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Verfasst: Do 24.04.08 20:00
von quisquam
Hallo chinamul,
ganz herzlichen Dank für die umfassende Antwort!

Gezahlt habe ich 40€, was für meine Verhältnisse relativ viel Geld für eine einzelne Münze ist. Keine Ahnung ob dies ein Schnäppchen war. Ich erfreue mich jedenfalls an der Münze und denke eigentlich gar nicht mehr an das bezahlte Geld.

Mein Interesse an diesen Prägungen ist geweckt, nicht zuletzt durch den hervorragenden ersten Teil der Artikelserie "Ägypten und Alexandria" von Ursula Kampmann in der (noch) aktuellen MünzenRevue, ohne den mich diese Münze sicher nicht so angelacht hätte. Auch diesen schönen Thread werde ich nun nochmals genauer studieren. Ein neues Sammelgebiet wird es aber wohl nicht werden.

Grüße, Stefan

Verfasst: Do 24.04.08 20:10
von helcaraxe
Laut Ernst Görlitzer: Entstehung und Entwicklung des alexandrinischen Münzwesens von 30 v. Chr. bis zum Ende der julisch-claudischen Dynastie, Akademie Verlag, dürfte der Feingehalt in dieser Zeit etwa 15 - 20 % betragen haben.

Verfasst: Fr 25.04.08 13:59
von quisquam
Das ist weniger Silber als ich gedacht hätte. Ägypten besaß anscheinend keine nennenswerten eigenen Silbervorkommen. Im Sear habe ich gelesen, dass für die zahlreichen Tetradrachmen aus Neros späteren Jahren eventuell ptolemäische und tiberische Silbermünzen eingeschmolzen wurden.

Um noch einmal auf die Büste zurückzukommen: handelt es sich tatsächlich um eine Aegis? Angehängt habe ich eine coinarchives-Münze auf der man meine Büstenvariante etwas besser erkennen kann. Das auf der linken Schulter könnten eventuell Schlangen sein, von einem Gorgonenhaupt sehe ich aber nichts. Es sieht jedenfalls anders aus als alles, was ich bislang als Aegis gesehen habe. Oder verstehe ich da etwas falsch? Gibt es vergleichbare alexandrinische Büsten von anderen Kaisern?

Grüße, Stefan

Verfasst: So 11.05.08 14:19
von chinamul
Bei der folgenden Drachme des Antoninus Pius scheinen mir die Lesung der Av.-Legende und die Beschreibung des Rv.-Bildes bei Geißen und Milne zweifelhaft, falls es sich bei meinem Stück nicht um eine möglicherweise unpublizierte Variante handelt.

ANTONINUS PIUS 138 - 161
Æ Drachme Alexandria 154/155 (Jahr 18)
Av.: AYT K T AI AΔP ANTΩNINOC CЄB ЄYC - Belorbeerte und auf der linken Schulter leicht drapierte Büste rechts
Rv.: Antoninus Pius* in Quadriga nach links fahrend; die Rechte erhoben, in der Linken Zepter und Gewandbausch
Oben im Feld: L IH (= Jahr 18)
*In der Quadriga entgegen u. a. Geißen und Milne wohl nicht Sarapis, sondern offenbar der Kaiser (statt Kalathos hier Lorbeer!)
Geißen vgl. 1747f. (Av.-Legende und Rv.-Bildbeschreibung)

21,89 g

Gruß

chinamul

Verfasst: Fr 16.05.08 18:09
von chinamul
Im Jahr 7 ihrer gemeinsamen Regierung lassen Vater Valerianus I und Sohn Gallienus Tetradrachmen mit der gleichen Rückseite prägen. Obwohl die Rückseiten nicht stempelgleich sind, stammen sie doch mit Sicherheit vom selben Stempelschneider, was wohl auch für die stilistisch sehr ähnlichen Porträts gilt.

