antike Stätten

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Altamura2
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 30.05.13 09:34

Kleiner Bericht aus Ionien - Teil 2: Klaros (Folge 1)

Unser zweites Ziel war das Apollon-Orakel in Klaros. Es bildete keine eigene Stadt, sondern gehörte zu Kolophon, das etwa ein Dutzend Kilometer nördlich liegt. Der Ort wird seit etwa hundert Jahren in mehreren Kampagnen ausgegraben (fertig ist das noch lange nicht :? ), ist für Besucher gut hergerichtet und liegt schön in der Landschaft. Die Anfahrt führt von der Landstraße weg noch einige Hundert Meter mitten durch Orangenplantagen, die gerade in Blüte standen und einen entsprechenden Duft verbreiteten :D .

Zu den touristischen Schlachtrössern gehört Klaros bestimmt nicht. Als wir dort ankamen, befanden sich gerade noch zwei Japaner nebst Reisführer auf dem Gelände, die aber recht schnell fertig waren. Im Wärterhäuschen war niemand, so dass sich dann dort außer uns nur noch ein alter Bauer mit Sense und drei Schafe befanden, die jeweils auf ihre Art dem Rasenmähen nachgingen.

Im südlichen Teil des Geländes befinden sich die Reste einiger Gebäude und der Prozessionsstraße, die vom etwa zwei Kilometer südlich gelegenen Hafen Notion herführte.
Klaros_08.JPG
An diesem Bild wird auch schon einer der Nachteile deutlich, die das Reisen im Frühjahr dort unten mit sich bringt (wobei mir aber spontan keine anderen einfallen :wink: ): Es steht vieles unter Wasser :( . Da die Flusstäler seit der Antike ja großteils mit Schlamm zugeschwemmt wurden und verlandeten, wird der Grundwasserspiegel heute höher liegen als in der Antike, und das macht sich bemerkbar. Da man im Netz auch Bilder findet, auf denen es deutlich trockener aussieht, scheint dies ein jahreszeitliches Phänomen zu sein.

Es gibt aber auch Nutznießer des vielen Wassers, die "Seen" waren bevölkert von Fröschen und Wasserschildkröten (was mich daran zweifeln lässt, dass die Trockenperioden allzu lange sein könnten :? ). Jedes Mal, wenn man sich einem Ufer dieser Großpfützen näherte, machte es "platsch, platsch, platsch!" und mehrere Frösche suchten ihr Heil in beschleunigtem Abtauchen :D .
Klaros_07.JPG
Das wichtigste Gebäude in Klaros ist der Apollon-Tempel, hier der Blick auf den östlichen Teil. (Man beachte die in den Fluten zwischen den zwei Säulen stehende Erläuterungstafel, die ebenfalls auf die Existenz trockenerer Zeiten hindeutet.)
Klaros_09.JPG
Hier ein Blick von Norden auf den Tempel. Er wurde letztlich durch ein Erdbeben zerstört, was man schön an den wie umgefallene Dominosteine daliegenden Säulentrommeln in der Mitte sehen kann.
Klaros_05.JPG
An dem Tempel wurde über mehrere Jahrhunderte hinweg gebaut (bei laufendem Orakelbetrieb 8O ), er wurde aber nie fertiggestellt. Nur ein Teil der umlaufenden Säulen wurde aufgestellt, und in einem vor der Küste gesunkenen antiken Schiff mit passenden Marmortrommeln vermutet man eine nie angekommene Lieferung nach Klaros.

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Do 30.05.13 09:49

Kleiner Bericht aus Ionien - Teil 2: Klaros (letzte Folge)

Den zentralen Teil des Apollon-Tempels bilden die zwei unterirdischen Orakelkammern, die wir aber mangels Taucheranzug leider nicht näher in Augenschein nehmen konnten :? .
Klaros_02.JPG
Man erkennt auf dem Bild oben die zwei Bogenreihen der Gewölbe dieser Räume. Rechts befindet sich der Wartesaal für die Auskunftsuchenden, links der Arbeitsplatz der Orakler.
Die Verkündungen fanden damals natürlich in angemessenem Rahmen statt :wink: . Die Auskunftsuchenden mussten nachts antreten, damit das Ganze noch etwas unheimlicher wirkt. Dann ging es von der Tempelfront aus (die ist hier ganz rechts außerhalb des Bildes) einen Gang hinunter, der mehrmals abbiegt, so dass eine leichte Verwirrung einsetzte. Im Wartesaal formulierte man dann sein Anliegen, das dem Orakler im Orakelraum übermittelt wurde. Der nahm dann einen Schluck aus der dort befindlichen heiligen Quelle (Wasser gab es dort also schon damals, aber wer weiß, was da sonst noch drin war :wink: ) und empfing den Orakelspruch von höheren Instanzen, der dann, nach sorgfältiger, Präzision möglichst vermeidender Formulierung :wink: an die Kundschaft weitergegeben wurde.

