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Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 15:04
von Invictus
Iulia hat geschrieben:WiAber ich denke mal, wenn er konisch war, wird er ja bei jedem Schlag drucktechnisch zumindest nicht in die falsche Richtung belastet. Wahrscheinlich war er innen irgendwie angelötet.
Wie will man den innen angelötet haben?

Der Gedanke eines konischen Einsatzes ist mir auch schon gekommen. Möglich wäre ein Ausgiessen der ausgefrästen Stelle mit flüssigen Metall. Das heisst aber, die Verjüngung muss zur Oberfläche, nicht zum Stempelinneren verlaufen sein (sonst wäre ein Festsitzen wohl kaum möglich, da sich das Metall ja beim erkalten zusammen zieht). Jemand eine Ahnung, ob so etwas technisch damals möglich war?
stempel2.JPG
stempel2.JPG (13.59 KiB) 1363 mal betrachtet
PS:
Mir fällt gerade noch eine andere Lösung ein. Nicht konisch, sondern einfach nur zylindrisch den Stempel großflächig ausgebohrt und dann seitlich kleiner Bohrunhen in den Hohlraum hinein, damit der Metalleinguss in der Matrize verzapft liegt
stempel3.JPG
stempel3.JPG (9.53 KiB) 1356 mal betrachtet
Anders könnte ich mir ein Festsitzen des Einsatzes (vorerst) nicht erklären.

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 15:21
von Iulia
Ich glaube nicht, dass man den Stempel so untergraben hat, wie Du es in der Skizze gezeigt hast. Da wäre die Gefahr des Abbrechens von noch mehr Bildfläche zu groß gewesen. An Ausgießen habe ich auch schon gedacht, aber auf dem besser erhaltenen Exemplar, das ich kenne, ist eine deutliche Rille zwischen alter Stempelfäche und neuer zu sehen. Und warum den vorher sicherlich unregelmäßigen Ausbruch erst kreisrund abschleifen, nur um ihn auszugießen?
Das spricht alles mehr für einen runden Einsatz, der in ein gleich großes ausgeschliffenes Loch passen sollte.

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 15:40
von Invictus
Die ausgebroche Stelle würde ich persönlich schon deshalb ausbohren, damit der Einsatz tiefgründig liegt. Wäre nur die das ausgebrochene Fehlstück ausgegossen, hätte die neue Einlage (da recht flach) bei den weiteren Hammerschlägen sicher schnell reissen oder abplatzen können.

Unsere Beiträge haben sich wieder überschnitten, ich hab noch eine zweite Skizze im letzten posting eingefügt. Hier ist die Bohrung senkrecht in der Matrize. Einerseits könnte dies ev. das Problem der Fixierung erklären, andererseits würde es deinem (völlig begründeten) Argument des Abplatzens weiterer Stücke um die Ausbruchstelle entgegentreten.

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 16:00
von beachcomber
alles nette spekulationen, aber so aufwändig wird's wohl nicht gewesen sein, und wenn werden wir's nicht mehr erfahren. :)
ich denke eine konische bohrung von hinten ist die einfachste lösung, da wird das eingestzte stück mit jedem schlag fester eingepresst! :)
grüsse
frank

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 16:02
von Invictus
Na, ich glaube kaum, dass man den Oberstempel von oben nach unten komplett durchgebohrt hat (bei der Länge):
http://www.numismatik-cafe.at/download/ ... d=4904&t=1
:wink:

Gruß

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 18:01
von beachcomber
prägestempel sind normalerweise viel kleiner als das abgebildete exemplar, da die übertragung der kraft mit der länge stark abnimmt! im übrigen handelt es sich in unserem fall um ein AV also fast sicher den unterstempel, der fix irgendwo eingespannt war! :wink:
grüsse
frank

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 18:14
von Invictus
Danke Frank!
Klar, das hab ich im Eifer des Gefechts völlig vergessen: Kopfseite = Unterstempel.
Ich war bei meinen Überlegungen vom Oberstempel ausgegangen :oops:
Damit wäre eine Verzapfung unnötig.