VALERIANUS I 253 – 260
BI Tetradrachme Alexandria 259/260 (Jahr 7)
Av.: A K Π ΛI OYAΛЄPIANOC ЄY ЄY C - Belorbeerte, geharnischte und drapierte Büste rechts
Rv.: Alexandria mit Mauerkrone und in Chiton und Peplos nach links stehend; auf der Rechten nach rechts blickende Sarapisbüste, in der Linken auf den Boden gestelltes Langzepter
Links und rechts im Feld: L - Z (= Jahr 7)
Geißen 2878; Datt. 5145; Milne 4024
11,80 g

GALLIENUS 253 – 268
BI Tetradrachme Alexandria 259/260 (Jahr 7)
Av.: A K Π ΛI OY ΓAΛΛIANOC ЄY ЄY C - Belorbeerte, geharnischte und drapierte Büste rechts
Rv.: wie Münze Valerianus
Geißen 2903; Datt. 5194; Milne 4028
11,62 g

Gruß

chinamul

Verfasst: Sa 17.05.08 23:17
von antoninus1
@chinamul:

es gibt beide Rückseitendarstellungen, sowohl den Kaiser als auch Serapis auf Quadriga.
Der Kaiser auf Quadriga ist Dattari 2440, Serapis ist Dattari 2851.
Von beiden gibt es auch noch verschiedene Varianten.
Die Darstellung mit Kaiser scheint deutlich seltener zu sein.

Die Abbildung bei Geissen zeigt den Kopf nicht deutlich. Deshalb frage ich mich auch, warum die Figur ohne Fragezeichen als Serapis beschrieben wird.

Verfasst: Mo 26.05.08 19:26
von chinamul
Eine ganze Woche ist schon wieder vergangen seit der letzten Vorstellung eines Alexandriners. Es wird also wieder mal Zeit. Deshalb sei hier einmal eine nicht so häufige Drachme des Hadrianus gezeigt:

HADRIANUS 117 – 138
Æ Drachme Alexandria 132/133 (Jahr 17)
Av.: AYT KAIC TPAIAN AΔPIANOC CЄB - Belorbeerte, geharnischte und drapierte Büste rechts
Rv.: Zweisäuliger korinthischer Tempel mit Scheibe im Architrav; darin Sarapis nach rechts stehend; die Rechte erhoben, in der Linken Zepter; ihm gegenüber Hadrianus nach links stehend; die Rechte auf Stele mit dreizeiliger Inschrift AΔ/PIA/NON gelegt
Im Abschnitt: L IZ (= Jahr 17)
Geißen 1085 var.; BMC 876 var. (beide andere Trennung Inschrift Stele: AΔP/IA/NON)
26,89 g

Gruß

chinamul

Wanted

Verfasst: Di 27.05.08 20:47
von Chippi
Gesucht wird der abgebildete Herr! Ich meine den Burschen schon erkannt zu haben, trotzdem möchte ich euch bei diesem Stück rätseln lassen.

Leider schon ziemlich stark korrodiert, was ich etwas schade finde, zudem befindet sich die Jahresangabe außerhalb des Schrötlings.
Meine erste gekaufte römische Münze auf einen hiesigen Flohmarkt (Römer sind dort sehr selten zu finden und dann zu schlecht erhalten oder zu teuer).

ca. 25mm, 6,81g

Gruß Chippi

Verfasst: Mi 28.05.08 09:37
von andi89
Hallo!

Die Rückseite mit dem stoßenden Stier gibt es laut Geissen/Weiser nur für Augustus, Claudius und Hadrian. Vom Portrait her kommt von denen für mich nun wieder nur Claudius in Frage. Die Rückseite gibt es aus den Jahren 2(dann 73 oder 74), 3(dann 80), 4(dann 85). Die angegebenen Nummern in der Klammer sind die Nummer aus dem Geissen.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass oberhalb des Stieres AVTOKPA zu lesen ist. Vorderseitenlegende: TI KΛAV KAI ΣЄBAΣ ΓЄPMA oder ähnlich.

andi89

Verfasst: Mi 28.05.08 09:42
von Chippi
Genau, das habe ich auch raus bekommen. Und Danke für die einzelnen Zitate des jeweiligen Jahres!

Gruß Chippi

Verfasst: So 01.06.08 18:05
von chinamul
Wieder nur zum Freuen:

Diese Münze ist so, wie alexandrinische Drachmen meiner Meinung nach aussehen sollten, es aber leider meistens nicht tun: ohne wesentliche Korrosion, eindeutig bestimmbar mit voll lesbarer Legende und attraktiver Patina. Und wenn man sie dann noch für umgerechnet € 82 (1993) kaufen kann, ist die Freude natürlich besonders groß.

