Mythologisch interessante Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Peter43
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 31.10.10 16:27

Silen und Dionysos

Heute möchte ich euch eine wunderschöne, sehr seltene Münze vorstellen, die Silen mit dem kindlichen Dionysos auf den Knien zeigt. Die Münze selbst hatte ich euch bereits gezeigt, ihre kunstgeschichtliche Bedeutung aber scheint ihr nicht erkannt zu haben. Ich hoffe, daß sich das nach dem Lesen dieses Artikels geändert haben wird. Wie üblich ist dieser Artikel überfrachtet mit allen möglichen Informationen, die ich interessant gefunden habe.

Münze:
Lydien, Sardeis, pseudo-autonom, 2.Jh. n.Chr
AE 22, 5.80g, 21.9mm, 165°
Av.: SARDIA - NWN
Kopf des Dionysos, mit Efeukranz, n.l.
Rv.: SARDIANWN
Silen, nackt, bärtig, muskulös, auf Cista mystica n.r. sitzend, hält in der Rechten
Kantharos; mit der Linken hält er den kindlichen Dionysos, der nackt auf seinen
Knien sitzt und die Hände zu ihm emporstreckt
Ref.: L.Beger Thes. Brand. select. I (1696!), p.501, fig.I; Mionnet supplement 7
(1835), no. 445, zitiert Beger (Dank an Mauseus vom FAC für die Referenzen!);
nicht in von Aulock, Copenhagen, BMC, Lindgren, Imhoff KM, Imhoff Lyd. St.,
Righetti, Isegrim
Sehr selten, F+, attraktive Sandpatina
Pedigree:
ex Hauck&Aufhäuser

Die Münze war ursprünglich ausgezeichnet als Dionysos mit einem Kind. Fälschlicherweise, denn dieses Motiv ist mythologisch nicht bekannt. Und die erwachsene männliche Figur ist zu muskulös für Dionysos. Zudem ist der Kantharos auch bekannt als ein Attribut des Silen. Beispiele: Tetradrachme aus Naxos/Sizilien oder Obole aus Thasos. Das Objekt, auf dem Silen sitzt, ist nicht ganz eindeutig. Ich halte es - auch wegen der Oberflächenstruktur - für eine Cista mystica. Eine solche findet sich z.B. neben Silen auf einem Sarkophagfries, der die Hochzeit des Dionysos mit Ariadne darstellt, und gehört zum Dionysoskult.

Mythologie:
1) Herkunft:
Silen oder Silenos ist in der griechischen Mythologie der Sohn des Hirtengottes Pan oder des Hermes und einer Nymphe. In Nysa am Mäander, auch verwechselt mit einer Insel Nysa in Libyen, soll er von den Nymphen großgezogen und dort König geworden sein. Verheiratet soll er gewesen sein mit der Nais. Mit den Nymphen hatte er selbst wieder eine große Zahl von Söhnen, den Silenen, die ihm an Aussehen geglichen haben sollen: Mischwesen aus einem Mensch und einem Pferd, wobei allerdings kaum eine Ähnlichkeit mit den Kentauren bestand: Silenos hatte eine Stupsnase und den Schwanz, die Hufe und die Ohren eines Pferdes.

2) Beziehung zu Dionysos:
Hermes habe ihm den kleinen Dionysos zur Erziehung gebracht. So wurde Silen zum Lehrer des Dionysos in Nysa und habe ihn in allen Wissenschaften unterrichtet. Er war aber nicht nur der Lehrer des Dionysos, sondern auch des Olympos oder des Maron. Vielleicht scheint hier seine Rolle als guter Hausgeist hervor, als der er in Athen galt.
Später sei er zusammen mit den Mänaden der Begleiter des Dionysos bei dessen Kriegen und Umzügen (Thiasos) gewesen. Silenos soll fast immer betrunken gewesen sein und es mit der Wahrheit nicht sehr genau genommen haben, dennoch wurde er für seine praktische Lebensweisheit, die allerdings stark pessimistisch gefärbt war, und seine prophetischen Gaben gerühmt.

3) Silen vor Midas
Als Dionysos einmal mit seinem wildem Gefolge von Thrakien nach Böotien zog, blieb Silen zurück und wurde von den Gärtnern des Königs Midas betrunken in dessen Rosengärten gefunden. Diese fesselten ihn führten ihn vor ihren König. Dort erzählte Silen ihm 5 Tage lang wundersame Geschichten von einem Land im Westen jenseits des Okeanos. Es sei mit herrlichen Städten geschmückt, und von riesigen, glücklichen und langlebigen Bewohnern bevölkert. Sie besäßen ein vorbildliches Rechtssystem. Einmal machten sie eine große Expedition zu den Hyberboräern. Als sie aber hörten, daß deren Land das beste der Alten Welt sei, kehrten sie enttäuscht zurück.
Eine andere Geschichte des Silen handelte von einem schrecklichen Wirbel am Rande der Welt. In dessen Nähe flössen 2 Ströme, an deren Ufer zwei Arten von Bäumen wüchsen. Die Früchte des einen machten, daß man weinen und klagen müßte und langsam dahinsieche. Die Früchte des anderen verjüngten selbst die Greise. Man entwickele sich zurück durch das Jugendalter bis zum Säugling und verschwinde dann ganz. 5 Tage lang lauschte Midas begierig seinen Erzählungen und wollte dann wissen, was für den Menschen das beste sei. Erst nach langem Drängen antwortete Silen: "Das beste für den Menschen wäre, wenn er nicht geboren wäre, und das zweitbeste, wenn er gleich wieder stürbe."
Dionysos, besorgt über den Verbleib seines alten Lehrers, sandte einen Boten zu Midas um zu fragen, was dieser für dessen Freilassung verlange. Midas, dem prophezeit worden war, daß er sagenhaften Reichtum anhäufen werde, erbat sich daraufhin, daß sich alles in seinen Händen in Gold verwandle. Dies geschah augenblicklich, aber auch Speisen und Getränke wurden zu Gold, so daß Midas zu verhungern und zu verdursten drohte. Als er Dionysos um Hilfe anflehte, befahl Dionysos ihm, den Fluß Paktolos in der Nähe des Berges Tmolos zu besuchen und sich dort zu waschen. So wurde Midas von seiner verhängnisvollen Gabe befreit. Doch der Paktolos ist heute noch berühmt für den Goldreichtum seines Sandes. Später wurde Midas von König Gordios in Phrygien adoptiert und wurde nach dessen Tod selbst König von Phrygien.

4) Silen in der Gigantomachia
Silen, auf seinem Esel reitend, war zusammen mit Dionysos Teilnehmer an der Gigantomachie. Dort hat er durch das fürchterliche Geschrei seines alten Lastesels die Giganten in Furcht und Schrecken versetzt. Diese hatten ein solches Geschrei noch nie gehört und glaubten, daß die Götter eine neue, unbekannte Bestie gegen sie geschickt hätten. Er soll auch den Enkelados getötet haben. Diese Sage aber ist eine alexandrinische Erfindung, in die Silen durch seine Verbindung mit Dionysos hineingezogen wurde.

Hintergrund
Silen und Satyr sind nicht zu trennen (Pauly). Ihre Etymologie ist nichtgriechisch. Literarisch gibt es wenig Material, mehr aber archäologisch und in der bildenden Kunst. Homer kannte sie nicht. Beide sind Mischbildungen aus Mensch und Pferd, im Unterschied zu den Kentauren aber menschenähnlicher. Ursprünglich war der Silen ein selbständiger Dämon, ohne Verbindung zu Dionysos, ein ernster, weiser, musikliebender Waldgott, und konnte wie alle Dämonen Gutes wie Böses bewirken. Häufig tregten sie in der Mehrzahl auf und besaßen ein geheimes Wissen, tiefe Weisheit und Erfahrung. Ihre weiblichen Gegenspieler waren die Nymphen, denen sie oft nachstellten. Sie hatten eine Beziehung zu Quellen und besaßen vielleicht deshalb Pferdehufe, weil auch Pferde in der griechischen Mythologie mit Quellen verbunden waren, konnten sie doch mit ihren Hufen Quellen hervorrufen. Einige sind namentlich bekannt: Silen, Marsyas, Maron (auch als Sohn des Dionysos genannt, s. Euripides), Nysos (auch mit Silen gleichgesetzt), Astraios (Sohn des Silen), Sabakchos (der sich einmal an Hera vergriffen hat), u.a.
Wahrscheinlich stammen sie aus Nordgriechenland, waren aber auch anderswo bekannt, in Phrygien wohl erst durch Marsyas, aber Silene waren nie Flußgötter. Midas stammt aus Makedonien und wird erst später nach Phrygien übertragen (s. Gordios). Wesensgleiche Dämonen gab es an verschiedenen Orten unter verschiedenen Namen. Die Satyroi stammen wohl von der Peleponnes, das Satyrspiel ist wahrscheinlich von dort nach Attika gekommen
Die Verbindung zu Dionysos ist sekundär. Erst dadurch werden sie mit Wein und Trunkenheit verknüpft und wandeln sich von den ursprünglichen, dämonischen Naturwesen zu den albernen Gestalten, die wir kennen. Sie werden in das Gefolge des Gottes aufgenommen, wobei lächerliche und verächtliche Eigenschaften immer mehr hervortreten. Dabei hatte das Satyrspiel, das mit dem Dionysoskult verbunden war, großen Einfluß. Als Papposilen erscheint er dort als Vater des Satyrchors. Von da stammt der greisenhafte, kahlköpfige Silen aus dem 5.Jh. Bekannt ist die Bezeichnung des Sokrates als Silen und Satyr.
Der Papposilen war der älteste und ruhigste und wurde zum Erzieher des Dionysos, zuerst im Dionysiskos des Sophokles. Die älteste Darstellung findet sich auf einem Vasengemälde des Museo Gregoriano: Hermes überreicht dem Papposilen den kleinen Dionysos.
Alexandrinisch sind dann die Erfindungen des Nonnos: die Söhne Maron, Astraios und Leneus. Ebenso sind Hörner und Bocksfüße spätere Zusätze und gänzlich unhellenisch uns sind von Pan übernommen. Daß Silen ein Sohn des Hermes oder des Pan mit einer Nymphe sei stammt von Servius zu Vergils Buc. 6, 13 und entbehrt jeden Ursprungs.
Nach Pausanias sollen Silene sterblich gewesen sein. So sollen Gräber von ihnen im Land der Hebräer und in Pergamon liegen.
Kulte sind kaum bekannt. In Elis gab es einen Tempel, wo ihm die Trunkenheit (Methe) einen Becher Wein reicht. Üblicherweise wurde er mit dem Dionysos zusammen verehrt. Dieser soll übrigens einen Amethyst gegen Trunkenheit getragen haben!

