Julisch-Claudische Dynastie

Kaiser, Dynastien und Münzstätten

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Peter43
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Peter43 » Di 06.11.12 20:03

Wunderschön! Vielleicht interessiert Dich, was Aerugo darüber schreibt (architectura in nummis, http://www.aeruginis.de/aeruginis/index.php):

"64 n.Chr.
Einbogiger Triumphbogen, dessen Stirnseite und rechte Seitenansicht - entsprechend der Darstellung des Janustempels - in eine Ebene projiziert ("aufgeklappt") wurden. Diese Sesterzen gehören in all ihren vielfältigen Varianten zu den herausragenden Beispielen der Kunstfertigkeit auch römischer Stempelschneider.

Auf einer Bodenlinie drei Sockel, die das Mauerwerk mit 3 sichtbaren Blendsäulen tragen (die 4. Säule hat man sich verdeckt vorzustellen). Darüber ein hohes Flachdach mit überkragendem Sims, die freien Flächen werden wohl Inschriften getragen haben. An der Vorderwand zwischen den Halbsäulen und dem Bogenrahmen sind vom Boden bis in Höhe des Bogens bds. mehrere Nischen mit figuralem Schmuck/ Reliefs angebracht. Im Bogen, der einen prominenten Schlußstein besitzt, hängt eine Girlande; in den Zwickel schweben Victorien (einwärts). In der Seitenwand trägt eine flache Basis die monumentale Statue wohl des Mars (mit Lanze u. Schild), möglicherweise handelt es sich aber auch um eine Statue des Kaisers; über der Statue ist eben ein Dreiecksgiebel erkennbar.
Vermutlich über allen vier Halbsäulen standen (nicht identifizierte) Figuren. Auf der Attika kommt dem Betrachter eine Quadriga mit Nero als Wagenlenker entgegen, die von überlebensgroßen Statuen, links Pax und rechts Victoria, begleitet wird.
Vgl. (#k0156, #k0485).

Vermutlich wurde der Bogen im Vorgriff auf einen Sieg (über die Parther) , der dann in Wirklichkeit doch nicht errungen wurde, in unmittelbarer Nähe vor dem Tempel des Jupiter Capitolinus errichtet. Archäologische Reste sind, wohl als Folge der damnatio memoriae, nicht gefunden worden, doch man nimmt an, daß die Pferde der Quadriga auf dem Umweg über das Hippodrom von Constantinopel auf das Dach von San Marco in Venedig gelangt sind.
Literatur:

Drees, C.: Ein Mars gibt Rätsel auf, Überlegungen zu den Prägungen Neros mit Ehrenbogen, Boreas 32 (2009), S.61-76, Tf.16-18
Kleiner, F.: The Arch of Nero in Rome, Archaeologia 52 (1985)"

Mit freundlichem Gruß
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Invictus
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Invictus » Mi 07.11.12 07:43

(danke für den Drees-Hinweis :D http://www.smb.museum/ngb/files/boreas322009drees.pdf )

Vielleicht war es auch nur eine Ehrenpforte, ähnlich jener, die 204 AD dem Septimius und seinen Söhnen auf dem Forum Boarium errichtet worden war?

Und ist es nicht verwunderlich, dass da eine Girlande im Torbogen hängt? Wenn ich es richtig überblicke, sind auf anderen röm. Münzen mit Triumphbögen sonst nie Girlanden zu sehen.
Vielleicht überwiegt hier vordergründig gar nicht so sehr der militärische Aspekt, sondern ein eher zeremonieller/sakraler? (man denke an den DIVO-AVG Sesterzen des Caligula mit girlandenbehängten Apollotempel oder die Nero-Münzen mit dem verschlossenen girlandenbehängten Janustempel).

