Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Kulturgutschutzgesetz

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Chandragupta
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von Chandragupta » So 12.07.15 22:16

Eh, der Lemur hat mich vollkommen verstanden!! :D :D

Genau so wird das in maximalst potenzierter Form (also BRD-typisch mit maximalsten Einschränkungen aller individueller Freiheiten) ab 2016 wohl ablaufern... :evil: :evil: :evil: :evil:
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

j-u.thormann
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von j-u.thormann » So 12.07.15 22:36

Lemur hat geschrieben:
Chandragupta hat geschrieben: Daruter u.a. ein "Gutachten" eines Archäologen daß meine Stücke (mit wenigen Ausnahmen) vom Balkan stammen sollen.
Zufällig ein Archäologe vom RGZM?
Petition für den Erhalt des privaten Sammelns: https://www.openpetition.de/petition/on ... n-sammelns

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McXXL
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von McXXL » So 12.07.15 22:38

Hallo Herr Thormann,

Eben
j-u.thormann hat geschrieben:Die Renaissanceaufhübschungen sind halt stilistisch besser als moderne osteuropäische Schnitzkunst auf vielleicht antiken Schrötlingen.
eben. Und aus Osteuropa kam nach dem Fall der Mauer nicht nur die Schnitzkunst sondern auch eine Schwemme hochwertigen Materials. Vergleichen Sie mal ältere Auktionskataloge mit denen aus den 2000er Jahren, die Qualität der Teile hatte auf einmal merklich zugenommen. Natürlich müssen übrigens die osteuropäischen Stücke nicht notwendigerweise aus modernen Raubgrabungen stammen, aber solange der lückenlose Herkunftsnachweis nicht gegeben ist, bleiben halt einfach Vedachtsmomente. Und ich würde schon sagen, dass diese nicht einfach gerade von uns Sammlern weggewischt werden sollten.

Sicherlich ist die Gesetzeslage bzgl. Grabungsrechten und Findervergütung auch in Deutschland alles andere als glücklich und mitnichten im Sinne der Archäologie. Man sollte dies auch zwingend thematisieren, um eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. Allerdings macht man sich total unglaubwürdig, wenn man auf der anderen Seite so tut, als wäre der, durch die Bank weg fehlende Herkunftsnachweis allein der Tatsache geschuldet ist, dass die antiken Münzen direkt aus dem Mittelalter in die Neuzeit "geflogen" sind, und sich kein Mensch mehr daran erinnern kann, wo die Stücke ausgebuddelt wurden. :o

Ich halte eine solche Haltung sogar für kontraproduktiv, denn wozu sollte man dann überhaupt noch die bestehende Gesetzeslage ändern? :wink:

Gruss

McXXL
Zuletzt geändert von McXXL am So 12.07.15 22:47, insgesamt 2-mal geändert.

alexander20
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von alexander20 » So 12.07.15 22:39

Hallo Chandragupta,

"Genau so wird das in maximalst potenzierter Form (also BRD-typisch mit maximalsten Einschränkungen aller individueller Freiheiten) ab 2016 wohl ablaufern... :evil: :evil: :evil: :evil:
Numismatische Grüße,"

mit Verlaub und als Jurist sage ich dazu..das ist Unsinn!

alexander20

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McXXL
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von McXXL » So 12.07.15 22:44

j-u.thormann hat geschrieben:Zufällig ein Archäologe vom RGZM?
ich war zufällig mal in dem Museum. Die Münzen waren durch die Bank weg grottenschlecht, und viele der Büsten und Artefakte waren Falsifikate. :?

Lemur
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von Lemur » So 12.07.15 22:46

j-u.thormann hat geschrieben:
Lemur hat geschrieben:
Chandragupta hat geschrieben: Daruter u.a. ein "Gutachten" eines Archäologen daß meine Stücke (mit wenigen Ausnahmen) vom Balkan stammen sollen.
Zufällig ein Archäologe vom RGZM?
Verständlich daß Dir Müxxxx- Kaxxx einfällt.Der galt aber wohl schon zu dieser Zeit als "verbrannt"(selbst in eigenen Kreisen)

Meine Fördermitgliedschaft beim RGZM ist dennoch seit 2008 nicht erneuert worden.
...das ganze Mee`volle`´öme`.

