Münze riecht penetrant nach Chemie

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lilmaroni
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Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von lilmaroni » Fr 06.11.15 20:27

Hallo zusammen,

ich habe leider ein etwas ungewöhnliches Problem mit einem As, das seit ca. 3 Wochen in meiner Sammlung liegt.

Bereits beim Auspacken ist mir ein chemischer Geruch in die Nase gestiegen, habe aber nicht näher "hingerochen".
Nach einem Tag im BeBa-Schuber ist mir beim aufziehen der Schublade dann ein sehr penetranter, chemischer Geruch in die Nase gestiegen.
Selbst die Filzunterlage hat diesen Geruch angenommen.
Seitdem habe ich die Münze offen auf einem Regal zum "auslüften" gelagert, allerdings hat es bis jetzt keine Besserung gebracht.

Hatte jemand schon ein ähnliches Problem und weiß, was man dagegen machen kann?


Viele Grüße,
Dominik

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areich
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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von areich » Fr 06.11.15 21:08

Schwefel? Auf der letzten Numismata hatte ein Händler sizilianische Bronzen in so einem BEBA-Kasten. Als ich den Deckel abgenommen habe, hat es bestialisch gestunken. Die Anwesenden haben sich dann auf Schwefel (für's Nachdunkeln) entschieden. Ich weiß nicht, ob Aceton da hilft aber ich würde es mal probieren, ich hab eh immer was da.

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tilos
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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von tilos » Sa 07.11.15 09:02

"Chemie" ist natürlich ein weiter Begriff, auch was die Ursachen "stinkender" Münzen anbelangt. Z.B. - um einmal die m.E. drei häufigsten Ursachen zu nennen - können frisch konservierte Münzen nach diversen organischen Lösemittelresten riechen, nachpatinierte Stücke nach Schwefelverbindungen - areich erwähnte dies bereits - oder Stücke aus alten Albumblättern nach Reaktionsprodukten des PVC. Was kann man nun tun:
1. Fall) an der Luft ausstinken lassen, das reicht völlig aus
2. Fall) wässern und anschließend trocknen: wässern in handwarmen Leitungswasser, spülen mit Aqua dest. (nicht zu lange), trocknen in hochprozentigem Alkohol (ich nehme Iso-Propanol, kosmetische Qualität) - die Nachpatinierung kann u.U. durch diese Behandlung an Intensität verlieren
3. Fall) reinigen mit Neutralseife, lange wässern mit Leitungswasser, spülen mit Aqua dest., trocknen in hochprozentigem Alkohol

Gruß
Tilos

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von lilmaroni » Sa 07.11.15 10:54

Vielen Dank für eure Antworten.

Ich habe mal ein Bild der betreffenden Münze angehängt:
Agrppia_gesamt_klein.jpg
Könnten die gelben Ablagerungen Schwefel(-verbindungen) sein?
Riechen solche mit Schwefel nachpatinierten Münzen nach faulen Eiern?

Meine Münze riecht wie gesagt sehr stechend und beißend und der Geruch geht schon Richtung Plastik (nur eben sehr extrem).

Hat schon jemand selbst Erfahrungen gesammelt, wie lange es braucht, bis eine Münze ihren Geruch an der Luft verloren hat?


Viele Grüße,
Dominik

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von Arminius » Sa 07.11.15 11:37

Normal hilft kurzes Kochen in Soda-Lösung (Backpulver) um Chemie-Münzen zu entgiften und die Oberfläche zu enttarnen.

Danach können aber verborgene Schönheitsoperationen sichtbar werden (Wachs-Reparaturen, Patina-Flecke, Korrosion, ...).

Entscheide selbst, ob du das Risiko danach eine ungeschönte Münze zu besitzen eingehen möchtest.

Gruß
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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von tilos » Sa 07.11.15 13:18

lilmaroni hat geschrieben: Könnten die gelben Ablagerungen Schwefel(-verbindungen) sein?
NEIN, wäre auch nicht zu erwarten. Mögliche Schwefelverbindungen variieren von hellbraun über dunkelbraun bis schwarz. Bei komplexeren Patnierungsvorgängen (unter Zuhilfenahme mehrerer unterschiedlicher Chemikalien) kann auch mal eine weiße oder blaue Tönung auftauchen.

Riechen solche mit Schwefel nachpatinierten Münzen nach faulen Eiern?
Gelegentlich ja (Schwefelwasserstoff), aber nicht immer.

Meine Münze riecht wie gesagt sehr stechend und beißend und der Geruch geht schon Richtung Plastik (nur eben sehr extrem).
Das deutet sehr auf eine vorangegangene Aufbewahrung in Weich-PVC-Hülle hin (Infiltration der Münze mit PVC-Zersetzungs-/Reaktionsprodukten und Weichmachern). Deshalb empfehle ich dringend den 3. Behandlungsvorgang. Gut einseifen, lange spülen (1. Spülvorgang: Münze in Edelstahlsieb legen und Leitungswasser drüber rinnen lassen oder anderweitig permanenten Wasseraustausch gewährleisten), trocknen nicht vegessen.