Vielleicht sogar ein älteres, aus der Zeit vor Nero stammendes Bauwerk, was hier zu sehen ist?
Dass bspw. die zu erwartende Ankunft (adventus) der parthischen Gesandtschaft (zwei Könige samt Hofstaat und -zig tausende Reiter) anno 66 AD durch eine feierlich geschmückte Ehrenpforte aufzeigen soll? Immerhin war die bis zu ihrer Ankunft in Rom ganze 9 (!) Monate unterwegs, da hatte man genügend Zeit, dieses Ereignis numismatisch vorab anzukündigen. Würde ja theoretisch auch zum angenommenen Prägezeitraum 65 AD passen.
Wenn auch eine rein hypothetische Überlegung, so könnte sie sich bspw. durch den Konstantinbogen mit seinem Adventus-Relief an der Nordseite bestätigt sehen, wo ebenfalls ein girlandenbehangener Torbogen bei der Ankunftsszene dargestellt ist:
http://www.rome101.com/Topics/ArchConst ... cN1Dac.htm
Peter43 hat geschrieben:Vermutlich wurde der Bogen im Vorgriff auf einen Sieg (über die Parther) , der dann in Wirklichkeit doch nicht errungen wurde, in unmittelbarer Nähe vor dem Tempel des Jupiter Capitolinus errichtet.Mit freundlichem Gruß
Musste für die Errichtung eines Triumphbogens nicht ein Senatsbeschluss vorliegen (SPQR)?
Wäre es nicht verwunderlich, wenn das Gremium solch ein Bauwerk schon vor dem endgültigen Sieg beschlossen hätte?

Gruß
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von quisquam » Mi 07.11.12 14:24

Invictus hat geschrieben:Musste für die Errichtung eines Triumphbogens nicht ein Senatsbeschluss vorliegen (SPQR)?
Wäre es nicht verwunderlich, wenn das Gremium solch ein Bauwerk schon vor dem endgültigen Sieg beschlossen hätte?
Genau diesen Senatsbeschluss hat es wohl gegeben. Nach Drees berichtet Tacitus in seinen Annales, dass der Senat nach der Eroberung der armenischen Hauptstadt Artaxata durch Cn. Domitius Corbulo im Jahr 58 n. Chr. beschloß, für Nero einen Triumphbogen zu errichten und dieser dann vier Jahre später zusammen mit weiteren Siegesdenkmälern mitten auf dem Kapitol errichtet wurde (laut Fußnote Tac. ann. 13, 41, 4 und 15, 18, 1–2).

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Invictus » Fr 23.11.12 19:22

Heute eingetroffen:

As des Tiberius
Prägestätte: Lugdunum
Gewicht: 9,8 g
Prägezeit: 12 ? (IMP VII nach Kienast erst Anfang 13 n.Chr.) - Aug. 14 n.Chr.

Kopf mit Lorbeerkranz n.r.
TIBERIVS CAESAR AVGVSTI FILIVS IMPERATOR VII

Der ara Romae et Augusti (auch ara trium Galliarum genannt)
ROMAE ET AVGVSTI
DTa.jpg
DTr.jpg
Der Altar, welcher der Göttin Roma und dem römischen Kaiser geweiht war, war ein römisches Heiligtum in der Nähe von Lugdunum. Er befand sich am Zusammenfluss von Rhone und Saone und lag auf einer 296 x 96 m, z.T. künstlich angelegten Terrasse in einem großen Hain (Gebiet des heutigen Lyoner Stadtteils Croix-Rousse). Westlich von ihm lag das Amphitheater (unter der Regentschaft des Tiberius erbaut), in dem die Spiele zu Ehren des Kaisers stattfanden.
Die parkähnliche Stätte wurde von Drusus am 1. Aug. 12 v.Chr. geweiht (das Datum war bewusst gewählt, denn es war der Jahrestag der Eroberung von Alexandria 30 v.Chr.; im Anschluss an die Weihe begab sich Drusus an den Rhein, um seinen ersten Germanenfeldzug zu starten). Am Lugdunumer Heiligtum trafen sich alljährlich am 1. Aug. die Vertreter aller gallischen Stämme aus den drei Provinzen Gallia Aquitania, Gallia Lugdunensis und Gallia Belgica (daher auch Altar der drei Gallien genannt http://www.tlfq.ulaval.ca/axl/francopho ... maine2.gif), um auf dem einberufenen concilium provinciae (Provinziallandtag) das Opfer und die Ausrichtung der Spiele zu Ehren des römischen Kaisers zu vollziehen. Der Altar war somit ein Symbol der gallischen Loyalität gegenüber Rom (der ara Ubiorum in Köln war bis zum Desaster der Varus-Schlacht 9 n.Chr. das Äquivalent für die großgermanischen Stämme bis zur Elbe, auch hier sollte ein gemeinsamer Kult immerwährender Loyalität geschaffen werden).
Lugdunum.jpg
Die Frontseite des rechteckigen Altars zeigt die corona civica, eingerahmt von zwei aufrecht stehenden Lorbeerzweigen und zwei nackten männlichen (tanzenden?) Laren (Schutzgeister). Auf dem Altar befand sich „als Inschrift die Namen der (gallischen) Völkerschaften, sechzig an der Zahl, und von jeder eine Statue, ferner ein großes Standbild des Kaisers“ (Strabo IV 3,2). Flankiert wurde der Altar von zwei Säulen, auf denen je eine Victoria stand, die einen Siegeskranz in der ausgestreckten Rechten und einen geschulterten Palmzweig in der Linken hielt.
1859 fand man mehrere Bruchstücke der Marmorplatten (des Altars?), welche Reste von Eichenlaubgirlanden und die Anfangsbuchstaben RO(mae et Augusti?) aufweisen – sie hatten als Abdeckplatten eines Abwasserkanals gedient. Die beiden ionischen Säulen aus ägyptischem grauen Granit, die ca. 14 m hoch waren, stehen heute in der St.-Martin-Kirche zu Ainay. Man hatte sie im Mittelalter mittig zersägt. http://qse.free.fr/IMG/jpg/colonne_ainay.jpg Schlüssige Beweise über die Zuordnung zum Altar fehlen jedoch.
Einen Wandel erfuhr der Lugdunumer Kaiserkult im Zuge des Sieges von Septimius Severus über Clodius Albinus. Erstgenannter ließ um 198 n.Chr. das Bild der Dea Roma entfernen – fortan galt nur noch die Verehrung der lebenden und verstorbenen Kaiser Roms.