Um den Tempel herum befindet sich ein schöner gepflasterter Platz, auf dem im Osten (hier nicht auf dem Bild) der Altar für die Tieropfer steht.
Klaros_03.JPG
Man erkennt hier ein Bruchstück der überlebensgroßen Kultstatuen, die im Tempel über den Orakelkammern aufgestellt waren und eine Höhe von etwa 8 Metern besaßen. Von diesen Bruchstücken hat man Gipsabgüsse angefertigt und am Rande des Geländes aufgestellt, um einen Eindruck von der Wirkung dieser Kolossalstatuen zu geben.
Klaros_10.JPG
Hier noch ein Blick über den Tempel von Westen her. Im Vordergrund weitere Teile der Kolossalstatuen.
Klaros_04.JPG
Der Apollonkopf auf den griechischen Münzen aus Kolophon wird auch gelegentlich als Apollon Klarios bezeichnet, auch auf römischen Provinzmünzen findet man ihn.
Und natürlich nicht zu vergessen :wink: : Weitere Erläuterungen zu Apollon Klarios findet man auch hier: http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 09#p313609

Gruß

Altamura

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Re: antike Stätten

Beitrag von beachcomber » Do 30.05.13 13:59

nummis durensis hat geschrieben:
beachcomber hat geschrieben: das motiv mit dem stierkopf gibt es ja auch auf münzen des gallienus aus antiochia. hat jemand eine ahnung was es damit auf sich hat?
Löwe und Stier sind mit dem Mithraskult vereinbar, wobei die Miezekatze auch als Symbol der erneuernden, allesverzehrenden Gegenwart gedeutet wird. Die Aussage der Stiertötungsszene ist umstritten; pauschal würde ich sagen, sie markiert das Ende einer Zeit / eines Zeitalters. In die Richtung zu denken, diese Darstellung symbolisiert eine neue Ära, kommt der Wahrheit vielleicht nahe.
löwe und stier kommen zwar beide im mithraskult vor, aber der stier wird immer von mithras geopfert! ich sehe da in dieser darstellung wirklich keinen zusammenhang.
grüsse
frank

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Re: antike Stätten

Beitrag von Invictus » Do 30.05.13 15:52

Den Mithraskult würde ich auch ausschliessen wollen, denn er erfuhr keine staatliche Unterstützung und galt auch nie als öffentlicher Kult des römischen Reiches. Er war ja ein reiner Männerkult (wohl deshalb bei den Soldaten besonders beliebt) und ihm fehlte der Aspekt von Nächstenliebe und gemeinschaftlicher Fürsorge, was beim Christentum hingegen stark vertreten war und wohl deshalb auch eine Ursache war, warum die Christen eine immer größere Anhängerschaft bekamen.
Das Motiv Löwe schlägt Stier ist ja seit Anbeginn der Münzprägung vertreten gewesen (Bsp. Phönizien).
Jürg Conzett (Money Museum 2002) schrieb hierzu: "Die Bedeutung des Motivs hatte religiöse Wurzeln: Wenn das Sternbild des Stieres am Horizont versinkt, steht am nächtlichen Himmel der Löwe im Zenith – der Himmelslöwe tötet gleichsam den Himmelsstier. Die rituelle Stiertötung fand später über den Mithraskult im ganzen römischen Imperium Verbreitung."
Aber bei Gallienus ist ja kein Stier, sondern nur ein Stierkopf dargestellt. Ich denke allerdings nicht, dass Conzetts These hier bei Gallienus auch nicht zutrifft.
Hat Gallienus nicht den Feldzug gegen Posthumus während dieser Prägephase geführt? Vielleicht(!) ist es eine Anspielung, dass Gallienus (Löwe) den Posthumus (Stierkopf) in die Schranken verwiesen hat? Immerhin erscheint der Löwe schon bei Caracallas Antoniniani. Ob da ein Zusammenhang der Löwendarstellung bei den beiden (Caracalla und Gallienus) Verehrern griechischer Helden besteht?

