Vogelgrippe?

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Moderator: KarlAntonMartini

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klaupo
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Vogelgrippe?

Beitrag von klaupo » So 23.10.05 01:24

Hallo mal wieder,

ich weiß, dies ist ein ernsthaftes Forum, aber manchmal wird die Vergangenheit vom Tagesgeschehen eingeholt - um nicht zu sagen überholt. Da hätten wir also auf den Abb. unten (jeweils Avers) links drei ausgezehrte, von der Vogelgrippe gezeichnete Zug- oder Wandervögel, die in trügerischer Absicht (Legende: Urbi et orbi salus / Gesundheit der Welt und dem Erdkreis) mit einem Friedenszweig im Schnabel dem Westen zustreben und rechts den europäischen Freilandhahn, der sich der Gefahr aus dem Osten - dargestellt durch die Schlange - wagemutig (Et vigil et prudens / Wachsam und weise) entgegenstemmt.

Die Interpretation ist eingestandenermaßen subjektiv. Interessieren würde mich trotzdem, vor welchem Hintergrund eine medizinische Fakultät diese drei Vögel als Motiv für einen Jeton ausgewählt hat? Übrigens kommt auch der Freilandhahn aus dem Gesundheitssektor ... und noch etwas: Vorsicht bei derartigen Jetons: Einer von beiden ist eine NP, aber das erkennt man nur, wenn man auf den Rand schaut!

Gruß klaupo
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Marc
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Beitrag von Marc » So 23.10.05 05:25

ich sagt es einfach mal so :
Du erinnerst mich an die .... die, die steinzeitlichen Muttergöttinnenfiguren als Venus bezeichnen. Dann daraus schließen das früher fette Frauen das Schönheits- und Sexideal waren. Und daraus schließen, dass heutige Männer nur von der kulturellen Umgebung verdorben sind, wenn sie fette Frauen nicht attraktiver als Playmads finden. :P
( Das gab es wirklich und war ernst gemeint. Tja in Dinge lässt sich so viel hereininterpretieren 8) )

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Beitrag von mumde » So 23.10.05 10:56

Hallo Klaupo, Deine aktualisierte Deutung der Jeton-Darstellungen hat mich amüsiert. :wink:
Die drei Störche kommen auf einer ganzen Reihe von Jetons des 17. und 18. Jh. vor, sie bilden das Wappen der alten medizinischen Fakultät der Pariser Universität. Da ist dann jeweils das Brustbild des Dekans auf der einen Seite und das Wappen der Fakultät auf der anderen Seite. Freeman führt ungefähr 24 verschiedene auf.
Die Entstehung von Wappenbildern ist ja manchmal rätselhaft, und ich habe keine Informationen darüber, weshalb die medizinische Fakultät sich drei Störche wählte. Aber der Storch galt allgemein als gutes Tier, da er Schlangen, Würmer und Ungeziefer vertilgte. Auch im "Reinecke Fuchs" ist doch Adebar, der Storch, eine der positiven Gestalten.
Gruß mumde

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Beitrag von Afrasi » So 23.10.05 14:03

Hallo und vielen Dank für die gelungene zeitgemäße Interpretation eines alten Textes. Das habe ich heute morgen in der Kirche auch versucht ... Bei den Störchen entsinne mich an ein gut gemeintes Aufklärungsbuch, das mir meine Eltern irgendwann einmal verschämt in mein Zimmer legten: Woher kommen die kleinen Buben und Mädchen, oder so ähnlich ... Vielleicht stehen die Störche ja für die drei hochbegabten Professeurs der gynäkologische Abteilung. Von solchen Beiträgen verkrafte ich - auch als "ernsthafter" Sammler mehr. Allerdings haben sich zwei kleine Lateinfehler - ja, ich bin pingelig - eingeschlichen: Gesundheit (sei) der Stadt!!! (Paris) und dem Erdkreis!
(Sei/d) sowohl!!! wachsam als auch!!! weise!
Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)

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Beitrag von Afrasi » So 23.10.05 14:06

p. s.: Auch wenn ich den Rand nicht sehen kann: meine Urinprobe sagt mir, die Nachprägung ist das Stück links.

Richtig?
Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)

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Beitrag von klaupo » So 23.10.05 18:15

Freut mich, daß die verqueren Überlegungen Anklang gefunden haben und dazu noch das Wappen der medizinischen Fakultät von Paris aufgezeigt wurde. Ein Blick ins Lexikon der Symbole ergab noch, daß der Storch weltweit sehr vielseitig besetzt ist, aber allgemein als Glücks-Symbol betrachtet wird - wie bereits angesprochen z.B. zuständig für die Logistik für Kindersegen, aber auch als Seelenträger ... da hätten wir dann die Ärzte ... und wären schon fast wieder beim Thema. Und natürlich ist der Storchen-Jeton von 1766/67 richtig als die NP erkannt (mit einer Punze ARGENT und Füllhorn auf dem dünnen Rand). Der Hahn dagegen ist eine Ausgabe des College de Pharmacie aus dem Jahr 1778.

Gruß klaupo

P.S. @marc: Über die Frauenideal vom Typ Venus von Willendorf auf Münzen und das Proporzdenken der Slowaken, die den schlanken und den fülligen Typ auf ihren Münzen zeigen, sollten wir uns vielleicht gelegentlich in einem anderen Thread unterhalten. :D

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