Anfertigung Vierschlag-Rohling

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Susat
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Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von Susat » Do 20.07.17 14:01

Hallo in die Runde,
seit Jahren beschäftige ich mich mit der Rekonstruktion zur Herstellung mittelalterlichen Münzen mit der Hammerprägung. Nun bin ich dieses Wochenende auf die Cadolzburg, nähe Nürnberg, eingeladen um meine Schauprägung vorzustellen. Gerne würde ich auch erklären können wie die Herstellung des Vierschlagrohlings funktioniert hat.

Ich glaube, nicht ungeschickt mit Silber und Hammer umgehen zu können, bekomme aber keinen Vierschlag hin. Wenn ich richtig recherchiert habe sind die Heller ca. 0,4g leicht und haben einen ungefähren Durchmesser von 15mm.
Allein das halten eines 10mm Quadrates und die „Drohung“ des Hammerkopfes meine Finger zu zerquetschen, lassen mich sicherlich zu vorsichtig sein. Meine versuche deshalb jede Seite mit 10 Schlägen zu traktieren haben auch zu keinem nennenswertem Ergebnis geführt. Die Materialstärke reicht nicht aus um ein 10mm Quadrat auf 15mm annähern rund zu schlagen, ganz davon abgesehen das die Spitzen des Quadrates weiterhin vorhanden bleiben.

Frage nun in die Runde: Hat jemand schon mal versucht Vierschlagrohlinge herzustellen und Erfolg damit gehabt? Oder wird nur theoretisches Wissen weiter gegeben? Für praktische Erfolgstipps wäre ich sehr dankbar.
mit freundlichen Grüßen aus der alten Hansestadt Soest, susat

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QVINTVS
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Re: Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von QVINTVS » So 03.09.17 22:46

Grüß Dich Susat,

das ist eine sehr interessante Frage, die ich mir auch schon öfters gestellt habe. Auch, warum es den Vierschlag überhaupt gibt! Eine befriedigende Antwort habe ich bisher nicht gefunden.

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Die frühesten Heller hatten keinen oder nur selten einen Vierschlag. Die späteren dagegen regelmäßig. Könnte man nicht auf einer rundlichen Münze, die bereits geprägt wurde, einen Vierschlag anbringen? Also nochmals erhitzen und dann ein paar mal kräftig draufhauen????
Viele Grüße

QVINTVS

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Re: Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von Mistelbach » Mo 04.09.17 23:11

Hallo Susat,

ich habe mit Bleiplättchen etwas Versuche gemacht (Silber wurde soweit ich gelesen habe erhitzt um es weicher zu machen).
Dabei habe ich aber nicht den Schrötling mit dem Finger festgehalten, zu gefährlich, sondern Hammmer und Meißel benutzt.
Zuerst einen Meißel mit vierkantigem flachen Ende, da entstehen aber schlecht Rundungen sondern im Gegenteil werden die Ecken am meisten hervorgetrieben.
Dann habe ich dem Meißel abgerundet und damit kommt der meiste Druck auf die Kantenmitte die damit auch am weitesten ausgedehnt wird. Nur so entsteht aus jeder Seitenkante eine Rundung. Das Ergebnis ähnelt auch sehr meinen Orginalstücken. Durch das Ausklopfen und das anschliesende Prägen wird der Schrötling deutlich vergrößert, fast auf das Doppelte.
4schlag.JPG
4schlag x.jpg
Die breit gehämmerten Dünnpfennige des 11./12. Jhd. scheinen aber noch was anderes zu sein, die Technik habe ich noch nicht hingekriegt.

beste grüße, Mistelbach

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Re: Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von Dude_199 » Mo 04.09.17 23:32

Hallo,

zu den Vierschlag-Rohlingen kenne ich nichts direkt aber es gibt einen Artikel über die Schrötligsherstellung von Brakteaten. Ich denke der könnte auch Interessant sein.

Erkenntnisse zur Herstellung von Brakteaten um 1300 : experimenteller Nachvollzug prägetechnischer Merkmale
Schmutz, Daniel / Jäggy, Christoph
Schweizer Münzblätter = Gazette numismatique suisse = Gazzetta numismatica svizzera, Band 48-49 (1998-1999)

Über die Homepage der Schweizer Numismatischen Gesellschaft kann man sich den Artikel als pdf.-Datei herunterladen.

Viele Grüße
Dude

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Re: Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von diwidat » Mi 06.09.17 21:24

es gibt ein paar Hinweise in der Literatur
Muenzwerkstatt-MA.jpg
der rechte Münzarbeiter schlägt die quadratischen Plättchen, die aus der Zaine geschnippelt werden, auf deinem Amboss zu Vierschlag Rohlingen.
Der mittlere Arbeiter beprägt dann diese pseudo runden Rohlinge mit der Hand.
Die Herstellung scheint jedenfalls anders zu sein als im obigen Beitrag gezeigt. Der Schlag erfolgt von hinten auf das Plättchen auf einer Amboss Kante.

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Re: Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von Mistelbach » Mi 06.09.17 22:24

Hallo Diwidat,

hast du da einen genauen Text dazu oder ist das aus dem Bild entnommen?
Ich sehe auf dem Tisch einen Amboß, davor liegen 2 Meißel (?) und eine Metallschere.
Ich habe auch deine Variante schon getestet und bekomme zwar einen Vierschlag aber keine guten Rundungen hin. Wenn Hammer und Amboß flach sind dann wird das Metall gleichmäßig herausgequetscht, zu einer Rundung muss man es aber in der Mitte mehr quetschen als am Rand. Ich könnte mir auch vorstellen dass das jeder Münzmeister nach eigenem Gutdünken gemacht hat.
Hier mein Ergebniss auf dem Amboss:
4schlag xx.JPG
Einen guten Überblick gibt der Artikel "Arbeitsschritte bei der Hammerprägung", MünzenRevue 10/2013 79-84. Leider wird auch da die Technik des Vierschlages nicht genauer beschrieben. Wohl aber das "Rundklopfen" einer Schrötlingsrolle mit Holzhämmern.

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Susat
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Re: Anfertigung Vierschlag-Rohling

Beitrag von Susat » Mi 06.09.17 22:30

Vielen Dank für eure Beiträge, nach meinem Urlaub werde ich mich ausführlich damit beschäftigen. Diwidat, dein Bild kenne ich schon sehr lange und habe mich auch ausführlich damit beschäftigt. Nach meiner Ansicht schlägt der münzgeselle hinten keine Zain sondern Zainstangen. Er schlägt mangels Walze die gegossenen Zainstangen auf die gewünschte münzstärke. Danach können die Quadrate einfach geschnitten werden.
mit freundlichen Grüßen aus der alten Hansestadt Soest, susat

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