Zu den Geschichten des Silen vor Midas
Die erste Geschichte, die uns von Aelian (Varia Historia) erzählt wird, ähnelt stark der Geschichte des Solon über Atlantis. Warum nun diese Geschichte dem trunkenen Silen zugeschrieben wird, kann Plutarch entnommen werden: Solon soll zahlreiche Reisen nach Kleinasien und Ägypten gemacht haben. Nach Plutarch soll Solon die Geschichte von Atlantis, die er in Ägypten gehört hatte, geglaubt und für ein episches Gedicht verwendet haben. Aelian scheint eine Komödie des Thespis gekannt zu haben, in der sich dieser über die utopischen Lügen des Solon lustig machte und ihn selbst als ruhelos wandernden Silen darstellte.
Die zweite Geschichte wird uns von Aristoteles (Eudemos, Fr.44) und Cicero (Gespräche in Tusculum, 1. Buch, 114f.) überliefert. Darin heißt es: "Elendes Eintagsgeschlecht der Mühsal und der Not, was zwingst du mich, dir zu sagen, was nicht zu hören für dich ersprießlicher ist. Denn in Unkenntnis des eigenen Elends verstreicht das Leben am leidlosesten." Und gipfelt dann in dem berühmten Satz: "Das Allerbeste nämlich ist für dich gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein. Das Zweitbeste aber ist für dich, nachdem du einmal geboren bist, möglichst bald zu sterben.“ Diesen äußerst pessimistischen Satz hätten wir eher von einem der 7 Weisen erwartet als von Silen. Aber das spricht für die tiefe Weisheit dieses Satzes, der später von vielen Philosophen übernommen wurde, z.B. von Schopenhauer. Alfred Polgar aber konterkarierte ihn so: "Nicht geboren werden ist das beste, sagt der Weise. Aber wer hat schon das Glück? Wem passiert das schon? Unter Hundertausenden kaum einem."

Anm.: Satire wurde früher fälschlicherweise auf Satyr zurückgeführt (daher die ältere Schreibweise Satyra), insbesondere auf die Bocksgesänge der attischen Tragödie. Tatsächlich aber stammt es von lat. satira, von 'satura lanx = mit Früchten gefüllte Schale'.

Kunstgeschichte:
In der archaischen Kunst waren die Silene häufig ithyphallisch dargestellt, auch dickköpfig und plump, z.B. auf chalkidischen Vasen, und oft zusammen mit Nymphen. Auf den zahlreichen attischen Vasen werden sie dann bei allem Tierischen zierlicher und menschlicher. Hier sind sie bereits dem Dionysos angegliedert und untergeordnet. Der Silen ist nicht mehr der selbständige Dämon der archaischen Zeit. Wir finden ihn im dionysischen Thiasos zusammen mit Wein, Musik und Tanz. Die Silene sind oft in Begleitung von Maultieren und Eseln, wohl ein sehr alter Zusammenhang. Die Eselsohren sind ein typisches Attribut.
Im strengen Stil, wie wir ihn bei Epiktetos sehen oder auf der Schale des Brygos, um nur einige zu nennen, wurde die Darstellung unter dem Einfluß des Satyrspiels bis zum Grotesken entwickelt.
In der Zeit des schönen Stils wurden sie dann im Geist des Phidias zu vornehmen und reifen Männern, edel, milde und abgeklärt. Ihr gewöhnliches Attribut ist der Thyrsos geworden, den sie von den Mänaden übernommen haben. Sie spielen die Doppelflöte oder die Leier. Es entwickeln sich 2 Typen: der eines jüngeren Silen und der eines älteren, greisenhaften, der sogar des Gebrauchs eines Stockes bedarf. Hier kommt es auch zur Zuweisung der Rolle als eines Lehrers des Dionysos, wie es das bereits oben erwähnte schöne Vasengemälde des Museo Gregoriano zeigt, wo Silen auf einem Felsblock sitzt und Hermes ihm den kleinen Dionysos überreicht. Unter den mythologischen Szenen findet sich die Darstellung de Marsyassage und die Sage vom Einfangen des Silen durch Midas.
Für den Silen hat dann Lysipp in der Gruppe mit dem Dionysoskind einen neuen Typus geschaffen. Er betont das Väterliche, Milde und Weise. Hier gleicht er mehr einem Dichter oder Philosophen. Sein Körper ist muskulös und kraftvoll, es findet sich keine Schlaffheit, nur eine leichte Fülle des Bauches weist auf den Schlemmer. Diese Darstellung ähnelt auffallend dem Silen auf meiner Münze.
In der hellenistischen Zeit war er ein beliebtes Thema auf Sarkophagen, besonders bei der Darstellung der Hochzeit des Dionysos mit Ariadne, und als Brunnenfigur, auch apotropäisch.
Im Barock wurde das Thema wieder aufgenommen. Es gibt Gemälde von Anthonis van Dyck oder Peter-Paul Rubens. Aus der Moderne kenne ich eine Skulptur von Alfred Hrdlicka.

Hinzugefügt habe ich
(1) Ein Bild der Statue 'Silen mit dem Dionysoskind' aus dem Louvre/Paris. Gefunden wurde
sie im 16.Jh. in den Gärten des Sallust und gehörte der Slg. Borghese bis sie von den
Franzosen unter Napoleon nach Paris geholt wurde. Möglicherweise handelt es sich bei
ihr um den Silen vom Porticus Octavia, von dem Plinius berichtet (n. h. 36, 4, 8 ).
Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine Kopie der Statue des Lysipp (310-300
v.Chr.)
(2) das Bild 'Satyr mit Flöte'. Tondo einer attischen rotfiguren Schale des Epiktetos
(signiert), 520-500 v.Chr., Vulci. Heute in der Bibliotheque nationale de France in
Paris.
(3) Ein Bild des Gemäldes 'Der trunkene Silen', 1616/17, von Peter Paul Rubens (1577-
1640), heute in der Alten Pinakothek in München.
Es handelt sich hier um eine humanistisch interpretierte Szene aus Ovids
Metamorphosen. Dieses Bild hing einst im Haus des Künstlers.

Quellen:
- Herodot, Historien
- Ovid, Metamorphosen
- Vergil, Eklogen (VI)

Literatur:
- Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
- Roscher, Mythologie der Griechen und Römer
- Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
- Robert Ranke-Graves, Griechische Mythologie
- Der Kleine Pauly
- Wikipedia

Mit freundlichem Gruß
Dateianhänge
sardeis_pseudo_autonom_Mionnetsuppl501.jpg
Silen und Dionysos Louvre.JPG
Satyr_Epiktetos_Paris.jpg
Rubens_Der_trunkene_Silen.jpg
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von emieg1 » So 31.10.10 18:13

Klaros scheint das gleiche Schicksal zu teilen wie viele antike interessante Stätten in der heutigen Türkei. Mir war es vor vielen Jahren in Arykanda aufgefallen... ein Kleinod für geschichtlich Interessierte, sicher nicht so mythologisch interessant wie Klaros, aber das Bild erinnerte mich gerade an Ausgrabungsstätten in Kleinasien, die zwar "bereit für den Besucher" sind, aber auch aufzeigen, dass es dem Land an finanziellen Möglichkeiten fehlt, seine reichen Kulturschätze ins rechte Licht zu setzen.

Danke für deine Mühen um diesen perfekt recherchierten Beitrag!

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 08.11.10 18:13

Wer steht zwischen Asklepios und Hygieia?

Dieser Artikel ist Pat Lawrence gewidmet, von der ich so vieles gelernt habe.

Um es gleich zu Beginn zu gestehen: Auch ich kann nicht mit Sicherheit sagen, um wen es sich bei diesem kleinen Kind handelt. Aber ich möchte hier zusammenfassen, welche Möglichkeiten der Erklärung gefunden wurden, und warum sie dann wieder verworfen wurden. Aufmerksam auf diese Problematik wurde ich durch einen Beitrag von Pat Lawrence in einem Thread über Apollo Iatros. Dieser Problematik begegnen wir wieder bei der vorgestellten Münze Nr.3, die mich dazu anregte, mich etwas intensiver mit diesem Thema zu beschäftigen. Doch zunächst möchte ich die Münzen vorstellen:

1. Münze
Nikopolis ad Istrum, Caracalla, 198-217
AE 16, 2.82g, 16.16mm, 90°
Av.: AV KM AVRH - ANTWNINOC
Kopf, belorbeert, n.r.
Rv.: NIKOPOLITWN PROC
Telesphoros un Kapuzenmantel, fronntal stehend
Ref.: a) AMNG I/1, 1593 (1 Ex., Vienna; Eckhel, Mionnet, Arneth alle
fälschlicherweise unter Elagabal)
b) Varbanov (engl.) 2991
c) Hristova/Jekov No. 8.18.21.3 (diese Münze)
Selten, fast SS, braune Patina
Pick: Diese Münze - sehr gut erhalten - gehört sicherlich zu Caracalla

2. Münze
Nikopolis ad Istrum, Caracalla, 198-217
AE 27, 0.32g
geprägt unter dem Statthalter Aurelius Gallus
Av.: AV K M AVP - ANTWNINOC.
Büste mit Lorbeerkranz, Paludament und Panzer rechts.
Rv.: VP AVR GALLOV NIKOPOLIT / PROC IC.
AsklepiadischeTrias: Hygieia mit Schlange und Schale und Asklepios mit
Schlangenstab nebeneinander en face stehend, zwischen ihnen Telesphoros mit
Kapuzenmantel en face.
ref. a) AMNG I/1, 1550, Taf. XVII, 9 (Rs. stempelgleich)
b) nicht in Varbanov (engl.)
c) Hristova/Jekov No. 8.18.21.1
selten, gelbbraune Patina, fast vorzüglich.
ex Numismatik Lanz Auktion 120, 18.5.2004, Lot 415

