Kleiner Bericht aus Istanbul - letzter Teil (6): Hippodrom und ein bisschen Mese (Folge 1/3)
Von der Hagia Sophia aus sind wir dann zum Sultanahmet-Platz hinübergeschlendert, der in osmanischer Zeit At Meydanı hieß, und das bedeutet übersetzt soviel wie "Pferdeplatz". Dies ist nämlich der Ort, an dem die antike Pferderennbahn stand.
Ein erstes Hippodrom wurde errichtet, als Byzantum noch eine eher unbedeutende römische Provinzstadt war, unter Septimius Severus wurde es dann nach Zerstörung im Bürgerkrieg gegen Pescennius Niger wieder aufgebaut.
Nach "Gründung" Konstantinopels (ich finde es ja immer seltsam, wenn man bereits lange bestehende Städte nochmal gründet
) wurde das Hippodrom erheblich aus- und umgebaut. Es lag direkt neben dem Kaiserpalast und bot etwa 100.000 Zuschauern Platz, war also eine riesige Anlage (da kommt beispielsweise die Allianz-Arena der Münchner Bayern mit etwa 75.000 Zuschauern lange nicht mit, wobei aber die Zuschauer im Hippodrom vielleicht etwas dichter gepackt wurden, zumindest auf den billigen Plätzen
).
Das Hippodrom spielte eine wichtige Rolle im sozialen Leben von Konstantinopel. Die sogenannten Zirkusparteien (
https://de.wikipedia.org/wiki/Zirkusparteien), die mehr oder weniger als Fanclubs der Rennställe entstanden waren, bekamen großen politischen und religiösen Einfluss, kulminiert ist das dann im Nika-Aufstand 532 (
https://de.wikipedia.org/wiki/Nika-Aufstand), bei dessen Niederschlagung im Hippodrom vermutlich etwa 30.000 Menschen ums Leben kamen. Man steht da also auf blutgetränktem Boden
.
Nach Plünderung der Stadt durch die Lateiner während des Vierten Kreuzzugs verfiel das Hippodrom langsam. In osmanischer Zeit fanden zwar keine Pferderennen mehr statt, der Ort wurde aber noch für allerlei Zeremonien und Aufmärsche verwendet, so dass er bis heute weitgehend unbebaut blieb.
Der Zerfall ging aber nicht ganz so schnell, es gibt Darstellungen von Reisenden aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die noch deutlich mehr Bausubstanz zeigen, als heute vorhanden ist:
http://www.vintage-maps.com/zoomify/tem ... 1093_0.jpg (das ist um 1650 entstanden).
Auch zum Hippodrom gibt es Rekonstruktionen, die einen Eindruck vom ursprünglichen Aussehen geben können:
http://www.byzantium1200.com/hipodrom.html
Um bei der Ausschmückung des Hippodroms demjenigen in Rom in nichts nachzustehen, ließen Konstantin und einige Nachfolger allerlei Schmückendes heranschaffen und aufstellen, ein bisschen was ist heute noch am Ort erhalten.
Das älteste Teil davon ist der sogenannte Theodosius-Obelisk, den Theodosius I aus Karnak in Ägypten heranschaffen ließ und der 390 auf der Spina des Hippodroms aufgestellt wurde. Der Obelisk wurde ursprünglich unter Thutmosis III hergestellt und stammt aus dem 15. Jahrhundert v.Chr.
Ursprünglich war der Obelisk wohl etwa 30 Meter lang, beim Transport brach aber leider ein Stück ab, so dass nur noch 19 Meter aufgestellt werden konnten
.
Interessant ist die Basis aus der Zeit von Theodosius I, vor allem auch die vier Bronzewürfel, auf denen der Obelisk steht (die hatte ich zuerst für modernes Beiwerk gehalten
).
Dargestellt sind verschiedene Szenen aus dem höfischen Leben in Konstantinopel, vermutlich wie der Kaiser aus seiner Loge (dem Kathisma) den Spielen im Hippodrom beiwohnt.
Auf einer der unteren Partien des Sockels kann man auch eine Darstellung der Wagenrennen sehen.
Am Rande des Platzes steht das Museum für türkische und islamische Kunst, ein Palastbau vom Ende des 15. Jahrhunderts.
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