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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von j-u.thormann » So 12.07.15 23:41

McXXL hat geschrieben:Natürlich müssen übrigens die osteuropäischen Stücke nicht notwendigerweise aus modernen Raubgrabungen stammen, aber solange der lückenlose Herkunftsnachweis nicht gegeben ist, bleiben halt einfach Vedachtsmomente. Und ich würde schon sagen, dass diese nicht einfach gerade von uns Sammlern weggewischt werden sollten.
(...)
Allerdings macht man sich total unglaubwürdig, wenn man auf der anderen Seite so tut, als wäre der, durch die Bank weg fehlende Herkunftsnachweis allein der Tatsache geschuldet ist, dass die antiken Münzen direkt aus dem Mittelalter in die Neuzeit "geflogen" sind, und sich kein Mensch mehr daran erinnern kann, wo die Stücke ausgebuddelt wurden. :o
Hallo McXXL,

ich glaube, alle hier haben etwas gegen Raubgrabungen.
Die Frage ist, wie man die unterbindet. In Osteuropa ist das Problem ganz sicher nicht durch deutsche Gesetze zu lösen. Wenn Sie sich einmal mit osteuropäischen Archäologen (besonders aus dem Schnitzerland) unterhalten haben, sollten Sie das auch wissen.

Natürlich sollen und müssen Sammler und Händler Sorgfaltspflichten beachten. Die Sorgfaltspflichten müssen sich aber am Machbaren orientieren (Impossibilium nulla est obligatio). Man kann nicht deutsche Sammler und Händler zu etwas Unmöglichem verpflichten (für nahezu alle legal in Privatbesitz befindlichen, nicht aus Raubgrabungen stammenden Münzen existieren keine lückenlosen Herkunftsnachweise, und die kann man nicht herbeizaubern. Das wird Ihnen gerne auch der Landesnumismatiker Ihres Vertrauens bestätigen.). Wenn man diese lückenlosen Herkunftsnachweise zur Pflicht macht und - falls sie nicht vorliegen - Sammler enteignet, tut man zahllosen Sammlern sicher Unrecht, nur um möglicherweise Raubgrabungen zu verhindern. Das wird aber damit nicht erreicht. Und ich glaube, dieser Sachverhalt ist Ihnen durchaus bewusst.
Pauschalisierungen sind immer falsch, und ich kann nicht sagen, "der Handel" oder "die Sammler" machen dies oder das. Ich bin aber überzeugt, daß die Mehrzahl der Händler und Sammler durchaus darauf achtet, daß die Münzen aus - auch unter Aspekten des Kulturgutschutzes - einwandfreien Quellen stammen. Schwarze Schafe gibt es überall.

Gruß,

j-u.thormann
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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von kc » Mo 13.07.15 00:56

durch den verbot des münzensammelns werden raubgrabungen nicht verhindert werden können. nicht nur radikale Islamisten werden weiterhin kutlurgüter zerstören oder ins Ausland verkaufen, sondern beispielsweise auch amerikanische Soldaten schaffen viele schätze aus den von ihnen besestzten ländern. würde das sammeln dieser kulturschätze unterbunden werden, wäre es für die raubgräber wohl etwas schwieriger die schätze loszuwerden, aber auf keinen fall unmöglich. dann wird eben mehr mit anderen ländern gehandelt,so würde vielleicht mehr material in die USA gebracht als es nun schon gemacht wird. solange die nachfrage vorhanden ist, wird auch versucht das Angebot konstant zu halten.
grüße
k


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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von McXXL » Mo 13.07.15 08:50

Hallo Herr Thormann,
j-u.thormann hat geschrieben:Man kann nicht deutsche Sammler und Händler zu etwas Unmöglichem verpflichten (für nahezu alle legal in Privatbesitz befindlichen, nicht aus Raubgrabungen stammenden Münzen existieren keine lückenlosen Herkunftsnachweise, und die kann man nicht herbeizaubern. Das wird Ihnen gerne auch der Landesnumismatiker Ihres Vertrauens bestätigen.). Wenn man diese lückenlosen Herkunftsnachweise zur Pflicht macht und - falls sie nicht vorliegen - Sammler enteignet, tut man zahllosen Sammlern sicher Unrecht, nur um möglicherweise Raubgrabungen zu verhindern. Das wird aber damit nicht erreicht. Und ich glaube, dieser Sachverhalt ist Ihnen durchaus bewusst.
Ich pflichte Ihnen bei, so etwas ist zum einen undurchführbar, und zum anderen würde man insbesondere uns Sammlern völlig Unrecht tun. Übrigens bin ich fest davon überzeugt, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen kein Herkunftsnachweis zur Pflicht gemacht werden kann, weil dies ja ein massiver Eingriff in die Eigentumsrechte von uns Bürgern wäre.

