Mythologisch interessante Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Sa 04.02.06 14:39

Die Dioskuren - das göttliche Bruderpaar

Moesia inferior, Markianopolis, Gordian III. 238-244
AE 27, 10.98g
geprägt unter dem Legat Menophilus
Av.: M ANT GOR - DIANOC AVG
Büste, cürassiert, belorbeert, n.r., Aegis auf der li. Schulter
Rv.: VP MHNOFILOV M - ARKIANOP / OLIT
Vor einem Pferd, das n.l. steht, mit erhobenem re Fuß, steht einer der Dioskuren mit Phrygischer Mütze frontal, Kopf n.l., hält Zügel mit der re und Zepter in der re Hand.
Pick 1091
gutes SS, dunkelgrüne Patina
Pedigree:
ex coll. Gordian III from George His
ex Lanz Auktion 102 vom 28. Mai 2002, Lot 582
ex CNG Auction 132 vom 1. Feb. 2006, Lot 100

Mythologie:
Die Dioskuren (Dios Kuroi = Söhne des Zeus) waren Söhne des Zeus und der Leda. Zeus begehrte Leda und kam zu ihr in der Gestalt eines Schwans und durch seinen Gesang verfiel sie in Liebe zu ihm. Nach der Begegnung mit Zeus legte Leda ein Ei, ein anderes stammte von ihrem eigentlichen Gatten Tyndareus. Diese Begegnung soll unter dem Gipfel des Taygetos erfolgt sein (Kerenyi, 86)
Aus den Eiern schlüpften nun Kastor, Polydeukes, Helena und Klytaimnestra und zwar Polydeukes und Helena aus dem des Zeus, Kastor und Klytaimnestra aus dem des Tyndareus. Deshalb war Polydeukes unsterblich, Kastor aber sterblich.
Es gibt allerdings auch die Überlieferung, daß Nemesis jenes Ei gelegt habe und Leda es nur ausgebrütet habe. Ihre Geburt fand auf der Insel Pephyos statt und Hermes habe sie zur Auferziehung nach Pellanen gebracht.

Die Dioskuren nahmen teil an der Jagd auf den Kalydonischen Eber unter Meleager. Sie waren hervorragende Krieger und gewannen auch Preise bei den Olympischen Spielen, Kastor als Reiter, Polydeukes als Boxer. Dann beteiligten sie sich auf der Fahrt der Argonauten unter Jason nach Kolchis. Dabei erschien während eines starken Sturmes über ihren Köpfen je ein Stern und die Fahrt konnte glücklich forthesetzt werden. Deshalb galten sie als Schutzpatrone der Schiffer(vgl. die Seefahrt des Paulus nach Syrakus, Apostelgeschichte 28,11: „Nach drei Monaten aber fuhren wir ab in einem Schiffe von Alexandrien, welches bei der Insel überwintert hatte und das Zeichen der Zwillinge führte.” ). Während der Argonautenfahrt entführten Theseus und Perithos ihre Schwester Helena nach Aphidna in Attika. Doch die Dioskuren waren ihnen überlegen, eroberten Aphidna, befreiten Helena und nahmen Aethra, die Mutter des Theseus, in Gefangenschaft.

Das Ende der Dioskuren:
Ihr Ende fand das unzertrennliche Bruderpaar im Streit gegen Idas und Lynkeus. Zu diesem Streit kam es um die Töchter des Leukippus, Phöbe und Ilaira (oder sie schlugen sich um eine gemeinsam geraubte Rinderherde). Jedenfalls starb Kastor durch den Lynkeus, den seinerseits Polydeukes niederstreckte. Zeus verhinderte durch Schleudern seines Donnerkeils, daß Idas den Lynkeus rächte.
Den Verlust Kastors betrauerte Polydeukes sehr und er erbat von Zeus, daß der dem Bruder die Ehre antäte, die auch ihm selbst, als einemn Unsterblichen, zukomme. Im Ergebnis waren Kastor und Polydeukes fortan abwechselnd (oder gemeinsam) je einen Tag tot, den anderen lebendig (Homer, Odyssee 11,298-304) oder je ein halbes Jahr gemeinsam tot, den anderen am Leben. Beide wurden endlich von Zeus an den Himmel versetzt, wo sie das Sternbild der Zwillinge bilden..

Besonders verehrt wurden die Dioskuren in Lakedämonien, wo ihnen zu Ehren das Fest Dioskuria gefeiert wurde. Auch in anderen Städten Griechenlands verehrte man sie, besonders aber in Rom. Den Römern sollen Castor und Pollux einst in einer Schlacht gegen die Latiner geholfen haben. Am 28. Juni wurde ihnen ein Fest gefeiert, das daran erinnerte, daß die Dioskuren nach der Schlacht die Römer vom siegreichen Ausgang unterrichteten, am Brunnen der Iuturna ihre Pferde versorgten und wieder verschwanden. Sie sollen auch bei der Schlacht von Aquae Sextiae unter Marius gegen die Cimbern gesehen worden sein.

Hintergrund:
Es gibt verschieden Interpretationen der Dioskuren Castor und Pollux (griech. Castor und Polydeukes) in der Literatur. Die bekannteste ist, daß sie göttliche Zwillinge sind, Söhne des Zeus, und schon lange vor der Einwanderung der dorischen Stämme nach Griechenland verehrt wurden. Sie sind ein unzertrennliches Paar in Notfällen, während der Schlacht oder im Sturm auf See, und kommen zur Hilfe und Rettung. Sie sind nicht das einzige Paar, das es gibt. Es gibt ähnliche Zwillingspaare in Griechenland, die Apharetiden Idas und Lynkeus in Messenien, die Aktorionen Kteatos und Eurytos in Elis, oder Amphion und Zhetos in Böotien. Ihr Ursprung ist bis heute nicht klar. Die Mythologie glaubt, daß der göttliche Ursprung der Zwillingspaare die unerklärliche Tatsache der Zwillingsgeburten ist, die für die damaligen Menschen ein Geheimnis waren. Deshalb wurde als Vater Zeus oder eine andere göttliche Gestalt genannt. Sie werden ebenso gefunden in Indien, bei den Kelten, den Germanen oder auf Schwedischen Felsenzeichnungen.

Die frühesten Symbole der Dioskuren in Lakonien (Sparta) waren zwei zusammengebundene Holzsäulen oder Amphoren, die mit sich umschlingenden Scglangen geschmückt waren. Deshalb glauben einige Wissenschaftler, daß die Dioskuren am Anfang Hausgötter gewesen seien, die die spartanischen Könige in die Schlacht begleiteten und so zu den jugendlichen Reitern wurden.