3. Münze
Nikopolis ad Istrum, Caracalla, 198-217
AE 27(?), 10.7g
geprägt unter dem Statthalter Aurelius Gallus
Av.: AV K.M.AVR. - ANTWNEINO - C (NE ligiert)
Kopf, belorbeert, r.
Rv.: VPA AVR GALLOV NIKOPOLITWN / PROC ICTR
Asklepiadische Trias: Auf der li Seite Hygieia in langem Gewand und Mantel,
frontal stehend, Kopf n.r., füttert Schlange im re Arm aus Patera in der li Hand,
auf der re Seite Asklepios, in Himation, frontal stehend, Kopf n.l., li Hand vor
dem Leib, mit der re Hand auf seinen Schlangenstab gestützt; zwischen ihnen ein
kleines Kind, in gegürtetem kurzen Chiton und nackten Armen frontal stehend,
Kopf n.r.
Ref.. a) nicht in AMNG:
Rs. AMNG I/1, 1549 var. (Legende, hat ICTRO)
AMNG I/1, 1550 var. (Abb., Taf. XVII, 9)
Vs. AMNG I/1, 1551
b) Varbanov (engl.) 3087
c) Hristova/Jekov No. 8.18.21.2 corr. (schreibt ANTWNINOC)
selten, fast SS, etwas rauh

4. Münze
Serdika, Caracalla, 198-217
AE 31, 15.27g
Av.: AVT KM [AVR CEV] - ANTWNEINOC
Heroische Büste, belorbeert, n.l., mit Schwertgürtel und geschmückter Aegis auf
der li Schulter und
Rv.: OVLPIAC - CERDIKHC
Apollo Iatros, nackt, frontal stehend, stützt sich mit der re Hand auf den
Schlangenstab und hat die li Hand an der Hüfte; re neben ihm der kleine
Asklepios, nackt, frontal stehend und zu ihm aufblickend, streckt die re Hand zu
ihm empor.
Ref.: a) Rs. Ruzicka 173 (diese Münze in Ruzicka online)
Vs. nicht in Ruzicka
b) nicht in Varbanov (engl.)
c) Hristova/Jekov No. 12.18.7.17 (diese Münze)
Sehr selten, SS, grün-braune Patina, leichte Glättung in den Feldern
Pedigree:
ex Numismatik Lanz auction 120, May 2004, lot 419

In diesem Artikel wollen wir uns mit dem kleinen Kind beschäftigen, daß wir auf diesen Münzen finden. Schauen wir es uns etwas genauer an, dann erkennen wir drei verschiedene Typen:
1. Kind mit Kapuzenmantel
2. Kind in kurzem Chiton
3. nacktes kleines Kind, manchmal mit einer Chlamys (Serdika)
Ich glaube, daß man diese 3 Typen wohl unterscheiden sollte. Die Antike war keine Zeit der beliebigen Austauschbarkeit, wie wir sie heute vielfach finden.

Hier die Liste der zur Erklärung vorgeschlagenen Gottheiten:

(1) Telesphoros:
Dies ist wohl die allgemeinste Interpretation. Siehe dazu den Artikel 'Asklepios und Telesphoros' in diesem Thread: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 637#p97637
Die erste Münze, ein sog. Einer aus Nikopolis, zeigt uns auf der Rs. Telesphoros, wie wir ihn kennen: Ein kleines Kind in einem Kapuzenmantel, die Arme darunter verborgen.
Nach umfangreichen Publikationen von phrygischen Stelen durch die Universität von Ankara wird jetzt deutlich, daß Telesphoros mit einem Gewand bekleidet ist, das in antiker Zeit von Bauern und Hirten, und insbesondere von Kindern, im Inneren Anatoliens getragen wurde. Damit kann wohl die bisher herrschende keltische Herkunft des Telesphoros (die ich noch im oben zitierten Artikel angenommen hatte) als unwahrscheinlich angesehen werden. Aber so noch Pauly! Die keltische Herkunft stammte von R.Egger, Genius cucullatus, der sich auf eine Weihinschrift bezog, die 1930 bei Wabelsdorf in Kärnten gefunden worden war. Aber es ist gut möglich, daß Telesphoros durch die Vermittlung der Etrusker zu den Kelten gelangt ist. Diese hatten einen ähnlichen Gott, was gut zu deren möglicher Herkunft aus Kleinasien passen würde. Telesphoros taucht auf Münzen zum erstenmal zur Zeit des Hadrians in Pergamon auf.
Eine andere Meinung vertritt Hug: Er meint, daß Telesphoros aus dem ägyptischen Harpokrates hervorgegangen sei. Es gäbe Münzen aus Pergamom, wo neben Asklepios der kleine Harpokrates erscheint (Numismata moduli max. e cimeliarch. . Eleutherop. 1704, Taf. XII). Eine Fehlinterpretation?

Münzen aus Nikopolis ad Istrum bilden Asklepios und Hygieia ab. Auf einigen steht zwischen ihnen ein kleines Kind. Diese Gruppe wird als die asklepiadische Trias bezeichnet. Das kleine Kind wird gewöhnlich als Telesphoros bezeichnet (Pick, Hristova/Jekov u.a.). Diese asklepiadische Trias mit Telesphoros in der Mitte sehen wir auf der zweiten Münze ausNikopolis.

Aber wir haben ein Problem: Telesphoros kennen wir ausschließlich mit einem Kapuzenkleid. Telesphoros war ja der geheimnisvolle Dämon, der im Verborgenen Heilung brachte, indem er den Kranken im Schlaf erschien. Ohne Kapuze kein Telesphoros! Es fällt nun auf, daß das Kind auf der dritten Münze aus Nikopolis kein Kapuzenkleid trägt, sondern einen kurzen Chiton.

Pick schreibt zu dieser Münze:
Der Knabe in der Mitte ist durch Haltung und Gewandung von dem gewöhnlich zwischen Asklepios und Hygieia erscheinenden Telesphoros ganz verschieden. Er ist nicht sicher zu benennen; doch sei darauf hingewiesen, daß auch auf Münzen von Pergamon zuweilen statt des Telesphoros eine andere knabenhafte Figur erscheint, aber dort nackt, entweder als selbständiger Typus (BMC Mysia 136, 227, 230, XXVIII), oder neben Asklepios (a.a.O. 148, 292, XXIX, 7).

Pat Lawrence (in einem Beitrag im FAC) ist der Meinung, daß diese Figur in kurzem Chiton ebenfalls Telesphoros darstelle, hier aber gekleidet im Epidaurus-Stil. In Epidaurus, neben Pergamon das größte Asklepiosheiligtum der Antike, wurde neben Asklepios auch Telesphoros verehrt. Hier soll er nicht den typischen Mantel getragen haben, aber immer noch eine Kapuze über dem Kopf. Diese Kapuze über dem Kopf kann man vielleicht noch auf der vorgestellten Münze erkennen, wenn man genau hinsieht. Aber da bin ich mir nicht sicher. Über die Bekleidung des Telesphoros in Epidaurus habe ich leider nichts gefunden.

(2) Euamerion
Pick schreibt weiter: "Panofka wollte in dieser Figur Euamerion sehen, was aber Wroth num. chron. 1882, 38fg. mit Recht für unwahrscheinlich erklärte."
Euamerion war ein Dämon des Wohlbefindens, galt als Sohn des Asklepios, und wurde in Titane auf dem Gebiet von Sikyon verehrt. Es wurde früher angenommen, daß sein Name sich zusammensetzt aus griechisch 'eu' (gut) und 'hemera' (Tag). Heute führt man seinen Namen eher zurück auf griech. 'hameros= milde' (Pauly). Pausanias, II, 189 (Titane), schreibt über ihn: "Auch Alexanor und Euamerion haben hier Bildsäulen; und jenem bringt man, als einem Heros, nach Sonnenuntergang ein Totenopfer: dem Euamerion aber opfert man als einem Gotte. Wenn ich recht vermute, so nennen diesen Euamerion die Pergamener Telesphoros, nach einem Orakelspruch, die Epidaurier aber Akesis." Wir sehen, daß Euamerion schon früh mit Telesphoros verschmolz. Dargestellt wurde er fast genauso: knabenhaft und mit Mantel und Kapuze sorgfältig gegen den Einfluß der Witterung geschützt.
Auf einer Münze des L. Verus mit Asklepios und einer kleinen nackten Figur hatte Panofka Euamerion erkannt, mit einer Fackel in der re. Hand, was gut zu einem Dämon des Morgens (wie man damal glaubte) passen würde. Zwischen ihnen sah er ein Schwein. Dieses Schwein ist tatsächlich aber eine Ratte, und die war niemals ein Attribut des Asklepios, sondern vor allem des Apollo Smintheus in Troja und wird auch auf Münzen dargestellt. Die berühmte Statue des Skopas zeigt Apollo mit einem Fuß auf einer Ratte. Nun ist bekannt, daß es in Pergamon zwischen Asklepios und Apollo Smintheus eine enge Beziehung gab, die fast einer Assimilation gleichkam, und deshalb ist diese Darstellung ein Hinweis auf diese Beziehung. Wroth schreibt: "Wer die kleine nackte Figur neben dem Heilgott auf der Münze von L. Verus ist, kann ich nicht erklären. Aber sie hat keine erkennbare Fackel. Ich kann mir nicht helfen, aber ich vermute, daß die ganze Szene eine Beziehung hat zu irgendwelchen mystischen Riten der Initiation oder Divination." Und die Ratte ist nicht nur als Symbol für Seuchen bekannt, sondern auch ein Symbol der Divination (Wahrsagung). Auf einer Vasenmalerei soll die Szene einer Initiation in Verbindung mit Apollo Smintheus gefunden worden sein: Eine weibliche Figur, vermutlich Telete (die Initiation), empfängt einen vor ihr knieenden Jungen zu mystischen Riten. Er ist unbekleidet und zwischen ihm und der Frau befindet sich eine Ratte.