Gerne möchte ich Ihnen aber dennoch ein Feedback geben zu Ihrer Argumentationsweise. Sicher ist es richtig, dass seit der Renaissance noch vor dem Aufkommen von Archäologie antike Münzen von Privatleuten gesammelt wurden. Allerdings halte ich es schlicht für eine Tatsachenverdrehung, wenn man nun daraus ableitet, dass die überwältigende Mehrzahl der, sich im Handel befindlichen Münzen eben nicht "frisch vom Acker" sondern aus alten Sammlungen stammt. Strenggeneommen ist es nicht völlig mathematisch ausgeschlossen, dass dem so ist, die Zweifel bleiben aber, und wenn man in der Öffentlichkeit so argumentiert, dann macht man sich zum einen unglaubwürdig und erschwert zum anderen weitere, notwendige, sachliche Diskussionen. Das Ziel - vor allem auch aus Sicht des Handels - muss es ja sein, wenigstens die die aktuelle , deutsche Gesetzgebung dahingegen zu ändern, dass die zahlreichen, frisch gefundenen Münzen einen richtigen Herkunftsnachweis bekommen, damit eben wenigstens bei künftigen Funden auf deutschen Boden ein wichtiger Teil der Historie erhalten bleibt.

Ganz nebenbei bemerkt: Es gibt in Deutschland auch Sondergänger, die mit Suchgenehmigung tolle Münzen finden, diese beim zuständigen Archäologen offiziell melden und dann nicht unbedingt immer für "'n Appel und Ei" abgeben müssen, sondern durchaus auch die Erlaubnis bekommen, die Stücke an Sammler ganz legal weiter zu veräußern.
j-u.thormann hat geschrieben:Pauschalisierungen sind immer falsch, und ich kann nicht sagen, "der Handel" oder "die Sammler" machen dies oder das. Ich bin aber überzeugt, daß die Mehrzahl der Händler und Sammler durchaus darauf achtet, daß die Münzen aus - auch unter Aspekten des Kulturgutschutzes - einwandfreien Quellen stammen. Schwarze Schafe gibt es überall.
Ich hatte pauschal geäußert, dass es selbst bei den High-End Auktionen in der Schweiz praktisch keine Münze mit richtigen Herkunftsnachweis gibt. Wenn Sie diese Pauschalisierung als falsch empfinden, dann zeigen Sie mir doch mal bitte die römischen Münzen aus den diesjährigen Frühjahrsauktionen, bei denen der Fundort mit angegeben wurde. Ich versichere Ihnen, dass Sie diese maximal an zwei Händen abzählen können. Der relative Anteil wird, wenn überhaupt, im einstelligen Promillbereich liegen.

Zudem habe ich noch thematisiert, dass ich den allgemeinen Aufschrei der Sammlerschaft vermisse. Natürlich könnte man dies auch als Pauschalisierung werten, aber wo gab es denn z.B. in diesem Forum, wo sich ja über viele Sachen echauffiert wird, schon mal einen Aufschrei darüber, dass bei praktisch allen antiken Münzen die Angabe des Fundorts verloren gegangen ist.
j-u.thormann hat geschrieben:Schwarze Schafe gibt es überall.
Das sollte man auch mal sagen dürfen. Ich füge hinzu: Wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein. :wink:

Gruss

McXXL

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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von Chandragupta » Mo 13.07.15 15:39

McXXL hat geschrieben:Zudem habe ich noch thematisiert, dass ich den allgemeinen Aufschrei der Sammlerschaft vermisse. Natürlich könnte man dies auch als Pauschalisierung werten, aber wo gab es denn z.B. in diesem Forum, wo sich ja über viele Sachen echauffiert wird, schon mal einen Aufschrei darüber, dass bei praktisch allen antiken Münzen die Angabe des Fundorts verloren gegangen ist.
Weil das Sache der Archäologen und weniger der Numismatiker ist.

Ein Fund von vielen, vielen Münzen ist in seinem Gesamtkontext sowohl archäologisch als auch numismatisch (inkl. geld-/wirtschaftsgeschichtlich) interessant. Archäologisch z.B. für die Datierung anderer Funde an derselben Stelle, auch Vergrabungsumstände etc. (dafür ist vor allem die "Schlußmünze" relevant - also die jüngste Münze aus dem ganzen Fund).