HADRIANUS 117 - 138
Æ Drachme Alexandria 129/130 (Jahr 14)
Av.: AYT KAI TPAI AΔPIA CЄB - Belorbeerte, geharnischte und drapierte Büste rechts (halb von hinten)
Rv.: Athena nach links stehend; auf der ausgestreckten Rechten Nike, Linke auf am Boden stehenden Schild gelegt
Links im Feld: LIΔ (= Jahr 14)
Geißen 1008; Milne 1287; Slg. Frankf. 439; Dattari 1633; SNG Cop. 353; BMC 688; Kampmann/Ganschow 32.481
22,40 g

Gruß

chinamul

Verfasst: Mi 04.06.08 01:00
von Peter43
Hallo!

Nach ewiger Zeit konnte ich jetzt meiner Sammlung wieder eine Drachme aus Alexandria hinzufügen. Angetan hatte es mir der kindliche Genius, der hier aus einem Cornucopiae hinter Nilus emporkommt, was ich bis jetzt nie gesehen habe. Aber ich bin auf diesem Gebiet auch kein Experte.

Ägypten, Alexandria, Antoninus Pius, 138-161
AE - Drachme, 34mm, 23.31g
geprägt 29. Aug. 157 - 28. Aug. 158 (Jahr 21)
Av.: AYTK AIL ADR - ANTWNINOC - CEB
belorbeerter Kopf, n.r., mit Aegis
Rv.: Nilus, mit Lotus gekrönt, n.l. auf Felsen sitzend, hält Schilf in der
Rechten und blickt zurück zu Cornucopiae in der Linken, aus dem
oben kindlicher Genius emporkommt, der ihm einen Kranz darreicht;
re unter ihm ein Krokodil, das nach re oben klettert.
im Feld KA - L (Jahr 21)
Ref.: Dattari 2739 var. (andere Vs.-Legend und Anordnung der Jahreszahl); BMC Alexandria S.137, 1156 var. (dasselbe); Milne 360 var. (dasselbe); Geissen -
selten, SS
Pedigree:
ex coll. J.W.Curtis
ex coll. J.Aiello
ex Schulmen Auktion Nr.1842, 25.3.1962
ex Monz Auktion 5/56
ex Colliseum exchange

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Mi 04.06.08 10:21
von andi89
Hallo!

Zunächst einmal Glückwunsch zu dem schönen Stück, das du da erworben hast. L KA ist natürlich nicht Jahr 1 sondern 21, aber das ist sicherlich nur ein Tippfehler. Was den Genius betrifft, der da aus dem Füllhorn hinter dem Nilus auftaucht, so meine ich, dass es sich dabei um keine so seltene Erscheinung handelt. Ich besitze auch ein Stück, bei dem das der Fall ist. Davon abgesehen meine ich diese Darstellung schon öfters gesehen zu haben.

andi89

Verfasst: Mi 04.06.08 12:29
von chinamul
Bei aller Unterschiedlichkeit sind dies zwei ausgesprochen attraktive Drachmen, zu denen man gratulieren kann. Der Genius aus dem Füllhorn hinter dem Nilus scheint deutlich weniger häufig zu sein als der vor ihm. Als eine ausgesprochene Seltenheit kann man diesen Typus aber wohl auch nicht bezeichnen. Bemerkenswert bei der oberen Drachme ist die Tatsache, daß Nilus sich zum Genius umschaut. Deshalb würde ich hier als Typ Geißen 1805 var. (andere Anordnung Datum) zitieren.
Bei Peter43s Drachme beeindruckt natürlich vor allem die "Ahnenreihe", die so lang ist wie bei einem erstklassigen Rennpferd. Bei Andis Stück ist es die wirklich edle Patina, die mir gefällt. Dagegen fällt meine Münze doch etwas ab. Ich habe sie dem Jahr 20 zugeordnet. obwohl in der im Schrötling fehlenden Partie durchaus noch ein weiterer Buchstabe gestanden haben kann.

Gruß

chinamul

Verfasst: Mi 04.06.08 12:46
von Peter43
Danke Euch beiden für die Kommentare und die schönen Bilder! Das mit der fehlenden 2 bei 21 liegt an meinem alten Laptop, bei dem einige Tasten nicht immer richtig Kontakt haben.

Mit freundlichem Gruß