Erwähnenswert wäre noch, dass auf allen Lugdunumer-Altar-Serien das SC fehlt.
„Der Versuch, durch das Bild der Bronzemünzen ihre Akzeptanz sicherzustellen“ war unübersehbar. Außerdem „betonen die reformierten Prägungen mit ihrer neuen und unbekannten Metallzuordnung zu den einzelnen Nominalen (leichtere Asses aus Kupfer statt aus Bronze, Sesterzen aus Orichalcum) alle in auffälliger Weise die ausgebende Autorität." Für die Legitimität der Buntmetallmünzen erscheint das autorisierende „SC“ bei den stadtrömischen, „LEG AVGVST“ bei den spanischen, „CA“ auf den kleinasiatischen u.s.w. So zeigen auch die Rückseiten der „Münzen Lugdunums, die den Geldverkehr Galliens wesentlich bestimmen, dort stets den Altar für ROM(A) ET AVG(VSTVS) … Auch ihn darf man als das für diese Region maßgebliche … Zeichen der Autorität sehen, das Wert und somit Akzeptanz dieser Münzen in ihren Umlauf garantieren sollte.“ (R. Wolters, „Nummi Signati“, S. 139 ff.)

Der Lugdunum-Typ war also nur für den Binnenumlauf in Gallien und des germanischen Grenzgebietes gedacht und wurde unter Tiberius in vier verschiedenen Ausgaben (9-21 n.Chr.) ausgemünzt. Das Prägevolumen war gewaltig, denn der Kleingeldmangel im Allgemeinen und der enorme Bedarf des Militärs im Besonderen waren als Ursache ausschlaggebend.

Die Lugdunumer Münzstätte soll sich übrigens im Südzipfel der alten Stadt befunden haben, in unmittelbarer Nähe zur Kaserne der Stadtkohorte (also südlich des Odeons). Soweit mir bekannt ist, gibt es über sie aber (noch) keinen archäologischen Befund.
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Numis-Student » Sa 24.11.12 15:47

Danke für diesen super lesbaren Beitrag !

MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von mike h » Sa 24.11.12 16:35

Hallo Invictus,
Vielen Dank für diesen Informativen Beitrag.
Werde mir nächstes Frühjahr auf meiner "Rotweinreise" wohl Lyon etwas genauer anschauen ...

Martin
131 Köppe /201 (Kampmann)
1.) Ziel erreicht!

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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Invictus » Sa 24.11.12 20:19

Vielen Dank euch beiden :D
Die antiken Münzen - egal, ob selten oder häufig - werden immer etwas interessanter, wenn man von dem Hintergrundwissen, ggf. dem Prägeanlass aus jener Zeit weiß.

Gruß
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Julianus v. Pannonien » Sa 24.11.12 22:33

Einen Germanicus hatte ich zwar bereits, aber diesen Dupond konnte ich nicht liegen lassen, auch wenn er ein wenig angeknabbert ist.

[ externes Bild ]

Grüsse
Simon
"VICTORIOSO SEMPER"

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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von ga77 » Sa 24.11.12 23:43

Passt doch, Nett isser :D Gratuliere!