Den "reinen" Numismatiker interessieren eher ganz andere Dinge, z.B. Typenhäufigkeit, Stempelkopplungen, Motivvarianten, Prägestätten, und auch der Stil. Für den eher geld-/wirtschaftsgeschichtlichen Fragenkreis ist z.B. die Nominalzusammensetzung eines Fundes interessant, auch die älteste noch zum Zeitpunkt der Schlußmünze umlaufende Prägung in diesem Fund. Dann natürlich ebenso, aus welchen räumlichen Bereichen Münzen enthalten sind (--> Handelskontakte etc.). Sowie das Metrologische: also Durchschnittsgewichte, Feingehaltsanalysen, etc. - je größer der Fund ist, umso interessanter wird dieser Aspekt!

Alles obige nur exemplarisch genannt - kann je nach Fragestellung ausgebaut werden, und wird auch in wissenschaftlichen Fundpublikationen entsprechend betrachtet.

Was ich aber sagen will: Eine individuelle Münze aus einem Großfund ist - von Einzelstücken herausragender historischer/archäologischer Bedeutung jetzt mal abgesehen! - für den Archäologen kaum von Belang. Deshalb tut er ja die Numismatik auch gern mal als bloße "Hilfswissenschaft" ab. :roll: Und in diesem Zusammenhang spricht jetzt nichts - aber auch rein gar nichts! - dagegen, Dubletten aus einem Fund in den Markt zu geben und so kulturell interessierten Menschen (vulgo Sammler genannt) die Möglichkeit zu eröffnen, solche Zeitzeugen nicht nur irgendwo steril in einem Museum präsentiert zu bekommen, sondern sie im Wortsinne "begreifen" zu können. Zugleich wird zumeist ein Prozeß gegenseitiger intellektueller "Aufschaukelung" gestartet: der Betreffende fängt an, sich intensiver mit diesen Objekten und ihrer Zeit zu beschäftigen, lernt dazu (meist autodidaktisch, aber z.B. auch in Numismatiker-Vereinen bei Vortragsabenden etc.), findet dabei vielleicht nach einiger Zeit sogar selbst neue Erkenntnisse, die wiederum die Wissenschaft befruchten. Solche Fälle gibt es mehr als genug. Sie wären aber nie möglich gewesen, wenn die Betroffenen nicht "irgendwann mal" der "Sammler-Virus infiziert" hätte. Hier im Forum sind viele Menschen zusammen gekommen, denen es ähnlich geht. Ich sage mal recht pauschalierend: alle seriösen Sammler hatten wohl so ein "numismatisches Erweckungserlebnis" - ich erzähle den meisten von Euch also nix neues. (Ich richte mich mit dieser Klarstellung auch eher an gerade mal so herbeigelauferte Gestalten.)

Was hat ein Museum davon, von irgendeiner spätrömischen Massenmünze als reines, in immer gleicher Art seriell hergestelltes, Alltagsobjekt ...zig, hunderte, ja ggf. tausende(!!) Exemplare desselben Typs/derselben Variante zu horten? Okay, es mag manchmal museumspädagogisch sinnvoll sein, einen (spektakulären) Münzfund komplett zu präsentieren; z.B. den Trierer Goldmünzenschatz von 1993. Aber ansonsten?! Die Dubletten sind isoliert (nachdem der Fund im o.g. Sinne korrekt wissenschaftlich aufbereitet worden ist) nunmehr archäologisch uninteressant geworden. Und dann interessiert "im Handel" traditionell die Provenienz auch nicht. Vor allem, da Sammler die Münzen eh in ihre individuelle Sammlungslogik einfügen, im Laufe der Zeit schlechtere durch bessere Stücke ersetzen und erstere dann ihrerseits als Dubletten weiterverkaufen - und bei dieser Tätigkeit geht der Bezug zur genauen Herkunft des einzelnen Exemplars dann recht bald mal verloren, z.B. weil zwei typgleiche Exemplare einfach verwechselt wurden. (Wobei antike Münzen ja noch den Vorteil haben, daß sie mit etwas Erfahrung anhand von Fotos bzw. ihres genauen Gewichtes oft gut individualisierbar sind - das ist bei moderen, maschinell produzierten, Münzen, die der KGSG-Entwurf auch mit kriminalisiert, schon wieder anders.) Der Fundkontext einer einzelnen "archäologischen" Münze war/ist für den Sammler auch nie "wirklich" interessant (allenfalls ein "nice to know").

