Antinous
Vor einiger Zeit habe ich hier im Forum die Kopie einer alexandrinischen Drachme mit dem Bildnis des Antinous vorgestellt:
http://www.numismatikforum.de/ftopic634 ... t=antinous
Inzwischen ist es mir tatsächlich gelungen, ein originales, wenn auch deutlich schwächer erhaltenes Exemplar dieser Münze zu erwerben, ohne finanziell meine Liga verlassen zu müssen.
ANTINOUS gest. 130
AE Drachme Alexandria 134/135 (Jahr 19 des Hadrian); Lesung des Datums jedoch unsicher
Av.: ANTINOOY HPΩOC - Drapierte Büste rechts des Antinous mit Hem-Hem-Krone
Rv.: Antinous als Hermes nach rechts reitend; in der Rechten Kerykeion
Rechts vor dem Pferd: L ; zwischen dessen Vorderhufen: IΘ (Lesung unsicher; Jahr 19 ?)
vgl. Geißen1275ff.; vgl. Datt. 2080ff.; vgl. Slg. Frankf. 552f.; vgl. Milne 1480 - 24,54 g
Antinous hatte auf das Leben Hadrians einen bestimmenden Einfluß. Graecophil wie er war, sah Hadrian in der bei den Griechen durchaus akzeptierten, von der römischen Gesellschaft aber eher abgelehnten Knabenliebe für sich kein Problem. Schon als Vierzehnjähriger begleitete Antinous Hadrian ständig auf dessen zahlreichen Reisen, und als er im Jahre 130 im Nil ertrank, bedeutete sein Tod eine tiefe Zäsur für den Kaiser. Der neigte ohnehin zu einer gewissen Schwermut und gelegentlichen Realitätsfluchten, aber fortan vergrub er sich mehr und mehr im Tivoli, seinem Sommersitz, und suchte Trost im Alkohol.
Über die Umstände, die zum Tode seines Favoriten geführt hatten, wurden zahlreiche Spekulationen angestellt. Es mag sich um einen Unfall gehandelt haben, aber es wird auch gemutmaßt, daß er, obwohl kaum zwanzigjährig, ein Abnehmen seiner jugendlichen Attraktivität und damit der Zuneigung Hadrians befürchtete und deshalb Selbstmord beging. Andere sehen seinen Tod als ein Opfer an die Götter zugunsten Hadrians, dem er auf diese Weise zu einem langen und gesunden Leben zu verhelfen hoffte. Es ist aber auch möglich, daß er einem Mordanschlag zum Opfer fiel, da das Verhältnis Hadrians zu ihm nicht von allen Römern gebilligt wurde. Das galt in verstärktem Maße für Hadrians Verhalten nach dem Tod des Antinous. Möglicherweise spielte bei diesen Vorbehalten gegen eine griechisch-ptolemäisch inspirierte Lebensart auch die Erinnerung an die Ära des Marcus Antonius eine Rolle, dessen Herrscherallüren und Ausschweifungen an der Seite Kleopatras in Ägypten als zutiefst unrömisch empfunden worden waren.
Auf Anordnung des Kaisers wurde Antinous unter die Götter erhoben, ihm zum Gedenken wurden Denkmäler errichtet, Münzen geprägt und an der Stelle, an der er ums Leben gekommen war, sogar eine Stadt gegründet, die nach ihm benannt wurde. Man kann sagen, daß es infolge dieses Kultes heute mehr Bildnisse von dem jungen Mann gibt als von den meisten regulären Herrschern.
Es ist schon höchst ungewöhnlich, daß eine Person, die nicht offiziell zur Hierarchie des Imperiums gehört, auf Münzen erscheint, und deshalb sehen viele Numismatiker in diesen Prägungen, obwohl sie in Größe, Gewicht und Schrötlingsform den Umlaufmünzen entsprechen, eher Medaillons. Daß sie dennoch im Zahlungsverkehr mit umliefen, zeigt das hier vorgestellte, ziemlich abgegriffene Exemplar.
Gruß
chinamul