Münzstätte Rom

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Aeneas
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Münzstätte Rom

Beitrag von Aeneas » Fr 21.01.11 13:06

Hallo Zusammen!

Was weiss man eigentlich über die Münzstätte in Rom zur Zeit der severischen Dynastie (insbesondere um 215 n. Chr.)? Mich würde besonders interessieren
1. ob man weiss wo das Gebäude physisch stand
2. Wie es organisiert war (Officinae...)
3. Welches Münzvolumen produziert werden konnte
4. Wieviele Stempelschneider, Präge-Einrichtungen usw vohanden war
5. ob es gute Literatur zu diesem Thema gibt
6 und alles andere was ihr über diese Münzsstätte wisst

Vielen Dank und Grüsse

David
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emieg1
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Re: Münzstätte Rom

Beitrag von emieg1 » Fr 21.01.11 14:33

Hallo Aeneas,

sehr interessante Fragen deinerseits, aber ich glaube nicht, dass sie nur annähernd befriedigend beantwortet werden können.

Ein Blick ins Jahr 215 n.Chr.: Nichts wirklich erwähnenswertes. Der Tyrann Caracalla war Kaiser, wenn auch nicht mehr lange. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt wohl im Osten des Reiches und bereitete seinen Feldzug gegen die iranischen Parther vor, nachdem der dortige König es abgelehnt hatte, ihm sein Töchterchen zum Weib zu geben.

Die Münzstätte Rom prägte erstmals ein neues Nominal aus, nämlich den Antoninian - neuzeitlich benannt nach dem ursprünglichen Namen Caracallas. Es mag sicher verschiedene Offizinen gegeben haben, doch wurde auf den Münzen dies nicht kenntlich gemacht. Alles in allem weiss man über die Münzstätte ansich sehr wenig... ich zumindest :oops:

Aber darf ich fragen, warum du insbesondere auf das Jahr 215 n.Chr. abzielst?

Aeneas
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Re: Münzstätte Rom

Beitrag von Aeneas » Fr 21.01.11 23:41

Hallo Nummis!

Danke für deinen Beitrag! Ich bin überzeugt dass mit dem Wissen das hier im Forum versammelt ist, ich doch einige Informationen kriegen werde! Warum 215 n.Chr.? Nun meine erste selber gekaufte Münze war ein Antoninian von Caracalla eben von 215 n. Chr. Irgendwie fasziniert mich die Zeit der Severer und insbesondere die Zeit um Caracalla's Herrschaft. Dazu kommt noch dass es mit dem Antoninian eine "Münzreform" gab, und dass viele Denarii und Antoninianii auch in sehr schöner Erhaltung zu einigermassen vernünftigen Preiser ergattern kann. Und wie du sagst, auch wenn im Jahr 215 n.Chr. nicht alzu viel los war, irgendwie reizt es mich auch über diese wenig bekannten Jahrenmöglich viel zu erfahren. Ist doch irgendwie erstaunlich dass eine solche Münzreform statt findet, und der Kaiser gar nicht im "Lande" ist, oder?
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Re: Münzstätte Rom

Beitrag von justus » Sa 22.01.11 07:45

Hi Aenaes, zur Münzstätte Rom ist mir für den von dir genannten Zeitraum so gut wie nichts bekannt. Aber ich kann dir zumindest ein paar kurze Informationen zum 1./2. Jahrhundert geben ----->

Um Christi Geburt herum mag sich die "moneta" (Münzstätte) wohl auf der Burg Arx (siehe Link 1) befunden haben. Nachdem das Capitol und die Burg Arx im Jahre 80 AD durch einen Brand zerstört worden waren, verlegte Domitian die Münzstätte in die Talsenke zwischen Esquilin und Caelius, östlich des Colosseums. In den beiden, auf uns überkommenen römischen Regionenverzeichnissen, der "Notitia" und dem "Curiosum", wird die "moneta" bei der heutigen Kirche San Clemente lokalisiert. In dieser Gegend wurden auch einige Weiheinschriften aus der Zeit Trajans gefunden, welche von Angehörigen der Münzstätte in Auftrag gegebenen worden waren. Schließlich enthält das Fragment der "forma urbis romae" (siehe Link 2) einen Teil eines Grundrisses eines mit "MON[eta]" bezeichneten Gebäudekomplexes, der ebenfalls unter der heutigen Kirche San Clemente liegen dürfte.

Zur Anzahl der in der Münzstätte betriebenen "officinae" (Werkstätten) sind mir nur Zahlen aus dem 3./4. Jahrhundert AD bekannt: 296 – 299 (9 officinae), 299 - 330 (4 officinae), 330 – 348 (5 officinae), 348 - 352 (6 officinae), 352 – 361 (7 officinae), 361 – 476 (4 officinae).

