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Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Do 23.07.15 21:31
von Peter43
Den Constantin II. würde ich mir kaufen wegen der Details.

Jochen

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Fr 24.07.15 16:01
von mike h
Hallo Zusammen,

wundert mich schon ein wenig, das der Constantinus II hier "vorne" liegt, denn:
beachcomber hat geschrieben:du kannst es nicht lassen, oder? :) wann kapierst du endlich, dass für bronzen NUR mechanische reinigung angesagt ist! zum entpatinieren, (oder hinrichten), kannst du jede chemie-keule nehmen, welche ist vollkommen wurscht! :mrgreen:
grüsse
frank
Diese Aussage ist natürlich unzutreffend. In diesem Fall behaupte ich mal, das selbst ich nicht in der Lage bin, mit einer mechanischen Reinigung die feinen Details des C. II herauszuarbeiten.
Siehe als Beleg den auf der ersten Seite gezeigten C. II.
Ich bin mir allerdings nicht zu 100 % sicher, ob der "Gloria Exercitus" noch aus der Natronlauge-Periode oder aus der Elektrolyse-Periode stammt.

Macht aber prinzipiell keinen allzugroßen Unterschied, da das Elektrolyse-Salz zu einem nicht unerheblichen Teil aus Natrium-Hydroxid besteht.

Beim Magnentius bin ich mir absolut sicher:

1.) Reinigungsschritt: Kurz!! in die Elektrolyse (10 - 15 Min) und dann unter fliessendem Wasser abgespült (siehe Zwischenergebnis)
2.) Reinigungsschritt: mechanische Reinigung / Bürsten

Beim Maximinus Thrax ist wohl eindeutig: Mechanische Reinigung / Bürsten (noch nicht einmal Korrosionsschutz oder Konservierung mit Wachs)
Hier wäre eine andere Vorgehensweise vermutlich bereits zerstörerisch, denn die roten Flecken sind Korrosion, die bei anderen Verfahren möglicherweise zu Löchern führen könnte.
Ausserdem sind bei einem Sesterzen die Strukturen meist so groß, das sie leicht mechanisch zu reinigen sind.

Also nicht das Reinigungsverfahren ruiniert grundsätzlich eine Münze, sondern die Korrosion.

Martin

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: So 26.07.15 19:41
von mike h
Am Freitag kam dieser hübsche Gratianus
IMG_6170AR.JPG
Nur kann man nicht genug von seiner Schönheit erkennen. Also hab ich ihn erstmal gebürstet:
IMG_6174AR.JPG
Schon besser, aber meiner Meinung nach immer noch nicht gut genug.

Da es zu diesem Stück leider keine Angabe des Fundortes gab, und ich keine Bodenproben sammeln möchte, habe ich mich entschlossen die Kruste mechanisch zu entfernen.

Für diejenigen, die "mal schnell" eine Münze reinigen, hab ich auf die Uhr geschaut.

Martin

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: So 26.07.15 19:55
von mike h
Dieses Wochenende war hier in der Gegend regnerisch und stürmisch, so das ich einen großen Teil meiner Zeit dieser Münze widmen konnte

Für die Reinigung des Gewandes, der Hände, Speer und Schild hab ich ca 4,5 h benötigt.
Zwischen den Reinigungsschritten hab ich nicht gebürstet... zu Anschauungszwecken!
IMG_6175_4,5h.JPG
Für mein eigenes Erfolgserlebnis habe ich dann die Ränder, Felder und die Legende gemacht.

Macht 1,75 h plus
IMG_6179_6,25h.JPG
Für das bisschen Helm und Gesicht musste ich nochmal 1,25h aufwenden
IMG_6180_7,5h.JPG
Jetzt noch ein Viertelstündchen bürsten...
IMG_6182VN.JPG
Jetzt könnt ich noch versuchen, die hellen Schleier wegzuschaben... aber die sieht ohnehin nur die Kamera. Für's Auge ist die Münze jetzt fast schwarz (extrem dunkel grün)

Fehlt nur noch die Rückseite.

Martin

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: So 26.07.15 23:32
von Homer J. Simpson
Nach dem ersten Bürsten hatte die Münze einen schönen Kontrast zwischen den freigebürsteten Bildteilen und der "Wüstenpatina" (ich weiß, der Ausdruck ist nicht richtig) in den Feldern. Ich muß sagen, ich hätte sie so gelassen. Jedem das Seine, und Du hast sicher nichts kaputtgemacht, aber mein Geschmack wäre da anders.

