Heute möchte ich euch dieses Stück vorstellen:
Elagabal (166)
218-222 n.Chr.
Denar, vz/ss, 3,25g, 19mm
Av:
IMP ANTONINS PIVS AVG Drapierte, bekränzte Büste mit Horn
Rv:
INVICTVS SACERDOS AVG Kaiser in syrischem Gewand mit Keule n.l. opfernd, über Altar Stern
Rom 218-222
KM 56.29 RIC 88
Eigentlich finde ich diese Severischen Prägungen eher langweilig, diese hat es mir jedoch angetan, da schon die Büste Besonderheiten hergibt.
Auf Höhe des Lorbeerkranzes ist nämlich ein "Horn" abgebildet. Dieses ist häufig in Verbindung mit Göttern zu sehen, wie beispielsweise das Ammonshorn bei den Portraits des vergöttlichten Alexanders:
https://www.acsearch.info/search.html?id=3194744
In diesem Fall steht das Horn jedoch vom Kopf ab. Der RIC interpretiert dies als Andeutung eines Strahles. Kampmann erklärt sich dies jedoch als "getrockneten und ausgestopften Stierpenis", der auf orientalische Fruchtbarkeitsriten verweisen soll.
Letztere Interpretation klingt mit Bezug auf die Rückseite sinnvoller. Dort ist Elagabal, welcher diesen Namen post mortem erhielt, in einem syrischen Gewand opfernd dargestellt. Die Legende lautet übersetzt soviel wie "Der unbesiegbare Priester (und Kaiser)" (Der Teil in Klammern bezieht sich auf das AVG, von dem wir nicht wissen, in welchem Fall es zu übersetzten ist. Ich gehe vom Nominativ aus) Diese Szene und Legende bezieht sich auf das Amt Marcus Aurelius Antoninus (Elagabals) als Priester im Elagabal-Kult. Dieser Kult hatte sein Zentrum in Emesa, wo auch der heilige Stein im Elagabal-Tempel untergebracht war. (
https://www.acsearch.info/search.html?id=2655534 ) Wesentlich wurde der Sonnengott Elagabal verehrt, durch welchen Marcus Aurelius Antoninus, seinen heute bekannten Namen erhielt. Auf der vorliegenden Münze ist der Sonnengott als Stern über dem Altar abgebildet. Antoninus opfert also keinem römischen Gott!
Leider ist die Datierung dieser Münze ungenau, weshalb man nicht sagen kann, ob das Stück vor oder nach der Überführung des Steines nach Rom geprägt wurde. Ich gehe aber davon aus, dass diese danach hergestellt wurde, da Antoninus auf meiner Münze einen Bart trägt, im Gegensatz zu den 218/19 geprägten Stücken, welche die Ankunft des Steines in Rom abbilden. (
https://www.acsearch.info/search.html?id=170929 ) Gleichzeitig mit der Überführung des Steines erhob Antoninus den Elagabal-Kult zur römischen Staatsreligion.
Für den heiligen Stein lies der junge Kaiser auf dem Palatin einen großen Tempel bauen. Da dieser Kult sich stark von der römischen Religion abgrenzt, stieß er in Roms Führungskreisen auf starke Ablehnung. Das Priesteramt verstärkte die Ablehnung und den Hass auf den Kaiser weiter, sodass es im Jahre 222 zur Ermordung Antoninus kam. Er wurde 18 Jahre alt und verfiel der damnatio memoriae. In Zuge dessen wurde der Kult abgeschafft und der heilige Stein zurück nach Emesa gebracht.
Obwohl Antoninus mit der Prägung dieser Münze der Ablehnung des Kultes zuvorkommen wollte und sich als oberste weltliche und oberste geistliche Autorität darstellen wollte, besiegelte er mit dieser Prägung wohl eher sein Todesurteil.
Ich hoffe, dass euch die Münze und der kleine Aufsatz gefällt.
Ursprünglich wollte ich den Beitrag im "Historisch interessante Münzen"-Thread unterbringen, da dort aber grad die Scipio-Diskussion läuft, wollte ich diese nicht unterbrechen.
Beste Grüße
Sven