Link 1 -----> http://www.roma-antiqua.de/antikes_rom/ ... eta_tempel
Link 2 -----> http://de.wikipedia.org/wiki/Forma_Urbis_Romae

Wie eine römische Münzstätte organisiert war, findest du unter "Römische Münzberufe - Teil 1 und 2" -----> http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?t=31929 (nach unten scrollen).
mit freundlichem Gruß

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Re: Münzstätte Rom

Beitrag von emieg1 » Sa 22.01.11 18:26

Interessant, dass man die Moneta nahe der heutigen San Clemente lokalisieren kann; wusste ich noch nicht. So macht das dort befindliche Mithras-Heiligtum evtl. einen ganz neuen Sinn.

Hier gibts zumindest eine Zeichnung des besagten Fragments mit der Lage im forma urbis romae: http://formaurbis.stanford.edu/plate.php?plateindex=9

Übrigens stehen alle Fragmente des Plans dort mittlerweile online; mit viel Zeit kann man sich da mal durchwühlen: http://formaurbis.stanford.edu/index.php

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Re: Münzstätte Rom

Beitrag von Ariminum » So 06.05.18 01:09

Hallo
Ich habe heute einen interessanten Bericht bzgl. der Lokalisierung der römischen Münzstätte unter der Basilika San Clemente im ital. TV gesehen. Trotz meiner zahlreichen Rombesuche wusste ich nicht, dass Teile der Münzstätte existieren und auch besichtigbar sind. Daher, für diejenigen, die es auch nicht wussten eine kurze Zusammenfassung:

Wie von Justus angemerkt ist die imperiale Münzstätte auf dem Kapitol AD 80 abgebrannt und die Münzprägungen in Bronze stoppten in den Jahren 80-84 (Bronzen wurden vermehrt in den östlichen Münzstätten geprägt - Thrakien) - wohingegen man annimmt dass die Prägungen in Edelmetall weiterhin in einer Münzstätte in Rom ausgeführt wurden.
Unter Domitian wurde dann die neue Moneta in der Regio III erbaut. Der Grossteil der römischen Archäologen sind sich einig dass es sich dabei um die grossen Gebäudereste unter der heutigen Basilica San Clemente (unweit des Kolosseums handelt) - 22m unter dem heutigem Bodenniveau. Das Gebäude ist ca 30m breit, hat keine Fensteröffnungen und einen einzigen Zugang. Es bestand aus einer Reihe gleich grosser tabernae auf 2 Stockwerken. Hauptargumente für die Lokalisierung der Moneta sind:

1) Die dicken Wände, keine Fenster, nur 1 Zugang
2) Die von Justus bereits erwähnten Weiheinschriften der gold- und silberverarbeitenden Arbeiter der Moneta (datiert auf AD 115) an Appollo, Hercules und Fortuna
3) Der Identifizierung des Ortes als Mon(eta) auf der Forma Urbis

Die Eröffnung der Moneta wurde auf den Bronzemünzen Domitians AD 84 gefeiert (MONETA AVGVSTI). Ab spätestens AD 115 sind hier auch die Edelmetallmünzen geprägt worden (Weiheinschriften). Das Gebäude hatte eine grössere Restrukturierung u.a. Mitte des 3. Jhdts. was man mit der Revolte des Personals der Moneta AD274 unter Aurelian in Zusammenhang bringt. Aufgegeben und zugeschüttet wurde die Moneta dann zw. Mitte des 4. Jhdts und Anfang des 5. Jhdts. Auf dem Ort wurde später die erste Basilica San Clemente erbaut.

Man kann dieses Gebäude (und vieles mehr wie ein Mitraeum, die ersten Affresken mit Texten in Vulgärlatein, d.h. italienisch) sogar besichtigen, was ich sicher bei meinem nächsten Besuch machen werde.
Ich finde es hochinteressant den Ort zu sehen, an dem meine Sesterzen, Asse od Denare vor fast 2 Jahrtausenden entstanden sind.

Hoffe niemanden gelangweilt zu haben.

MFG
Silvio

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Re: Münzstätte Rom

Beitrag von rosmoe » So 06.05.18 11:39

Danke für deinen interessanten Nachtrag zu Justus' Exzerpt über die römische Münzstätte Rom, Silvio. Wenn man diese alten Beiträge liest, merkt man erst, was für eine geballte numismatische Manpower früher hier versammelt war. :wink:
Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden. (Immanuel Kant)

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