(3) Akesis
Wir haben oben gelesen, daß Pausanias einen Akesis erwähnt. Dies ist ein epidaurischer Heilgott und wird dem sikyonischen Euamerion und dem pergamenischen Telesphoros gleichgesetzt. Sein Name bedeutet soviel wie 'Heilung'. Sonst gibt es nicht viel über ihn zu berichten. Er galt als Sohn des Asklepios. Wir sehen also, daß es an vielen verschiedenen Orten Heilgötter - oder eher Heildämonen - gegeben hat, die später alle in den Umkreis von Asklepios gerieten.

(4) Ianiskos
Nicht zu verwechseln mit Ianiskos, einem mythologischer König von Sikyon. Der war ein Nachkomme des Klytios, des Schwiegervaters des Lamedon. Als Adrastos nach Argos zurückkehrte, übergab er die Herrschaft an Ianiskos, der aus Attika gekommen war.
Ianiskos (nicht zu verwecheln mit dem mythologischen König von Sikyon) ist einer der weniger bekannten Söhne des Asklepios. Sein Name hängt vielleicht zusammen mit griechisch iao = heilen, aber da bin ich mir nicht sicher. Zur Herkunft habe ich einen Text aus Schol. laudatus (I.c) gefunden:
Asklepios war vermählt mit Koronis, Epione, Hygieia, Lampetia oder Arsinoe. Diese werden auch oft als seine Töchter aufgefaßt, zu denen auch Aegle, Iaso und Panakeia gehören. Als Söhne werden vornehmlich Machaon und Podaleirios gennant, die bereits von Homer erwähnt wurden und den Griechen vor Troja ärztlich beigestanden haben. Sie wurden zu den Ahnherren des messenischen Asklepiadengeschlechts, dem als Söhne Machaons Gorgasos, Alexanor und Spyros angehören. Später gesellten sich zu ihnen noch der pergamenische Telephos, der mythische Ianiskos und der geschichtliche Aratos.
Asklepios stammte ursprünglich aus Thessalien, von wo sich sein Kult nach Böotien, Phokis, ins attische Eleusis und auf die Peleponnes ausbreitete, wo insbesondere Epidaurus zu einem wichtigen Zentrum wurde. Von hier gelangte der Asklepioskult dann nach Kos und endlich Pergamon. Wie seine Brüder Machaon und Podaleirios soll auch Ianiskos aus Perrhaibien im nördlichen Thessalien stammen. Eine griechische Version der Sage von Ianus läßt auch ihn, wie Euander, Aeneas und Saturn, aus Perrhaibien einwandern. Dieser merkwürdigen Herleitung liegt wohl eine Verwechslung mit Ianiskos zugrunde (Roscher).

Ianiskos soll zusammen mit Asklepios in Pergamon, einer der Hauptkultstätten des Asklepios, verehrt worden sein. Svoronos beschreibt 1911 einige dieser Münzen aus Pergamon, die ein nacktes Kind zeigen, das eine kleine Gans in der ausgestreckten Rechten hält. Svoronos weist auch darauf hin, daß es viele Kinderstatuen gibt, auf denen die Kinder Gänse in den Händen halten. Die Gans aber war dem Asklepios heilig. Deshalb weist Svoronos diese Darstellungen dem etwas obskuren Asklepiossohn Ianiskos zu, der in der bildende Kunst oft als Vogel repräsentiert ist, der in fieberverseuchten Sümpfen lebt.

Ein Tempel des Aklepios und des Ianiskos wurde bei Ausgrabungen in Sounion, der südlichsten Spitze von Attika, gefunden, das eigentlich berühmt ist für seinen bedeutenden Poseidontempel. In einem Bericht über diese Ausgrabungen wird Ianiskos als Gott der Malaria bezeichnet, was dann "zweifellos auf die nahen Sümpfe zurückzuführen ist".

Nun gibt es aber starke Einwände zu Svoronos' Ianiskos-Theorie. A.W.Lawrence schreibt in einem Artikel über eine Statue aus Mesopotamien, daß diese Kinderstatuen nicht nur Gänse halten, sondern ebenso häufig Tauben und Enten. So ist es wahrscheinlicher, daß es sich dabei nicht um ein Attribut des Gottes handelt, sondern nur um Schoßtiere, wie man sie zum Spielen hat. Damit fällt ein wichtiges Argument von Svoronos. Diese kleinen Terracotta-Statuen sind wahrscheinlich Votivgeschenke für die Geburt eines Sohnes.
Eine andere Theorie zur Bedeutung der Gänse vertritt Ridgway in seinem Artikel 'Der Knabe der eine Gans erwürgt', 2006: Die Gans stamme aus der ägyptischen Mythologie und sei ein Symbol für böse Elemente und der Knabe als Harpokrates/Dionysos besiege das Böse. Dies hat aber mit Asklepios oder Ianiskos ebenfalls nichts zu tun.

(5) Der kleine Asklepios:
Nun kommen wir zur letzten Münze, der aus Serdika. Auf den Münzen des Apollo Iatros aus Serdica finden wir eine weitere, etwas andere Darstellung des kleinen Kindes. Sie ist hier nackt oder trägt manchmal eine Chlamys über dem Rücken. Im Vergleich zum stattlichen Apollo ist sie immer sehr klein. Manchmal streckt sie dem Apollo ein unbekanntes Objekt entgegen. Diese Figur wird gewöhnlich als der kleine Asklepios bezeichnet, eine Erklärung, die etwas für sich hat, weil Asklepios ja mythologisch ein Sohn des Apollo ist.
Pat Lawrence allerdings ist davon nicht überzeugt: Sollte es tatsächlich der kleine Asklepios sein, dann sollten sich irgendwelche Attribute finden, die auf ihn hinweisen. Interessant wäre es auch herauszubekommen, um welchen Gegenstand es sich in der Hand des Kleinen handelt.
Sollte es nicht der kleine Asklepios sein, dann könnte man hier auf die Vermutung von Wroth hinweisen, daß es sich um Verbindungen zu mystischen Initationsriten handelt.

(6) Die Asklepiaden:
Zum Schluß noch ein Wort zu den Asklepiaden. Unter ihnen versteht man eine Gruppe von Familien und Personen, die ihre Abstammung auf Asklepios oder seinen Sohn Podaleirios zurückführten. Ihre Hauptwirkungsorte waren Trikka in Thessalien, Epidauros, Rhodos und Kos, und das gegenüberliegende Knidos. Zu ihnen gehörte dann Machaon in Gerenia/Lakonien und dessen Söhne Sphyros und Alexanor in Pharai/Messenien. Zum Kreise des Asklepios gehören auch der pergamenische Telesphoros und der sikyonische Euamerion. Diese können ursprünglich eigene Heildämonen gewesen sein, die dann in den Umkreis des Asklepios aufgenommen wurden. Das gilt übrigens auch für einige Epitheta des Asklepios, die ursprünglich für eigene Wesenheiten standen.
Den Tempeldienst zu Ehren des Asklepios verrichteten zunächst die Asklepiaden selbst als eine eigene Priester- und Ärzteinnung, bei welcher die medizinischen Kenntnisse sich vom Vater auf den Sohn vererbten und wenigstens bis zu den Zeiten des Hippokrates keinem Fremden mitgeteilt werden durften. Sie scheinen auch außerhalb ihrer Tempel Kranke behandelt zu haben, und wahrscheinlich waren die Ärzte, die nach Lykurg (886 v.Chr.) die spartanischen Heere begleiten mußten, Asklepiaden. Gewiß ist, daß ihr Tempeldienst für die ärztliche Erfahrungswissenschaft von großer Bedeutung war.
Durch die Bemühungen des Hippokrates aus Kos, des berühmtesten aller Asklepiaden, blieben die Kenntnisse der Asklepiaden nicht mehr Priestergeheimnisse. Auch sahen sie sich schon im 4. Jahrh. genötigt, Fremde in ihre Innungen aufzunehmen. Asklepiospriester hießen noch bis in die spätesten Zeiten Asklepiaden, und es ist bekannt, daß diese, ohne ärztliche Kenntnisse zu besitzen, nur bemüht waren, ihren priesterlichen Einfluß auf das Volk mit allen Mitteln, die ihnen der Aberglaube bot, zu erhalten. Daß unter ihnen viele Betrüger auftraten, beweist Lukian in seinem 'Pseudomantis'.

Zusammenfassend können wir sagen, daß die kleine Figur mit Sicherheit aus dem Umkreis der Asklepiaden stammt. Das kleine Kind mit dem Kapuzenmantel ist natürlich Telesphoros. Leider wissen wir nicht, wen genau die anderen beiden Typen darstellen. Die kleine nackte Figur in Serdika könnte der kleine Asklepios sein, aber auch ein Adept mystischer Riten. So bleibt noch das Kind im kurzen Chiton, das aber wegen des ebenfalls verhüllten Kopfes(?) der epidaurische Telesphoros sein könnte (Pat Lawrence).

Interessant ist, daß alle hier vorgestellten Münzen von Caracalla stammen. Das ist kein Zufall. Caracalla war ein seelisch kranker Mensch. Gequält vom schrecklichen Geist seines Vaters und seines ermordeten Bruders, die nachts vor ihm standen, nahm der Kaiser Zuflucht zu fremden Riten und Totenbeschwörungen, und wandte sich zuletzt dem großen Heilgott zu (Wroth).
Wir befinden uns mit dem 2.Jh. n.Chr. in einer Zeit, in der die althergebrachten Götter nicht mehr genügten, das Bedürfnis der Menschen nach dem Irrationalen zu befriedigen. Die alten Götter hatten ihr Geheimnis verloren, sie waren zu rational geworden. Die Menschen wichen aus auf das geheime Wissen der Kelten und insbesondere die tiefe Weisheit des Orients. Wie deutlich ist auf den Münzen dargestellt, wie sich die geheimnisvollen Mächte des Ostens, hier in der Gestalt des kleinen Knaben, zwischen die alten Gottheiten gedrängt haben, bis sie endlich mit dem Christentum diese vollständig ablösen werden.

