Keine Schönheit, aber interessant.
Schon deshalb, um mit den Spukgeschichten vom frühen Christentum (beginnend mit Constantin dem Großen, einem der skrupellosesten Machtmenschen der Antike, als einem dem Christengott zugewandten Menschen) aufzuräumen.
Hier ist bspw. das Münzmotiv kein Glaubensbekenntnis des Münzherrn, sondern pure Kriegspropaganda, um die orthodoxen Untertanen in seinem schrumpfenden Machtbereichs gegen den arianischen Kaiserkontrahenten aus dem Osten (der vom Wesen her an Domitian einnert)
anzustacheln. Manche meinen, Magnentius habe das Münzmotiv verwendet, um himmlische Hilfe in letzter Minute zu erhalten, aber da hätten fromme Gebete sicherlich mehr bewirkt wie mit einem riesigen Chi-Rho besetzte Münzen.
geprägt in Lugdunum, Ende 352 - Anfang Aug. 353 n.Chr.
Avers: Drapierte Büste des Magnentius n.r.
DOMINVS NOSTER MAGNENTIVS PIVS FELIX AVGVSTVS
Revers: Christusmonogramm Chi-Rho, flankiert von A und ω
Alpha und Omega, erste und letzte Buchstaben des klassischen griechischen Alphabeths, stehen für Anfang und Ende; sie sind Symbol für das Allumfassende, für Gott und insbesondere für Christus, den Ersten und Letzten.
SALVS DDOMINORVM NNOSTRORVM AVGVSTI ET CAESARI
Das Heil unserer (beiden) Herren, des Augustus und des Caesars
Die Chi-Rho-Münzen, die Magnentius in den ihm - nach der verloren gegangenen Schlacht bei Mursa (28. Sep. 351) und dem Überlaufen seiner Armee-Einheit, welche die Pässe der Julischen Alpen vor Constantius II. sichern sollte (352) - Ende 352 n.Chr. noch verbliebenen Münzstätten Trier, Lugdunum, Arles und Amiens herstellen ließ, sind wohl der Versuch einer letzten Mobilisierung des Widerstands seiner christlichen Untertanen im Westen, um den drohenden Untergang aufzuhalten.
„Die Ausgabe dieser außerordentlichen Münzen in Bronze und die ,plakative‘, die Rückseite voll ausfüllende Darstellung des frühesten Christussymbols, welches bis dahin bereits magische Bedeutung gewonnen hatte, sind eindeutige Beweise für das Bemühen, nicht nur die höheren Stände sondern auch die einfachen Bürger, die nicht alle des Lesens und des Schreibens kundig waren, zu gewinnen“ (Zimmer, Der Gegenkaiser Magnentius und die Stadt Trier, regionalgeschichte.net [online]). Im Kampf gegen Constantius versuchte der Usurpator also nicht nur mit der bislang so enttäuschenden militärischen, sondern auch der religiösen Karte zu trumpfen.
Kaiser Contantius II. war der einflussreichste Unterstützer des auf dem Konzil von Nicaea (325 n.Chr.) verdammten
Arianismus. Die Arianer vertraten die Auffassung, Jesus Christus sei nicht wesensgleich mit Gott, sondern lediglich dessen vornehmstes Geschöpf; somit könne Christus kein wahrer Gott sein. Der von Magnentius gestürzte Westkaiser Constans war wiederum ein Anhänger des orthodoxen Glaubens gewesen. Die Orthodoxen sahen Christus und den Heiligen Geist als wesensgleich mit Gott an (Trinität) – das stellte für die Arianer eine Irrlehre dar, die im Widerspruch zum Monotheismus stand, nach dem es nur einen wahrhaftigen Gott gäbe.
