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Warum ist Gold gelb?

Verfasst: So 27.11.05 01:16
von Peter43
Warum ist Gold gelb?

Heute fand ich im 'Spektrum der Wissenschaft, 12/05' einen Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt, warum Gold gelb (und Silber weiß) ist. Weil wir als Münzsammler täglich mit diesen Metallen umgehen, will ich versuchen den Inhalt dieses Artikels hier wiederzugeben. Da die Begründung tief in die Quantenmechanik und die Spezielle Relativitätstheorie hineinreicht, wird sie für einen theoretischen Physiker oder Chemiker vielleicht etwas oberflächlich sein. Aber auch so wird es noch schwierig genug.

Die Farbe der Metalle ist bekanntlich eine Eigenschaft der Metalloberflächen und die besteht aus Atomgittern. Für die Farbe sind bestimmte Eigenschaften der Atome zuständig. Jeder von uns kennt das sog. Bohrsche Atommodell. Da kreisen die Elektronen auf Bahnen um den Atomkern, wie die Planeten um die Sonne. Inzwischen weiß man, daß es viel komplizierter ist. Gemäß der Heisenbergschen Unschärferelation lassen sich Ort und Impuls eines Elektrons nicht beliebig genau angeben. Deshalb gibt es keine richtigen Bahnen um den Kern, sondern nur Wahrscheinlichkeitszustände, an denen sich die Elektronen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit befinden. Man spricht nicht mehr von Bahnen, sondern von Orbitalen. Man unterscheidet s-Elektronen mit kugelförmigen Orbitalen, p-Elektronen mit hantelförmigen Orbitalen, und mit steigender Nebenquantenzahl noch kompliziertere Orbitale für die d- und f-Elektronen. Wichtig ist, daß mit steigender Nebenquantenzahl die Wahrscheinlichkeit, sich in Kernnähe aufzuhalten, sinkt. Ein s-Elektron kommt also öfter dicht am Kern vorbei als ein p- und dieses wieder öfter als ein d-Elektron usw.

Bereits 1928 zeigten Dirac und Schrödinger, daß die Elektronen in Kernnähe Geschwindigkeiten erreichen, die an die Lichtgeschwindigkeit heranreichen. Beim Quecksilber mit der Kernladung 80 erreicht ein Elektron bereits 58% der Lichtgeschwindigkeit in Kernnähe. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß dann die Bedingungen der Speziellen Relativitätstheorie gelten müssen. Das Elektron wird um 23% schwerer! Damit schrumpft der mittlere Abstand zum Kern, die elektrostatische Anziehung zwischen beiden erhöht sich und damit nimmt die Energie des Gesamtsystems ab. Für diese Erkenntnisse bekamen beide Physiker 1933 den Nobelpreis.

Bis 1970 dachte man, daß die Elektronen nur selten in Kernnähe kommen. Inzwischen weiß man, daß es anders ist. Diese direkten relativistischen Effekte sind bei s-Elektronen am ausgeprägtesten. Am geringsten sind sie bei d- und f-Elektronen. Hier gibt es einen umgekehrten Effekt. Weil die s-Elektronen dichter an den Kern heranrücken, schirmen sie die positive Ladung des Kerns stärker ab, und die d- und f-Elektronen rücken dadurch weiter nach außen. Während die p-Elektronen also schwerer aus dem Atom herausgeschlagen werden können, kann man die d-Elektronen leichter entfernen. Diese indirekten relativistischen Effekte wachsen mit steigender Kernladung stark an. Diese beiden Effekte wirken sich z.B. auf die Größe aus. Gold hat 32 Elektronen und fast die doppelte Masse wie Silber. Trotzdem ist es etwas kleiner als ein Silberatom. Das liegt an der starken Kontraktion seiner äußeren s-Orbitale.

Das auffallendste am Gold ist seine sattgelbe Farbe verglichen mit dem Grauweiß des Silbers. Wie kommt es zustande? Bei Metallen verbreitern sich die Orbitale zu Bändern, die sich über den ganzen Kristall erstrecken. Die äußersten Elektronen befinden sich im sog. Valenzband. Das sind beim Gold die d-Elektronen, deren Energie durch indirekte relativistische Effekte - wie beschrieben - erhöht wird. Dadurch wird das gesamte Valenzband angehoben. Über ihm befindet sich - wie bei Metallen üblich - das 'Leitungsband'. Dies wird beim Gold von s-Orbitalen gebildet. Hier verringert sich die Energie durch direkte relativistische Effekte und damit sinkt es ab. Damit verringert sich der Abstand beider Bänder. Beim Silber ist er noch so groß, daß nur ultraviolette Lichtquanten Elektronen aus dem Valenz- in das Leitungsband anheben können. Beim Gold liegen sie aber so eng beisammen, daß energieärmere Photonen aus dem blauen Spektralbereich genügen. Deshalb absorbiert Gold blaues Licht und erscheint in der Komplementärfarbe, dem satten Gelb, das wir alle so lieben.

Toll, nicht wahr?

MfG

Verfasst: So 27.11.05 09:49
von Oettlalb
Servus Peter,

nette Theorie, da erhebt sich doch gleich die Frage: warum ist dann Kupfer rot?

LG

Verfasst: So 27.11.05 13:29
von Peter43
Hallo Albert!

Das ist keine Theorie im landläufigen Sinn (wie theoretisch ja, aber praktisch nicht!), sondern es ist das, was heute wissenschaftlich gilt! Sollte man schon unterscheiden! :wink:

Die Oberfläche eines Kupferkristallgitters absorbiert natürlich die Komplementärfarbe des Kupferrot. Das ist so etwas wie Magenta. Wenn Du nachschlägst, welche Wellenlänge diese Farbe hat, können Physiker Dir bestimmt den Abstand zwischen den Energiestufen des Valenzbandes und des Leitungsbandes ausrechnen.

MfG

Verfasst: So 27.11.05 15:37
von Chippi
Hallo Peter,

danke für die Ausführungen. Als Gymnasiast gar nicht so schwer zu verstehen, da wir erst vor kurzem die Orbitaltheorie abgeschlossen haben.

Gruß Chippi

Verfasst: So 27.11.05 21:41
von richard55-47
Also ich muss zugeben, dass Peter43 für mich nur Perlen vor die Säue geworfen hat. Ich habe nur Bahnhof und Kofferklauen verstanden. Ich darf BAP zitieren: "verdammt lang her."

Verfasst: Mo 28.11.05 09:37
von Pollio
Ich wünschte, ich als Münzsammler würde täglich mit Gold umgehen :wink: !

Gruß Pollio

Verfasst: Mo 28.11.05 18:29
von Homer J. Simpson
Oh je, sind diese Orbitale lang her...

Was ich besonders interessant finde: Warum ist Gold gelb, Kupfer rot und ALLE ANDEREN Metalle mehr oder weniger grau???

Homer