Und nun frage ich mich allen Ernstes: Welches "eigentliche" Ziel steckt hinter dem Entwurf zum KGSG? Nein, ich glaube nicht an "wildgewordene Museums-Taliban" als Ideengeber. Denn seriöse Münzkabinette vergrößerten und vergrößern auch heute noch ihre Sammlung, indem sie sich - wie auch jeder ernsthafte Sammler - hin und wieder von Dubletten trennen, die sie "in den (globalen!) Markt geben" um damit Geld für Neuerwerbungen aus demselben Kunstmarkt zu erwirtschaften. Und dieser Markt braucht uns Sammler! Genauso wie die Händler. Ja, und sogar die Museen - und sei es auch nur, daß sich die Sammler dort die Sachen angucken können, die so einzigartig/hyperselten sind, daß sie sie sich halt nicht leisten können. Aber wer besucht schon sowas "langweiliges" wie eine Münzausstellung in einem Museum? Richtig: wer eh bereits Sammler ist! Damit schließt sich der Kreis...

So, das mußte jetzt mal gesagt werden.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von Locnar » Mo 13.07.15 17:13

Mal eine Frage:

ist es besser KEINE Münze aus einer "Raubgrabung" zu kaufen, dafür muss aber ein Mensch verhungern! ?
Gruß
Locnar

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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von Peter43 » Mo 13.07.15 18:35

Gefällt mir sehr gut, was Chandra geschrieben hat.

Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von bernima » Mo 13.07.15 19:30

Hallo,
Will mal kurz meine Überlegung dazu geben:
Werden die Münzen und sonstigen Gegenstände aus Edelmetall nicht mehr zu verkaufen sein so wandern sie halt in den Schmelztopf.
Was bleibt dann vom Kulturerbe ? Nette kleine Barren. Und da fragt dann keiner woher.

MfG. bernima

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Re: Neues Kulturgütergesetz in Deutschland ab 2016

Beitrag von chinamul » Mo 13.07.15 19:32

Peter43 hat geschrieben:Gefällt mir sehr gut, was Chandra geschrieben hat.
Mir auch!
Locnar hat geschrieben:Mal eine Frage: ist es besser KEINE Münze aus einer "Raubgrabung" zu kaufen, dafür muss aber ein Mensch verhungern! ?
Ironiemodus AN:

Das Dumme ist nur, daß es einer Münze immer so schwer anzusehen ist, ob sie aus einer Raubgrabung stammt. Sehr hilfreich könnte es da sein, wenn die Herren Raubgräber sie an Ort und Stelle jeweils mit einer ganz diskreten kleinen Punze markierten :wink: , aber das werden die vermutlich nicht wollen. Obwohl: Es ist doch vorstellbar, daß ganz nach Art der Graffiti-Sprayer jeder Raubgräber eine Punze mit seinem ganz persönlichen Tag verwenden könnte. Diese Tags wiederum würden dann mit Sicherheit von einigen Sammlern auf Vollständigkeit gesammelt und wie Fußballerbilder untereinander getauscht werden. . . . .
Gerade merke ich aber zu meinem Kummer, daß auch mit dieser pfiffigen Idee der Illegalität der Raubgräberei nicht beizukommen ist. Eigentlich schade, war doch immerhin ein guter Ansatz und sicher auch nicht viel dümmer als das, was sonst von der Kulturpolitik verzapft wird!
Etwas wirklich Gescheites zur Lösung dieses Problems fällt mir aber auf die Schnelle leider auch nicht ein, sonst würde ich es den politischen Entscheidungsträgern zu unser aller Wohl gern verraten. :(

Ironiemodus wieder AUS!

Locnars überspitzt formulierte Frage enthält einen wichtigen Aspekt: Es sind vermutlich nicht immer nur profitgierige Glücksritter, die die antiken Stätten plündern, sondern es werden auch etliche Hungerleider darunter sein, denen der Fund einer Münze das Überleben für den nächsten Tag sichert. Auch an dieser Stelle, an der Wurzel also, sollte die Kulturpolitik in Zusammenarbeit mit der Welthungerhilfe und der Entwicklungshilfe mal ansetzen. Wenn eine Münze erst einmal auf dem Markt ist, ist ihr Wert, wie Chandra sehr richtig feststellt, kein archäologischer mehr, sondern "nur" noch ein numismatischer.

Gruß

chinamul
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