Eine ganz andere Meinung vertritt Bethe, der meint, daß die Beziehung zu Zeus nur sekundär ist. Viel älter sei der Name Tyndaridoi, d.h. Söhne des Königs Tyndareus. Bethe nimmt an, daß die Dioskuren zu Beginn zwei verschiedene Heroen gewesen seien, die dann zu einem Paar verschmolzen wurden: Kastor war der Pferdebändiger, während Polyneikes Faustkämpfer war. Es gab auch Unterschiede in ihrer Verehrung. In Italien war Castor vorherrschend. Zur Zeit des Cicero wurde der Dioskurentempel 'Aedes Kastoris' genannt. Der Eid der Frauen 'mecastor' war viel älter als der Eid der Männer 'edepol'. Der Kult der Dioskuren kam nach Rom durch die Legende, daß sie den Römern bei der Schlacht am Regillussee 490 BC geholfen und dann die Nachricht vom Sieg selbst nach Rom gebracht hätten, wo sie ihre Pferde an der Jutura-Quelle getränkt haben sollen. An dieser Stelle wurde dann der Tempel des Castor und Pollux auf dem Forum Romanum errichtet. Die Sterne über ihren Mützen (Piloi oder Pileus) kammen erst Ende des 4.Jh. v.Chr. hinzu als Symbole für die Errettung in Seenot.

Quellen:
Der kleine Pauly
Karl Kerenyi, Griechische Göttersagen
Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
http://www.sungaya.de/schwarz/griechen/dioskuren.htm

Bilder:
1. Münze
2. Maxentius RIC VI, Ostia 16; C.10. Hier mit den kennzeichnenden
Sternen über den Kappen.
3. Die Dioskuren auf dem Esquilin in Rom, ihretwegen Monte Cavallo (Pferdeberg)
genannt. Sie wurden von Papst Sixtus V. Mitte des 16.Jh. hier aufgestellt und als
Skulpturen von Phidias und Praxiteles benannt. Dies ist allerdings falsch, es sind
spät-römische Kopien.
4. Peter Paul Rubens, Der Raub der Töchter des Leukippos

MfG
Dateianhänge
Marcianopolis_GordianIII_AMNG1091.jpg
maxentius_ostia16.jpg
monte_cavallo_rome.jpg
rubens-peter-paul-raub-der-toechter-des-leukippos-2408613.jpg
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Beitrag von Peter43 » Di 07.02.06 13:31

Melikertes und die Isthmischen Spiele

Korinth, Marcus Aurelius AD 161-180
AE 25, 11.25g
Av.: M AVR AN[TONI] - NVS A[VG]
Belorbeerte Büste n.r.
Rv.: CLI - COR
Der kleine Melikertes liegt auf einem Delphin, der n.r. schwimmt; dahinter ein
Pinienbaum(?)
SNG Copenhagen 329; Lindgren 1619; BCD 700; Edwards 150, pl.IV
Selten, gutes S - fast SS, grün-braune Patina

Korinth war zu der Zeit römische Kolonie, deshalb die lateinische Schrift. Aufgelöst wird die Reverslegende CLI - COR zu Colonia Laus Iulia - Corinthus

1. Mythologie
Wir kommen bei der Erklärung der Abbildung auf dieser Münze in den thebanischen Sagenkreis um Kadmos und seine Töchter. Melikertes war nämlich der Sohn des Athamas und der Ino, einer der Töchter des Kadmos. Kadmos, König von Theben in Böotien, hatte mit Harmonia vier Töchter: Agaue, Autonoe, Ino und Semele, Mutter des Dionysos. Ino war vermählt mit Athamas, dem König von Orchomenos, der vorher schon mit Nephele verheiratet gewesen war, die eines Tages aber verschwand, von der er aber zwei Kinder hatte, Phrixos und Helle. Ihre Stiefkinder aber verfolgte Ino mit Haß. So überredete sie die Frauen, das Saatgetreide zu rösten, und für die Mißernte Phrixos verantwortlich zu machen. Die beiden Kinder konnten allerdings durch Nephele auf einem Widder mit goldenem Vlies entrückt werden. Bei ihrer Flucht auf dem fliegenden Widder fiel Helle herab und ertrank in der See, die nach ihr Hellespont genannt wurde (den heutigen Dardanellen). Phrixos aber kam bis Kolchis, wo er das Goldene Vlies dem Ares schenkte.

Ino hatte von Athamas auch zwei Kinder, Learchos und Melikertes. Nach dem Tod ihrer Schwester Semele versorgte Ino auch den kleinen Dionysos, der ihr von Hermes übergeben worden war. Sie zog ihn als Mädchen auf, um Hera zu täuschen, die Dionysos und Herakles am meisten von allen unehelichen Söhnen ihres Mannes haßte. Als Hera aber Ino in den Wahnsinn trieb, gab Hermes den kleinen Dionysos als Ziege getarnt den Nymphen von Nyssa. Ino verschwand in der Wildnis. Athamas aber heiratete ein drittesmal, Themisto, mit der er viele Söhne hatte. Eines Tages kehrte Ino zurück und verdingte sich bei Themisto als Kindermädchen. Themisto, eifersüchtig auf ihre Stiefkinder Learchos und Melikertes, beschloß diese zu töten. Aber Ino konnte sie täuschen, indem sie die Windeln vertauschte, und so tötete Themisto ihre eigenen Söhne und dann sich selbst.

Hera aber verfolgte Ino wegen Dionysos weiter voller Wut. Sie befahl Tisiphone, eine der Erinyen, Athamas und Ino mit Wahnsinn zu blenden. Daraufhin tötete dieser seinen Sohn Learchos, weil er dachte der sei ein wildes Tier; und Ino sprang mit Melikertes im Arm von einer Klippe herab ins Meer. Sisyphos, der Bruder des Athamas, fand die Leiche des Melikartes und stiftete ihm zu Ehren die Isthmischen Spiele (oder ein Delphin hatte ihn an die Küste bei Korinth gebracht). Aphrodite, Großmutter der Ino bat Poseidon zu helfen, und der verwandelte Ino in die Meergöttin Leukothea und Melikertes in den Meeresgott Palaimon. Leukothea spielte später noch eine wichtige Rolle, als sie Odysseus half, als er sich auf See verirrt hatte (Ovid Met. IV, 416ff).
Palaimon wurde ebenfalls zum Schutzherrn der Seeleute und in dieser Funktion gleichgesetzt mit dem römischen Gott Portunus.

