Die kleinsten Nominale haben es in sich
Nicht nur, dass es gar nicht so leicht ist, sie in ansprechender Qualität im Niedrigpreissektor zu finden, viele bergen immer noch ungelöste Rätsel (wie dieses Stück):
Quadrans des Claudius
Prägezeit: Ende Juli - 31. Dez. 41 AD
TIBERIVS CLAVDIVS CAESAR AVGVSTVS
Hand hält eine Waage, zwischen den Waagschalen P N R
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PONTIFEX MAXIMVS TRIBVNICIA POTESTATE IMPERATOR CONSVL DESIGNATVS ITERVM
Oberster Priester, Amtsgewalt des Volkstribun, Imperator, Consul (und als Konsul) zum zweiten Mal bestimmt
SENATVS CONSVLTO (im Feld)
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Zur Deutung des P N R :
(1.) Hypothese von W. Kubitschek:
portorium nundinarium remissum (m.E. am wahrscheinlichsten)
Einige der Steuern, welche Caligula eingeführt hatte, wurden lt. Cassius Dio (Buch LX, 4) während der Regentschaft des Claudius zu unterschiedlichen Zeitpunkten wieder abgeschafft, andere wie bspw. die Besteuerung der Prostituierten (meretricium) bis zur christlichen Epoche weiter erhoben.
Kubitschek möchte die Aufhebung der Marktsteuer von Lebensmitteln erkennen. Das passt auch sehr gut zur Propagierung auf einer Münzsorte, die hauptsächlich nur für den „kleinen Mann“ und dessen Zahlungsverkehr (etwa bei Einkäufen auf dem Markt) gedacht war. Die Waage wäre somit als Bezugspunkt zum Markthandel anzusehen. Der Steuererlass beschränkte sich aber nur auf das Gebiet Rom und Italien.
(2.) Hypothese von J. Eckhel:
pondus nummi restitutum
Eckhel vermutet „das Gewicht der Münzen wurde wiederhergestellt“. Claudius soll das Gewicht der Aureii auf den alten tiberianischen Standard wieder angehoben haben.
Da stellt sich zuallererst die Frage, warum die Wiederherstellung des Goldstandards nicht auf den Goldmünzen, sondern nur auf dem kleinsten Buntmetallnominal gewürdigt worden sein soll?!
D. W. MacDowall hat Folgendes festgestellt:
As 10-12 g Tiberius
As 10-12 g Caligula
As 10-13 g Claudius
Dupondius 13-15 g Tiberius
Dupondius 15-17 g Caligula
Dupondius 15-16 g Claudius
Sesterz 26-29 g Tiberius
Sesterz 26-30 g Caligula
Sesterz 28-30 g Claudius
Und bei den Edelmetallmünzen ist Mattingly zu folgendem Ergebnis gekommen:
Denar 3,75 g Augustus (Lugdunum)
Denar 3,76 g Tiberius
Denar 3,72 g Caligula
Denar 3,75 g Claudius
Aureus 7,75 g Augustus (2-14 n.Chr.)
Aureus 7,72 g Tiberius
Aureus 7,70 g Caligula
Aureus 7,71 g Claudius
Diese Zahlen belegen, dass Eckhels These nicht nur bei den Goldmünzen, sondern bei allen Münzen nicht zutreffend sein kann.
(3.) Hypothese von Willers:
ponderum norma restituta
Eine allgemeine staatliche Überprüfung der Maße und Gewichte bei den Händlern könnte zwar durchaus den Anlass dafür gegeben haben, dass „der Standard der Gewichte wiederhergestellt“ wurde. Allerdings dürfte sich die Zahl jener überführten Marktverkäufer, die ihre eigenen Gewichte zwecks Profitsteigerung manipulierten, wohl nie in solchen Dimensionen bewegt haben, dass man so etwas auf Münzen verkündet hätte. Und eine kaiserliche, also staatlich gelenkte Gewichtsmanipulierung wäre das absurdeste Lügenmärchen, welches man Caligula andichten könnte.
Der Typ zeigt auch, dass sich die Darstellungen der Buntmetallprägungen zu jener Zeit noch in der "Experimentierphase" befanden:
Bei Caligula war das SC der RCC-Quadrantes noch auf der Vorderseite, bei Claudius setzte man es auf die Rückseite.