Ein rätselhafter Flußgott aus Nikopolis

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Ein rätselhafter Flußgott aus Nikopolis

Beitrag von Peter43 » Do 11.04.19 17:09

Hallo!

Dieser Diadumenian ist auf dem Weg zu mir:

Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Diadumenian, 217-218
AE 27, 12.45g
geprägt unter dem Statthalter Marcus Claudius Agrippa
Av.: M OΠEΛΛI [ΔI] - AΔOVMENIANOC K
Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, barhäuptig, n.r.
Rv.: VP A[ΓPIΠΠA NIKO]ΠOΛITΩN / ΠPOC ICT
Jugendlicher Flußgott, in Hüftkleid und mit Chlamys, die von der li.
Schulter herabfällt, n.l. sitzend, lehnt mit dem re. Arm auf Prora hinter ihm und hält im
li. Arm Wasserpflanze; die li. Hand ruht auf unbekanntem Objekt
Ref.: a) AMNG I/1, 1807, Taf. XVIII, 4 (1 Ex., im Handel, stempelgleich)
b) Varbanov 3645 (stempelgleich)
c) Hristova/Hioeft/Jekov (2018) No. 8.25.32.3 corr.
c) Megaw NIK4.38e (abgebildet in HrHJ!)
Selten, S+, hübsche grüne Patina, etwas exzentrisch, Legenden teilweise nicht lesbar

Es handelt sich mit Sicherheit um die Darstellung eines Flußgottes, obwohl hier das Gefäß fehlt, aus dem gewöhnlich das Wasser fließt. Aber die Wasserpflanze im li. Arm und die Prora im Hintergrund lassen keinen Zweifel aufkommen. Wegen der Prora wird es sich um einen schiffbaren Fluß handeln, was hier der Ister (Donau) wäre.´Aber die weitere Beschreibung der Details auf der Rückseite bereitet Probleme:

(1) Das was Megaw als Thyrsos bezeichnet hat, halte ich am ehesten für eine Chlamys, die ihm von der li. Schulter herabfällt.
(2) Aber worauf sitzt der Flußgott? Er sitzt zumindestens nicht auf dem Boden. Aber es ist auch kein Felsen, wie es Megaw meint. Am einfachsten machen es sich die, die eine Benennung ganz weglassen.
(3) Worauf stützt er den li. Arm? Das Objekt scheint hohl zu sein. Eine Urne, wie es einige meinen? Wohl nicht. Dafür fehlt das fließene Wasser. Eine Tonne oder ein Faß? Ein Schild? Das wäre sehr ungewöhnlich.

Dann habe ich die Anm. von Pick bei AMNG I/1 1698 für Macrinus gefunden, wo er davon spricht, daß es ihn an eine Kline erinnert, die auch von Flußgottdarstellungen aus Thrakien bekannt ist. Dazu paßt, daß ich ganz klar 2-3 Füße einer Sitzgelegenheit sehe, li. davor evtl. 2 Kissen. Mit der schlecht gezeichneten Stütze des li. Armes könnte dann die Lehne der Kline gemeint sein, wobei der Stempelschneider die Lehne der Kline und eine Urne, die häufig vorkommt, durcheinandergebracht hat. Ein anderer Fehler ist noch der Abstand des li. Armes von der runden Stütze, sodaß er überhaupt nicht aufliegt.

Ich habe die kritischen Teile gefärbt:
(a) gelb: Füße der Sitzgelegenheit
(b) grün: Fragliche Kissen
(c) blau: unbekanntes Objekt
(d) orange: Chlamys
(e) weiß: Wasserpflanze

Was meint ihr zu dieser Erklärung? Ich würde mich über jede Meinung freuen!

Jochen
Dateianhänge
nikopolis_diadumenian_HrHJ(2018)8.25.32.3corr.jpg
#002.jpg
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Re: Ein rätselhafter Flußgott aus Nikopolis

Beitrag von Mithras » Do 11.04.19 19:32

Ahoi Jochen,
für mich schaut das blaue Teil aus wie das Heck samt Steuerruder.
Hinter dem Flussgott ist doch ein Schiff n. l. (Prora links von Flussgott), oder?

Sonnige Grüße
Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

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Re: Ein rätselhafter Flußgott aus Nikopolis

Beitrag von Peter43 » Fr 12.04.19 10:40

Herzlichen Dank für Deine Anwort. Ja, hinter ihm sieht man das Vorderteil (Prora) eines Schiffes. Allerdings kann das runde Objekt wegen der Perspektive nicht das Heck sein.

Jochen
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