Die Verbreitung des
Orthodoxismus in der westlichen Reichshälfte zeigt sich u.a. an den Graffitis der spätkonstanstantinischen Kirchenanlage in Trier. Auf den im antiken Abbruchschutt gefundenen Resten des Verputzes der ältesten Chrorschranke, die zwischen 330 und 350 n.Chr. erstellt wurde, „sind neun mehr oder weniger vollständig erhalten. Inhalt dieser Graffiti sind Akklamationen, von denen mehrere lauten: ...VIVAS IN DEO XP (... du mögest leben in dem
Gott Christus) oder ...VIVAS IN XP DOMINO (... du mögest leben in Christus dem Herrn). In einigen Fällen sind zur besonderen Bestätigung der
Gottheit Christi die Christogramme zwischen die apokalyptischen Buchstaben Alpha und Omega gestellt:
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Die Andeutung Kellners [Libertas und Christogramm, 1968], dass zwischen eben diesen Graffiti und der auffälligen Gestaltung der besagten Christogrammprägung ein Zusammenhang bestehen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen“ (Zimmer, Typologische Untersuchungen zu den Usurpationen der Spätantike, Dissertation 2006, ). Der religiöse Eifer fand bei Constans in dessen übertrieben strenger Gesetzgebung seinen Niederschlag. „Die heidnische Bevölkerung, besonders aber die Senatsaristokratie in Rom verärgerte er Ende 341 mit einem Opferverbot [
*] und auch die jüdische Bevölkerung hatte er … nicht auf seiner Seite [
**]. Im Gegenzug begünstigte Constans die Kirche, indem er sie reich beschenkte [
***].
Die für Magnentius verlorene Schlacht am Mons Seleucus (3. Juli 353 n.Chr.) besiegelte schließlich des Usurpatoren Untergang. Er floh nach Lugdunum, wo er am 10. Aug. 353 n.Chr. zuerst seine Mutter tötete und sich anschließend selbst ins Schwert stürzte. „Sein Vorgehen zeigt deutlich, dass er nur die Herrschaft über das Westreich erlangen wollte. Seine Herrschaft breitete sich schnell über Britannien, Gallien, Spanien, Italien und Africa aus, den Balkanraum jedoch, obwohl ebenfalls zum Herrschaftsbereich des Constans gehörend, überließ er Constantius. … Magnentius scheiterte auf ganzer Linie. … Je länger die Auseinandersetzung mit Constantius andauerte, desto drastischer wurden auch seine Maßnahmen zur Auffüllung des Staatsschatzes. So führte er eine fünfzigprozentige Einkommenssteuer ein und bedrohte die Hinterziehung dieser Steuer mit der Todesstrafe. Auch zwang er die reichen Bürger, ihm den Nachlass des Constans abzukaufen“ (Seibel, ebd., S. 48 f.).
…
Ob der Halbbarbar Magnentius (Mutter Fränkin, Vater britannischer Römer) Heide oder Christ war, ist kaum zu ermitteln. Dennoch offenbaren seine Handlungen wie auch seine Münzen
eine tolerante Handlung, die nach der geradezu fanatischen Religionspolitik des Constans auch unbedingt erforderlich war“ (Seibel, ebd., S. 44, 48).
* Magnentius hob das Verbot des nächtlichen Opferns wieder auf.
* „So drohte für Juden die Todesstrafe durch Feuer, wenn sie einem zum Christentum bekehrten ehe-maligen Glaubensgenossen Gewalt antäten. Gleiches galt für Christen, die zum Judentum konvertierten. Auf eheliche Verbindungen zwischen Juden und Christen und Beschneidung nichtjüdischer Sklaven stand ebenfalls die Todesstrafe. Auch war einem Juden der Besitz oder Ankauf von Sklaven anderer Religion verboten“ (Seibel, ebd., S. 44 Anm. 84).
*** „Die Angehörigen des Klerus und deren Sklaven waren von neuen Steuern und Einquartierungen be-freit. Klerikern, die zur Existenzsicherung Handel treiben mussten, wurden ebenfalls Steuern erlassen“ (Seibel, ebd., S. 44 Anm. 85).