Homer

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 10:01
von mike h
Moin Homer,

ich finde es sehr erfreulich, das die Geschmäcker so verschieden sind.

Sonst würden sich alle Münzsammler auf die gleichen Stücke stürzen.... die gut betuchten würden alle Münzen gewinnen, und alle anderen müssten in die Röhre schauen :evil:

Jetzt würde ich aber gerne mal die Preisfrage stellen:

Wenn man die Münze mit Sandpatina betrachtet, dann steckt logischerweise weniger Arbeit darin, als in einer gereingten Münze gleicher Erhaltung.

Demnach müsste die ungereinigte Münze aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen deutlich geringeren Preis erzielen.

Da Münzsammeln aber nur wenig mit Betriebswirtschaft, sondern sehr viel mit Emotionen zu tun hat, sollte der Preis beim gleichen Stück möglicherweise beim ästhetischeren Stück höher sein.

So wie ich deine Aussage deute, würdest du möglicherweise mit Sandpatina einen höheren Preis zahlen?

Zwischenstand nach der ersten Stunde an der Rückseite (Summe 8.5 h)
IMG_6183_8,5h.JPG
Martin

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 12:54
von quisquam
mike h hat geschrieben:Sonst Jetzt würde ich aber gerne mal die Preisfrage stellen:

Wenn man die Münze mit Sandpatina betrachtet, dann steckt logischerweise weniger Arbeit darin, als in einer gereingten Münze gleicher Erhaltung.

Demnach müsste die ungereinigte Münze aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen deutlich geringeren Preis erzielen.

Da Münzsammeln aber nur wenig mit Betriebswirtschaft, sondern sehr viel mit Emotionen zu tun hat, sollte der Preis beim gleichen Stück möglicherweise beim ästhetischeren Stück höher sein.
Der vom Verkäufer verlangte Preis müsste höher sein, damit sich der Zeitaufwand rechnet. Der zu erzielende Preis ergibt sich aus der Erhaltung, die sich durch deine Reinigung prinzipiell nicht verbessert, aber deutlicher zutage tritt und somit den Preis erhöht, und durch die Ästhetik, die in meinen Augen mit der syrischen Sand"patina" besser war. Das ist aber wie gesagt eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und der Mode.

Grüße, Stefan

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 14:45
von mike h
Hallo Stefan,

zunächst mal zum Zeitaufwand: Wie du an den Zeitangaben zu den Reinigungsschritten erkennen kannst, kann sich der Zeitaufwand nur selten rechnen. Jedenfalls nicht bei einem so "gewöhnlichen" relativ kleinen und häufigen Stück.
Aber das spielt ja in meinem Falle nicht die erste Rolle. Das Reinigen ist ja mein eigentliches Hobby. Und das darf Zeit kosten.
Und wie du am Titel des Themas feststellen kannst, betrachte ich die Arbeit an diesem Stück als Übung. Ich übe das, was ich später einmal gut beherrschen will.

Wenn ich deinen Argumenten folge, dann ist die Sandpatina zwar attraktiver, verhindert aber die korrekte Bewertung des darunter liegenden Erhaltungszustandes aufgrund der Dicke der Schmutzschicht.

Umkehrschluss: Aufgrund der attraktiven Sandpatina wird der Erhaltungszustand um ein oder zwei Grade geringer bewertet.

Wo liegt den da jetzt der Sinn drin? Ich finde die Römischen Münzen überwiegend dadurch interessant, das sie so ungemein viele Details darstellen. Diese werden aber durch die Schmutzschicht zu einem großen Teil unsichtbar gemacht.

Ich möchte die Details einer Prägung nicht nur erahnen können, sondern mit meinen Augen sehen.

Zwischenstand nach weiteren 1,5 h (Summe 10 h)
IMG_6184_10,0h.JPG
Anmerkung: Ich hab Urlaub 8)

Martin

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 17:43
von mike h
Und noch 1,25 h später...
IMG_6185_11,25h.JPG
Summe 11,25h

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 19:34
von mike h
1,5 Stunden später...
IMG_6187_12,75h.JPG
Fertig nach "nur" 12,75h

Ich würde mal sagen, das ich da eine vorzügliche Erhaltung "entdeckt" habe. Ich bin sehr zufrieden mit den Details... besonders auf der Rückseite
Kamp0158.38AR01.JPG
Frau Kampmann bewertet in Ihrer ersten Ausgabe die Erhaltungen dieses Stückes (158.38) wie folgt:

S > 10 €
SS> 40 €
VZ> 120€

Würde mich mal interessieren, wie Ihr den Marktwert des gereinigten Stückes bewerten würdet

Den Marktwert des ungereingten Stückes kenn ich ja, denn ich hab ihn ja bezahlt.