2. Hintergrund
Melikertes-Palaimon wurde in Korinth neben Poseidon kultisch verehrt. Das Fehlen archäologischer Funde aus griechischer Zeit, hat viele Wissenschaftler verführt, anzunehmen, daß der Kult für Melikertes-Palaimon eine römische Erfindung sei. Aber es gibt Reste einer Ode von Pindar an die Isthmischen Spiele, wo Melikertes erwähnt wird. Pausanias sah nur noch die römischen Gebäude, aber berichtet, daß Melikertes verborgen sei im Palainionion. Er war der Heroe der Isthmischen Spiele! Diese gehörten zu den vier großen panhellenischen Spielen:
1. Den Isthmischen Spielen in Korinth,
2. den Pythischen Spielen in Delphi, jeweils ein Jahr vor und nach den Olympischen
Spielen,
3. den Nemeischen Spielen in Nemea (nordwestlich von Argos)
4. und den berühmten Olympischen Spielen alle vier Jahre in Olympia.
Die Isthmischen Spiele sind übrigens besonders den Deutschen bekannt durch Schillers Ballade 'Die Kraniche des Ibykos'!
Man liest manchmal, daß Melikertes aufgrund der Wortähnlichkeit Beziehungen zu Melquart, dem phönizischen Herrn der Städte, hätte. Demnach wäre sein Kult von Seefahrern aus Phönizien nach Griechenland gebracht worden (siehe Anspülung des Melikartes auf einem Delphin bei Karthago). Doch wird dies Interpretation vom 'kleinen Pauly' abgelehnt.

Quellen:
- Der kleine Pauly
- Robert Ranke-Graves, Greek Mythology
- zu den Isthmischen Spielen:
http://humanities.uchicago.edu/orgs/ist ... /hero.html
- zu den archäologischen Ausgrabungen der Universität von Chikago bei Korinth:
http://humanities.uchicago.edu/orgs/ist ... thmia.html
Hier finden sich hübsche computergenerierte 3D-Bilder von den Tempelanlagen des
Melikertes-Palaimon

Als Bild hinzugefügt habe ich die Phase V dieses Tempels aus der Zeit von ca. 161/169. Es
ist der hübsche kleine Rundtempel links vom großen Poseidontempel, den man rechts oben
noch sehen kann.

MfG
Dateianhänge
Corinth_Marcus_Aurelius_SNGcop329.jpg
Melkartes-Palaimon_Phase V.JPG
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amphinomus oder aeneas?

Beitrag von Attacke » Di 07.02.06 17:18

salvete!

vielleicht ist meine beobachtung hier im "Mythologie"-unterforum besser platziert.

mir ist aufgefallen, dass das motiv des den vater tragenden sohnes, bekannt von den venus-denaren caesars, vorläufer in der republikanischen münzprägung hat. konkret ist das ein denar aus der gens herennia, der dasselbe motiv zeigt, nur ohne das palladium.

während man stets angenommen hat, die caesar-münze zeige den aus troja flüchtenden aeneas mit seinem vater anchises auf dem arm, sprechen die kommentare zum herennius von amphinomus, der seinen vater während eines ausbruchs des aetna rettet. der kleine pauly spricht auch von einem brüderpaar, das u. a. in zahlreichen texten als exemplum für besondere pietas bemüht wird. (ich weiss, dass es noch eine prägung gibt, auf der beide brüder zu sehen sind. wer kennt sie?)

nun stelle ich mir die frage, ob caesar amphinomus (unwahrscheinlich bei der starken bezugnahme seiner gens auf venus) meint und herennius aeneas (schon nicht so unwahrscheinlich), oder hatten sich die beiden mythen verschränkt? evt. war das palladium das entscheidende, bzw. unterscheidende detail.

et semper valete!
Dateianhänge
aeneas.jpg
herennia1a.10.jpg
Es lebe die Republik! Tod Caesar! Kampf Marc Anton! Cicero!

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Beitrag von Peter43 » Di 07.02.06 21:15

Die Catanischen Brüder I

Hier ist die gesuchte Münze mit beiden Catanischen Brüdern.
Obv. MAG PIVS IMP ITER Pompey's head right, lituus in field to right,
jug before
Rev. PRAEF Neptune standing left holding aplustre, placing right foot on
prow. Neptune is standing between the brothers Anapias and
Amphinomus (the Catanaean brothers) with their parents on their
shoulders
Crawford 511/3a

18mm, 3.16 grams
Die Geschichte von den beiden Brüdern stammt von Strabo. Sie waren ein Vorbild für die 'Pietas', d.h. Hingabe und Pflichterfüllung, Hingabe gegenüber den Göttern, Pflichterfüllung gegenüber dem Staat und der Familie.

Dein Problem kann ich nicht erkennen. Sowohl Caesars Denar als der Denar des Herennius zeigen eine Szene der Pietas. Dabei ist klar, daß es sich bei der Darstellung des Caesar um die Flucht des Aeneas aus Troja handelt. Das erkennt man eben an dem Palladium. So betont Caesars Denar nicht nur die private Pietas, die natürlich immer auch eine familiäre und damit nach römischen Auffassung eine politische Komponente hat, sondern auch die Abstammung der Römer von den trojanischen Vorfahren, insbesondere natürlich die Abstammung der Julier von Venus, denn Aphrodite war ja die Schutzgöttin der Trojaner.

Warum das nun die Szene mit den catanischen Brüdern, oder zumindest einem von ihnen, sein soll, verstehe ich nicht!

MfG
Dateianhänge
Sextus_Pompeius_Cr511_3a.jpg
Zuletzt geändert von Peter43 am Mi 19.11.08 23:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Peter43 » Fr 10.02.06 17:05

Omphale - Besitzerin und Geliebte des Herakles

Hier möchte ich eine Provinzialmünze vorstellen aus Maionia in Lydien. Sie zeigt ein Motiv, das zum Sagenkreis um Herakles gehört, aber seltener ist als die Münzen, die die 12 berühmten Taten schildern. Leider ist das Bild nicht sehr schön (auch der Erhaltungszustand ist nicht der beste), deshalb werde ich es austauschen, wenn ich ein besseres Exemplar habe. Und das ist heute der Fall gewesen!

AE 19, 4.57g
Geprägt unter Appa, als der das drittemal Strategos war, zur Zeit der Faustina jun., 145-175 n.Chr.
Av.: MAIO - NWN
bärtiger Kopf des Herakles n.l.
Rv.: CTR TO G - APPA (beginnend von re oben)
Omphale n.r. gehend, hält Keule über der li Schulter und Löwenfell
BMC 20
Selten, fast SS, braune Patina mit irdenen Highlights

1. Mythologie:
Dieser Mythos führt uns in die Zeit nach den 12 berühmten Taten des Herakles. Eurytos, der König von Oichalia, hatte die Hand seiner Tochter Iole dem versprochen, der ihn im Bogenschießen besiegen könne. Herakles trat an und besiegte ihn. Doch Eurytos verweigerte ihm die Tochter. Daraufhin rächte sich Herakles, indem er Oichalia zerstörte, Iole raubte und Iphitos, den Sohn des Eurytos, tötete. Danach begab er sich nach Delphi, um das Orakel zu befragen und sich von dem Mord zu reinigen. Doch die Pythia antwortete ihm nicht, was Herakles so ergrimmte, daß er den Dreifuß des Apollon an sich riß. Der Gott sah sich genötigt, mit Herakles um diesen geheiligten Gegenstand zu streiten. Schließlich wurde Herakles zum Dienst als Sklave verurteilt. Hermes brachte ihn auf den Sklavenmarkt und es kaufte ihn Omphale, die Königin von Lydien, für die er einige Heldentaten vollbrachte, aber auch Wolle spinnen und Frauenkleider tragen mußte.; zudem wurde er ihr Geliebter. Gegen Sileus, der Vorübergehende zur Arbeit in seinem Weinberg zu zwingen pflegte, wehrte sich Herakles, erschlug ihn und verwüstete den Weinberg. Und er griff sich die geschwänzten Kerkopen, zwei spaßige, aber räuberische Zwerge, die ihm die Waffen stehlen wollten. Schließlich erschoß er die riesige Schlange Ophiuchos. Nach drei Jahren endlich aus Omphales Diensten entlassen, kämpfte Herakles dann gegen eine Reihe weiterer Riesen und phantastischer Wesen.

2. Hintergrund:
Omphale, die Tochter des Iardanos, war als Nachfolgerin ihres Gatten Tmolos die myth. Königin der Lyder (Maioner). Für den Mord an Iphitos und den Kampf mit Apollon um den delph. Dreifuß mußte Herakles sich als Knecht an Omphale verkaufen lassen, ihr 3 Jahre dienen und dem Eurytos Wergeld zahlen. In diese Zeit wurden die Fesselung der Kerkopen, die Überwindung des Syleus und die Teilnahme an der Argonautenfahrt bis Kios verlegt. Als Söhne von Herakles und Omphale werden Lamos und Agelas genannt. Dieser galt als Stammvater der lyd. Mermnaden (Gyges bis Kroisos), wie man auch die vorhergehende Dynastie (Agron bis Kandaules) auf die Verbindung des Herakles mit einer Sklavin des Iardanos zurückführte. Genealog. Bestrebungen der lyd. Herrscher waren wohl der Hauptgrund, daß der Mythos von Herakles und Omphale aus der Gegend um Malis und Trachis auf Lydien übertragen wurde. In ihm kommen Vorstellungen von der "Dienstehe" der matriarchalischen Gesellschaftsordnung, wie sie in Malis und in Lydien bestand, zum Ausdruck; der Kleidertausch (O. mit Löwenfell und Keule, H. mit in weibl. Tracht und Beschäftigung) beruht z.T. auf kultischen Bräuchen. Beide Motive gaben der Komödie und dem Satyrdrama Veranlassung, den Mythos im Sinne erotischer Hörigkeit auszugestalten.
Ov. fast.2, 305ff
Sehr fraglich erscheint es, in O. eine urspr. Erd- und Totengöttin zu sehen.
Der kleine Pauly

Omphale ist die weibliche Form von Omphalos = Nabel. Ranke-Graves vermutet deshalb, daß Omphale identisch mit der Pythia sei, der Hüterin des Delphischen Omphalos, und daß Herakles als Hierodule, als Tempeldiener, ihr dienen mußte. Erst später hätten die Mythographen diese Geschichte nach Lydien verlegt. Die Geschichte beziehe sich auf eine frühe Stufe der Entwicklung des Heiligen Königtums vom Matriarchat zum Patriarchat, als der König als Gemahl der Königin das Recht hatte, sie in Zeremonien und bei Opferungen zu vertreten - doch nur, wenn er ihre Kleider trug. Reveillout zeigte, daß dies in frühen sumerischen Zeiten der Brauch in Lagasch war. Und in zahlreichen kretischen Kunstwerken werden Männer gezeigt, die zu Opferzwecken weibliche Kleidung tragen - nicht nur den getupften Hosenrock wie auf dem Sarkophag von Hagia Triada, sondern den weiten Rock, wie auf einem Palastfresko zu Knossos.
Robert von Ranke-Graves, Greek Mythology

Quellen:
Der kleine Pauly
Robert von Ranke-Graves, Greek Mythology
Karl Kerenyi, Griechische Heldensagen
Reclams Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst

Beigefügt habe ich das berühmte Bild 'Hercules und Omphale' von Lucas Cranach d. Älteren aus dem Jahre 1537. Dieses Gemälde ist 1945 leider durch Kriegeinwirkungen zerstört worden.

MfG
Dateianhänge
maionia_BMC20.jpg
lucas-ae-d-cranach-herakles-bei-omphale-1537.jpg
Zuletzt geändert von Peter43 am So 07.01.07 22:04, insgesamt 4-mal geändert.
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Beitrag von Peter43 » Mi 15.02.06 23:38

Der Herakles Farnese

Ich glaube, diese Münze ist in diesem Thread besser aufgehoben. Es ist eine AE 31 aus Pautalia geprägt für Caracalla:

Caracalla 197-217 n.Chr.
AE 31
Rv.: AVT KM AVPH - ANTΩNINOC
Büste, drapiert und cürassiert, belorbeert, n.l., mit Schild, das
Gorgoneion (Medusenhaupt) trägt, und Speerspitze dahinter
Rv.: OVΛΠIAC ΠA - VTAΛIAC
Herakles, nackt, steht vorwärtsgebeugt n.r., hat r. Fuß nach hinten
gesetzt, li Hand hinter dem Rücken, hält Löwenfell über dem li Arm
und stützt sich mit der li Hand auf seine Keule, die auf einem
Steinhaufen mit 9 Steinkugeln steht.
Ruzicka 592; Moushmov 4300
Selten, fast SS

Die Statue des Herakles Farnese ist eine Marmorkopie einer hellenistischen Bronzestatue von Lysipp von Sikyon ca. 330 v.Chr., der auch für Alexander den Großen gearbeitet hat, gefertigt von dem römischen Künstler Glykon von Athen ca. 211-217 n.Chr. Sie wurde 1540 in den Caracallathermen in Rom gefunden und dann in den Farnesegärten aufgestellt (daher der Name). Goethe, der sie gesehen hat, hielt sie für die bedeutendste römische Plastik. Die Münze zeigt eine Kopie, die wahrscheinlich in den Gärten oder Parks von Pautalia aufgestellt war, das ein berühmter Badeort war (Ruzicka).

Die Darstellung des Herakles Farnese ist deshalb interessant und merkwürdig (im doppelten Sinn des Wortes!), weil sie den Helden nicht in einer heldischen Stellung zeigt, sondern im Zustand der Erschöpfung. Das erzeugt diese Diskrepanz, die diese Statue immer schon angezogen hat. Sie zeigt den Heroen nach dem Empfang der Äpfel der Hesperiden, die er - wie allgemein angenommen wird - in der re Hand hält, die hinter dem Rücken versteckt ist. Um diese Äpfel zu bekommen, mußte er die Weltkugel, die sonst Atlas auf seinen Schultern trug, selbst übernehmen, weil nur Atlas die Äpfel bekommen konnte. Als Atlas mit den Äpfeln zurückkam, wollte der die Weltkugel nicht mehr übernehmen, aber Herakles trickste ihn aus, indem er sich anbot, die Weltkugel zu tragen, wenn er sich vorher nur ein Kissen auf den Kopf legen könnte. Atlas war so dumm, die Weltkugel - wie er dachte, nur kurz - wieder zu nehmen, und Herakles entfernte sich mit den Äpfeln.
Der Garten der Hesperiden soll in Libyen, in Nordafrika, gelegen haben, auf einem Vorgbirge am Golf von Syrte.

Übrigens ist der berühmte Herkules von Kassel auch der Farnese-Typ!

MfG
Dateianhänge
HerculesFarnese.jpg
pautalia_caracalla_ruzicka592.jpg
Zuletzt geändert von Peter43 am Di 28.02.06 19:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Peter43 » Sa 18.02.06 15:30

Das Erbe der griechischen Mythologie in der modernen Literatur

Die griechische Mythologie als ein gewaltiges Theater menschlicher Leidenschaften, Gefühle und Schicksale hat immer schon Künstler aller Gattungen zu bedeutenden Werken angeregt. So gibt es auch in der modernen Literatur eine große Zahl von Autoren, die sich Themen oder Motive aus der griechischen Mythologie für ihre Arbeiten ausgesucht haben. Dazu gehören auch große Werke der Weltliteratur. Ich habe hier einmal eine Liste zusammengestellt, die aber keinesfalls vollständig ist.

- Jean Anouilh, Eurydice (1942), Antigone (1946), Thesee (1946)
- Marion Zimmer Bradley, Die Feuer von Troja
- Albert Camus, Le Mythe de Sisyphe (1942)
- Jean Cocteau, Orphee (1926), La machine infernale (1936), Bacchus (1951)
- Joseph d'Arbaud, Pan im Vacares (1926)
- Vitorio do Canto, Orpheu negro (1956)
- Theodor Dreiser, The Titan (1914)
- Andre Gide, Oedipe (1932), Persephone (1934)
- Jean Giraudoux, Amphitryon 38 (1929), La guerre de Troie n'aura pas lieu (1935) (deutsch: Der trojanische Krieg findet nicht statt), Pour Lucrece (1953)
- Gerhart Hauptmann, Iphigenie in Aulis (1943), gamemnons Tod (1947), Elektra (1947), Iphigenie in Delphi (1941), Der Bogen des Odysseus (1914)
- Hugo von Hofmannsthal, Ödipus und die Sphinx (1906)
- Hans Henny Jahn, Medea (1926)
- Robinson Jeffers, Medea (1947)
- James Joyce, Ulysses (1922)
- Nikos Kazantzakis, Odissia (1938)
- Oskar Kokoschka, Orpheus und Eurydike (1915/16)
- Pär Lagerkvist, Sibylle (1956)
- Joan Margall i Gorinna, Nausica (1912)
- Eugene O'Neill, Mourning becomes Elektra (1931) (deutsch: Trauer muß Elektra tragen)
- Ezra Pound, Pisanian Cantos
- Rainer Maria Rilke, Sonette an Orpheus (1923)
- Jean-Paul Sartre, Les Mouche (1943) (deutsch: Die Fliegen)
- George Bernard Shaw, Pygmalion (1913/14)
- Giorgios Theotakas, Argo (1936)
- Kostas Varnalis, Diary of Penelope (1947)
- Frank Wedekind, Die Büchse der Pandora (1902)
- Thornton Wilder, Alkestiade (1955)
- Tennesseee Williams, Orpheus descending (1957) (deutsch: Orpheus steigt herab)
- Christa Wolf, Kassandra (1983)

Vielleicht bekommt ja der eine oder andere Appetit?

MfG
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Beitrag von Peter43 » Mi 22.02.06 21:27

Der Wahnsinn des Aias

Dies hier ist eine der wenigen Münzen, die sich mit dem Trojanischen Krieg beschäftigen. Ich bin stolz, sie präsentieren zu können.

Bithynien, Prusa ad Olympum, Caracalla 198-217
AE 25
Av.: AVT KM AVP AN - TΩNINOC CEB
Büste, belorbeert, n.r.
Rv.: ΠPO - VCAEΩ - N
Aias, nackt, behelmt, kniet auf re Knie n.l., li Bein nach hinten
ausgestreckt, hält mit der re Hand Schwert gegen seinen
Unterleib, in das er sich stürzen will. Li vor ihm ein Steinhaufen,
unter ihm sein Rundschild.
BMC Bithynia, S.197, 22
Sehr selten, alte Beschädigung im Gesicht des Aias, sonst SS, hübsche Patina

Mythologie:
Der Revers zeigt eine berühmte Szene aus dem Trojanischen Krieg, den Selbstmord des großen Aias. Aias (lat. Aiax) war der Sohn des Königs Telamon von Salamis und wurde deshalb auch der Telamonier genannt. Er hieß auch der große Aias, zum Unterschied vom 'kleinen Aias', dem Sohn des Königs Oileus von Lokris, dem Lokrer. Der große Aias war nach Achilleus der tapferste Grieche vor Troja, der im Zweikampf den Hektor verwundete, der den Angriff der Trojaner auf das Schiffslager abwehrte und der half, die Leiche des Patroklos zu bergen. Nachdem Achilleus durch einen vergifteten Pfeil des Paris in die Ferse, seine einzige verwundbare Stelle, getötet worden war, trug Aias seinen Leichnam aus dem Schlachtgetümmel und verlangte anschließend dessen Waffen für sich, doch ein Schiedsgericht sprach sie Odysseus zu. In seiner Wut wollte er daraufhin alle Griechen umbringen. Athene aber schlug ihn mit Wahnsinn, so daß er eine ganze Schafsherde niedermetzelte. Als er wieder zur Besinnung kam und sah, was er getan hatte, stürzte er sich aus Scham in sein Schwert. Aus seinem Blut entsprang eine Blume, der Rittersporn, aus deren Blütenblättern man AI herauslesen kann, die ersten Buchstaben seines Namens und zugleich ein griechischer Wehruf.

Hintergrund:
Der Wahnsinn, der Aias dazu trieb, eine Schafsherde niederzumetzeln, kommt bei Homer nicht vor. Breit ausgeführt wird diese Szene allerdings von Aischylos, in Sophokles 'Aias' und in Ovids Metamorphosen. Die Mythe von der Entstehung der Blume aus dem Blut des Aias wird von Ovid eingeführt, damit diese Geschichte durch das Motiv der Verwandlung in seine Metamorphosen paßt.
Ein Grabmal des Aias befand sich auf dem rhoiteischen Vogebirge. Auf Salamis wurde er göttlich verehrt; hier und in Athen feierte man das Fest Aianteia, die attische Phyle Aiantis nahm eine bevorzugte Stellung ein.
Die Tatsache, daß es zwei Aias gibt, den großen und den kleinen, hat mich schon verwirrt, als ich in meiner Jugend Gustav Schwab gelesen habe. Nun meinen Robert und v.d.Mühll, daß die beiden Aias durch Verdoppelung oder Gabelung aus einem Wesen entstanden seien; der Umstand, daß auch die göttlichen Nothelfer meist paarweise erscheinen, habe die Trennung der Gestalten befördert.

Hinzugefügt habe ich den berühmten 'Torso von Belvedere' des großen Künstlers Apollonius von Athen aus dem 1.Jh. v.Chr. Er steht jetzt in den Vatikanischen Museen. Er konnte als Skulptur des Aias, der sich in sein Schwert stürzt, ergänzt und gedeutet werden.

Quellen:
- Der kleine Pauly (wie immer!)
- Gerhard Fink, Who's who in der antiken Mythologie
- Aghion/Barbillon/Lissarrague, Reclams Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst

MfG
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prusa_caracalla_BMC22.jpg
Torso von Belvedere.jpg
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Beitrag von chinamul » Mi 22.02.06 22:27

W a h n s i n n ! Und damit meine ich nicht etwa Aias. Da hast Du uns mal einen echten Leckerbissen vorgestellt. Meinen herzlichen Glückwunsch zu diesem Stück!

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Beitrag von Pscipio » Mi 22.02.06 22:59

Eine Prachtsmünze, zu der ich dir herzlichst gratuliere!

Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von Peter43 » Do 23.02.06 15:03

Pat Lawrence hat zum Thema 'Der Wahnsinn des Aias' einen Beitrag geliefert, den ich euch nicht vorenthalten möchte.

Allgemein betrachtet als die tiefstschürfende und unvergeßliche Darstellung des plötzlichen Wahnsinns des selbstmörderischen Ajas (aber nicht so häufig beachtet, da sie in einem kleinen Museum steht) ist hier die Amphora von Boulogne. Sie ist fast ein Jahrhundert früher als Sophokles Tragödie, und sie triumphiert in großartiger Weise über das, was ahnungslose Autoren für eine begrenzte Technik halten: Schwarze Figuren, eingeschnittene Silhouette, Vasenmalerei. Sir John Beazley schreibt in seinen berühmten 'Sather Classical Lectures': "Exekias steht ganz allein, wenn er nicht den toten Helden zeigt, oder den Augenblick seines Todes, sondern die langsame Vorbereitung für die endgültige Handlung...Sein Gesicht - und das ist selten in der schwarzfigurigen Malerei - ist gefurcht vor Gram." The Development of Attic Black-Figure, Ch.VI (Seitennummer ist in beiden Ausgaben verschieden).

Exekias war ein griechischer Vasenmaler und Töpfer Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. in Attika. Er war einer der bedeutendsten Maler des schwarzfigurischen Stils. Als Töpfer hat er neue Gefäß- und Verzierungsformen in die attische Keramik eingeführt, angeregt durch ostgriechische Keramik. Von ihm und Amasis wurden auch die ersten bedeutenden Bildfeldamphoren erstellt, bei denen beidseitig jeweils ein erzählendes Bild vorhanden ist. Von ihm stammt auch die berühmte Bauchamphora mit Achill und Aias beim Brettspiel während einer Kampfpause vor Troja (Rom, Vatikan).

MfG
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ExekiasBoulogne_2.jpg
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Beitrag von Peter43 » Mo 27.02.06 21:50

Kronos - der Vater der Götter

Kilikien, Flaviopolis, Domitian 81-96 n.Chr.

AE 18, datiert ZI = 17 (89/90 n.Chr)
Av.: ΔOMETIANOC KAICAP
belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: ETOVC ZI ΦΛAVIOΠOΛEITΩN
verhüllter Kopf des Kronos n.r., Harpa über der Schulter
SNG Levante 1531; RPC II 1760; SNG Copenhagen 136; SNG von Aulock 5558
selten, SS/fast VZ

Harpa ist der alte poetische Name für eine gezähnte Sichel. Diese und der verhüllte Kopf sind die Attribute des Kronos.

Um Kronos gibt es einige Verwirrung. Das liegt daran, daß die Römer ihn schon früh mit Saturn gleichgesetzt haben, und bereits von antiken Autoren wurde er mit Chronos, dem Gott der Zeit, identifiziert.

Kronos:
Kronos, ein Sohn der Gaia und des Uranos, war der jüngste, aber gewalttätigste der Titanen. Er stürzte seinen Vater Uranos, indem er ihn mit einer Sichel entmannte, die ihm seine Mutter Gaia aus Rache gegeben hatte, weil er alle ihre Kinder in der Tiefe der Erde versteckt hatte. Danach heiratete er seine Schwester Rhea und wurde Vater von Hestia, Demeter, Hera, Poseidon und Zeus, also der 3. Göttergeneration. Weil ihm vorausgesagt worden war, daß einer seiner Kinder ihn vom Thron stürzen werde, verschlang er alle sofort nach der Geburt. Anstelle des zuletzt geborenen Zeus aber gab ihm Rhea einen in Windeln gewickelten Stein und versteckte Zeus in einer Höhle auf Kreta. Kronos würgte daraufhin den Stein wieder hervor und mit ihm alle seine verschlungenen Kinder. Der Stein wurde anschließend als Nabel der Welt in Delphi aufgestellt. Zeus aber bereitete seinem Vater Kronos dasselbe Schicksal das Kronos selbst seinem Vater bereitet hatte, er entmannte ihn und verbannte ihn in den Tartaros. Später begnadigte er ihn und machte ihn zum Herrn der Elysischen Gefilde.

Saturn:
Er war ein alter Gott der Landwirtschaft und herrschte anfänglich über das Kapitol, das früher einmal Mons Saturnius hieß. Auch er wurde von Jupiter entthront und mußte das Kapitol verlassen. Seine Herrschaft aber war eine glückliche Zeit, an die die Menschen sich gerne zurückerinnerten und die deshalb das 'Goldene Zeitalter' genannt wurde. Um Saturn zu ehren wurden jedes Jahr beginnend am 17. Dezember die Saturnalia gefeiert. Die waren eine heiteres Fest, an dem z.B. die Herren ihre Sklaven bedienen mußten. Auch Saturn hatte die Sichel als Attribut und übernahm die Verhüllung seines Kopfes von Kronos.

Chronos:
Chronos ist die Personifikation der Zeit. Diese wird bereits gefunden bei Solon, Pindar, Sophokles u.a. Alle diese Stellen sind religiöse und philosophische Spekulationen, die sich später unter dem Einfluß der Orphik und der Mysterien weiter ausbreiteten. Diese Bewegungen hielten Chronos nicht nur für ein Symbol des Werdens und des Wechsels, sondern für den Urgott des Kosmos. Diese Identifizierung mit Kronos hatte seinen Grund in der Klangähnlichkeit ihrer Namen und in der Gleichsetzung des Kinderverschlingens durch Kronos mit dem Verschlingen der Zeit durch Chronos.

Etwas Hintergrund:
Kronos ist ein alter, prähellenischer Gott. Sein Name steht wohl in Verbindung mit dem semitischen Baal Qarnaim, dem Herrn der zwei Bergspitzen. Diese These wird auch dadurch gestützt, daß es einen Höhenkult der elischen Priesterkönige auf dem Kronoshügel in Olympia gab und daß Kronos verehrt wurde von den Lykiern und den Solymern in Kleinasien. Der archaische Charakter von Kronos und seinen Mythen, die Verknüpfung mit der großen Erd- und Muttergöttin bekräftigt die Auffassung, daß ein alter anatolischer Höhengott zurückgedrängt wurde durch den indogermanischen Zeus. Sein Werkzeug, die gezähnte Sichel, ein Konglomerat aus einem mondförmigen Schnittermesser und einem kurzem, gebogenen Kampfschwert, berührt durch seine mythologische Vielschichtigkeit den römischen Sichelgott Saturn, der seine Wurzeln hat in der etruskisch-phrygischen Kultur (siehe 'Satrapes-Sadrapa'). Die Saturnalien mit ihrem märchenhaften Charakterzügen erinnern dabei an die paradiesischen Zustände des Goldenen Zeitalters. So haben vielleicht diese Assoziationen dazu geführt, daß Kronos zum Herrn der Seligen Gefilde wurde.

Quellen:
Der kleine Pauly
Hederich, Gründliches Mythologisches Lexikon
Smith's Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology

Beigefügt habe ich
1) Das Relief vom Westgiebel des Artemistempels auf Korfu, das Zeus und Kronos
zeigt.
2) Das berühmte Gemälde von Francisco de Goya 'Saturn frißt einen seiner Söhne' von
1819/23 aus dem Prado Museum in Madrid.

MfG
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flaviopolis_domitian_SNGcop136.jpg
Korfu_Artemistempel_Kronos_1.jpg
saturn_Goya.JPG
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Beitrag von Peter43 » Di 28.02.06 18:50

Asteria - die Sternengöttin

Hier möchte ich eine Münze aus Philadelphia vorstellen. Nun gibt es leider mehrere Orte mit dem Namen Philadelphia. Dies hatte mir zunächst bei der Bestimmung einige Schwierigkeiten gemacht. Hier handelt es sich um das arabische Philadelphia, heute als Amman die Hauptstadt von Jordanien. Damals gehörte es zur Region der Dekapolis. Arabia wurde 106 n.Chr. römische Provinz.

Syrien, Dekapolis, Philadelphia, Commodus 177-192
AE 22, 7.52g
Av.: Λ AVP KOM - MOΔOC KAIC
Büste, drapiert und cürassiert, bloßer Kopf n.r.
Rv.: ΦIΛ K CV - ΘEA ACTEPIA
Büste der Asteria, drapiert, verschleiert, n.r.; Stern darüber
Spijkerman 32
Selten, fast SS

ΦIΛ K CV wird aufgelöst zu ΦIΛAΔEΛΦEΩN KOIΛHC CYPIAC

Mythologie:
steria ist als Tochter des Titanen Koios und der Phoibe selbst auch eine Titanin. Ihre Schwester war Leto (Apollod. 1, 8 und 21). Sie wurde mit mit Perses verheiratet und durch ihn die Mutter der Hekate (Hesiod. Theog. 409). Jupiter verliebte sich ihn sie, Asteria aber wies ihn ab. Da wurde sie aus Rache von ihm in eine Wachtel verwandelt und in das Meer geworfen, wo aus ihr die Insel Ortygia entstand, welche nach der Wachtel benannt ist. (Hygin Fab. 53.)
Eine andere Version erzählt, sie selbst habe von den Göttern gewünscht, in eine Wachtel verwandelt zu werden; und da ihr solches gewährt worden, so habe sie über das Meer hinweg fliegen wollen, sei aber über demselben von Jupiter in einen Stein verwandelt worden. So sei sie in das Meer gefallen und habe lange Zeit unter dem Wasser verborgen gelegen, bis sie auf Bitten Letos wieder hervorgebracht worden, und so dann dem Neptun und der Doris gewidmet, auch mit der Zeit endlich Delos genannt worden ist. (Pind. pae. 65, 4; frg. 87; Kallim. Hymn 4, 36).
Ovid erzählt in Metam. VI, 108 von der Vergewaltigung der Asteria durch Jupiter in Gestalt eines Adlers, und in Metam. XV, 337 von Ortygia als der schwimmenden Insel. Warum er das naheliegende Verwandlungsmotiv nicht aufgenommen hat, ist mir nicht klar.
Am Altar von Pergamon ist Asteria als Teilnehmerin am Gigantenkampf neben Phoibe inschriftlich bezeichnet.

Hintergrund:
Der Hauptgott von Philadelphia war Herakles-Melqart. Zur Zeit des Marcus Aurelius und des Lucius Verus treten zusätzlich Asteria-Motive auf den Münzen auf, dann erst wieder unter Elagabal. Asteria soll dem Zeus den phönizischen Herakles geboren haben und sei so zur Mutter des Herakles-Melqart geworden (nach Cicero und Eudoxos von Knidos). Asteria gilt allgemein als hellenisierte Form von Astarte, wobei durch den griech. Namen ihr astraler Charakter besonders betont wird, was auch durch den Stern über ihrem Kopf ausgedrückt werden soll.
Im Gegensatz zu ihr ist Astarte der Paredros des tyrischen Herakles. Es besteht die Vermutung, daß Astarte bereits der Paredros des ammonitischen Staatsgottes Milkom gewesen ist, der allgemein als der eisenzeitliche Vorgänger des Herakles/Melqart gilt.
Offen bleibt die Frage, ob die Bewohner von Philadelphia in Asteria/Astarte ihre Stadtgöttin sahen. Falls ja, dann wäre nämlich die sonst abgebildete Tyche nur eine andere Darstellungsform dieser Göttin.
Die höheren Numinale zeigen immer Heraklesmotive, aber Asteria findet sich auf dem dritthöchsten Nominal auch bei Elagabal. Auch dies ein Hinweis auf ihre Rolle als Stadtgöttin.

Paredros = Dämon, der Götter begleitet und dem Menschen beisteht. So vertreten z.B. die Stiere Apis und Mnevis den Osiris in der Unterwelt. Selene wird von 12 Paredroi begleitet, den 12 Nachtstunden. Auch Menschen haben solche Schutzgeister. Das Daimonion des Sokrates war ein solcher Paredros. Auf dieser Vorstellung beruht der christliche Glaube an Engel.

Als Bild habe ich den betreffenden Ausschnitt des Pergamonfrieses hinzugefügt. Dieses Bild stammt von der Website des Intituts für Klassische Archaelogie der Universität Erlangen, international bekannt unter dem Namen AERIA (Antikensammlung Erlangen Internet Archive). Diese Site sei allen wärmsten ans Herz gelegt. Sie enthält die bedeutendste Photosammlung antiker Kunstwerke.

Quellen:
Hederich, gründliches Mythologisches Lexikon
Der kleine Pauly
Smith's Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology
http://64.233.179.104/search?q=cache:nn ... =clnk&cd=1
http://www.phil.uni-erlangen.de/~p1altar/aeriahome.html

MfG
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philadelphia_commodus_spijkerman32.jpg
Asteria_Pergamonfries_2.jpg
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Beitrag von Peter43 » Do 02.03.06 23:20

Perseus und Andromeda

Ich konnte nicht widerstehen, diese Münze mit ihrem wichtigen mythologischen Thema in meine Sammlung einzugliedern.

Kilikien, Koropissos, Maximinus I, 235-238
AE - AE 32, 15.62g
Av.: AVT KΓ IOVH - MAΞIMEINON
Büste, drapiert und cürassiert, gesehen von hinten, n.r.
Rv.: KOPOΠICCEΩN THC KHTΩN MHTPOΠOΛEΩ
Perseus, nackt bis auf Chlamys, steht n.l., hält Harpe und Medusenhaupt in der li Hand,
ergreift mit der re Hand die Hand der Andromeda, die in langem Chiton n.r. steht und mit
der li Hand Gewandzipfel unter das Kinn hält. Unter ihm das Meeresungeheuer Ketos.
SNG Levante 590; SNG Levante Supp. 157 (dieses Ex.); SNG France 770; dieser Vs.-Stempel wurde auch von Philadelphia benutzt, vgl. SNG Levante 580
selten, fast SS, braun-grüne Patina

Die Sage von Perseus ist eine der schönsten Sagen des klassischen Altertums. Von seinen komplexen Geschichten soll uns hier nur das Detail von der Befreiung der Andromeda interessieren. Dieses Thema war bereits im Altertum sehr beliebt, wie antike Wandgemälde und Mosaike zeigen. Natürlich haben sich dann seit der Renaissance bis zur Moderne viele Künstler dieses Stoffes angenommen. Es ist ja auch sehr reizvoll, wenn ein unbekleidetes, wehrloses junges Mädchen von einem starken Helden gerettet wird!

Perseus, der Held von Argolis, war der Sohn des Zeus und der Danae. Nachdem es ihm mit Hilfe von Athena gelungen war, die Gorgo Medusa zu besiegen und ihr das Haupt abzuschlagen, war er auf dem Weg zurück nach Argos. Neben dem Medusenhaupt, das alle versteinerte, die es anblickten, besaß er noch mehr Zaubergeräte: Die Harpe, eine diamantene Sichel von Hermes, goldenene Sandalen, mit denen er fliegen konnte und die ihm Nymphen geschenkt hatten, und einen Helm der Unsichtbarkeit von Hades.

Als er gerade über Phönizien war, erblickte er aus der Höhe ein an einen Felsen angekettetes unbekleidetes junges Mädchen. Dies war Andromeda, die Tochter des äthiopischen Königs Kepheus von Joppe und der Kassiopeia. Weil Kassiopeia sich für schöner hielt als die Meeresnymphen, die Nereiden, und damit prahlte, rächte sich Poseidon an ihr durch große Überschwemmungen und das Seeungeheuer Ketos. Das Orakel von Ammon versprach Befreiung von den Plagen, wenn die unschuldige Andromeda dem Ketos geopfert werden würde. Kepheus läßt sie, wenn auch widerstrebend an einen Felsen am Meeresstrande anketten. Perseus versprach, Andromeda zu retten, wenn er sie zur Frau erhielte. Als Ketos sich näherte, erhob sich Perseus in die Lüfte, täuschte Ketos durch den Schatten auf der Meeresoberfläche, stürzte sich auf ihn und schnitt ihm mit seiner Sichel den Kopf ab.

Als nach der Befreiung gerade die Hochzeitsfeier stattfand, meldete sich Agenor mit älteren Rechten an Andromeda. Wahrscheinlich war er von Kassiopeia gerufen worden, die Perseus nicht als Schwiegersohn sehen wollte. Es gab ein riesiges Gemetzel unter den Festgästen, bis endlich Perseus mit dem Medusenhaupt alle Feinde in Stein verwandelte.

Anschließend lebten Perseus und Andromeda in Argos. Durch einen ihrer Söhne, Elektryon, wurden sie Ahnen des Herakles. Ein anderer ihrer Söhne, Perses, wurde zum Ahnherrn der Perser.

Ketos ist griech. der Wal. Deshalb erinnert dieses Ungeheuer stark an den Walfisch, der im AT den Hiob verschlingt. Die Knochen dieses Untieres, die sich bei Joppe fanden, seien von Marcus Aemilius Scaurus nach Rom gebracht worden.

Diese aus verschiedenen Märchensträngen zusammengesetzte Sage ist sehr alt. Viele Motive erinnern an die Geschichte aus Tausen-und-einer-Nacht. Bereits Homer erwähnt sie in der Ilias (XVI 319f.); Hesiod berichtet vom Tod der Medusa (Theog. 270-286), und es gibt eine Amphore aus dem 7.Jh. v.Chr. mit dem Perseus und Medusa Motiv (Eleusis, Museum).

Andromeda, genauso wie Perseus, Kassiopeia und Ketos, wurden bereits von hellenistischen Dichtern an den Sternenhimmel versetzt. Kassiopeia in einem Korb, der zur Strafe für ihren Verrat zu manchen Jahreszeiten mit der Öffnung nach unten schaut, was lächerlich aussieht.

Quellen:
Ovid Met. IV, 663-752
Apollod. 2, 4, 3

Hinzugefügt habe ich zwei Bilder, die die Befreiung der Andromeda zeigen:
Erstens das vielleicht schönste Bild mit diesem Motiv, ein Wandgemälde aus dem 1.Jh., gefunden in der Casa dei Dioscuri in Pompeji (Neapel, Museo Nazionale). Es ist eine Kopie nach einem Original aus dem 4.Jh. v.Chr.
Zweitens das Bild eines Mosaiks aus Zeugma in Anatolien. Zeugma wird manchmal wegen seiner wunderschönen Mosaike als zweites Pompeji bezeichnet. Wie vielleicht nicht alle wissen, verschwindet es jetzt - trotz massiver Proteste der Wissenschaftler und der Öffentlichkeit - unter einem riesigen Stausee, den die Türkei am oberen Euphrat gebaut hat.

MfG
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Coropissos_maximinusI_SNGfrance770.jpg
Pompeji_Perseus_befreit_Andromeda.jpg
zeugma_andromeda_perseus_2.jpg
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Beitrag von chinamul » Fr 03.03.06 10:34

Faszinierend! Ich bewundere vor allem den Spürsinn, der Dich immer wieder zu solchen Trouvaillen führt.

Trotzdem neidlose Grüße

chinamul
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