Gruß
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Re: antike Stätten

Beitrag von beachcomber » Do 30.05.13 17:47

laut Göbl sind diese prägungen von 265, da war der versuch das gallische sonderreich zurückzuerobern schon beendet. ausserdem wieso sollte das motiv dann in östlichen städten auf einem mosaik auftauchen? das scheint eher eine lokale mytologie zu sein, denn dieses motiv erscheint auch nur auf prägungen des gallienus aus antiochia!
grüsse
frank

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Re: antike Stätten

Beitrag von emieg1 » Do 30.05.13 18:48

Der Mithraskult erfuhr zwar keine direkte staatliche Unterstützung, trotzdem wurde er durch einige Herrscher praktiziert und somit auch legalisiert. Noch unter Aurelianus, der ihn quasi durch die "Hintertür" des Sol Invictus zur Staatsreligion erhob. Ferner muss man bedenken, das alles, was man über den Mithraskult zu wissen glaubt, hochspekulativ ist, da sich die Erkenntnisse zum allergrössten Teil nur auf die bildlichen Darstellungen stützen und nur das allerwenigste durch Literatur überliefert ist.

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Re: antike Stätten

Beitrag von Invictus » Fr 31.05.13 06:37

beachcomber hat geschrieben:laut Göbl sind diese prägungen von 265, da war der versuch das gallische sonderreich zurückzuerobern schon beendet
COS VI war ab 1.1.264, der nächste Konsulat am 1.1.266. Der Antrittsbeginn der tribunicia soll ja m.W. bei Valerian/Gallienusnicht nicht immer leicht zu bestimmen sein (siehe Beispiel des Decius). Hat Göbl nach normaler Turnuszählung den 10.12.164 als TRP XIII bestimmt?
"265 führte Gallienus, der wahrscheinlich schon 261 eine erste Offensive gegen den Rivalen in Gang gesetzt hatte, einen zweiten (?) Feldzug gegen Postumus..." (wikipedia).
beachcomber hat geschrieben:das scheint eher eine lokale mytologie zu sein
Danke für den Hinweis.
nummis durensis hat geschrieben:Der Mithraskult erfuhr zwar keine direkte staatliche Unterstützung, trotzdem wurde er durch einige Herrscher praktiziert und somit auch legalisiert.
Er wurde zwar von manchen Kaisern praktiziert, aber fand keinen Einzug in die römische Reichsprägung (im Gegensatz zu anderen östlichen Kulten wie etwa Isis oder Serapis).
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Sa 01.06.13 11:00

Kleiner Bericht aus Ionien - Teil 3: Notion (einzige Folge)

Von Klaros aus sind wir dann die knapp zwei Kilometer südlich nach Notion gefahren. Notion liegt am Meer und war die Hafenstadt des ein gutes Stück landeinwärts gelegenen Kolophon. Ursprünglich wohl eine äolische Gründung des 5. Jahrhunderts, stand es in Konkurrenz zum ionischen Kolophon, aber mehr oder weniger auch in dessen Abhängigkeit. Nach dem Niedergang von Kolophon in hellenistischer Zeit wurde dieses von Notion zeitweise überflügelt, Notion wurde sogar Neo Kolophon genannt.

