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merkur oder apoll?

Verfasst: Mo 21.06.04 21:26
von Attacke
salvete!

wie Ihr sicher wißt, gibt es inbetreffs dieses denars des gaius octavius von ca. 30 v. Chr. widersprüchliche ansichten: die einen sehen den merkur, die anderen apoll.

ich neige letzteren zu: hat doch zanker erwiesen, daß octavius seine angebliche besondere beziehung zu Apoll auch propagandistisch benutzte. oder ist das ein strohhut, und wir sehen den merkur, der als hirte getarnt den argus in den schlaf singt?

Verfasst: Di 22.06.04 12:40
von chinamul
Es handelt sich hier mit einiger Sicherheit um den Apollo Leucadius (Apoll von Leukas), und die Münze bezieht sich auf den Sieg über Marcus Antonius bei Actium.
Mercur gilt zwar als Erfinder der Leier, überließ sie dann aber bald Apoll. Wenn die Münze auf die Freiheit des Handels auf den Meeren hätte hinweisen sollen, hätte man einem Mercur hier wohl statt einer Leier eher sein typisches Attribut, den Caduceus (griech. Kerykeion) beigegeben.
S. hierzu die hochinteressanten Ausführungen von Konrad Kraft in seiner Schrift Zur Münzprägung des Augustus (Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1969)

Gruß

chinamul

Verfasst: Di 22.06.04 14:18
von Attacke
sodales, familiares, amici !

was wäre dann der bezug auf den sieg bei actium :?:

bedenkt man die einbettung dieses motives in eine reihe anderer motive aus emissionen dieser zeit, entsteht eher der eindruck, daß der spätere augustus in dieser phase seiner münzprägung so etwas wie sein politisch-ideologisches programm beschrieb: der apoll stünde dann für das musische prinzip.

Verfasst: Di 22.06.04 14:24
von Attacke
wäre das nicht eher ein bezug zu actium?

Verfasst: Di 22.06.04 15:02
von chinamul
Kraft sieht hier keinen Ausdruck irgendeines politischen Programms des Oktavius mit Apoll als Musagetes (wie Liegle es vermutet), sondern betrachtet das Münzbild ausschließlich geographisch. Es stellt offensichtlich einen auf einem Felsen - wohl einem Vorgebirge - am Meer sitzenden Gott dar. Es kann mithin nicht der Apollon Aktios sein, da dessen Heiligtum landeinwärts lag, während der Apollon Leucadius auf dem Cap Ducato, also einer Felsklippe zu lokalisieren ist. Und eben dieser Apollon Leucadius wird von Properz (3. Elegienbuch) als derjenige Gott besungen, der die Schlacht von seinem Felsen aus beobachtete: Leucadius versas acies memorabit Apollo. Damit dürfte der Zusammenhang mit der Seeschlacht vor Actium hinreichend belegt sein.
Natürlich ist dieser Bezug auf der zweiten Münze deutlicher zu erkennen, aber offenbar gab es zur Verherrlichung des entscheidenden Sieges über M. Antonius eine ganze Serie von Münzen, u. a. eben auch die mit dem Apollo Leucadius.

Verfasst: Di 22.06.04 15:32
von Attacke
der hinweis auf die properz-stelle überzeugt mich: das läßt mich die actium-elegie in völlig neuem lichte sehen ... :multi:

wer hätte dann auf wen reagiert? die prägung auf die elegie oder umgekehrt? immerhin ist ein persönlicher kontakt zwischen dichter und erstem bürger nicht ausgeschlossen. (eine genaue synopse zur augusteischen dichtung habe ich leider gerade nicht zur hand)

bliebe noch die frage: was trägt er da auf dem rücken?

Verfasst: Di 22.06.04 17:02
von chinamul
Auf dem Rücken trägt er Kraft zufolge eine Kopfbedeckung (wie ein Mexikaner seinen Sombrero an einem Band herabbaumelnd trägt), wie sie Seeleute zu tragen pflegten. Es handelt sich also nicht um den Petasos des Mercur.
Die Elegie entstand einige Jahre nach der wahrscheinlichen Prägezeit unseres Denars. Die Münze dürfte also die Henne sein, die Elegie das Ei.
Hier läßt sich noch ein hübsches Wortspiel anfügen: Die Henne sorgt damit gewissermaßen für eine "Ei-legie".

Verfasst: Di 22.06.04 17:24
von Attacke
gratias habeas!

:D

chinamuli salutem. :!: