Eine unbekannte Göttin aus Deultum

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Peter43
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Eine unbekannte Göttin aus Deultum

Beitrag von Peter43 » Mo 13.02.17 14:35

Es gibt Vorderseiten- und Rückseitensammler. Ich gehöre eher zur 2. Gruppe. So möchte ich hier eine Münze des Philipp II. aus Deultum vorstellen, deren Rückseite mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.

Thrakien, Deultum , Philipp II., 247-249
AE 22, 6.4g, 21.97mm, 30°
Av.: M IVL PHILIPPVS CAES
Büste, drapiert und cürassiert, von vorne gesehen, mit Strahlenkrone, n.r.
Rv.: COL F - PA - C [DEVLT]
Weibliche Gottheit, in langem, gegürteten Doppelchiton, ohne Schleier, frontal stehend, Kopf n.l. , hält in der vorgestreckten Rechten Patera und stützt sich mit der erhobenen Linken auf lange Fackel, die oben aus 2 zusammengebundenen Teilen besteht.
Ref.: Varbanov 3087 (Rs. stempelgleich); SNG Bulgaria I, Ruse, 1809
fast SS/S+, schwarzgrüne Patina

Varbanov sowie SNG Bulgaria nennen die weibliche Gottheit Demeter (Ceres). Aber ohne Schleier und ohne Getreideähren oder ähnliche Fruchtbarkeitssymbole kommen Zweifel auf.

Die Darstellung der Fackel ist außergewöhnlich. Pat Lawrence scheibt: Sie scheint ein formalisiertes Äuivalent zur üblichen segmentierten Fackel zu sein, und sieht aus als sei sie aus Piniennadeln (und Rinde?) gemacht, die zusammengebunden und zum besseren Zusammenhalt mit Kiefernpech verklebt sind, und das natürlich auch zum schnelleren Brennen. Vielleicht hätten sie bei einem dauerhaften Abbild ein eher formales Fackeldesign gewählt.
Bei der Gottheit gibt es noch andere Möglichkeiten. z.B. in Bezug auf das bikonische Objekt (auf Münzen von Anchialos), das wahrscheinlich eine Fackel darstellt (besonders wenn oben eine Flamme gezeigt wird), und offensichtlich zu einem Kult in Thrakien gehört. Die Gottheit mit der Fackel kann natürlich sein: Hekate, Persephone oder eine Art von Artemis. Aber eine Patera und das Fehlen von Getreide allein sind ungenügende Beweise.

Als weitere Möglichkeiten möchte ich noch Hera erwähnen, die als Brautführerin bei Hochzeiten eine Fackel trägt, und Hestia als Herdgöttin.

Mit freundlichem Gruß
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deultum_philippII_Varbanov3087.jpg
deultum_philippII_Varbanov3087_Detail.JPG
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Re: Eine unbekannte Göttin aus Deultum

Beitrag von richard55-47 » Mo 13.02.17 18:26

Von diese Materie habe ich ganz viel keine Ahnung.
Hat es etwas zu bedeuten, dass auf dem Kopf der Göttin Strahlen erkennbar sind? Trägt die Göttin eine Strahlenkrone? Das wäre ungewöhnlich. Mir ist eine Demeter/Ceres mit Strahlenkrone unbekannt. Weiter ist eine Patera für Ceres mehr als ungewöhnlich, das dürfte für reichsrömische und auch für Provinzmünzen so sein. Bei einer Patera habe ich eher Concordia in Verdacht, muss aber einräumen, dass ich einen Antoninian des Valerianus mit PROVIDENTIA-Legende besitze, wobei die Gestalt aber eindeutig Concordia mit Patera darstellt. Demnach widerlegt mein eigener Fundus meinen Verdacht. Auch: eine Concordia mit Fackel?? Kaum anzunehmen. Verbleibt mein letzter Gedanke: Warum sollte in der Provinz nicht auch ein verschlafener Münzschnitzer die Accessoires verwechselt haben?
do ut des.

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Re: Eine unbekannte Göttin aus Deultum

Beitrag von Peter43 » Mo 13.02.17 20:21

Danke Richard für Deine Überlegungen. Die Strahlenkrone ist sicherlich nur ein Artefakt. Aber Demeter mit Fackel und Patera ist bei Provinzialmünzen kein Einzelfall. Der verschlafene Münzschnitzer in der Provinz ist aber eine Sage. Natürlich hatten die Münzentwerfer in der Provinz mehr Freiheiten, als die an feste Formalien gebundenen imperialen Bildentwerfer. Dadurch ist ja auch die ungeheure Vielfalt von Münzbildern entstanden, von denen Sammler von imperialen Münzen nur träumen können.

Mit freundlichem Gruß
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Re: Eine unbekannte Göttin aus Deultum

Beitrag von Schwarzschaf » Mo 20.02.17 12:12

Möglicherweise handelt es sich doch um Philippus II - MIVLPHILIPPVSCAES -- bei Draganov 2005 unter der Nummer 1809 ist ein (fast) identes Stück abgebildet. Möglicherweise doch ein "Schnitzfehler" des Münzbeamten!?
Weil ich nicht alles weiß, bin ich neugierig

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Re: Eine unbekannte Göttin aus Deultum

Beitrag von Peter43 » Mo 20.02.17 17:26

Peter43 hat geschrieben:Ref.: Varbanov 3087 (Rs. stempelgleich); SNG Bulgaria I, Ruse, 1809
Jochen
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