt, übersetzt und erklärt, 1946
(12) Wolfgang Röllig, Die Religion Altsyriens, Darmstadt 1973 (auch online)
(13) Martin Klingbeil, Yahweh Fghting From Heaven: God as Warrior and as God of Heaven in
the Hebrew Psalter and Ancient Near Eastern Iconography, Göttingen 1999
(14) Hans-Joachim Hoeft, Münzen und antike Mythologie, Eigenverlag 2011
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2)
http://www.WiBiLex.de
(Stefan Lauber)
(3)
http://www.bibelwissenschaft.de
(4)
http://www.bibleorigins.net
(Walter Reinhold Warttig Mattfeld y de la Torre, M. A. Ed.)
(5)
http://www.livius.org
Zur Abrundung dieses Themas empfehle ich die folgenden Artikel in diesem Thread:
- Astarte, oder Ba'alat Gebul, die Herrin von Byblos
- Baetyl, der heilige Stein
- Zeus Kasios
- Kronos - der Vater der Götter
- Asteria - die Sternengöttin
- Atargatis oder Dea Syria, die Große Syrische Göttin
- Melqart - Herakles
- Eshmun - der phönikische Heilgott
- Die vorislamische Göttin Allat
- Shamash - Der babylonische Sonnengott
- Hadad - Jupiter Heliopolitanus
- Saturn - der römische Gott des Ackerbaus
Bilder:
(1) Wie oben ausgeführt, gibt es keinen Tempel für El. Auch nicht in Byblos. Deshalb habe
ein Bild des Tempels der Ba'alat Gebal aus Byblos eingestellt, dessen letzte Version aus
dem 4.Jh. v.Chr. stammt. Siehe dazu den Artikel über Ba'alat Gebul in diesem Thread.
(2) Mt. Saphon gesehen von Ugarit. Galt als Sitz der Götter, zunächst von El, nach seiner
Niederlage als Sitz von Ba'al, der nach ihm Ba'al Sapan hieß (
http://www.livius.org)
(3) Fig. 82. Zeichnung der Rs. der Münze von Antiochos IV. Epiphanias. Sanchuniathon
beschreibt die Gottheit folgendermaßen: "Er hat 4 Augen, 2 hinten und 2 vorne, von denen
immer 2 schlafen. Auf seinen Schultern sind 3 Flügel, zwei die gerade fliegen und 2 die
ruhen. Dies Symbol soll zeigen, daß er während des Schlafes wacht, und während er fliegt
ruht" (Langdon)
(4) MCV-118S. Ein Stempelsiegel mit einer Darstellung, die von einigen Wissenschaftlern
identifiziert wird als geflügelter Jahwe auf einem Cherub, begleitet von einer geflügelten Göttin.
Asherah, die über einen heiligen Baum fliegt (Martin Klingbeil, 1999)
Mit freundlichem Gruß