justus hat geschrieben:shanxi hat geschrieben:Wenn man letzteres in der Geschichte sucht, endet man bei 90% Religion, und zu 10% bei religionsähnlichen Ideologien.
Das kann ich so nicht stehen lassen. Man sollte mit dem Begriff „religiös oder pseudoreligiös“ etwas vorsichtiger umgehen, wie ich meine, da er einfach zu häufig, insbesondere Atheisten ausschließlich dazu dient, die „Religion“ an sich zu verteufeln oder zu verunglimpfen.
Ich würde den Begriff „Religion“ daher gerne
absolut und nicht nur zu 10% durch den Terminus „Ideologie“ ersetzt wissen. Dergleichen religiös oder politisch verbrämte Ideologien dienen nämlich nicht einer bestimmten Religion, sondern in erster Linie der Machtergreifung oder dem Machterhalt bestimmter Gruppierungen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie: „Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Ideologie zumeist abwertend (pejorativ) nur für manipulative, unzulängliche oder nicht wissenschaftlich begründete Ideen-Systeme und Theorien verwendet, die im Interesse weltanschaulicher, wirtschaftlicher oder politischer Zielsetzungen der Verschleierung und Rechtfertigung von zweckdienlichen Interessen dienen.“
Betrachtet man z. B. die Hintergründe der sog. „Christianisierung mit Feuer und Schwert“ in Süd- und Mittelamerika (einem Genozid der mit den ISIS-Verbrechen vergleichbar erscheint), der Millionen von indianischen Ureinwohnern zum Opfer fielen, so kann man rasch erkennen, dass es nicht die Kirche war, welche die Indianer zu Tausenden ermordete und in den Silber- und Goldbergwerken durch Sklavenarbeit vernichtete, wie dies später auch von den Nationalsozialisten getan wurde, sondern die spanischen Granden.
Dass sich diese „Bruderschaften“ teilweise religiös anmutender Rituale bedienen oder aber ihr verbrecherisches Handeln sogar religiös begründet wissen wollen, dient ausschließlich ihrem inneren Zusammenhalt bzw. der Legitimation ihrer Untaten, hat aber auch gar nichts mit Religion zu tun.
Als überzeugter Atheist und Antitheist muss ich jetzt auch noch mitdiskutieren
Religion und Ideologie gleich zu setzen, ist verfehlt. Eine Ideologie muss nicht zwangsläufig etwas mit dem Übernatürlichen zu tun haben, Religion schon. Jede Religion ist eine Ideologie, aber nicht jede Ideologie eine Religion (Beispiel: Atheismus).
Ich finde sehr wohl, dass diese Untaten etwas mit Religion zu tun haben. Steven Weinberg hat dies mal ziemlich treffend ausgedrückt:
"With or without it you would have good people doing good things and evil people doing evil things. But for good people to do evil things, that takes religion."
(zu Deutsch: Mit oder ohne Religion gäbe es gute Menschen, die Gutes tun, und schlechte Menschen, die Schlechtes tun. Aber um gute Menschen dazu zu bringen, Schlechtes zu tun, braucht es Religion."
Oder anders gesagt: Wie anders könnte man rechtfertigen, sich in einem Café voller Zivilisten in die Luft zu sprengen? (abgesehen aufgrund einer ernsthaften psychischen Erkrankung). Natürlich ist es eine Minderheit, die solche Dinge tut, und natürlich machen Armut und Perspektivlosigkeit Menschen anfälliger, solche Attentate zu verüben - aber solange es Religion, wie wir sie heute kennen, gibt, wird es immer solche Schrecklichen Dinge geben. Das Zitat von nummis geht in eine ähnliche Richtung (von wem ist das? Kenn ich gar nicht...)
@beach: du hast ein Stück weit recht. Mit Bombenangriffen kann man solche Ideologien, resp. deren Auswüchse wie die IS bekämpfen (und das ist auch nötig) - aber nicht endgültig verschwinden lassen! Dazu braucht es weit mehr.
Valete
Gabriel