Vale
Gabriel

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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Invictus » Mo 26.11.12 07:57

Ein hübscher Dupondius!

Gruß
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von chinamul » Do 27.12.12 19:34

Leider gibt es Veranlassung, noch einmal auf die eklatanten Fehlleistungen des RIC bei den Beschreibungen der Quadranten des Augustus aus dem Jahre 5 v. Chr. (Nrn. 443 bis 464) zurückzukommen. Auch die anschließende Nummer 465 auf der nächsten Seite (J. 4 , Betelienus Bassus etc.) ist durch einen Zahlendreher zu 456 geworden.
Für meinen Geschmack sind das für ein Standardwerk reichlich viele Schnitzer auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten. Es kann doch nicht sein, daß so wenig Verlaß auf die Korrektheit der Angaben ist, daß es geraten scheint, sich an anderer Stelle über deren Stichhaltigkeit zu vergewissern!

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Invictus » Di 01.01.13 13:04

Einer meiner letzten Neuzugänge:

Quadrans des Caius Caesar
Prägestätte: Rom
Prägezeit: 18.3.40 - 31.12.40 n.Chr.
3,50 g / 15 mm

Avers:
CAIVS CAESAR DIVI AVGVSTI PRONEPOS AVGVSTVS
Caius Caesar, Urenkel des Divus Augustus, der Erhabene
Freiheitskappe (pileus) zwischen SENATVS CONSVLTO
Ca.jpg
Ca.jpg (17.87 KiB) 1984 mal betrachtet
Revers:
PATER PATRIAE CONSVL TERTIVM PONTIFEX MAXIMVS TRIBVNICIA POTESTATE IIII
Vater des Vaterlandes, Konsul zum dritten Mal, oberster Priester, Amtsgewalt des Volkstribun zum vierten Mal
R C C
Cr.jpg
Cr.jpg (17.86 KiB) 1984 mal betrachtet
Dieser Quadranstyp wurde kontinuierlich über anderthalb Jahre bis zum Tod des Caligula in vier Ausgaben geprägt:
(a) TRP III COS DES III (1. Juli 39 [resp. später] – 31. Dez. 39 n.Chr.)
(b) TRP III COS TERT (1. Jan. 40 – 17. März 40 n.Chr.)
(c) TRP IIII COS TERT (18. März 40 – 31. Dez. 40 n.Chr.)
(d) TRP IIII COS QVAT (1.- 24. Jan. 41 n.Chr.)

Über die Deutung des ominösen RCC lässt sich indessen auch weiterhin nur spekulieren.

(1.) Hypothese von J. Eckhel: remissa ducentesima
Mit der ducentesima („Zweihunderstelsteuer“ = 0,5%) sieht Eckhel jene unpopuläre Verbrauchssteuer abgeschafft, welche Augustus einstmals 6 n.Chr. als centesima („1%-Steuer“) eingeführt hatte. Caligula hob diese Steuer Anfang 38 n.Chr. auf, aber nur für Italien, nicht für die anderen Provinzen.
Aber der Münztyp begann mit COS DES TERT (ab 1. Juli 39 n.Chr.), also mindestens 1 Jahr (!) nach der Abschaffung. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum der Kaiser seine populäre Maßnahme nicht sofort mit der Münzpropaganda publik gemacht hätte.
Außerdem widersprechen sich die antiken Geschichtsschreiber:
Sueton schreibt, dass der Kaiser die im Betrage von einem halben Prozent des Erlöses erhobene Versteigerungsabgabe für Italien erließ. Tacitius erzählt weiterhin, dass Tiberius die Erträge aus der neuen Provinz Kappadokien (18 n.Chr.) als ausreichend ansah, um die einprozentige Steuer für die Zukunft auf ein halbes Prozent herab zu setzen. Demgegenüber stehen die Aussagen von Cassius Dio - Tiberius habe 31 n.Chr. eine bestimmte Steurer, die bisher nur die Hälfte von einem Prozent betrug (= 0,5%), wieder verdoppelt (= 1%). Von Caligula sei dann die Steuer von einem Prozent endgültig abgeschafft worden.
Im Pileus erkennt Eckhel ein Zeichen für die zurückgewonnene Freiheit, die sich mit der Rückkehr der Magistratswahlen durch die comitia (Volksversammlung) ergab. Caligula wollte das Stimmrecht wieder den römischen Bürgern einräumen (Tiberius hatte es 14 n.Chr. ausschließlich dem Senat übertragen).
Jedoch revidierte Caligula seine Entscheidung schon sehr bald. Man kann wohl ausschließen, dass der Kaiser einen Beschluss feiern ließ, die er bereits selbst wieder rückgängig gemacht hatte.