Alle besprochenen Münzen, die uns Probleme machen, wurden übrigens in Thrakien, also in Nordgriechenland, geprägt. Ob dies für unsere Interpretation eine Rolle spielen könnte, weiß ich nicht.

Hinzugefügt habe ich eine Darstellung des Asklepiostempels in Epidaurus, wie er nach einer Rekonstruktion aussehen könnte (Quelle: Internet).

Quellen:
- Pausanias, Reisen durch Griechenland

Literatur:
- Umberto Eco, Das Irrationale gestern und heute, Vortrag zur Eröffnung der
Frankfurter Buchmesse 1987, aus Umberto Eco, Über Spiegel und adere
Phänomene, dtv 1991
- Kay Ehling, Ein reitender Telesphoros, Epigraphica Anatolica 38 (2005), 159-164
(online)
- Eduard Gerhard, Griechische Mythologie, Berlin 1854 (online)
- Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, Leipzig 1770 (online)
- Johann Leonhard Hug, Untersuchungen über den Mythos der berühmten Völker der
alten Welt, 1812
- A.W.Lawrence, A Crowned Head and a Statue of a Child from Mesopotamia, in The
Annual of the British School at Athens, Vol.27, (1925/1926)
- Pat Lawrence, Cult OTD: Apollo Iatros (online under http://www.forumancientcoins.com/board/ ... #msg321308 )
- Brunhilde S. Ridgway, The Boy Strangling a Goose: Genre Figure or Mythological
Symbol?, in AJA 110, No.4, 2006 (online)
- Theodor Sigismund Panofka, Asklepios und die Asklepiaden, Berlin 1845 (online)
- Berendt Pick, AMNG I/1, 1898 (online)
- Brunhilde S. Ridgway, The Boy Strangling a Goose: Genre Figure or Mythological
Symbol?, in AJA 110, No.4, 2006 (online)
- Wilhelm.Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der Griechischen und Römischen
Literatur, Leipzig, 1884 (online)
- Joannes.N. Svoronos, Das Kind Ianiskos und Asklepios in Pergamon in Mysien, in
Nikopolis in Moesien und Serdika in Thrakien, JIAN 13 (1911), S.113-120 (online)
- Warwick Wroth, Asklepios and the Coins of Pergamon, Num. Chron. 1882, pp.1-51
(online)

Mit freundlichem Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mi 17.11.10 23:40

Zeus Syrgastes

Hier möchte ich euch eine etwas obskure Münze vorstellen, über die im Prinzip nicht viel bekannt ist. Ich habe mich bemüht, alles zusammenzutragen, was ich finden konnte. Dabei habe ich eine Entdeckung gemacht, die ich aber erst am Ende des Beitrages bekannt machen werde.

1. Münze:
Bithynien, Tios, Domitian, 81-96
AE 22, 7.45g, 180°
Av.: AVT DOMITIANOS KAISAR SEBA GERM (BA und RM ligiert)
belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: ZEVS SYRGASTHS - TEIANWN
Zeus Syrgastes, in Himation, n.l. stehend, hält in der vorgestreckten Rechten eine
Patera und stützt sich mit der erhobenen Linken auf sein Szepter; li vor ihm auf dem
Boden ein unbekanntes Objekt (mit Sicherheit ein Tier, aber mit Sicherheit kein Adler!!)
Ref.: Rec.Gen.II, p. 619, no. 22, pl. CVI, 25; RPC 702
extrem selten, SS, rotbraune Patina
Dank an Pat Lawrence und Markus für die Bestimmung!

Syrgastes war eine thrakisch-bithynische Gottheit, die, wie so viele andere, mit Zeus verschmolz. Viel mehr ist leider nicht bekannt. Münzen mit seinem Bild sind nur aus Tion bekannt von Domitian bis Gallienus. Inschriften mit seinem Namen gibt es aus Philippi und Amphipolis.

Etymologie:
Syrgastes ist ein thrakischer Personenname mit einer sakralen Bedeutung, wird aber auch als sakrales Epithet benutzt. So war das Epithet des bithynischen Sonnengottes Syrgastes, Syrgastor, vermutlich mit Beziehung zum thrakischen Personennamen Suregethes 'der Glänzende (gesagt von einem Gott oder einer Person)'. Falls das stimmt, dann muß der Name soviel bedeuten wie 'der glänzende, der strahlende Gott'. Vergleiche damit das römische 'sur' (nur noch bei Pferden gebraucht) = 'mit weißlichem Fell'. Dies kann (muß aber nicht) verwandt sein mit dem baskischen txuri (tsuri) = 'weiß, weißlich'. Akzeptiert man diese Verwandtschaft mit dem Baskischen (und dies ist kein Einzelfall!), dann kann das thrakische 'sur(e)-' von vorindoeuropäischem Ursprung sein (Sorin Paliga).
Allerdings vertritt Roscher eine andere Meinung. Er meint zwar auch, daß Syrgastes mit Suregethes verwandt ist, aber er schreibt: Hinsichtlich der Etymologie glaubt Tomaschek, daß in 'Surs-' der arische Stamm 'tsura = stärkend, mehrend' enthalten sei, derselbe Stamm, der in der skytischen Bezeichnung des Apollo als Goito-syros (Herod. 4. 59)= gaitha-tsura "die Welt des Lebendigen stärkend" sich findet. Und zum zweiten Bestandteil '-gethes' vergleicht er das dakische (Sarmi)ze-gethousa, dessen Wurzel 'g'e' ist, erweitert zu 'g'et', = "schreiten, wandeln".

Der Begräbnisverein in Philippi:
In Philippi hat man Inschriften gefunden, die bezeugen, daß es dort einen Begräbnisverein für Suregethes gab. Die interessanteste Inschrift lautet:
"Ich, Valeria Montana, habe gemäß des Auftrages meines Mannes Aurelios Zipyron Dizas dem Begräbnisverein des Gottes Suregethes neben der Agora gegenüber der Uhr 50 Denare gegeben; davon sollen sie aus den Zinserträgen alljährlich beim Grab zur Zeit des Rosenfestes opfern. Wenn sie aber nicht opfern, sollen sie als Strafe das Doppelte des oben Genannten den Mitgliedern des Begräbnisvereins des Heros 'pros ta Torbiana' geben."
Dizas ist ein thrakischer Name. Es handelt sich also bei dem Toten um einen Thraker, der - vielleicht weil er im römischen Heer diente- den Beinamen Aurelios angenommen hatte.

Zum Rosalienfest (Rosalia):
Die Rosalia waren ein Rosenfest innerhalb des römischen Totenkults, aber erst seit dem 1.Jh. n.Chr. bezeugt (Plin. nat..21, 11). Es kann also nicht altrömisch gewesen, wie ich auch gelesen habe. Es handelte sich dabei um ein "Fest, das vorzugsweise von den kleinen Leuten gefeiert wurde und vor allem den Toten angehört. Der Zeitpunkt des Rosalienfestes, auf das verschiedene Grabinschriften aus Philippi Bezug nehmen, hängt von der Zeit der Rosenblüte ab und ist daher von Gegend zu Gegend verschieden. An den Rosalien begeben sich die überlebenden Vereinsmitglieder alljährlich zu dem betreffenden Grab, in dem der verstorbene Vereinskollege, der die Rosalienstiftung getätigt hatte, beerdigt war, um dort Rosen niederzulegen (in Inschriften von Philippi ist auch von Verbrennen die Rede). Dem Toten werden außer Rosen auch Speisen dargebracht, Wenn Geld vorhanden war, so sorgte man auch für die Mitglieder des Vereins. Ein sicherer Weg, in dankbarer Erinnerung weiter zu leben. Der verstorbene Wohltäter und der Verein halten ein gemeinschaftliches Mahl ab, oder der Verein speist am Grabe für das Geld, das von der Rosenschmückung übrig war.

Das Rosalienfest ist an sich eine römische Erscheinung, die zunächst mit der Verehrung des Dionysos nicht das geringste zu tun hatte. Aber gerade für Philippi spezifisch ist nun die Verbindung des Rosalienfestes mit der Dionysosverehrung: Die Rosalien haben hier ein Bündnis mit dem Dionysoskult geschlossen. Die Stiftungen werden dem Mysten des Dionysos überwiesen und der Mysterienverein soll die Rosalien begehen und jährlich am Grabmal des Stifters ein Rosalienmahl abhalten. Es handelt sich um hiermit um eine Amalgamierung thrakischen, griechischen und lateinischen glaubengutes. Besonders in Thrakien war der Glaube an ein Leben nach dem Tode sehr ausgeprägt, und das Paradies, das der Gott seinen Anhängern verhieß, wurde in den leuchtendsten Farben ausgemalt; dies sicher mit ein Grund, warum gerade hier der christliche Glaube auf so fruchtbaren Boden fiel. Philippi war ja bekanntlich die erste christliche Gemeinde in Europa. Das Problem für das Christentum war eher, daß die Philipper an die gleichzeitige Verehrung mehrerer Götter nebeneinander gewöhnt waren.

Nun eine 2. Münze aus Tios:
Bithynia, Tion, Trajan, 98-17
AE 27, 11.47g, 26.8mm, 20°
Av.: AVT NER TRAIANOC - KAICAR CEB GER
belorbberte Büste n.r.
Rv. DIONYCOC K - T - ICT TIANWN
Dionysos, in Himation, n.l. stehend, hält in der erhobenen Linken girlandengeschmückten
Thyrsos, der an beiden Enden mit einem Pinienzapfen verziert ist, und gießt aus einem
Kantharos in der herabhängenden Rechten; li zu seinen Füßen der Pather n.l. sitzend
und n.r. zu ihm aufblickend.
Ref.: Rec.Gen. II, p. 620, no. 28 var., pl. CVII, no. 2 (hat DINVCOC!); nicht in SNG
Copenhagen, SNG von Aulock, SNG Tübingen, Lindgren, BMC
sehr selten, S+/fast SS, hübsche grüne Patina

Diesmals wird auf der Rs. Dionysos dargestellt. Erwähnen möchte ich besonders, daß auf beiden Münzen der Name der Gottheit explizit erwähnt wird. Beide Gottheiten sind auf den Münzen von Tios sehr ähnlich dargestellt. Beide tragen ein Himation, dessen eines Ende über die li Schulter geworfen ist, eine Kleidung, die für Dionysos nicht gerade sehr häufig ist. Und Zeus Syrgastes stützt sich auf ein Szepter, das so knotig aussieht, wie sonst der Thyrsos des Dionysos. Beide haben ein begleitendes Tier an ihrer re Seite: Dionysos den Panther und Zeus Syrgastes üblicherweise den Adler. Hier aber ist es klar und deutlich ein anderes Tier! Pat Lawrence hat es als Schlange angesprochen, aber die Vorstellung eines Zeus mit Schlange gleichzeitig mit einem Fragezeichen versehen. Nachdem wir die enge Beziehung zwischen Syrgastes und Dionysos in Philippi kennengelernt haben, ist mir eine andere Erklärung gekommen: Könnte es mit seinen Flecken nicht auch das Vorderteil eines Panthers sein?

Literatur:
- W.H.Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, 1884
- Martin P.Nilsson, Das Rosenfest, Vortrag gehalten bereits 1914, herausgegeben 1951)
- Sorin Paliga, Etymological Lexicon of the Indigenous (Thracian) Elements in Romanian,
2006 Bukarest
- Peter Pilhofer, Philippi - Die erste christliche Gemeinde in Europa, 1995 Tübingen
- Pat Lawrence, Beitrag zur Münze des Domitians im FAC, 29.12.2006

Mit freundlichem Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Uncia » Di 07.12.10 01:10

Hallo Jochen,
hübsche Münzen und wie immer ein sehr interessanter Beitrag.
Peter43 hat geschrieben: Beide haben ein begleitendes Tier an ihrer re Seite: Dionysos den Panther und Zeus Syrgastes üblicherweise den Adler. Hier aber ist es klar und deutlich ein anderes Tier! Pat Lawrence hat es als Schlange angesprochen, aber die Vorstellung eines Zeus mit Schlange gleichzeitig mit einem Fragezeichen versehen. Nachdem wir die enge Beziehung zwischen Syrgastes und Dionysos in Philippi kennengelernt haben, ist mir eine andere Erklärung gekommen: Könnte es mit seinen Flecken nicht auch das Vorderteil eines Panthers sein?
Ich kann mich gut mit deiner Theorie anfreunden. Diese Flecken passen gut zur Darstellung eines Leoparden. Er wäre dann zwar im Gegensatz zu dieser frühen Darstellung http://de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... 0201191038 recht klein dargestellt, aber das kann ja kein Kriterium sein. :wink:

Gruß
Uncia

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von chinamul » Di 07.12.10 12:51

Eine Schlange sieht bei den Römern in aller Regel ganz anders aus: viel schlanker, schlangiger (wenn ich diese Wortschöpfung hier einmal gebrauchen darf!) und nicht so nessiemäßig fett.
Daher würde auch ich dazu neigen, hier einen Panther zu sehen.

Gruß

chinamul
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Di 07.12.10 15:20

Danke für eure Meinungen.

Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 20.12.10 20:46

Pelops und der Fluch der Atriden

Mit diesem mythologischen Beitrag möchte ich mich für dieses Jahr bei euch verabschieden. Daß dies ein Weihnachtsbeitrag ist, möchte ich nicht behaupten; denn diese Münze führt uns mittenhinein in eine über mehrere Generationen gehende Abfolge von Morden und Greueltaten, die uns noch heute das Blut in den Adern gefrieren läßt. Es ist der wohl bedeutendsten Sagenkreis dergriechischen Antike, der bis in unsere Zeit das Interesse von Dichtern und Dramatikern geweckt hat. Ich erinnere nur an Goethe, Iphigenie auf Tauris, Hugo von Hofmannsthal, Elektra, Jean Giraudoux, Elektra, Eugene O'Neill, Trauer muß Elektra tragen und Jean Paul Sartre, Die Fliegen

Die Münze:
Lydien, Sardeis, Geta, 209-212
AE 26, 8.97g, 26.48mm, 180°
Av.: PO CEB - GETAC KAI
Kopf, belorbeert, n.r.
Rv.: CARDIANWN B NEW - K - ORWN
Pelops, der Sohn des lydischen Königs Tantalos, in kurzem Chiton und
mit Chlamys, n.r. laufend, ergreift ein sich aufbäumendes wildes Pferd am Kopf;
unter dem Pferd Gras
Ref.: cf. BMC 264, 168; nicht in Aulock, Copenhagen, Lindgren, Tübingen, Righetti.
sehr selten, S+, etwas rauhe oliv-grüne Patina

Mythologie
Tantalos:
Der Vater des Pelops war Tantalos, ein bedeutender König in Phrygien oder Pamphylien. Tantalos war der Sohn des Zeus und der Nymphe Pluto, nach anderen ein Sohn des Tmolos. Sein Herrschaftssitz soll Sipylos gewesen sein. Er war unermeßlich reich. Das Wortspiel 'die Talente des Tantalos' war eine antike Redensart für Reichtum. Als Sohn des Zeus hatte er die Ehre, an der Tafel der Götter zu speisen, und lud diese auch als Gast zu sich ein. Mit seiner Frau Euryanassa hatte er die Söhne Broteus und Pelops und die Tochter Niobe.

Die Mythe erzählt von einer Reihe von Verbrechen, die Tantalos begangen habe:
So soll er den Göttern Nektar und Ambrosia gestohlen und es seinen Freunden gegeben haben, was später als Geheimnisverrat umgedeutet wurde.
Ein weiteres Verbrechen war Diebstahl und Meineid: Als Zeus noch ein Säugling auf Kreta war, hatte Hephaistos der Rhea eine goldene Dogge gemacht, die über Zeus wachen sollte. Pandareos, Sohn des Merops aus Lydien, stahl die Dogge und brachte sie Tantalos, der sie auf dem Sipylos versteckte. Als Pandareos die Dogge zurück haben wollte, schwor Tantalos beim Zeus, daß er sie nie gesehen habe. Zeus schickte Hermes, doch Tantalos bestand auf seinem Eid. Hermes aber entdeckte den Hund und Zeus erschlug Tantalos mit seinem Blitz unter einem Felsen des Berges Sipylos.
Sein schwerstes und bekanntestes Verbrechen aber war, daß er, als er einmal die Götter zu sich eingeladen hatte, ihnen in seiner Hybris seinen Sohn Pelops geschlachtet, gekocht und zum Essen vorgesetzt hatte. Die Götter, die dies sofort erkannten, aßen aius Ekel nichts davon, nur Demeter, die in Trauer um die entführte Persephone in Gedanken war, verzehrte eine Schulter. Nemesis setzte ihn wieder zusammen und die Götter hauchten ihm Leben ein. Demeter aber ersetzte die fehlende Schulter durch Elfenbein. Seitdem haben die Pelopiden, die Nachkommen des Pelops, alle ein weißes Mal auf der Schulter.

Allerdings wird Tantalos von anderen auch als ein sehr frommer und den Göttern ergebener Mensch geschildert, der den Menschen gegenüber sehr gütig und ihnen ein großer Lehrer gewesen sein soll. Deshalb gibt es die Deutung, daß er die Götter nicht habe versuchen wollen, sondern ihnen aus religiösem Pflichtgefühl und höchster Verehrung, das liebste vorsetzt hatte, was er besaß, eben seinen Sohn.

Seine Strafe jedoch war fürchterlich: Er ist verdammt, im Eridanus, dem berüchtigten Unterweltfluß, zu stehen, kann aber in seinem Durst das Wasser nie erreichen. Vor ihm locken Weintrauben, die weichen, wenn er sie in seinem Hunger pflücken will, und über ihm hängt ein großer Felsbrocken vom Sipylos, der jeden Augenblick herabzustürzen droht. Dieser Stein gilt als Strafe für den Meineid gegenüber Zeus und war wohl die mythologisch älteste Strafe. Die anderen Strafen sind erst später hinzugekommen. Seitdem gilt er als der große Büßer, so auch bei Dante, wo er sich in der 6. Terrasse des Purgatoriums befindet.

2. Pelops:
Nachdem Pelops wieder zum Leben erweckt worden war, entwickelte er sich zu einem überaus hübschen Jüngling, so daß Poseidon sich auf den ersten Blick in ihn verliebte. Er entführte ihn in den Olymp und machte ihn zu seinem Mundschenk und Geliebten, so wie Zeus es später mit Ganymed getan hatte.

Als Tantalos einst den Ganymedes, den Sohn des Königs Tros von Troja, raubte, kam es zum Krieg. Nach dem Tod seines Vaters bestieg Pelops den Thron und setzte den Krieg fort. Der verlief aber unglücklich und Ilos zwang schließlich Pelops, aus Phrygien nach Pisa auf die Peloponnes zu fliehen. Dafür bekam Pelops von Poseidon ein Pferdegespann geschenkt, mit dem er so schnell über das Meer fahren konnte, daß dessen Füße nicht naß wurden.