Martin

PS: Bitte mitmachen, denn ich hab auch noch ein paar Gedanken zur Betriebswirtschaft

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 20:13
von quisquam
Die Preise im Kampmann sind Durchschnittsankaufspreise im Münzhandel und in meinen Augen hier zu hoch gegriffen. Als Verkaufspreis passen sie hier wohl in etwa, denke ich. Bin allerdings nicht mehr ganz auf dem Laufenden.

Grüße, Stefan

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 20:28
von Numis-Student
Hallo Mike,
mit der gebürsteten Sandpatina fand ich das Stück auch ganz attraktiv.

Je nach Kauflaune (sprich, wenn es nichts besseres auf der Börse gäbe und ich nicht ein solches/ähnliches Srück schon hätte):

Mit Sandpatina 30 Euro als Obergrenze, mit den freigelegten Details 40 als oberste Obergrenze.

MR

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 22:34
von mike h
Vielen Dank für Eure Einschätzungen.

Also 40 - 120 € wären als Wert angenommen.

Da ich für das ungereinigte Stück 25,70€ bezahlt habe (Respekt an Malte!) habe ich qualitativ eine Wertsteigerung erzielt.. also genau das erreicht, was ich wollte.

Unter Betriebswirtschaftlichen Gesichtspunken ist eine Wertsteigerung von 15 - maximal 95€ bei einem Zeitaufwand von 12,75 Stunden natürlich eine reine Katastrophe.

Wenn man nun diese Erkenntnis auf die riesigen Mengen an "gewöhnlichen" AE 3 und AE4 anwendet, selbst wenn man dabei ausser Acht lässt, das die feinen Strukturen dieser Nominale nur in seltensten Einzefällen in dieser Qualität mechanisch zu reinigen sind, könnte man ein Verständnis dafür entwickeln, warum die meisten auf chemischem oder elektrochemischem Wege gereinigt werden.

Selbst wenn man dabei nur eine Ausbeute von 10 - 15 % erzielt und der Rest in den Schrott wandert.

Auch wenn es den Puristen das Herz bluten lässt, so sind das leider unbestreitbare Fakten die sich so auch im heutigen Münzhandel widerspiegeln(siehe das Angebot bei E-bay)

Ausnahmen (zb Procopius o.ä.) bestätigen wie immer diese Regel.

Martin

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 22:35
von Redditor Lucis
Hallo Mike,

ich bewundere Deine Geduld und die tollen Ergebnisse. Natürlich gibt es auch mal Fehlschläge, aber diese gehören dazu.
Dass dieses Stück großes Potential hat konnte man erahnen, aber unter einer dicken Sandpatina können natürlich auch mal böse Überraschungen warten.
Ich bin ja ein Fan von Sandpatinas, muss bei dem gezeigten Stück jedoch sagen, dass es mir ohne mindestens genauso gut gefällt. Ist eh ein schöner Münztyp.

Der Marktwert? Eine Münze, die an Ort und Zeitpunkt A zu 50 € weggeht, geht an Ort und Zeitpunkt B zu 80 € weg. Wenn genau zwei Sammler diesen Münztyp haben wollen und sich hochschaukeln, stehen am Ende vielleicht sogar 150 €.
Meine ehrliche und realistische Einschätzung für Dein Stück sind 60 bis 80 €. Die wäre ich in einer Auktion bereit zu zahlen. Und da ich mir ein Limit setze, gehe ich dann auch niemals höher.


Viele Grüße

Stefan

Re: Reinigungsübungen

Verfasst: Mo 27.07.15 23:10
von mike h
Hallo Stefan,

natürlich gibt es auch Fehlschläge... und ich war nie zu feige, um auch diese zu zeigen.

Aber was drunter ist, sieht man leider erst, wenn man das drüber entfernt. Und leider hab ich ja auch schon mal eine gefälschte Sandpatina erwischt.

Das hätte ich noch nicht einmal bemerkt, wenn ich sie nicht entfernt hätte. Sandpatina ist und bleibt nun mal Dreck!

Die Patina ist darunter. Allerdings hab ich bisher festgestellt, das unter den meisten Sandpatinae oft eine wunderbare Patina steckt.

Martin

PS: Und jetzt beginnt die Suche nach dem nächsten Stück mit Reinigungspotential :wink: