Ruhender Herakles

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Ruhender Herakles

Beitrag von Peter43 » Do 02.03.06 23:53

Dies ist eine meiner neuesten Münze. Ich bin stolz, sie hier präsentieren zu können, weil sie ein Revers hat, das ich bis jetzt noch nicht gesehen hatte.

Kilikien, Irenopolis, Marcus Aurelius
AE 20, 7.84g
Av.: AVRHLIOC - KAI[CAR]
belorbeerter Kopf n.r.
Rv.:IRHNO[POLITWN] - MHTROP (RO ligiert)
Herakles, nackt, liegt n.l. auf Löwenfell, Füße gekreuzt, hält knotige
Keule in der re Hand und mit der li Hand Löwenfell, von dem die
Klauen und der Skalp herabhängen. Darunter fließt der Fluß Pyramus
n.l.
SNG Levante Supp. 381 (dieses Ex.); SNG France 2258

Diese Heraklesdarstellung ist bemerkenswert! Nicht nur wegen der einmaligen Darstellung des Löwenfells. Sie zeigt den Helden nach harter Arbeit auf seinem Löwenfell ruhend. Ok, er hatte oft Grund genug für eine Weile auszuruhen nach einer seiner Aufgaben. Auch der Herakles Farnese zeigt ihn in einer Pose der Erschöpfung. Allerdings könnter er da sofort wieder kämpfen, während er auf dieser Münze ziemlich wehrlos aussieht.

Gibt es jemanden im Forum, der mehr Information über diese Darstellung hat? Evtl. den Anlaß für diese Stellung? Ich hatte diese Münze bereits im amerikanischen Forum vorgestellt, aber dort konnte mir niemand richtig helfen.

Jede Meinung ist willkommen!

MfG
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tournois
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Beitrag von tournois » Fr 03.03.06 00:31

Mal 'ne ganz dumme Frage...........
Wenn Du die Münze etwas entgegengesetzt des Uhrzeigersinnes drehst, steht er doch.
Ich meine, woran erkennt man denn das er liegt???
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Beitrag von Peter43 » Fr 03.03.06 00:52

Gute Idee! Aber geht nicht!
1. Die Rs.-Legende wäre untypisch verteilt
2. In der Stellung, die Herakles dann hätte, könnte er nicht stehen. Er würde
nach hinten umfallen.

MfG
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Beitrag von curtislclay » Fr 03.03.06 01:34

In der SNG Levante ist die Rs. doch um etwa zwei Stunden "zurückgedreht", so dass die Keule vertikal steht, Herakles quer nicht horizontal liegt und etwa nach links anstatt gen Himmel schaut.
Vielleicht gibt die normale Stempelstellung zu Irenopolis einen Hinweis auf die richtige Orientierung dieses interessanten Typs.

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Beitrag von richard55-47 » Fr 03.03.06 08:01

Bei Berücksichtigung eines natürlichen Bewegungsablaufes tendiere ich stark zu Peters Meinung. Der Herakles liegt auf dem Rücken, gestützt auf dem linken Ellbogen. Der Boden ist m. E. deutlich kenntlich gemacht. Stände Herakles, stände er auf dem linken Bein und noch dazu auf der Zehenspitze. Das Standbein wäre nicht durchgedrückt, sondern im Kniegelenk gewinkelt. Das rechte Bein wäre über das linke übergeschlagen, hinge aber in der Luft. Vollkommen unnatürlich. Wer in Gottes Namen steht denn so? Außerdem wäre die Keule unnatürlich nach hinten angewinkelt und nicht gerade nach unten verlaufend. Gehe ich von der liegenden Position aus, habe ich eine in natürlicher Haltung befindliche, entspannte Figur vor mir, die lässig ihre Keule in der rechten Hand hält bzw. diese als Stütze des rechten Armes benutzt.

Ich habe das Bild ausgedruckt, gedreht und den geschilderten Eindruck gehabt.
do ut des.

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Beitrag von antoninus1 » Fr 03.03.06 08:21

@peter43,

ich treffe morgen auf der Numismata einen Flussgottspezialisten. Dem zeige ich mal einen Scan. Könnte der Gegenstand unten rechts nicht der Kopf des Flussgottes sein und kein Löwenskalp?
Das würde auch die Ansicht bestätigen, dass Herkules liegt und unter ihm die Wellen des Flusses mit dem herausschauenden Flussgott sind.
Gruß,
antoninus1

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Beitrag von chinamul » Fr 03.03.06 10:23

Es ist nur logisch, daß man die Keule als senkrecht stehend auffaßt, weil Herkules sich anderenfalls nicht auf sie stützen könnte, sondern sie vielmehr aktiv halten müßte. Das aber würde dem von diesem Stück vermittelten Eindruck des Ruhens widersprechen. Die dann andere Verteilung der Legende erklärt sich mühelos aus dem Münzbild. Hercules sitzt also eher als daß er liegt, was auch durch die dann viel entspanntere Kopfhaltung nahegelegt wird, die in der von Peter gewählten Ausrichtung doch reichlich angestrengt wirkt.