In Pisa war Oinomaos, ein Sohn des Ares, König von Elis. Dessen Tochter Hippodameia war wunderschön. So bewarb sich Pelops um seine Tochter. Eine Hochzeit seiner Tochter versuchte Oinomaos stets zu verhindern, entweder, weil ihm ein Orakel den Tod von der Hand seines Schwiegersohnes angekündigt hatte, oder weil er selbst sträflich seine Tochter liebte. Er verlangte von den Freiern, ein Wagenrennen gegen ihn selbst zu gewinnen. Das Wagenrennnen ging von Pisa bis zum Poseidontempel am Isthmos und zurück. Der Freier, dem ein Vorsprung zugestanden war - Oinomaos opferte vorher immer noch einen Widder -, mußte Hippodameia in seinem Wagen mitnehmen, damit er abgelenkt war. Dem Sieger sollte dann die Braut und das ganze Königreich gehören. Dies war noch keinem Bewerber gelungen. Oinomaos holte sie mit den Rossen des Ares ein und durchbohrte sie von hinten mit seinem Speer. Alle waren getötet worden und ihre Köpfe schmückten das Dach seines Palastes. Myrtilos, ein Sohn des Hermes, war der Stallmeister in Elis und der Wagenlenker des Oinomaos. Dem versprach Pelops die Hälfte des Königreiches und das Recht, die Hochzeitsnacht mit Hippodameia zu verbringen, wenn er bereit sei, seinen Herrn zu verraten. Hippodameia, die sich inzwischen in den schönen Pelops verliebt hatte, überredete Myrtilos, die eisernen Pflöcke an den Naben der Räder gegen solche aus Wachs auszutauschen. So kam es, daß der Wagen des Oinomaos bei dem Rennen auseinanderfiel und er zu Tode geschleift wurde. Pelops erhielt Hippodameia und wurde König von Elis. Es wird auch erzählt, daß Myrtilos selbst in Hippodameia verliebt gewesen sei und sich als Belohnung für seine Hinterlist die Hochzeitsnacht mit ihr ausbedungen habe. Nach dem Rennen aber wollte Pelops von seinen Versprechen nichts mehr wissen - oder Myrtilos hatte versucht der Hippodameia Gewalt anzutun - und es kam zu einem heftigen Streit. Dabei stieß Pelops Myrtilos über eine Klippe ins Meer, das danach das 'Myrtoische' genannt wurde, eine Angabe, die aber aus einer anderen Version der Mythe stammt (Euripides). Im Sterben verfluchte Myrtilos Pelops und seine Nachkommen. Von daher rührt der 'Fluch der Atriden', nicht von Tantalos, wie man auch manchmal lesen kann. Um sich zu entsühnen, errichtete Pelops dem Hermes bei Pheneos einen Tempel - den ersten in Griechenland - und Myrtilos wurde später hinter diesem Tempel beigesetzt, einem Heroon, an dem zu seinen Ehren jährlich ein nächtliches Opfer stattfand. Nach einigen wurde er von Hermes als 'Fuhrmann' an den Sternenhimmel versetzt.

Bei Pindar gibt es die Version, daß Pelops ohne Betrug gesiegt habe, allein durch die Schnelligkeit seiner geflügelten Pferde, die er von Poseidon geschenkt bekommen hatte. So findet sich z.B. Myrtilos nicht auf dem Giebel des Zeustempels von Olympia, auf dem das Wettrennen zwischen Pelops und Oinomaos dargestellt ist, noch auf der Kypseloslade, wohl aber auf den hinzugefügten Bildern.

Nachdem Pelops Herr von Elis geworden war, gelang es ihm, viele angrenzende Reiche unter seine Herrschaft zu bringen, so daß die ganze Halbinsel nach ihm Peloponnesos genannt wurde, was wörtlich Pelops Insel heißt. Er gilt damit als einer der großen griechischen Gründungsfiguren. Nur den König Stamphylos von Arkadien zu überwältigen, gelang ihm nicht. So lud er ihn heimtückisch zu einem Besuch ein, tötete ihn, zerhackte ihn in Stücke und verstreute seine Glieder. Ein so furchtbares Verbrechen, daß es eine Hungersnot in ganz Griechenland zur Folge hatte.

Obwohl er dem Hermes wegen des Mordes an Myrtilos einen Tempel errichten ließ und dem Zeus zu Ehren die Olympischen Spiele beträchtlich erweiterte und zu größtem Ansehen brachte, mußten seine Nachkommen für seine Verbrechen furchtbar leiden. Sie wurden aus Elis vertrieben und über die ganze Peloponnes verstreut. Pelops selbst starb friedlich nach 59 Jahren der Herrschaft. Nach seinem Tode wurde er als Halbgott in Elis hochverehrt und hatte einen eigenen Altar im Zeustempel, wo bereits Herakles ihm Opfer darbrachte.

Es heißt, daß die Griechen ohne sein elfenbeinernes Schulterblatt Troja nicht erobern konnten. Doch das Schiff, das dieses nach Troja bringen sollte, ging in einem Sturm unter, und zudem brach in Elis eine Pest aus. Die Elier schickten deshalb eine Gesandschaft zum Orakel von Delphi. Da meldete sich dort zu ihrem Glück Damarmenos, ein Fischer aus Eretreia, mit der Frage, was das für ein großes Schulterblatt wäre, das er kürzlich aus dem Meer gezogen hatte. Als beide erfuhren, daß es das gesuchte Bein des Pelops sei, überhäuften sie den Fischer mit Geschenken, nahmen es zurück nach Elis und machten den Fischer und dessen Nachkommen zu Hütern der Reliquie (Pausanias).

3. Die Pelopiden:
Pelops war durch Hippodameia zum Ahnherr eines großen Geschlechts geworden, der Pelopiden. Zu seine Söhnen gehörten Atreus, Thyestes und Alkathoos, seine Tochter war Eurydike. Unter ihnen gingen die Greuel weiter. Die Brüder ermordeten nach Anstiftung durch Hippodameia ihren Halbbruder Chrysippos, wurden deshalb von Pelops verflucht und gingen nach Argos. Atreus wurde dort zum Vater des Agamemnon und des Menelaos. Als später Thyestes dem Atreus das goldene Lamm und das goldene Szepter, beides Unterpfand der Herrschaft über Argos (Mykene) abnahm, rächte sich Atreus an Thyestes, schlachtete dessen Kinder und setzte sie ihm zum Essen vor. Eine Motivverschiebung im Mythos? Thyestes, der dem Atreus in bitterem Haß verbunden war, wurde zum Vater des Aigisthos, der später den Agamemnon ermordete. Die Kette der einzelnen Greueltaten zwischen Atreus und Thyestes will ich hier übergehen. Alkathoos wurde später zum Großvater des großen Ajax, des Telamoniers. Eurydike (nach Diodor) heiratete Elektryon, Sohn des Perseus, und gebar ihm Alkmene, die Mutter des Herakles.

Die Nachkommen des Atreus werden Atriden genannt. Bei ihnen kulminierte der Fluch: Nach der Rückkehr aus Troja wurde Agamemnon, der seine Tochter Iphigenie in Tauris ausgesetzt hatte, von seiner Frau Klytaimnestra und ihrem Liebhaber Aigisthos ermordet. Er wird gerächt durch seine Kinder Orestes und Elektra, die dafür sogar einen Muttermord auf sich nehmen. In einem berühmten Prozess auf dem Areopag wird Orestes entsühnt und nach 5 Generationen ist der Fluch endlich erloschen. Doch das alles ist eine andere Geschichte.

Hintergrund:
Einige Worte zur griechischen Tragödie:
Der Fluch der Atriden bedeutet den Beginn wie den Höhepunkt des 'Wunders der griechischen Tragödie' (Käthe Hamburger). Vorher gab es das Epos, bei dem im Mittelpunkt die Handlung steht. Jetzt aber, 300 Jahre nach dem Epos, haben wir das Drama. Hier liegt der Schwerpunkt auf den handelnden Personen und ihren Konflikten. Die Griechen haben zum erstenmal in der Menschheitsgeschichte den Menschen selbst als Problem entdeckt. Deshalb sind die Konflikte in diesen Tragödien exemplarisch und ewig, und werden trotz ihres Alters immer wieder aufgeführt oder von modernen Dichtern bearbeitet. Auf den Höhepunkt getrieben wird der Konflikt allerdings erst bei den letzten Atriden, Orestes und Elektra, den Kindern des Agamemnon. Die Schlächtereien des Tantalos oder des Atreus scheinen dramaturgisch gesehen, sozusagen nicht so viel herzugeben. In den Tragödien werden behandelt Fragen nach dem Sein, der Konflikt zwischen Individuum und der Welt, die Konflikte zwischen Mensch und Göttern, Schuld und Sühne und die Spannung zwischen Charakter und Schicksal. Das Schicksal oder die Götter bringen den handelnden Mensch in eine unauflösliche Situation, den für die griechische Tragödie typischen Konflikt, welcher am Ende immer den inneren und äußeren Zusammenbruch dieser Person zur Folge hat. Es gibt keine Möglichkeit, nicht schuldig zu werden, ohne seine Werte aufzugeben (was einem tragischen Akteur unmöglich ist). Die Definition von Tragik im griechischen Sinn lautet also: Der Mensch wird schuldig ohne eigene Schuld! Diese Auffassung von Tragik ist Lichtjahre entfernt von dem heutigen inflationären Gebrauch: Da heißt es bei jedem Autounfall gleich, er sei tragisch gewesen. Mich als Humanisten schüttelt es da immer.

Kunstgeschichte:
Eine Figurengruppe auf dem Ostgiebel des Zeustempels in Olympia zeigt das Wagenrennen zwischen Pelops und Oinomaos, eine Darstellung zu Ehren des Pelops, der ja die olympischen Spiele gestiftet haben soll. Wir sehen Pelops bei den Vorbereitungen zum Wettrennen wie er der Kydonischen Hera ein Opfer bringt.
Das Wagenrennen selbst wird auf süditalienischen Vasen dargestellt, wobei manchmal auch Niobe auftritt, eine Schwester des Pelops, z.B. auf einem apulischen
Lutrophoros, ca. 350 v.Chr., heute in Malibu.
Auf römischen Sarkophagen liebte man es, das Rennen und besonders den Unfall darzustellen. Eine dramatische Szene, wo sich die Pferde hoch aufbäumen und Oinomaos bereits auf dem Boden liegt, findet sich auf einem Sarkophag im Louvre, ca. 230-240 n.Chr. Nachantike Darstellungen des Pelops sind sehr selten. Von Rubens gibt es eine Ölskizze. Ich frage mich, warum nicht die Szene gewählt wurde, wo Pelops wieder lebendig gemacht wurde. Dies würde doch als Sarkophagbild besser passen. Aber vielleicht hat es den dramaturgischen Zwängen nicht entsprochen.