Die eher mageren Reste der Stadt liegen malerisch auf zwei Hügeln über dem Meer, umgeben von immer noch gut sichtbaren hellenistischen Stadtmauern. Durch diese betritt man die Stadt heute auch von der Landseite her. Den Wagen hatten wir einfach an der Landstraße geparkt. Man hätte auch auf einem Feldweg noch ein Stück näher an die Stadt fahren können, aber angesichts der kräftig ausgespülten Schlaglöcher wollte ich das meinem eher nicht geländegängigen Mietwagen dann doch ersparen :wink: .
Notion_03.JPG
Erhalten ist heute nicht mehr viel, im Wesentlichen sieht man Fundamente auf dem Boden und eine Unzahl mehr oder weniger gut behauener Steine. Durch die schöne Lage oberhalb des Mittelmeers mit angenehmer Brise wird man aber entschädigt, wir sind eine ganze Weile über das Gelände gestreift und haben in völliger Ruhe (wir waren wieder die Einzigen dort :D ) den Genius Loci in uns aufgesogen.
Notion_06.JPG
Der Höhepunkt in Notion war das alte Theater. Es wurde bereits in griechischer Zeit gebaut, in römischer dann nochmal renoviert. Es ist halb zugewachsen und wirkt dadurch etwas verwunschen, man erwartet geradezu, dass auf einer der Sitzreihen das antike Pendant von Dornröschen sitzt und geweckt werden will. (Das mit dem Wachküssen wäre aber angesischts der Gegenwart meiner besseren Hälfte eher etwas heikel geworden. :wink: )
Der Bau ist nicht sehr groß, die 27 Sitzreihen fassten etwa 6.000 Zuschauer.
Notion_05.JPG
Notion_04.JPG
Interessant ist auch (hab' ich aber leider erst wieder zu Hause herausgefunden :? ), dass Notion im fünften Jahrhundert zur Zeit der Konflikte mit der persischen Herrschaft in zwei Parteien zerfiel. Eine unterstützte die Perser, die zu dieser Zeit Kolophon besetzt hielten, die andere war auf Seiten der Aufständischen und wurde von Athen unterstützt. Und damit sich die zwei Parteien nicht allzu sehr in die Haare geraten, hat man mitten durch die Stadt eine Mauer gebaut, die die Wohnviertel der zwei Parteien trennte 8O . Man sieht heute angeblich noch Fundamente dieser Mauer, die Steine auf dem Bild unten könnten (müssen aber nicht :wink: ) ein Teil davon sein.
Notion_01.JPG
Kolophon selbst haben wir nicht angeschaut, es ist ein Bisschen umständlicher zu erreichen, als die anderen Orte, und dem Vernehmen nach gibt es dort so gut wie gar nichts mehr zu sehen :? .

Interessant ist auch, wie man im Netz die Entdeckungs- und Ausgrabungsgeschichte dieser Orte verfolgen kann.

Zuerst hat Carl Schuchhardt 1886 die Orte identifiziert, an denen Kolophon, Notion und Klaros liegen, das wusste man damals noch nicht genau:
http://www.archive.org/stream/mitteilun ... 8/mode/2up

Dann gab es eine Reihe von Artikeln von Theodore Macridy Anfang letzten Jahrhunderts zu Notion (wobei es aber teilweise tatsächlich um Klaros ging):
http://archive.org/stream/jahresheftede ... 4/mode/2up
http://archive.org/stream/jahresheftede ... 1/mode/2up

Und Anfang der 20er-Jahre begannen dann Robert Demangel und Alfred Laumonier damit, Notion etwas systematischer auszugraben:
http://www.persee.fr/web/revues/home/pr ... _47_1_3018
http://www.persee.fr/web/revues/home/pr ... _49_1_2983

Auch die Arbeiten von E. Atalay aus den 80er-Jahren findet man im Netz, allerdings auf Türkisch :? .

Im Laufe der Jahre ist dabei auch das Theater mehrmals vom Überwuchs befreit worden (zuletzt wohl in den 90er-Jahren), scheint aber nicht dauerhaft zu halten :? . (Das griechische Dornröschen hätte dabei auch bestimmt schon frühzeitig Reißaus genommen, so dass dieser Teil unseres Besuchs dort nur eine der Mittelmeersonne geschuldete Vision bleibt. :wink: )

Gruß

Altamura

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » So 09.06.13 18:05

Kleiner Bericht aus Ionien - Teil 4: Teos (Folge 1)

Teos liegt auf einer Halbinsel etwa 60 Kilometer südwestlich von Izmir. Das weitläufige Gelände war in hellenistischer Zeit von einer etwa 6 Kilometer langen Stadtmauer umgeben, deren Verlauf man heute noch in weiten Teilen verfolgen kann. Von der Stadt sind nur einige größere Gebäude ausgegraben, was auch daran liegen mag, dass das Gelände noch landwirtschaftlich genutzt wird und sich die Bauern vermutlich nicht gerne ihre Felder und Olivenhaine umgraben lassen :wink: .