Auch auf der unten abgebildeten Münze macht Hercules alias Commodus mal Pause. Das Löwenfell hängt links an einem Baum, die Keule liegt an einen Altar gelehnt, auf den Hercules (hier in Gestalt des Commodus) aus einer Patera opfert. Diese Opferhandlung, das Füllhorn und die verhüllte Lendengegend des Opfernden zeigen, daß es sich hier um Commodus handeln muß, weil derlei für einen Halbgott kaum in Frage kommen würde.

COMMODUS 180 – 192
AE Sesterz Rom 190/191
Av. M COMMOD ANT P FELIX AVG BRIT P P - Belorbeerter Kopf rechts
Rv. HERC COMMODIANO P M TR P XVI COS VI S C - Hercules nach links stehend; aus der Rechten auf einen Altar zu seinen Füßen opfernd; in der Linken Füllhorn; links Baum mit daranhängendem Löwenfell
RIC 581; C. vgl. 177 - 25,60 g

Gruß

chinamul
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Beitrag von Pscipio » Fr 03.03.06 10:33

Ich habe mal ein bisschen herumgebastelt (siehe Anhang). Sieht doch schon ein wenig überzeugender aus, vor allem die Haltung des Kopfes; und die etwas ungewöhnliche Legendenposition würde sich aus der Bildkomposition erklären.
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Beitrag von chinamul » Fr 03.03.06 10:37

Genauso sehe ich es auch. Jetzt sitzt er ergonomisch richtig! Und der Bedeutung der Münze tut das doch gar keinen Abbruch.

Gruß

chinamul
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Beitrag von richard55-47 » Fr 03.03.06 13:17

Das sieht überzeugend aus, ich streiche die Segel.
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Beitrag von chinamul » Fr 03.03.06 13:52

In welcher Farbe?

Gruß

chinamul
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Beitrag von Peter43 » Fr 03.03.06 14:29

Also ich muß sage, ich finde es toll, was das Forum hier geleistet hat!
1. Die richtige Stellung der Münze ist gefunden worden. Überzeugend!
2. Der Zusammenhang mit Commodus ist ins Gespräch gekommen.
Vielleicht ist dann auch die dargestellte Pose eher eine Anspielung auf
Commodus als auf Herakles?

Und der Sesterz, den Chinamul hier gezeigt hat, ist ja ein richtiges Prachtstück! Was der Stempelschneider da alles reingepackt hat, ist ja phantastisch. Allein die Idee, das Löwenfell über einen Baumast zu hängen, ist doch schon einzigartig!

@Antoninus:
Die Idee mit der Flußgottbüste hatte ich auch sofort, als ich die Münze das erste Mal sah. Doch ich mußte mich eines besseren belehren lassen! Es wäre das bisher einzige Mal, daß ein Flußgott als Büste dargestellt wäre. Mit anderen Worten, es gibt in der antiken Kunst keine Büsten von Flußgöttern! Wenn man den Ausschnitt vergrößert, erkennt man auch den Löwenkopf und seine großen Augen. Herkules hat das Löwenfell um den Hals gepackt. Der Unterteil der Büste ist dann einfach eine weitere Wellenlinie.

Übrigens ist der Fluß der Pyramus, an dem auch die Geschichte von Pyramus und Thisbe spielt.

MfG
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Beitrag von chinamul » Fr 03.03.06 18:09

Halten zu Gnaden, aber die Feststellung, daß es in der antiken Kunst keine Büsten von Flußgöttern gibt, kann ich so nicht stehen lassen. Die folgende Münze ist nur eines von zahllosen Gegenbeispielen auf Alexandrinern.

HADRIANUS 117 - 138
BI Tetradrachme Alexandria 134/135 (Jahr 19)
Av.: AYT KAIC TPAIAN ΑΔΡΙΑNOC CЄΒ - Belorbeerter Kopf links
Rv.: Büste des Nilus rechts mit Himation über der linken und Füllhorn neben der rechten Schulter
Rundum: L Є - NNЄAK Δ (=Jahr 19)
Geißen 1148; Slg. Frankfurt 507 - 13,67 g

Gruß

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Beitrag von Dapsul » Fr 03.03.06 18:51

Auch die Griechen kannten so etwas schon: Hier - nur als Beispiele - der Gelas und der Strymon:
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Beitrag von Peter43 » Fr 03.03.06 22:57

Ok, ich sehe, daß ich mich korrigieren muß!

MfG
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