Hinzugefügt habe ich
(1) das Bild von einem rot-figurigen Krater des Oinomaos-Malers aus Neapel, ca.380-
370 v.Chr. In der Mitte beginnt Oinomaos zu opfern, dem gerade der Widder
zugeführt wird; über ihm li Poseidon und re Athena; re fahren Pelops und
Hippodameia bereits im Wagen über die Wogen, li oben führt Myrtilos dem Oinomaos
seine Pferde zu.
(2) das restaurierte Bild von einer apulischen rotfigurigen Amphora aus Ruovo, 360-
330 v.Chr., zugeschrieben dem Varrese Maler, heute im Britischen Museum.
In der Mitte führt Oinomaos (mit Helm) eine Libation durch, li lehnt Pelops in
phrygischer Tracht auf seinem Speer, zwischen ihnen eine Säule, die dem Zeus
(DIOS) gewidmet ist, über ihr das Haupt des Periphas, eines mythischen attischen
Urkönigs, der wegen seiner Frömmigkeit als Gott verehrt und von Zeus an
seinen Thron erhoben wurde und vielleicht auch ein ehemaliger Freier um
Hippodameia war, re eine Gruppe aus Myrtilos, Eros und Aphrodite, li wird
Hippodameia herangeführt, vielleicht von einer Muse (oder ihrer Mutter?)
(Eine ausführliche Beschreibung dieses Bildes findet sich bei Gaifman, siehe Literaturliste)
(3) Ein Bild des sog. Thrones des Pelops auf dem Sipylos beim heutigen
Manisa/Türkei

Quellen:
- Apollodoros, Götter und Helden der Griechen
- Homer, Odyssee, Buch XI
- Ovid, Metamorphosen
- Diodor, Bibliotheke
- Pindar, Oden
- Pausanias, Reisen durch Griechenland
Tragödien:
- Aischylos: Die Orestie (Agamemnon, Die Choephoren, Die Eumeniden)
- Sophokles: Elektra, Antigone
- Euripides: Elektra, Orestes
Moderne Bearbeitungen:
- Gerhart Hauptmann, Die Atridentetralogie
- Hugo von Hofmannsthal, Elektra
- Jean Giraudoux, Elektra
- Eugene O'Neill, Trauer muß Elektra tragen
- Jean Paul Sartre, Die Fliegen

Literatur:
- Aghion/Barbillon/Lissarrague, Lexikon der antiken Götter und Heroen, 1994
- Milette Gaifman, The Libation of Oinomaos, in Dill/Walde, Antike Mythen: Medien,
Transformationen, Konstruktionen, de Gruyter 2009
- Käthe Hamburger, Von Sophokles zu Sartre, Griechische Dramenfiguren antik und
modern, 1962
- Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
- Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
- Friedrich Nietzsche, Die Geburt der Tragödie
- Der kleine Pauly
- Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
- Wilhelm H.Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen
Literatur, 1884
- Gustav Schwab, Sagen des klassischen Altertums, 1840
- Bruno Snell, Die Entdeckung des Geistes. Studien zur Entstehung des europäischen
Denkens bei den Griechen. Hamburg 1946
- Kurt Steinmann, Meisterstücke der griechischen und römischen Literatur -
Interpretiert, Reclam 998

Mit freundlichem Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mo 20.12.10 20:47

Einige Bemerkungen zur Aeternitas

Nach längerer Karenzzeit, wie versprochen, ein Artikel über Aeternitas.

Hadrian, 117-138
AR - Denar, 3.33g, 17mm, 135°
Rom, 119-121
Av.: IMP CAESAR TRAIAN HADRIANVS AVG
sog. heroische Büste mit Lorbeerkranz und Drapierung auf der li Schulter n.r.
Rv.: PM TRP - COS III
Aeternitas, in langem Gewand und diademiert, frontal stehend, Kopf n.l., hält in den
erhobenen Händen re. den Kopf des Sol und li den Kopf der Luna
Ref.: RIC II, 81; C. 1114; BMCR 162
VZ, hübsche Details

Aeternitas ist die römische Personifikation der Ewigkeit. Ihre Attribute sind der Globus, der immer wieder aus dem Feuer auferstehende Phoenix, die sich ständig durch ihre Häutungen wieder erneuernde Schlange, die sich dazu in der Regel in den Schwanz beißt und so einen unendlichen Kreis simuliert, der Elefant, der als sehr langlebiges Tier galt, und astrale Symbole wie Sterne oder - wie auf dieser Münze - Sonne und Mond. Üblicherweise wurden Münzen mit der Aeternitas beim Tod eines Kaisers geprägt und beziehen sich auf dessen Consecration. Dabei ist mit Aeternitas natürlich nicht ein ewiges Leben des Kaisers gemeint. Das war im römischen Glauben nicht vorgesehen. Als Sternbilder haben Sol und Luna eine kosmologisch universale Bedeutung. Sie beziehen sich auf die Ewigkeit der (römischen) Ordnung und des römischen Reiches. Es geht hier also um die Aeternitas imperii. Eine Verbindung zum Kaiser kommt aus dem Osten. Als pignus imperii, Unterpfand des Reiches, muß der Kaiser selbst aeternus, ewig, sein. Das beginnt unter Tiberius noch zurückhaltend. Aber bereits unter Nero konnte man pro aeternitate imperii opfern oder sogar der Aeternitas imperii direkt. Das gab es unter Augustus noch nicht. Zwar wurde die Aeternitas göttlich verehrt und es gab unter Augustus eine Münze aus Tarraco in Spanien mit der Legende AETERNITATIS AVGVSTAE, aber es sind keine Tempel oder Altäre gefunden worden

Interessanterweise kommt der Begriff aeternus zunächst im römischen Rechtswesen vor, bevor er dann eine kultische Bedeutung erhielt. Dabei werden Götter selbst selten als aeternus bezeichnet, am häufigsten noch Götter, die mit den syrischen Ba'alim identifiziert werden (wie Zeus, Sol bzw. Apollon). Ein in Inschriften vorkommender deus Aeternus, der im 2.-3-Jh. als höchste Gottheit verehrt wurde, ist wohl syrischen Ursprungs (Pauly). Diese Gottheit findet sich häufig in Dakien, wohin sie wohl durch Soldaten gekommen sein mag.

Viele der oben genannten Attribute wurde aus dem Orient übernommen, wo es schon lange einen Ewigkeits-Kult gab, und genauso entsprang die Verbindung zum Kaiser östlichen Vorstellungen. Ursprünglich bedeutete das griechische Aion soviel wie 'langer Zeitraum, Zeitalter'. Der Aion-Kult des Ostens beruhte auf der philosophischen Erweiterung dieses Begriffs zu 'Ewigkeit'. Im hellenistischen Alexandria nahm Aion bereits die Gestalt des ewigen Roms vorweg. Wir finden jetzt auch eine Trennung zwischen der immerwährenden, ruhenden, sozusagen fixierten Ewigkeit und Chronos, der fortlaufenden, bewegten Zeit. Dies erinnert mathematisch Interessierte übrigens an die verschiedenen Auffassungen in der Mathematik von aktualer Unendlichkeit auf der einen und potentieller Unendlichkeit auf der anderen Seite.
Die Wurzeln des Aion waren vielfältig - Phönikier, Zoroaster spielten eine Rolle - und drangen so auch in andere Religionen ein (z.B. in den Mithraskult).

Auf der anderen Seite ist der dynastische Bezug auf dieser Münze offensichtlich: Sonne und Mond können aufgefaßt werden als Sinnbilder für den Kaiser und seine Gemahlin. Und damit ist natürlich die Kontinuität der Dynastie gemeint, einmal privat-persönlich durch den Fortbestand der Kaiserfamilie durch die Generationen hinweg, dann aber auch öffentlich-allgemein durch die dadurch bedingte politische Stabilität. Damit ergibt sich eine enge Beziehung zur Providentia, die immer dann ins Spiel kommt, wenn ein Thronerbe geboren wurde. Mit dem Thronerben ist der Fortbestand der kaiserlichen Familie, Roms und des ganzen römischen Reiches gesichert. Dies alles steht dann im Einklang mit einer kosmisch-universalen 'Vorsehung'. Und damit kommen wieder Sonne und Mond ins Spiel.

Am Ende eines Prinzipats drohte - wie wir wissen - immer ein Kampf um die Nachfolge. Verhindert werden konnte das nur dadurch, daß der Princeps seine Nachfolge bereits vor seinem Tod geregelt hatte. Erst so konnten Aufruhr und Bürgerkrieg vermieden werden. Diesen Zusammenhang von Aeternitas und Providentia gibt es bereits auf Münzen des Tiberius. Bei den Adoptivkaisern gab es keine dynastischen Nachfolger. Deshalb wurde hier der Begriff Providentia Deorum, die Vorsehung der Götter, gebraucht: Die Götter hatten durch die geschickte Wahl eines Nachfolgers für die Stabilität Reiches gesorgt. Dieser Aspekt der Aeternitas wurde später durch die Astralsymbolik der 7 Planeten ausgedrückt.

Quellen:
- Der Kleine Pauly
- Wilhelm Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(online)
- Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon (online)
- Hildegard Temporini, Die Frauen am Hofe Trajans, 1978
- Artikel über Aion im Mythologiethread

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Mi 09.02.11 23:47

Inhaltsverzeichnis an den Schluß!
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von justus » Do 10.02.11 13:08

Ganz schön umfangreich schon, der Mythologie-Thread. Wenn man bedenkt, wieviel Arbeit das wohl gewesen sein mag. Alle Achtung ! Und natürlich vielen Dank für die zahlreichen, interessanten Informationen, Jochen ! :D
mit freundlichem Gruß

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von aquensis » Do 10.02.11 14:31

Dem kann ich nur begeistert zustimmen! Ich bin jedesmal wieder erschlagen von der Fülle der Informationen! Danke!
Franz

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Do 17.02.11 18:30

Ein Nachtrag: Diese Zeichnung von Thomas Hornemann, die ich vor kurzem erstehen konnte, gehört zu einem der mythologischen Threads. Aber zu welchem?

Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von cepasaccus » Do 17.02.11 20:56

Ich wusste garnicht, dass sich Venus mit Schnabeltieren eingelassen hat.
kitty mea felis duodeviginti annos nata requiescat in pace. laeta gaudiumque meum erat. desiderio eius angor.

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Re: Mythologisch interessante Münzen

Beitrag von Zwerg » Do 17.02.11 21:23

Venus oder Leda?

Grüße
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