Hat schon jemand selbst Erfahrungen gesammelt, wie lange es braucht, bis eine Münze ihren Geruch an der Luft verloren hat?
Ja, unbehandelt bei o.g. Schadensursache sehr lange. Das Münzmetall kann während dieser Zeit (weiter) angegriffen werden. Deshalb wie beschrieben vorgehen. Das dauert wenige Stunden bei präziser Anwendung. Kannst ja anschließend nochmal berichten.

Viel Erfolg & Grüße
Tilos

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von tilos » Sa 07.11.15 13:28

Arminius hat geschrieben:Normal hilft kurzes Kochen in Soda-Lösung (Backpulver) um Chemie-Münzen zu entgiften und die Oberfläche zu enttarnen.
Danach können aber verborgene Schönheitsoperationen sichtbar werden (Wachs-Reparaturen, Patina-Flecke, Korrosion, ...).
Entscheide selbst, ob du das Risiko danach eine ungeschönte Münze zu besitzen eingehen möchtest.
Gruß
So pauschal ("Chemie-Münzen") würde ich das nicht raten, eigentlich gar nicht. Ich würde weder reaktive heiße Soda- noch Natronlösungen anwenden (Natron ist der Hauptbestandteil von Backpulver und nicht etwa Soda!!, Backpulver enthält zusätzlich noch Säuerungsmittel, auch da ist Vorsicht angeraten). Da kann schnell mal die Patina angegriffen werden oder hartnäckige Verfärbungen entstehen. Wenn überhaupt sollte man gepufferte Komplexbildner benutzen (EDTAs... etc.), aber das ist eher was für geübtere Sammler.
Gruß
Tilos

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von Arminius » Sa 07.11.15 15:06

tilos hat geschrieben:
Arminius hat geschrieben:Normal hilft kurzes Kochen in Soda-Lösung (Backpulver) um Chemie-Münzen zu entgiften und die Oberfläche zu enttarnen.
Danach können aber verborgene Schönheitsoperationen sichtbar werden (Wachs-Reparaturen, Patina-Flecke, Korrosion, ...).
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So pauschal ("Chemie-Münzen") würde ich das nicht raten, eigentlich gar nicht. Ich würde weder reaktive heiße Soda- noch Natronlösungen anwenden (Natron ist der Hauptbestandteil von Backpulver und nicht etwa Soda!!, Backpulver enthält zusätzlich noch Säuerungsmittel, auch da ist Vorsicht angeraten). Da kann schnell mal die Patina angegriffen werden oder hartnäckige Verfärbungen entstehen. Wenn überhaupt sollte man gepufferte Komplexbildner benutzen (EDTAs... etc.), aber das ist eher was für geübtere Sammler.
Gruß
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Stimmt, der Unterschied zwischen Natron und Soda ist gewaltig: Das eine ist Natriumcarbonat und das andere Natriumhydrogencarbonat.

Und gut, daß ich nun auch vor dem überaus gefährlichen Backpulver gewarnt bin. Nun muß ich auf die von mir so geliebten Backwaren wohl verzichten, damit mein Magen nicht von diesen Säuerungsmitteln angegriffen wird.

:wink:
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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von mike h » Sa 07.11.15 16:19

@ Arminius

und suchterzeugend ist es auch noch!

Natriumhy-DROGEN-carbonat :wink:

Martin
131 Köppe /201 (Kampmann)
1.) Ziel erreicht!

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von tilos » Sa 07.11.15 17:13

Ich empfehle Euch beiden lustigen Chemie-Experten mal mit Natron Wäsche zu waschen und mit Soda zu backen - nennt man auch "learning by doing".:lol: Aber beschwert Euch bitte hinterher nicht bei mir. 8)

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von lilmaroni » Mo 09.11.15 18:36

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten.

Ich werde wohl denn Tipp mit der Neutralseife ausprobieren.
Auslüften wird vermutlich extrem lange dauern...

Eine Frage zur Neutralseife:
Was ist das Besondere an dieser Seife? Nur die pH-Neutralität?
Kann man dann jede "sensitive" Flüssigseife verwenden oder auch "Neutralreiniger" (von einem bekannten Hersteller von ökologischen Reinigungsmitteln)?

Seift man die Münze damit einfach kurz ein oder soll man sie darin länger "einweichen"?


Viele Grüße,
Dominik

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Re: Münze riecht penetrant nach Chemie

Beitrag von tilos » Mo 09.11.15 19:39

Es geht auch jede andere Reinigungspaste, die keinen Putzkörper enthält. Man kann auch "richtige" Seife oder Spülmittel nehmen. Wegen der kurzen Einwirkzeit und des gründlichen Spülens im Anschluss kommt es hier nicht so darauf an. Einfach die Münze vorsichtig zwischen den Fingern "einseifen" und abreiben, evtl. unter Zihilfename einer Zahnbürste. Danach spülern etc. - wie beschrieben, evtl. zwischendurch abtrocknen (nach 1-2 Stunden) und eine Geruchskontrolle machen. Ich habe in letzter Zeit etwa 100 antike Bronze- und Silbermünzen aus alten PVC-Alben so behandelt (die hatten teilweise schon die typischen grünen Beläge) - alle mit Erfolg.
Ich benutze im Labor Neutralseife, weil unbedenklich und vorrätig.
Gruß
Tilos

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