(2.) Hypothese von Anthony A. Barrett: restituti concordia consensus
Barrett vermutet eine Wiederherstellung des einträchtigen Konsens, basierend auf die Niederschlagung der großen Senatsverschwörung von 39 n.Chr. (Gaetulicus, Lepidus etc.). Die Freiheitskappe möchte Barrett im Einklang mit den EID-MAR-Münzen des Brutus (pileus zwischen zwei Dolchen) wissen. Das Fehlen der Dolche führt er auf den Platzmangel des kleinen Nominals zurück, wobei das Hauptaugenmerk lt. Barrett ohnehin nur auf die Kappe gelenkt werden sollte und nicht auf eine oberflächliche Ähnlichkeit mit dem Brutus-Denar.
Woods widerspricht der Ikonografie einer niedergeschlagenen Verschwörung aber damit, dass sie auch auf anderen Nominalen hätte gezeigt werden müssen (bspw. Denari als Zahlungsmittel für das Militär) und nicht nur auf den Kleinstmünzen des römischen Plebs.

(3.) Hypthese von David Woods: res civium conservate
Woods will eine Wahrung der Rechte der Bürger erkennen. Sueton (Caligula, 38) beschreibt, wie Caligula gegen Personen vorging, welche mißbräuchlich das römische Bürgerrecht genossen. Der Kaiser zerriss Verleihungsurkunden, welche einst von Caesar und Augustus ausgestellt worden waren mit der Bemerkung, dass sich das Bürgerrecht nur auf die einzelne Person und deren Kinder, nicht aber auf die folgenden Nachkommen bezöge.
Der abgebildete Pileus wäre somit als Sinnbild der universellen Freiheit als römischer Bürger anzusehen, gegen deren missbräuchliche Nutzung der Kaiser nunmehr vorging. Sueton lässt nicht erkennen, wann diese strenge Maßregelung einsetzte. Woods will ihren Beginn Ende 39 n.Chr. sehen (Zeitpunkt der Finanzkrise - die kaiserlichen Versteigerungen in Gallien während des Winters 39/40 n.Chr. waren eine Maßnahme zu ihrer Behebung). Das würde auch gut in die Chronologie des Ausgabezeitraums passen.

Gruß

Nachtrag
Gegen die Auflösung remissa ducentesima und restituti concordia consensus könnte m.E. auch die Satzanordnung sprechen.
Remissa und Restituti sind bei Caligulas Münze an vorderste Stelle gesetzt worden. Auf anderen Münzen stehen diese Wörter aber an letzter Stelle, so etwa
As des Galba QVADRAGENS REMISSAE
Sestert des Nerva VEHICVLATIONE ITALIAE REMISSA
oder
Sesterz des Tiberius CIVITATIBVS ASIAE RESTITVTIS
Christophor des Domitan CAPIT RESTIT
Zuletzt geändert von Invictus am Sa 02.02.13 09:21, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Peter43 » Di 01.01.13 13:26

Herzlichen Dank für diese Zusammenfassung! Nur eine kleine Korrektur. Du hast geschrieben:
CAIVS CAESAR DIVI AVGVSTVS PRONEPOS AVGVSTVS

Heißen müße es aber CAIVS CAESAR DIVI AVGVSTI PRONEPOS AVGVSTVS

Mit freundlichem Gruß
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von Invictus » Di 01.01.13 13:38

Du hast natürlich recht, dass sind wohl noch die Auswirkungen von gestern :drinking: bei mir gewesen.
Danke für den Hinweis, ist schon korrigiert :D

Gruß
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Re: Julisch-Claudische Dynastie

Beitrag von mike h » Mi 16.01.13 17:21

Eben erst fertiggeworden....

Leider war die Patina ziemlich instabil,so das sie nicht gänzlich zu retten war.

Dennoch bin ich der Meinung, das dieses As trotz der Fehlstellen in der Patina genügend ausdrucksstark ist, um bis auf Widerruf einen Platz in der Sammlung zu verdienen
IMG_3263.JPG
IMG_3264.JPG
TI CLAUDIUS CAESAR AVG PM TRP IMP

Minerva nach Links / SC

9,8 g / 28 x 29,5 mm

Martin
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