Gruß

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 18:19
von chinamul
Bitte nehmt's mir nicht übel, wenn die ganze Diskussion auf mich allmählich reichlich akademisch wirkt!
Seid Ihr denn überhaupt sicher, daß Ihr bei Eurer Argumentation nicht von einer allzu vagen Prämisse ausgeht? Zugegeben, die Brustpartie der Alexandria entspricht nicht unbedingt dem Bild, das man vielleicht allgemein gewohnt ist, aber das kann doch bei dem damaligen ungeheuren Münzausstoß mit entsprechend umfangreichem Stempelbedarf nicht verwundern. Es ist wohl davon auszugehen, daß eine ganze Menge, auch unterschiedlich begabte, Stempelschneider am Werke gewesen sein müssen, die alle ihre individuelle Handschrift hatten. Einen verbindlichen „ikonografischen Zwang“ bezüglich der Gestaltung des Faltenwurfes im Brustbereich der weiblichen Gottheiten scheint es jedoch nicht gegeben zu haben, so daß es selbstverständlich viele unterschiedliche Darstellungen gegeben hat, darunter auch solche, die derjenigen auf Jochens Exemplar durchaus ähneln. Ich bin auf Wunsch gerne bereit, anhand von Bildbeispielen diokletianischer Tetradrachmen aus meiner Sammlung dafür den Beweis anzutreten.
Aber davon mal ganz abgesehen wären die hier angeführten technischen Details einer partiellen Stempelreparatur durch das Einsetzen eines neugravierten Teils erstens überaus aufwendig und zweitens nach meiner Erfahrung mit Metallarbeiten von sehr zweifelhaftem Erfolg gewesen. Derartige Verfahren dürften zudem die Kosten und Mühen einer kompletten Neuanfertigung des Stempels bei weitem überstiegen haben.

Gruß

chinamul

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 18:27
von Invictus
Mit deinem Einwand bezüglich der Rentabilität einer Stempelausbesserung hast du ganz sicherlich recht, chinamul.
Bei Jochen's Tetradrachme glaube ich, wie schon erwähnt, auch nicht an irgendeine Nachbearbeitung des Stempels.
Aber welche Erklärung käme noch für das seltsame Aussehen des Gallienus-Avers in Frage?

Gruß

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 18:43
von Peter43
Es ist ja nicht nur der "Faltenwurf" ungewöhnlich, sondern die fast kreisrunde Vertiefung, in der er sich befindet. Ich bin gespannt, ob Du uns sowas auch aus Deiner Sammlung zeigen kannst.

Jochen

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 15.07.13 18:54
von Invictus
Kreisrund ist es ja eigentlich nur von beiden Schultern entlang des linken Armes bis zur rechten Hüfte. Das ist der Überwurf. Die rechte Figurenseite ist hingegen weiblich proportioniert.

Gruß

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Di 16.07.13 00:48
von chinamul
Hier sind nun die versprochenen Scans von weiblichen Gottheiten auf Münzen Diokletians. Sie zeigen hoffentlich überzeugend, daß es eine ganze Anzahl von Varianten der Gestaltung der Brustpartie gab. Und sogar einige sind dabei, die durchaus die Merkmale von Jochens "Gegenstempel" aufweisen.
diocl tetradra 1.jpg
diocl tetradra 2.jpg
diocl tetradra 3.jpg
Gruß

chinamul

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Di 16.07.13 09:00
von Peter43
Herzlichen Dank für die Bilder. Besonders bei der Gottheit auf dem 1. Bild li oben sieht die Struktur fast genauso aus. Auch mit dem umgebenden Kreis.

Jochern

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 05.08.13 13:00
von chinamul
Die hier vorgestellte Tetradrachme erreichte mich jetzt aus Frankreich (28 € brutto). Was zunächst nach einer einfachen Bestimmung aussah, erwies sich dann bei näherer Betrachtung doch als eher schwierig.
Probleme machte hier in erster Linie die Identifikation der Gottheit auf der Rückseite. Hätte sie einen Zweig in der erhobenen Rechten gehalten und hätte das längere schräggehaltene Attribut in ihrer Linken bis in Bodennähe gereicht, wäre sie vielleicht als Eirene zu erkennen gewesen. Da aber die Rechte leer ist und dazu noch die Art des Gegenstandes in ihrer Linken nicht zweifelsfrei klar ist (Fackel oder Zepter?) kann es möglicherweise auch die Pronoia sein. Die aber erscheint nach meiner Kenntnis überhaupt nicht mehr auf den Tetradrachmen dieser Zeit.
Wer kann dieses Rätsel befriedigend lösen und hat eventuell sogar ein Literaturzitat anzubieten?
aurelian tetrdr pronoia.jpg
AURELIANUS 270 - 275
BI Tetradrachme Alexandria 274/275 (Jahr 6)
Av.: A K Λ ΔOM AYPHΛIANOC CЄB - Belorbeerte und geharnischte Büste rechts
Rv.: Pronoia? nach links stehend; die Rechte erhoben, in der Linken schräggehaltenes Zepter? Fackel??
Links und rechts im Feld: ЄTOYC - ς (= Jahr 6)
Ø 19 - 21 mm / 8,13 g ; Stempelstellung 10.30 Uhr

Gruß

chinamul

Re: Römische Münzen aus Alexandria

Verfasst: Mo 05.08.13 18:34
von curtislclay
Anscheinend Dattari 5434: Alexandria nach l. stehend, trägt Kappe mit Mauerkrone, die Rechte erhoben, hält Szepter in der Linken, ETOVC - S = Dattari-Savio Taf. 277, 5434 = Oxford 4447 = Emmett 3917/6 (R4). Nach Emmett recht selten!