Kommt man mit dem Auto (und anders kommt man da fast nicht hin :? ), so stößt man neben dem Parkplatz zuerst auf die Reste des Dionysos-Tempels, damals der größte diesem Gott geweihte in Kleinasien. Er wurde vom Architekten Hermogenes von Priene (oder Alabanda, weiß man nicht so genau) Ende des dritten Jahrhunderts erbaut (bei meiner Interessenlage ist das immer v. Chr. :D ). Laut neuerer Forschungen wurde der Tempel jedoch in römischer Zeit nach Zerstörungen von Grund auf erneuert, aber unter Verwendung alter Bauteile.
Teos_D-Tempel_01.JPG
Auf dem nächsten Bild kann man schön sehen, wie die trocken versetzen Quader mit Eisenklammern verbunden wurden, die Dübellöcher für die Schicht darüber erkennt man ebenfalls.
Teos_D-Tempel_03.JPG
In Teos kann man noch die Reste des antiken Hafens sehen, angeblich den besterhaltenen im westlichen Kleinasien. (Da die Häfen vieler ionischer Städte heute unter Schwemmland liegen, könnte sich das vielleicht eines Tages noch mal ändern :D .)
Der Weg zum Hafen führt die meiste Zeit entlang den Spuren der Stadtmauer, hier unter dem Baum zu sehen.
Teos_Stadtmauer_02.JPG
Vom Hafen selbst sieht man nicht mehr allzu viel, in der Bildmitte zunächst die Stadtmauer, die am Rand des Hafens endete.
Teos_Hafen_01.JPG
Wie man sieht, wird die Anlage immer noch als Hafen genutzt, wenngleich in der Antike vermutlich etwas eindrucksvollere Schiffe hier anlegten :wink: . Er wirkt heute auch leicht versifft :? , da hätte man mal Frühjahrsputz machen können (vielleicht ist das aber nach unserem Besuch ja passiert, wir waren ja quasi noch in der Vorsaison dort :wink: ).
Teos_Hafen_02.JPG

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » So 09.06.13 18:23

Kleiner Bericht aus Ionien - Teil 4: Teos (letzte Folge)

Blickt man vom Hafen in die andere Richtung, so wird man aus seinen Träumen über antike Seefahrt unsanft geweckt und landet hart wieder im Hier und Jetzt 8O . Da Teos nicht weit von Izmir entfernt ist, wird die Landschaft an der Küste (und das geht weit in Richtung Süden) von den Sommerhäusern der bessergestellten Izmirer (heißen die so?) überwuchert. Wie man hier sehen kann, wird da auch nicht vor antiken Orten Halt gemacht.
Teos_Spekulantenhügel_01.JPG
Der Tourismus ist in Ionien übrigens vielerorts eine weitgehend türkische Angelegenheit, die Ausländer spielen bis zu einem gewissen Grad nur die zweite Geige. In der Türkei scheint es noch so zu sein, dass der Großstädter den Sommer, so er es sich leisten kann, im Sommerhaus am Meer verbringt. Und da es sich in den letzten Jahren immer mehr Leute leisten können, ist da ein wilder Bauboom entstanden, derartige Spekulantenhügel haben wir viel zu oft gesehen :| .

Wieder oben in der Stadt gingen wir zur Zisterne aus römischer Zeit. Es ging über Wiesen mit summenden Insekten und unweit weidenden Schafen, eine wahrhaft bukolische Umgebung :D .
Teos_Zisterne_01.JPG
Teos_Olivenbaum_01.JPG
Als wir friedlich um diese Zisterne streiften, schossen aber plötzlich vier Schäferhunde laut bellend über das Gras ("Schäferhund" als Stellenbeschreibung verstanden, nicht als Rasse, sie waren einige Zentimeter größer :? ) und stellten uns. Wir sahen jetzt nicht unbedingt so aus, als ob wir uns auf illegale Weise das Rohmaterial für einen gegrillten Lammrücken besorgen wollten, aber das haben die wohl nicht erkannt :| .
Das Getöse hat dann den im Schatten vor sich hindösenden Schäfer aufmerken lassen, und noch bevor mein Herz die Hose vollends erreichen konnte, hatte er seine Wachmannschaften auch schon zurückgepfiffen. Und pariert haben sie, das muss man ihm lassen 8O .

Vielleicht der schönste Bau in Teos ist das Buleuterion, aus hellenistischer Zeit stammend, in römischer Zeit (wie fast alles dort) umgebaut, und erst in den letzten Jahren vollends ausgegraben.
Teos_Bouleuterion_01.JPG
Teos_Bouleuterion_02.JPG
Der Weg dorthin war allerdings etwas steinig, im übertragenen, nicht im wörtlichen Sinne :wink: . Das Gelände ist eigentlich gut mit Wegweisern ausgestattet, auf denen mit schön großen schwarzen Pfeilen die Richtung zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten markiert ist. Als wir jedoch langsam das Gefühl bekamen, im Kreis zu laufen und schon fast wieder bei der Zisterne zu sein (und wieder das erwartungsfrohe Bellen der Schäferhunde vor unseren geistigen Ohren hatten 8O ), nahm meine Frau diese Wegweiser mal genauer unter die Lupe. Ergebnis: Die schwarzen Pfeile waren aus Kunststofffolie ausgeschnitten und nur aufgeklebt, und wie man an den alten Schmutzrändern auf der Blechtafel erkennen konnte, hatte irgend ein besonders witziger Witzbold die mal fröhlich umgeklebt :? .

Ein paar Sachen haben wir in Teos nicht gesehen, so die Reste des Theaters, die alte Agora, ein Gymnasion, aber alles nur sehr mäßig erhaltene Bauten. Interessant gewesen wären noch die Reste eines antiken Steinbruchs einige Kilometer von Teos entfernt. Dass es den gibt, hab' ich aber leider erst wieder zu Hause bemerkt. Also wieder ein Grund, auch nach Teos einmal zurückzukehren :D .

Gruß

Altamura

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Re: antike Stätten

Beitrag von ischbierra » So 09.06.13 18:50

Hallo Altamura,
schön zu lesen, Dein Bericht. Kommt noch mehr? Hoffentlich!
Gruß ischbierra

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » So 09.06.13 18:59

Schön zu lesen, dass es Dir gefällt :D . Wir waren noch in Magnesia, Didyma, Milet und Priene, für vier Teile hab' ich also noch Stoff :wink: .

Gruß

Altamura

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Re: antike Stätten

Beitrag von emieg1 » So 09.06.13 19:19

Das ist der grosse Vorteil, wenn man auf eigene Faust im Wagen und nicht mit der Schafherde per Bus unterwegs ist. Man kann sich richtig schön Zeit lassen und keine Touri-Horden watscheln durch's Bild ... das wirkt sich auf die von dir gezeigten Ein- bzw. Abdrücke äusserst positiv aus.

Im September werde ich ähnliches tun; allerdings auf Sizilien :D

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Re: antike Stätten

Beitrag von Iulia » So 09.06.13 21:26

Hallo Altamura,
Dein Bericht und die schönen Fotos machen wirklich gute Laune. In Teos war ich noch nicht.
Welche Reiseführer waren nützlich für die Auffindung der Ausgrabungsstätten?
Dieser hier?:
http://www.amazon.de/Klassische-Antike- ... 3833000686

Gruß
Iulia

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Mo 10.06.13 22:16

Hallo Iulia,

das Buch von Gernot Lang hatte ich gesehen, aber 1392 Seiten erschienen mir dann etwas zu viel (und vor allem zu schwer :wink: ).
Wir hatten dann einen Allianz Baedeker und noch etwas anderes in dieser Preisklasse aus der örtlichen Bücherei dabei, das gibt aber nicht so furchtbar viel her.
Früher gab es bei DuMont diese Kunstreiseführer zu allerlei interessanten Regionen dieser Welt, das haben die aber wohl mangels ausreichender Nachfrage wieder heruntergefahren. Dann hatte ich noch bei den Michelin-Führern nachgeschaut, bin aber auch nicht fündig geworden (obwohl ich da unten dann ein paar Franzosen mit solch einem grünen Teil hab' rumlaufen sehen, vielleicht hab' ich da nicht gründlich genug gesucht :? ).

Meine wesentliche Quelle hieß also Google :wink: .

Praktisch war auch die Ephesos-App für das iPhone: http://sommerville.info/SailTurkey/Home.html
Man konnte auf dem Übersichtsplan immer genau sehen, wo man war :D und hatte noch ein bisschen Text zu den einzelnen Gebäuden. Etwas derartiges gab es aber leider nur für Ephesos :? .

Ich muss allerdings zugeben, dass ich die Vorbereitung etwas vernachlässigt hatte und manches erst jetzt im nachhinein finde (wir waren erst vier Wochen zuvor ein paar Tage in Paris, da ist dann doch zu viel zusammengekommen :? ) . Aber besser spät als nie, und solange die dort friedlich bleiben, kann man ja mal wieder hinfahren :D .

Gruß

Altamura

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